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14. Bundesweiter Betriebsärztetag – das Original

Silke Kretzschmar

und Silvester Siegmann

Grußwort

Wir freuen uns sehr, Sie zum 14. Betriebsärztetag am 26. und 27. Mai 2018 in Bochum begrüßen zu dürfen. Am Sonntag, den 27. Mai 2018 wird morgens die Mitgliederversammlung des BsAfB stattfinden, zu der alle Mitglieder herzlich eingeladen sind.

Tagungsort ist Bochum, die grüne Stadt mit Herz im Zentrum des Ruhrgebiets. Hier hat mit der Hochschule für Gesundheit, dem Gesundheitscampus NRW und zahlreichen innovativen Unternehmen und Instituten die Gesundheitswirtschaft enorm an Bedeutung gewonnen.

Der interdisziplinäre Austausch an diesem Wochenende wird durch die Teilnahme von Experten aus verschiedenen Fachgebieten bereichert. Gerade der praxisrelevante und ganzheitliche Ansatz verleiht dem Betriebsärztetag wieder sein ganz besonderes Profil.

Auch dieses Mal richten wir den Betriebsärztetag wieder in Kooperation mit der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) aus.

Natürlich wird es auch wieder ein Niederlassungsseminar, den Workshop Handschutz und genug Zeit geben, um über weitere Probleme zu diskutieren.

Neben den Vorträgen und Seminaren wird es am Samstagabend unseren Gesellschaftsabend ganz im Zeichen des WM-Jahres im VIP-Bereich des VfL Bochum geben.

Nähere Informationen zum Programm und die Möglichkeit zur Buchung finden Sie auf der Homepage (http://www.bsafb.de).

Wir freuen uns auf einen spannenden Betriebsärztetag mit den Kollegen aus der Arbeitssicherheit, der Arbeitspsychologie und vielen weiteren Professionen im betrieblichen Gesundheitsschutz !

Aktuelles aus der Arbeitsmedizin

Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel

Aktuell werden einzelne Themen in der Arbeitsmedizin diskutiert, die ggf. zu diversen Veränderungen bzw. Weiterentwicklungen des Faches führen werden. Im Einzelnen handelt es sich dabei u.a. um die Novellierung der Weiterbildungsordnung für den Facharzt „Arbeitsmedizin“ und die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“, Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes und Anpassungen der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. Zudem wird die Beteiligung des Betriebsarztes an der Gefährdungsbeurteilung z.T. kontrovers diskutiert.

Auf der Agenda des 121. Deutschen Ärztetags, der vom 08. bis 11. Mai in Erfurt stattfinden wird, stehen wichtige innerärztliche Themen wie die Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO). Die Arbeiten an diesem Großprojekt sind mittlerweile so weit vorangeschritten, dass die Novelle in Erfurt verabschiedet werden könnte. Für den Facharzt „Arbeitsmedizin“ und die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ werden sich hier ggf. einige wesentliche Neuerungen ergeben, wie z.B. die Möglichkeit einer berufsbegleitenden Weiterbildung in der „Betriebsmedizin. Zudem werden u.a. für die fünfjährige Weiterbildung für den Facharzt „Arbeitsmedizin“ die klinischen Fächer, in denen eine zweijährige Weiterbildung zu erfolgen hat, im Einzelnen definiert. Im Gegensatz zur früheren Weiterbildungsordnung soll der entsprechende Fächerkanon weit über die Innere Medizin und Allgemeinmedizin hinaus erweitert werden.

Bestrebungen einzelner Akteure des betrieblichen Gesundheitsschutzes, das Arbeitssicherheitsgesetz mit weiteren Akteuren des Arbeitsschutzes zu ergänzen wird von der Arbeitsmedizin sehr kritisch gesehen. Zudem werden aktuell auch die Einsatzzeiten für Betriebsärzte gemäß Vorschrift 2 kontrovers diskutiert. Der aktuelle Sachstand hierzu soll aus arbeitsmedizinischer Sicht dargestellt werden.

Ziel der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (Arb- MedVV) ist es, durch Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen und zu verhüten. Arbeitsmedizinische Vorsorge soll zugleich einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und zur Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes leisten. Ergänzungen der Liste der Berufskrankheiten werden in die ArbMedVV eingehen müssen, zudem wird die ArbMedVV durch arbeitsmedizinische Regeln (AMR) präzisiert. Die aktuellen Aktivitäten des Ausschusses für Arbeitsmedizin (AfAMed) werden dargestellt.

