03_Fehlzeiten

Weniger Krankmeldungen, aber längere Krankheitsdauer wegen psychischer Erkrankungen

Diese Entwicklungen stehen vermutlich im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Insgesamt haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Monaten Mai bis August 2020 deutlich seltener krankheitsbedingt in ihren Betrieben gefehlt als im Vorjahr. Zuvor hatte es im März und April 2020 vor allem wegen Erkältungskrankheiten sehr viel mehr Krankmeldungen gegeben als ein Jahr zuvor. „Es bleibt abzuwarten, wie sich die steigenden Covid-19-Infektionszahlen und der mögliche Anstieg von Atemwegserkrankungen im Herbst und Winter bei den Krankenständen bemerkbar machen werden“, sagt Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO.

Die aktuellen Analysen des WIdO verzeichnen vom 1. Januar bis zum 31. August 2020 im Durchschnitt 11,1 Arbeitsunfähigkeitsfälle je 100 AOK-Mitglieder wegen psychischer Erkrankungen (Abbildung 1). Das waren deutlich weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres: 2019 waren von Januar bis August 12,0 AU-Fälle je 100 AOK-Mitglieder gemeldet worden. „Es ist zu vermuten, dass viele psychisch erkrankte Beschäftigte in der Lockdown-Phase zu Beginn der Pandemie aus Angst vor Ansteckung auf einen Arztbesuch verzichtet haben“, so Helmut Schröder.

Bemerkenswerterweise zeigt sich allerdings parallel zur Abnahme der Fallzahlen von psychisch bedingten Krankschreibungen eine sprunghafte Zunahme der Länge dieser Krankschreibungen. So stieg die Dauer eines durchschnittlichen psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeitsfalls bei den AOK-Mitgliedern im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als drei Tage – von 25,9 Tagen bis August 2019 auf 29,3 Tage bis August 2020. „Offenbar haben Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen verstärkt auf die Einschränkungen und Belastungen reagiert, die mit der Pandemie einhergingen, und waren dadurch über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig“, so Schröder. Damit bekam der Trend der letzten Jahre zu immer längeren Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen im Pandemie-Jahr 2020 einen weiteren Schub.

Im Vergleich zum Vorjahr insgesamt weniger Fehlzeiten

Die Covid-19-Pandemie hat die bisherige AU-Statistik des Jahres 2020 stark beeinflusst – das lässt zumindest der
Vergleich mit dem Vorjahr vermuten: Zunächst gab es zu Beginn der Pandemie im März und April 2020 einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Der höchste Krankenstand wurde im März mit einem Krankenstand von 7,8 Prozent erreicht (Abbildung 2). Das waren knapp zwei Prozentpunkte mehr als im März 2019 (6,1 Prozent). Von Mai bis August lagen die Krankenstände hingegen unter denen der entsprechenden Vorjahresmonate. So meldeten sich AOK-versicherte Beschäftige im Mai 2020 nur an 4,4 Prozent der Tage krank – im Vorjahresmonat waren es 5,2 Prozent. Auch in den Sommermonaten setzte sich dieser Trend fort. „Der Effekt, den wir bei den psychischen Erkrankungen sehen, gilt auch für andere Erkrankungen, die beim niedergelassenen Arzt oder im Krankenhaus behandelt werden sollten: Viele Beschäftigte haben vermutlich aus Angst vor einer Infektion den Gang zum Arzt vermieden“, so Schröder. Der Rückgang könne auch damit zusammenhängen, dass das Infektionsrisiko durch die Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19 gesunken sei, vermutet Helmut Schröder: „Mehr Homeoffice, weniger Mobilität und die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln dürften zum Rückgang beigetragen haben. Angesichts aktuell steigender Infektionszahlen – und weil der Winter vor der Tür steht – sind diese Zahlen jedoch kein Anlass zur
Entwarnung.“

Im Zehn-Jahres-Vergleich ist der Krankenstand 2020 „unspektakulär“

Das WIdO hat zudem einen Vergleich der ersten Monate des Jahres 2020 mit den entsprechenden Monaten der letzten zehn Jahre durchgeführt. Dieser Vergleich hat den Vorteil, dass Sondereffekte – zum Beispiel durch starke Grippewellen – in einzelnen Jahren ausgeglichen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass lediglich im März und April 2020 ein höherer Krankenstand zu verzeichnen war als im Mittel der letzten zehn Jahre (Abbildung 3). Er lag im März 2020 knapp zwei Prozentpunkte und im April 2020 nur noch 0,4 Prozentpunkte über dem Monatsdurch-schnitt der letzten zehn Jahre. Die Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung wegen Atemwegserkrankungen, die von Anfang März bis Ende Mai 2020 galt, dürfte einen Einfluss auf die erhöhten Krankenstände im Vergleich zu den Vorjahren gehabt haben. „Gleichzeitig sprechen die Daten dafür, dass Ärzteschaft und Beschäftigte mit dieser temporären Regelung verantwortungsvoll umgegangen sind“, betont Schröder. Im Mai und Juni 2020 sei der Krankenstand leicht hinter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre zurückgeblieben. „Somit fällt die Zwischenbilanz für das Jahr 2020 trotz der zwischenzeitlichen Ausschläge nach oben und unten insgesamt eher unspektakulär aus“, so Schröders Fazit.

