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Väter beteiligten sich stärker als zuvor, den weitaus größeren Teil leisten weiterhin Mütter

Der Anteil der Mütter, die vor der Covid-19-Pandemie fast vollständig oder überwiegend die Kinderbetreuung übernahmen, blieb auch im Juni 2020 während der Corona-Krise nahezu unverändert. Sie sank lediglich um 2 Prozentpunkte auf 64,2 Prozent. Der entsprechende Anteil der Väter verdoppelte sich im selben Zeitraum auf 10,5 Prozent. Auch in anderen Bereichen der Sorgearbeit wie der Hausarbeit, dem Einkaufen und häuslichen Reparaturarbeiten beteiligten sich Väter während der Pandemie stärker als zuvor, auch wenn die Veränderungen in der Aufteilung der Sorgearbeit in manchen Bereichen sehr gering waren. Die Ungleichheiten in der Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen im Verlauf des ersten Pandemiejahres waren weiterhin hoch. „Für eine weitere Verlagerung der Sorgearbeit hin zu den Frauen bei gleichzeitigem Rückgang des weiblichen Erwerbsumfangs – wie von der Retraditionalisierungshypothese erwartet – finden wir bisher keine empirischen Belege. Mütter kehrten zudem schneller zu ihrer vorherigen Arbeitszeit zurück als Väter“, berichtet IAB-Forscherin Claudia Globisch.

Die stärkere Beteiligung der Väter an der Sorgearbeit näherte sich im Verlauf der Pandemie wieder derjenigen vor der Corona-Krise an. Dennoch blieb die Beteiligung der Väter an der Kinderbetreuung mit 9,7 Prozent im August 2020 höher als vor der Covid-19-Pandemie. „Der wieder abnehmende Anteil der Väter an der Sorgearbeit spricht dafür, dass die beobachtete Ausweitung ihres Engagements eher aus der Notwendigkeit geboren war, und dass sie sich mit einer Normalisierung der Situation wieder zurückbilden dürfte“, erklärt Dana Müller, Leiterin des Forschungsdatenzentrums der Bundesagentur für Arbeit im IAB. „Nichtsdestotrotz haben Maßnahmen wie Homeoffice und angeordnete Kurzarbeit Zeitressourcen geschaffen, die eine stärkere Beteiligung der Väter an der Sorgearbeit ermöglichten“.

Die Ergebnisse beruhen auf den Daten des Hochfrequenten Online Personen Panels (HOPP) „Leben und Erwerbstätigkeit in Zeiten von Corona“. Inhaltlich erfasst die HOPP-Befragung die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Erwerbstätigkeit und die damit zusammenhängenden Aspekte wie die Nutzung von Homeoffice, die Aufteilung der Sorgearbeit aufgrund geschlossener Betreuungseinrichtungen, das Wohlbefinden oder die Gesundheit.

Mütter in der Covid-19-Pandemie: Ähnlicher Arbeitszeitausfall wie bei Vätern, aber höhere zusätzliche Belastung durch Kinderbetreuung

Mütter leisteten während der Anfangsphase der Covid-19-Pandemie deutlich mehr zusätzliche Kinderbetreuungsarbeit als Väter. Gleichzeitig sank die Lebenszufriedenheit bei Frauen in Deutschland waren von den Kita- und Schulschließungen während des ersten Lockdowns besonders betroffen. Für beschäftigte Mütter mit Kindern bis zwölf Jahren stieg die für Job, Pendeln, Kinderbetreuung und Haushalt aufgewendete Zeit im Frühjahr 2020 um acht Stunden pro Woche, für Väter um nur drei Stunden. Den höchsten Anstieg in absoluten Werten verzeichneten Mütter mit Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren.

Parallel zur höheren zeitlichen Belastung sank die Lebenszufriedenheit bei Müttern mit Kindern bis zwölf Jahren im Frühjahr 2020 stärker als bei anderen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Im September 2020, also nach dem ersten Lockdown, hatte die durchschnittliche wöchentliche bezahlte Arbeitszeit für Frauen fast wieder ihr Ausgangsniveau vom Februar 2020 erreicht, während sie für Männer trotz Wiederanstiegs noch etwas stärker unter dem Ausgangsniveau blieb. Die Zeit, die Eltern mit Kinderbetreuung verbrachten, war im Vergleich zum April 2020 gleichzeitig deutlich zurückgegangen. „Dies spricht dafür, dass Eltern nicht freiwillig ihre bezahlte Arbeit gegen Kinderbetreuung tauschen, sondern zum Status quo vor dem Ausbruch der Pandemie zurückkehren wollten“, so IAB-Forscher Michael Oberfichtner.

Während Männer in früheren Rezessionen, wie der Finanzkrise 2009, oft stärker von Arbeitsausfall betroffen waren, wirkte sich die COVID-19 Pandemie etwa gleich stark auf sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen und Männer aus. Dabei lag der Anteil von Frauen in Kurzarbeit deutlich höher als in vorherigen Rezessionen: Waren im Mai 2020 mehr als 40 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit Frauen, betrug der Frauenanteil im Mai 2009 während der Finanzkrise nur etwa 20 Prozent. „In der Covid-19-Pandemie waren viele Dienstleistungsbranchen mit traditionell hohem Frauenanteil ungewöhnlich stark betroffen, wie Gastronomie und Unterhaltung“, berichtet IAB-Forscherin Hannah Illing. Der besonders starke Einbruch der Arbeitsnachfrage in diesen Bereichen erkläre den hohen Anteil von Frauen in Kurzarbeit. „Frauen arbeiten aber auch in Branchen, die kaum von Arbeitsausfall im Zuge der Pandemie beeinträchtigt wurden, wie dem Gesundheits- und Sozialwesen. Somit war der Arbeitsausfall wegen der unterschiedlichen Betroffenheit der verschiedenen Branchen während der Pandemie weitestgehend geschlechterneutral“, erklärt Illing.

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