Kontrovers wird die Beteiligung des Betriebsarztes bei der Gefährdungsbeurteilung diskutiert. In einzelnen Bereichen, z.B. als Grundlage für die arbeitsmedizinische Vorsorge oder im Rahmen des Mutterschutzgesetztes, ist eine Gefährdungsbeurteilung ohne arbeitsmedizinischen Sachverstand nicht zielführend. Entsprechende Argument werden zur Diskussion gestellt.

Die Schwerbehindertenvertretung als Partner des Arbeitsschutzes

Bruno Zwingmann

Die Schwerbehindertenvertretung – auch ein Akteur der Prävention

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) stellt international ein Alleinstellungsmerkmal für die Partizipation von Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Betrieb dar. Sie spielt schon lange eine zentrale Rolle für die Förderung der Teilhabe und die Wahrnehmung der Anliegen und Interessen von behinderten Menschen für die Beschäftigung und bei der Arbeit. Zunehmend wird auch das Potenzial der SBV für eine inklusive Arbeitsgestaltung insgesamt gesehen, das letztlich allen Beschäftigten zugutekommt. Dazu tragen neue gesetzliche Bestimmungen wie das Bundesteilhabegesetz (BTHG) und die Umsetzung der Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN BRK) bei. Das Aktionsprogramm der DGUV zur Umsetzung der UN BRK hat z. B. mit seinen Handlungsanleitungen zur Barrierefreiheit wichtige Beiträge dazu geleistet.

Aufgaben und Rechte der

Schwerbehindertenvertretung

Die SBV hat sich gem. SGB IX um die Belange einzelner Behinderter zu kümmern so bei der Einstellung und in der Beschäftigung, z. B. bei der Arbeitsplatzgestaltung, aber auch bei der Antragstellung gegenüber den Trägern. Sie soll darüber wachen, dass die zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden rechtlichen Bestimmungen durchgeführt werden und soll Maßnahmen, die den schwerbehinderten Menschen

dienen, insbesondere auch präventive Maßnahmen, bei den zuständigen Stellen beantragen. Sie hat darüber hinaus beim BEM und den neuen Inklusionsvereinbarungen grundlegend mitzuwirken und das Recht, an allen Sitzungen der betrieblichen Interessenvertretung wie auch des Arbeitsschutzausschusses beratend und mit Antragsrecht teilzunehmen.

Individuelle und kollektive

Prävention

BEM, Inklusion, Barrierefreiheit – diese Themen verorten die SBV an der Schnittstelle zwischen Rehabilitation, Beschäftigung und Arbeitsgestaltung und auch zwischen individueller und kollektiver Prävention. Und gerade diese Schnittstelle gewinnt vor dem Hintergrund eines wachsenden Beschäftigungsanteils älterer und, wenn auch sehr zäh, behinderter Beschäftigter an Bedeutung. Im gleichen Sinne wirkt die wachsende Beschäftigung von Frauen und das Thema Vereinbarkeit. Der Arbeitsschutz der Zukunft „kennt“ nicht mehr nur den „Norm-Menschen“, sondern z. B. eine inklusive Gefährdungsbeurteilung für alle Arten von Behinderung und Erkrankungen und letztliche die reale Diversity/Unterschiedlichkeit der Beschäftigten insgesamt. Die gemeinsame Nutzung und Gestaltung der Digitalisierung z. B. der Assistenzsysteme kann dabei hilfreich sein.

In diesem Rahmen wachsen auch Aufgaben und Bedeutung der Betriebsärzte/-ärztinnen, die immer schon an der Schnittstelle zwischen individueller und kollektiver Prävention tätig waren.

Psychosoziale Belastungen an

digitalen Arbeitsplätzen

Prof. Dr. phil. Nico Dragano

Digitalisierung und Automatisierung sind mittlerweile Alltag an vielen Arbeitsplätzen und der technische Wandel hält ungebrochen an. Weitreichende technische Veränderungen wie diese, sind immer auch Herausforderungen für die Arbeitsmedizin, da sie Erwerbs- und Arbeitsbedingungen nachhaltig verändern und so auch die mit der Arbeit einher gehenden gesundheitlichen Risiken und Chancen beeinflussen. Dieser Beitrag konzentriert sich auf den Zusammenhang zwischen einzelnen Aspekten digitaler Arbeit und dem Auftreten von psychosozialen Belastungen. Das Ziel ist es, einen Überblick über typische gesundheitliche Risiken und Chancen in Zusammenhang mit der Digitalisierung der Arbeitswelt zu gewinnen.

