02_Präventionskultur

Entwicklung einer Präventionskultur in einer Woche?

Kultur kann man nicht anfassen!

Wird der Begriff „Kultur“ benutzt, ist es sinnvoll, sich seiner Bedeutung anzunähern. Verschiedene Definitionen versuchen, den Begriff „Kultur“ zu umschreiben:

  • Kultur vermittelt Bedeutungen. Gegenstände und Ereignisse bekommen für Individuen, Gruppen, Organisationen oder Nationen eine Ordnung, einen Sinn, eine Funktion, einen Bedeutungsgehalt und werden erst so greifbar. Die Kultur dient der Orientierung in der Überfülle an Gegenständen und im Fluss der Ereignisse.
  • Kultur bietet im materiellen und immateriellen geistigen Bereich Handlungsmöglichkeiten, setzt aber auch Handlungsgrenzen. Kulturen sind das Resultat der schöpferischen Leistungen der Menschheit. Durch äußere und innere Einflüsse unterliegen Kulturen Wandlungen in geschichtlichen Zeitabläufen.

Alltags- oder ingenieursprachlich übersetzt bedeutet das für eine „Präventionskultur“:

  • Gesamtheit der geistigen Lebensäußerungen
  • Summe der persönlichen Einstellungen
  • gelebte Selbstverständlichkeiten
  • ungeschriebene Gesetze und Muster
  • wie man das bei uns so macht
  • was man wirklich meint und denkt

Soll Präventionskultur weiterentwickelt werden, muss klar werden, wohin entwickelt werden soll. Das setzt voraus, dass die aktuelle Sicherheitskultur begriffen wurde. Das Spiegelbild der tatsächlichen Kultur liegt allerdings eher im Verborgenen:

  • Wie man untereinander redet
  • Verhalten, wenn niemand zusieht
  • Verhalten, wenn etwas besonders eilig erscheint
  • Verhalten bei Arbeitsplatzbedrohung

Präventionskultur kann man nicht erzwingen

Wird die Weiterentwicklung einer „Kultur der Prävention“ von Management und Führungskräften als Beitrag zur Wertschöpfung verstanden, steigt die Wahrscheinlichkeit der Unterstützung. Durch Risikooptimierung wird gleichzeitig die Qualität und Produktivität gesteigert. Erfolgreiche Prozesse entstehen, wenn der Arbeitsschutz als Initiator einen Beitrag leistet:

  • Mit Standardisierungen die Komplexität und Fehlerwahrscheinlichkeit reduzieren.
  • Durch Qualifizierung und Übung Bewältigungsstrategien verbessern.
  • Durch Reduzierung ungeplanter Arbeiten, Risiken reduzieren und die Verfügbarkeit der Maschinen und Anlagen erhöhen.
  • Durch weniger Materialberührungen Gefährdungen vermeiden und den Materialfluss vergleichmäßigen (kein Abriss, Stau).
  • Weniger Materialbewegung durch Schnittstellenbetrachtung.
  • Teamentwicklung, um gegenseitige Fürsorge zu erhöhen (wirkt über den Arbeitsschutz hinaus)

Präventionskultur ist nicht teilbar

„In punkto Sicherheit und Gesundheit bitte ganz viel private Prävention, Eigenverantwortung und Teilhabe (Sport treiben, gesund ernähren usw.), in anderen betrieblichen Handlungsfeldern aber nur ein bisschen mitmachen und hier bitteschön gar nicht.“ Eine Weiterentwicklung der vorhandenen Präventionskultur ist bei Widerspruchsfreiheit, gemeinsam mit anderen betrieblichen Handlungsebenen möglich.

Prävention ist auch strukturierte Qualifizierung, vorausschauende Planung, Umweltschutz, Maschinensicherheit, vorbeugende Instandhaltung, Einhaltung von Wartungszyklen, Berücksichtigung vom Stand der Wissenschaft und Technik, Sinngebung, Arbeitszufriedenheit, Gesundes Führen, soziales Klima usw.

Prävention ist ein Prozess

Projekte haben ein definiertes Ende, Prozesse ein offenes Ende. Bezogen auf die Komplexität von „Kultur“ und speziell „Präventionskultur“ wird deutlich, dass eine Weiterentwicklung der vorhandenen Präventionskultur nicht mit einer einzelnen Intervention oder mit einem zusätzlichen Tool oder gar in einer Woche zu erreichen ist. Nachhaltige Kulturentwicklung gelingt, wenn sie ganzheitlich als Change-Prozess behandelt wird. Die Weiterentwicklung einer vorhandenen Sicherheitskultur ist ein Veränderungsprozess auf allen Ebenen.

Einer der renommiertesten Experten für betriebliche Change-Prozesse ist Prof. John P. Kotter. Kotter lehrte an der Harvard Business Schools Unternehmensführung. Er beschreibt in seinem Hauptwerk „Das Pinguin Prinzip. Wie Veränderung zum Erfolg führt“ (2006) acht wesentliche Punkte für den Erfolg von Veränderungsprozessen:

1. Brisanz der Lage verdeutlichen

2. Veränderungsteam aus Befürwortern bilden

3. Vision für das Unternehmen entwickeln

4. Vision bekannt machen und verbreiten

5. Der Vision entsprechend Handeln und Hindernisse überwinden

6. Kurzfristige deutlich sichtbare Erfolge einplanen

7. Erfolge weiter ausbauen

8. Die neuen Ansätze verankern

Die Entwicklung einer nachhaltigen Präventionskultur gelingt, wenn relevante Faktoren berücksichtigt werden. Eine Voraussetzung ist ein einheitliches Verständnis des Kulturbegriffes bei allen Treibern. Die beteiligten Akteure müssen nicht nur das Gleiche sagen, sondern auch das dasselbe meinen. Wünschenswerte kulturelle Muster zu implementieren, gelingt in einem Prozess, der sowohl top-down als auch bottom-up betrieben wird und von allen MitarbeiterInnen getragen und angenommen wird. Die Entwicklung einer nachhaltigen Präventionskultur gelingt, wenn sämtliche strategischen Handlungsebenen einbezogen werden – von der Produktion bis hin zur Verwaltung. Bei Kulturentwicklungen handelt es sich um einen langwierigen Prozess ohne definiertes Ende. Es lohnt sich, eine „Kultur der Prävention“ weiterzuentwickeln, denn das Erreichte ist nachhaltig. Die Entwicklung einer Präventionskultur kann leider nicht innerhalb einer Woche erfolgen. Es braucht Geduld, Einfühlungsvermögen, Vertrauen und Ausdauer.

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