Die Darstellung basiert auf einer systematischen Literaturübersicht, die im Rahmen von Projekten zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen im dynamischen Umfeld von Unternehmen der Industrie 4.0 durchgeführt wurde. Hierbei wurde der Forschungsstand zu spezifischen gesundheitlichen Risiken und Chancen einzelner Aspekte digitaler Arbeit gesichtet und kategorisiert. Zusammenfassend zeigen sich sowohl positive als auch negative Effekte digitaler Arbeit für die psychische Gesundheit der Beschäftigten.

Ausgehend von den zentralen technischen Veränderungen (z.B. Informations- und Kommunikationstechnologie, mobile Kommunikation, cyber-physische Systeme in der Produktion) können möglichen Folgen für Arbeitsgestaltung, Arbeitsumgebung und Beschäftigungsbedingungen identifiziert werden (z.B. Konflikte Privat-Berufsleben, Stressempfinden, Entgrenzung,

Arbeitsverdichtung, verbesserte Arbeitsorganisation). Was daraus für die Gesundheit der Beschäftigten folgen könnte, wird anhand bewährter Konzepte der Arbeitsbelastungsforschung sowie neuerer Konzepte, z.B. zum ‚Technostress‘, skizziert. Anzumerken ist, dass es bislang nur wenig empirische Forschung zum Thema gibt, so dass viele Zusammenhänge eher Spekulation, denn gesichertes Wissen sind.

Human Factors –

Warum wir immer Fehler machen

Dipl.-Ing. Harald Gröner

Immer wieder lesen wir nach schweren Unglücken vom „menschlichen Versagen“. Übermüdung, Inkompetenz, mangelnde Konzentration oder Qualifikation sind nur einige Gründe, die genannt werden. In Statistiken werden 90% der Arbeitsunfälle mit menschlichen Versagen begründet. Und was empfiehlt die Fachkraft für Arbeitssicherheit? Persönliche Schutzausrüstung – hilft PSA vor menschlichen Fehlern?

Woran liegt es eigentlich, dass wir Fehler machen? Sind wir falsch entwickelt? Zu dumm? Nicht schnell genug? Denken zu langsam? Sind wir falsch – menschlich – programmiert?

Stellen wir mal eine These auf:

Alle Unfälle können vermieden werden, wenn alle Menschen die notwendigen Qualifikationen haben, konzentriert sind und aufpassen.

Der Mensch muss die Technik bedienen lernen. Er erreicht dies durch regelmäßige Übungen, wenn er über die notwendigen kognitiven Fähigkeiten verfügt. Erkennt er die zu lösende Aufgabe kann er durch Nachdenken und daraus abgeleitete Handlungsschritte, fehlerfrei arbeiten. Also müsste doch die These stimmen und es liegt an fehlender Konzentration oder mangelhafter Aufmerksamkeit, wenn Fehler passieren. Somit sind es Einzelne, die aufgrund ihrer persönlichen, mangelhaften Leistung Fehler machen? Oder gibt es Fehler die alle machen?

Schauen wir uns den Menschen und sein internes Verarbeitungssystem – von einer ersten Wahrnehmung bis zur abgeschlossenen Handlung – einmal genauer an. Die Funktionsfähigkeit der Sinnesorgane ist durch Wahrnehmungsgrenzen eingeschränkt. Leistungsfähigkeit und -bereitschaft können nicht über Stunden aufrechterhalten werden. Manchmal sehen wir Dinge die nicht da sind, dafür erkennen wir Situationen, die völlig anders sind – wir unterliegen optischen Täuschungen. Doch das Wesentlichste ist, wir können, die auf uns einwirkenden Reize nur subjektiv wahrnehmen – wir sind nicht in der Lage, objektiv eine Situation zu erfassen. Dazu noch eine unglaublich niedrige psychophysische Kanalkapazität, die Informationen drastisch reduziert, d.h. wir nehmen bewusst nur einen winzig kleinen Teil der Informationen wirklich wahr die uns angeboten werden. Unsere intellektuellen Funktionen in Form von Kognition, Folgern und Bewerten ist begrenzt. Mal können wir einen Gedächtnisinhalt nicht richtig reproduzieren, mal wird die Bedeutung der wahrgenommenen Informationen nicht richtig verstanden. Und im Bereich Motorik werden Bewegungsabläufe vom Gehirn willkürlich gesteuert. Und das ist alles menschlich und nicht zu ändern!

Neue These:

Unfälle können vermieden werden, wenn die Technik den Faktor Mensch berücksichtigt.

Um Unfälle und Fehler zu vermeiden, müssen wir bei der Entwicklung der Technik und der Organisation menschliche Fähigkeiten berücksichtigen. Nur solche Aufgaben, die den Faktor Mensch berücksichtigen, können fehlerfrei ausgeführt werden.

Beinahe-Unfälle als Lernchance:

Mittels Systemanalysen Sicherheitskulturen gestalten

Prof. Dr. Dipl.-Psych. Monika Eigenstetter

„Alle Unfälle, Krankheiten und Leid am Arbeitsplatz sind vermeidbar“

www.visonzero.global

Beinahe-Unfälle (near misses) sind eine besondere Chance, um auf technische Mängel, strukturelle Defizite in der Organisation und/oder individuelles Verhalten aufmerksam zu werden, noch bevor ein schwerer Unfall entsteht. Beinaheunfälle sind Ereignisse, die das Potenzial für einen Unfall haben. Es sind Situationen oder Ereignisse, in denen etwas geschehen ist, es aber keine Verletzten gab, oder Ereignisse, in denen keine Schäden auftraten, ein Unfall aber möglich gewesen wäre (Keil, 2017).

Ein Beispiel hierfür könnte das Stolpern an einer Treppenstufe sein.

Wie es zu dem Stolpern kam, lässt sich mittels systematischer Vorgehensweisen gut analysieren. Das Instrument der ganzheitlichen Unfallanalyse von Fahlbruch und Meyer (2013) eignet sich auch für Beinaheunfälle. Mit einem systemischen Ansatz, der u.a. auf dem Verfahren einer root cause analysis basiert, lassen sich unvorhergesehene Zwischenfälle, Beinaheunfälle oder Unfälle im Detail analysieren. Mit dieser detaillierten Analyse des Hergangs des Ereignisses, d.h. der Analyse der umgebenden technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen, der Analyse von Führung und Zusammenarbeit u.a. wird einer vorschnellen Fokussierung auf vermeintlich einzelne Schuldige oder einer einseitigen Ursachenzuschreibung Einhalt geboten. Dagegen werden wechselseitige Beeinflussungen verschiedener beitragender Elemente zu einem Ereignis oder einem Unfall offensichtlich. Das Instrument kann damit, richtig eingesetzt, zu einer Lernchance für eine Abteilung oder ein Unternehmen werden und beitragen, eine sichere Unternehmenskultur zu gestalten.

Das Stolpern an der schlecht beleuchteten Treppenstufe ist oft nur nicht das Problem der Unaufmerksamkeit des Einzelnen und dass er gerade vergaß, den Handlauf zu nutzen, sondern ist vielleicht eines auch der schlechten Beleuchtung (Technik) und der Versäumnisse von Führung. Schlechte Beleuchtung hätte auffallen und abgestellt werden müssen (Organisation).

Nun ist aber eigentlich „nichts“ passiert, und so ein Vorfall ist schnell vergessen. Die Kunst ist es, in einer Organisation die Aufmerksamkeit für derartige kleine Zwischenfälle zu schärfen und Akzeptanz dafür zu schaffen, diese Vorfälle mitzuteilen. Dies ist in eine spezifische Organisationskultur eingebettet: In welchem Sinne agiert wird – im Sinne einer vorausschauenden integrativen Sicherheitsarbeit, die auch unscheinbare Anzeichen von möglichen Gefährdungen ernst nimmt, oder im Sinne einer Reaktion auf große Vorkommnisse – ist Ausdruck des Reifegrads der Sicherheitskultur. Permanentes Lernen ist gefragt. Vision Zero besagt: Fehler sind nicht vermeidbar, schwere Unfälle schon (DGUV).

Literatur:

Das neue Mutterschutzgesetz 2018

Patrick Aligbe

Am 30.05.2017 trat das „Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts“ in Kraft. Der wesentlichste Teil dieses Artikelgesetzes enthält gewissermaßen eine Neufassung des Mutterschutzgesetzes (MuSchG), welches zum 01.01.2018 in Kraft trat.

Die davor geltende Fassung war im Wesentlichen ein Produkt aus dem Jahr 1952. Seitdem haben sich allerdings die gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen nicht unwesentlich geändert. Eine Anpassung an die heutige Gesellschaft und Arbeitswelt war daher dringend notwendig.

Der persönliche Anwendungsbereich des MuSchG wurde erweitert. Unmittelbar umfasst sind nun alle „Beschäftigten“ im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV. Unabhängig von diesem Beschäftigtenbegriff wurden aber auch weitere Personengruppen (z. B. Entwicklungshelferinnen, Mitglieder geistlicher Genossenschaften, arbeitnehmerähnliche Personen) mit einbezogen. Neu ist auch, dass jetzt Schülerinnen und Studentinnen dann dem unmittelbaren Anwendungsbereich unterfallen, wenn die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt.

Weiterhin wurde geregelt, dass der Arbeitgeber Schwangere oder Stillende nicht in einem Umfang beschäftigen darf, der die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt des Monats übersteigt.

Novelliert wurden auch die Regelungen zur Nachtarbeit. Die branchenbezogenen Regelungen wurden aufgehoben. Ausnahmen sind nun für alle Branchen möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen (z. B. Bereiterklärung der Frau, ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung) vorliegen.

Auch die Regelungen zur Sonn- und Feiertagsarbeit wurden insofern neu gefasst, als dass Ausnahmen nun für alle die Bereiche möglich sind, die auch in § 10 ArbZG als Ausnahmen erfasst sind.

Klargestellt wurde ferner, dass der Freistellungsanspruch der Mutter zum Stillen nun auf die ersten 12 Monate nach der Entbindung beschränkt ist.

Unmissverständlich sind nun auch die Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung. Diese muss immer im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn (noch) keine Männer im Betrieb arbeiten. Es muss folglich immer auch beurteilt werden, welchen Gefährdungen Schwangere und Stillende an den entsprechenden Arbeitsplätzen ausgesetzt sind.

Auswirkungen der EU-DSGVO

auf Betriebsärzte

Patrick Aligbe

Am 25.05.2018 trat die EU-DSGVO in Kraft. Gem. dem „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ gelten EU-Verordnungen unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Anders als z. B. viele Richtlinien im Arbeitsschutz bedarf die EU-DSGVO somit keines Umsetzungsaktes in deutsches Recht. Nicht alle Regelungen sind vollkommen neu, allerdings wurden sie in bestimmten Bereichen verschärft.

Ergänzt wird die EU-DSGVO durch ein neu gefasstes Bundesdatenschutzgesetz.

Abhängig von der Anzahl der Personen, welche ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt werden, ist ein Datenschutzbeauftragter auch in betriebsärztlichen Praxen zu benennen.

Unter Umständen kann weiterhin eine Datenschutz-Folgeabschätzung notwendig werden.

Regelmäßig muss auch bei Betriebsarztpraxen ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten geführt werden.

Neu gefasst wurden die Formalanforderungen an eine „Einwilligung“. Zwar entfällt formal die Schriftform im Sinne von § 126 BGB, allerdings ist in der EU-DSGVO ausdrücklich festgehalten, dass der Verantwortliche nachzuweisen hat, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat.

Die betroffene Person hat das Recht eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob personenbezogene Daten verarbeitet

werden, welche sie betreffen.

Umfassend neu geregelt wurden die Informationspflichten. Der Verantwortliche muss jeden Patienten ausführlich über bestimmte Aspekte informieren (z. B. Zweck der Datenverarbeitung und die Rechtsgrundlagen). Erschwert wird dies auch dadurch, dass in Bezug auf die Informationspflichten unterschieden wird, ob die personenbezogenen Daten direkt beim Patienten oder z. B. bei Dritten (z. B. Arbeitgeber, also dem „Kunden“) erhoben werden.

Auch das „Recht auf Vergessenwerden“ sollten Betriebsärzte nicht aus den Augen verlieren, da vereinzelt noch falsche Vorstellungen davon existieren, wie lange Patientenakten in der Arbeitsmedizin aufzubewahren sind.

Letztendlich ist in der EU-DSGVO eindeutig festgehalten, dass der Verantwortliche die Einhaltung der Grundsätze (z. B. Rechtmäßigkeit, Treu und Glauben, Transparenz) nachweisen können muss („Rechenschaftspflicht“).

Aktuelles aus der Reisemedizin

Bettina Flörchinger

Nachdem die Zahl der weltweiten Malariaerkrankungen und -todesfälle seit Beginn der 2000er Jahre kontinuierlich rückläufig war, berichtet die WHO in ihrem jährlichen World Malaria Report erstmals für das Jahr 2016 wieder einen Anstieg der Erkrankungszahlen um 5 Mio., die Zahl der Todesfälle stagnierte gegenüber 2015. 90% der Erkrankungen und Todesfälle an Malaria traten in Afrika südlich der Sahara auf. In Deutschland lagen die Malariafallzahlen zwischen 2010 und 2014 bei 550–650 Erkrankungen pro Jahr, stiegen dann in den Jahren 2014–2016 auf ca. 1000 Fälle/Jahr an. Erklärt wird dieser Anstieg durch die große Zahl von Einwanderern aus dem afrikanischen Raum.

Anlass zur Sorge gibt die Resistenzentwicklung der Malariaplasmodien gegen Artemisinine, wie sie seit mehreren Jahren in den Ländern der Mekong-Region beobachtet wird. Für Reisende empfiehlt die DTG in dieser Region wegen des geringen bis mäßiggradigen Risikos einer Malaria tropica keine regelmäßige Chemoprophylaxe, sondern konsequenten Mückenschutz sowie die Mitnahme von Atovaquon/Proguanil für die Notfallselbsttherapie.

Auch bakterielle Erreger entwickeln zunehmende Resistenzen, die sich durch den weltweiten Reiseverkehr zudem noch global ausbreiten. Als Beispiele sind hier hochresistente Gonokokken und ESBL-produzierende Enterobakterien zu nennen. In einer aktuellen Studie aus den Niederlanden wurde nachgewiesen, dass Reiserückkehrer, die vor Reiseantritt negativ für ESBLEnterobakterien getestet worden waren, in 34% von diesen Erregern besiedelt waren. Besonders hoch war die Kolonisationsquote mit 75% bei Rückkehrern aus Südasien.

In Brasilien findet seit Ende 2016 der größte Gelbfieberausbruch seit 30 Jahren statt. Inzwischen hat sich das Gelbfieber- Risikogebiet bis an die Küste im Südosten des Landes ausgebreitet,

die zuvor noch gelbfieberfrei war. Auch mehrere Touristen sind schon erkrankt mit teilweise letalem Ausgang. Eine Gelbfieber-Impfung wird für alle Reisenden empfohlen.

Der Zikavirus-Ausbruch in Mittel- und Südamerika sowie auf den karibischen Inseln, der nach der Fußball-WM 2014 in Brasilien seinen Ausgang nahm, setzt sich weiterhin fort. Wegen des Risikos von schweren fetalen Hirnfehlbildungen und neurologischen Störungen durch das Zikavirus sollte schwangeren Frauen von Reisen in Ausbruchgebiete abgeraten werden. Da das Virus nicht nur durch Mückenstiche der Gattung Aedes, sondern auch auf sexuellem Weg übertragen werden kann, empfiehlt die WHO allen Paaren mit Kinderwunsch für 6 Monate nach der Reiserückkehr aus einem Ausbruchsgebiet die Verhütung mit Kondomen. Sexualpartner von Schwangeren sollten für die gesamte Dauer der Schwangerschaft „safer sex“ praktizieren oder auf Verkehr verzichten.

Mit Beginn der wärmeren Jahreszeit werden auch die Zecken wieder aktiv. Das RKI veröffentlichte im April die aktuellen FSME-Gebiete in Deutschland. Neu hinzugekommen sind in Sachsen die Landkreise Erzgebirgskreis, Zwickau und Bautzen, in Thüringen der LK Ilm-Kreis und der Stadtkreis Suhl sowie in Bayern die Landkreise München, Günzburg, Augsburg, Weilheim- Schongau und Starnberg.

Gewalt am Arbeitsplatz

Dipl. Soz. Päd. Hedda Kretsch

Aggression, Gewalt und herausforderndes Verhalten: Für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen gehören Gewalterfahrungen jeder Art zum Berufsalltag – eine enorme psychische Belastung und natürlich körperliche Gefahr. Studien belegen, dass Übergriffe auf das Personal zugenommen haben, wobei die Dunkelziffer dabei hoch ist:

  • Anstieg der Gewaltunfälle in den vergangenen 5 Jahren um 23 %. („Arbeitsunfallgeschehen 2016“, DGUV)
  • 56,2 % der Mitarbeiter aus Heil-, Pflege- und Betreuungsberufen haben körperliche Gewalt erlebt und 78 % verbale Gewalt. (Querschnittsstudie 2014 „RiRe – Risiken und Ressourcen im Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege“, BGW)
  • Anteil der körperlichen Gewalt in der stationären Altenpflege liegt bei 63 %. (Studie 2017 „Gewalt in der Pflege“, DIP)

Nicht selten stehen Mitarbeiter und auch Führungskräfte dem hilflos und nicht ausreichend geschult gegenüber. Und da aggressive Verhaltensweisen der Klienten oftmals Teil des Krankheitsbildes sind, werden Übergriffe als unveränderbare und hinzunehmende Belastung in Betreuungs- und Pflegeberufen wahrgenommen.

Betroffene eines Übergriffs brauchen jedoch Hilfe, da Menschen Vorfälle mit Aggression und Gewalt individuell sehr unterschiedlich erleben. Unabhängig von der scheinbaren „Schwere“ des Vorfalls oder körperlichen Verletzungen kann es (ggf. auch zeitverzögert) zu psychischen Symptomen wie Angstzuständen, Depressionen und Schlafstörungen kommen. Laut dem BKK Gesundheitsreport 2017 bleibt diese steigende psychische Belastung nicht ohne Folgen: Psychosozialer Stress als arbeitsweltliche Belastung hat einen wesentlichen Einfluss auf die zunehmende Arbeitsunfähigkeit von Beschäftigten.

Seit Ende 2013 fordert das Arbeitsschutzgesetz explizit die Berücksichtigung der psychischen Belastung in der Gefährdungsbeurteilung. Das heißt, alle Unternehmen müssen auch die Gefährdungen für ihre Beschäftigten ermitteln, die sich aus der psychischen Belastung bei der Arbeit ergeben und dazu zählt ebenfalls der alltägliche Umgang mit Gewalt und Aggression. Die Gefährdungsbeurteilung schafft dabei nicht nur Sicherheit für die Beschäftigten, sondern sie stellt auch die rechtliche Absicherung für die Unternehmensleitung dar.

Dies alles macht deutlich, dass es sich bei dem Thema „Gewalt und Aggression“ nicht um ein individuelles Problem des jeweiligen Beschäftigten handelt. Der Umgang mit Gewalt und Aggression stellt eine strukturelle Herausforderung für die einzelnen Betriebe dar. Diese sind verpflichtet, präventiv zu handeln und beide Seiten vor einer möglichen Eskalation zu schützen, denn sie tragen die Verantwortung für Mitarbeiter und Betreute.

Mit Unterstützung der BGW können Betriebe geeignete Rahmenbedingungen aufbauen, die sowohl die Prävention als auch die Nachsorge von Gewaltereignissen abdecken. Angeboten werden unter anderem Beratung, Seminare sowie die Ausbildung von innerbetrieblichen Deeskalationstrainern und -trainerinnen.

Bewegungs-, Schlaf-, Stress- und Lebensstil- Screening und daraus abgeleitetes zielgerichtetes Personal Training im Unternehmen

Dr. Silvester Fuhrhop

Screening-Maßnahmen in der betrieblichen Gesundheitsförderung sind eine sinnvolle Ergänzung zu gesetzlich verankerten Aufgaben in der betriebsärztlichen Praxis. Art und Umfang der Screenings richten sich dabei vor allem nach dem generierten Aufwand zur Umsetzung im Unternehmen. Neben klassischen Screenings für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes, sind v.a. die Themenbereiche Rücken, Ernährung und psychische Belastungen von höchster Relevanz. Eine objektive Messung vor allem psychischer Beanspruchung war im Unternehmensalltag bisher nur mit Qualitätseinbußen oder sehr hohem Aufwand umsetzbar.

Neben einem qualitativ hochwertigen, umfassenden Screening ist ein wirkungsvolles Follow-Up des Screenings vor allem für die Befunde ohne akuten medizinischen Handlungsbedarf herausfordernd. In diesen Fällen geht es vor allem um Gesundheitskompetenz und -motivation des einzelnen Mitarbeiters: Nur selten gelingt es, den Mitarbeiter für eine bedarfsgerechte Maßnahme zu begeistern und diesen auch langfristig in der Maßnahme zu halten. Zudem zählt dieser Aufgabenbereich nicht zu den Kernaufgaben der Betriebsmedizin.

Durch einen validen, screeningbasierten Ansatz soll der Schulterschluss medizinischer, betrieblicher Versorgung und gesundheitsfördernder Maßnahmen ermöglicht werden. Fälle mit medizinischem Handlungsbedarf (Herzrhythmus, psychisch auffälliger Befund, Schlaf-Verhalten) werden zur weiteren medizinischen Abklärung an die Betriebsmedizin weitergeleitet. Bei rein präventiven Handlungsfeldern wird der Betriebsarzt durch begleitendes, motivierendes Coaching entlastet.

Umsetzung: Ein EKG- und aktigrafiebasiertes 48 Stunden- Screening erfolgt mittels eines Sensor-Pflasters, welches das objektive Screening von Herzrhythmus, Schlafverhalten, psychischer Beanspruchung, Alltags-Aktivität und Fitness ermöglicht. Komplementär wird dieses Langzeit-Screening von punktuellen Vor-Ort-Screenings für Ergonomie, Statik, Bioimpedanzanalyse und Beweglichkeit ergänzt. Wird kein akuter, medizinischer Handlungsbedarf identifiziert, wird das Coaching- und Trainingskonzept für körperliche und psychische Gesundheit individuell auf die Ergebnisse abgestimmt und der Mitarbeiter langfristig bei seinen Maßnahmen persönlich begleitet.

Im Vortrag wird das Konzept eines 2-Tages-EKG-Screenings und eines anschließenden, aufsuchenden persönlichen Coachings vorgestellt und Erfahrungen und Evaluationsergebnisse dieser Durchführung im Unternehmen präsentiert. Dabei wird auch auf die Einbettung einer methodischen Eingangsund Ausgangsevaluation für den einzelnen Mitarbeiter einerseits und eine statistische Evaluation zur Erfolgskontrolle andererseits eingegangen.

Workshop Haut- und Handschutz: Schutzhandschuhe, Hautschutz Beruflicher Hautschutz zwischen Theorie und Praxis

Dr. Wolfgang Röcher

1. Hautmittel für primäre und tertiäre Prävention

Hautmittel sind kosmetische Mittel und deshalb primär für die Verwendung an gesunder Haut konzipiert. Die praktische Erfahrung zeigt, dass viele Mitarbeiter eine stark belastete Haut haben und dadurch einen trockenen und fettarmen Hautzustand aufweisen. Hersteller für berufliche Hautmittel berücksichtigen dies bei der Entwicklung entsprechender Produkte. Davon abzugrenzen sind die Anforderungen an Produkte, welche für die tertiäre Prävention eingesetzt werden. Tertiäre Prävention bedeutet dabei die Anwendung von Hautmitteln beim Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit nach oder begleitend zu einer erfolgten Therapie. Hier können Forderungen nach unparfümierten oder duftstofffreien Produkten durchaus sinnvoll sein, um z.B. der Gefahr weiterer allergischer Probleme vorzubeugen.

2. Duftstoffe – hilfreich oder gefährlich?

Duftstoffe werden häufig in Verbindung mit Sensibilisierungen/Allergien diskutiert. Die Tatsache, dass Duftstoffe in der Häufigkeit hinter Nickel an zweiter Stelle aller Kontaktallergene steht darf nicht bedeuten, den Einsatz von Duftstoffen allgemein in Frage gestellt wird. Die Gruppe der Duftstoffe umfasst eine sehr heterogene Gruppe von Stoffen. Dabei sind eher häufig als allergene Duftstoffe auffallende Substanzen („26er-Liste“ in der Kosmetikverordnung) von andern, gut verträglichen Duftstoffen zu unterscheiden. Duftstoffe sind wichtig für Akzeptanz eines Produktes und eines gesamten Hautschutzprogramms. Deshalb ist der Einsatz von niedrig-allergenen Duftstoffen in Hautmitteln durchaus zu rechtfertigen. Bei individuellem Bedarf können duftstofffreie Produkte eingesetzt werden, die von vielen Herstelllern zusätzlich zu parfümierten Produkten angeboten werden.

3. Wie kann die Anwendung von Hautmitteln unterstütz werden?

Studien und die allgemeinen praktischen Erfahrungen zeigen, dass die Anwendung von Hautschutz- und Hautpflegemitteln in vielen Betrieben noch nicht durchgängig zur Routine geworden ist. Es liegt nahe, dass die seit Jahren immer noch hohen Fallzahlen der BK 5101 durch die mangelnde Anwendungsbereitschaft der Präventionsmaßnahmen (z.B. Cremes) verursacht werden. Im Hautschutz werden durchaus wichtige Themen wie z.B. Inhaltsstoffe oder Methoden zum Wirknachweis von beruflichen Hautmitteln intensiv diskutiert. Dabei tritt das Problem um die mangelnde Anwendungsbereitschaft häufig in den Hintergrund. Gerade hier eröffnet sich die Möglichkeit, die Prävention von berufsbedingten Hauterkrankungen zu verbessern. Durch geeignete Maßnahmen (Demos, Hautschutzaktionen, Bestimmung des Hautzustandes, Motivationsmaßnahmen etc.) ergeben sich viele Ansätze zur Verbesserung der Situation. Viele Hersteller bieten neben den eigentlichen Hautmitteln zahlreiche Unterstützung an, um Hautschutzprogramme nachhaltig im Betrieb zu etablieren.

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