Krankschreibungen wegen Covid-19 im April 2020 auf dem Höhepunkt

Eine Auswertung der Krankschreibungen wegen einer Covid-19-Erkankung zeigt: Insgesamt sind bis Ende August 2020 mehr als 58.000 Beschäftigte, die mindestens einen Tag AOK-versichert waren, wegen einer nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion (ICD-GM: U07.1) krankgeschrieben worden, also 451 Covid-19-Erkrankte je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte. Die meisten AU-Meldungen wegen einer Covid-19-Erkrankung wurden in den Monaten März 2020 (160 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte) und April 2020 (267 Erkrankte je 100.000 Be-schäftigte) gemeldet (Abbildung 4). Eine im Juli 2020 veröffentlichte Auswertung des WIdO hatte gezeigt, dass Beschäftigte in Gesundheitsberufen in der Hochphase der Pandemie von März bis Mai am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion betroffen waren. Auch für den Zeitraum von März bis August lässt sich ein erhöhtes Infektionsrisiko für diese Berufe, die mit einer Vielzahl von Menschen in Kontakten kommen, herauslesen.

Erwerbstätige Covid-19-Patienten mit Krankenhausbehandlung: Lange Fehlzeiten auch im Anschluss an den Klinikaufenthalt

AOK-versicherte Erwerbstätige, die im Frühjahr 2020 wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden mussten, wiesen auch nach der stationären Behandlung lange krankheitsbedingte Fehlzeiten in ihren Betrieben auf. So lag der Krankenstand der betroffenen Beschäftigten in den ersten zehn Wochen nach ihrem Krankenhausaufenthalt mit 6,1 Prozent deutlich höher als bei der nicht infizierten Vergleichsgruppe mit gleicher Alters- und Geschlechtsstruktur (2,8 Prozent). Zwischen dem 1. März und dem 21. April 2020 mussten von den insgesamt 27.300 AOK-versicherten Beschäftigten wegen einer nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektion mehr als 3.700 Personen (13,6 Prozent) stationär behandelt werden. „Die Daten zeigen, dass in der ersten Infektionswelle im Frühjahr 2020 nur verhältnismäßig wenige arbeitsunfähige Erwerbstätige aufgrund einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden mussten. War jedoch ein Krankenhausaufenthalt notwendig, ergaben sich auch weitere schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die über die akute Erkrankung hin-ausgingen“, sagt der stellvertretender WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. Die gravierenden Auswirkungen der Erkrankung zeigen sich auch in der hohen Sterblichkeitsrate der stationär behandelten Beschäftigten, die im Beobachtungszeitraum bei 3,3 Prozent lag. „Angesichts
der Tatsache, dass hier AOK-versicherte Erwerbstätige mit einem durchschnittlichen Lebensalter von 47 Jahren betroffen sind, ist die hohe Sterberate durchaus besorgniserregend“, so Schröder.

Unter den mehr als 10,1 Millionen AOK-versicherten Beschäftigten, die zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 durchgängig versichert waren,
fehlten im Beobachtungszeitraum vom
1. März bis 21. April mehr als 27.300 AOK-Mitglieder wegen einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion (ICD-10 GM: U07.1) im Betrieb. Dies entspricht 270 Covid-19-Erkrankten je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte. Beobachtet man ausgehend von der Krankschreibung das AU-Geschehen in den nachfolgenden zehn Wochen, lag der Krankenstand für diese Gruppe bei 3,5 Prozent. In der Gruppe der AOK-Mitglieder ohne Covid-19-Erkrankung war dagegen im Vergleichszeitraum ein Krankenstand von nur 2,6 Prozent zu verzeichnen (Abbildung 5). Für einen fairen Vergleich zwischen Beschäftigten mit und ohne Covid-19-Erkrankung wurden Alters- und Geschlechtsunterschiede zwischen den jeweiligen Vergleichsgruppen in der gesamten Analyse rechnerisch ausgeglichen.

Fast jeder siebte Erwerbstätige mit Covid-19 musste ins Krankenhaus

Bei fast jedem siebten AOK-versicherten Beschäftigten, der vom Arzt wegen einer Covid-19-Erkrankung als arbeitsunfähig erklärt wurde, machte ein besonders schwerer Verlauf der SARS-CoV-2-Infektion einen Krankenhausaufenthalt notwendig (13,6 Prozent). In den jeweils auf die stationäre Behandlung folgenden zehn Wochen waren diese Beschäftigten an 6,1 Prozent der Tage arbeitsunfähig. Bei der alters- und geschlechtsbereinigten Vergleichsgruppe ohne Covid-19-Erkrankung lag der Krankenstand nur bei 2,8 Prozent (Abbildung 5). Auch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit unterscheidet sich zwischen den beiden Gruppen deutlich: Innerhalb von zehn Wochen fehlten die von Covid-19 betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach der Krankenhausentlassung im Durchschnitt 13,5 Tage pro Fall, die nach Alter und Geschlecht vergleichbare Gruppe dagegen nur 9,4 Tage.

Obwohl die Erwerbstätigen, die im Krankenhaus wegen Covid-19 behandelt werden mussten, mit einem Durchschnittsalter von 47 Jahren vergleichsweise jung waren, war die Sterberate hoch: 3,3 Prozent der Erwerbstätigen, die wegen einer besonders schweren Covid-19-Erkrankung stationär behandelt werden mussten, verstarben während des Krankenhausaufenthalts oder im Nachbeobachtungszeitraum (Tabelle 1). In der Vergleichsgruppe, die zwar die gleiche Alters- und Geschlechtsstruktur aufweist, aber nicht von einer SARS-CoV-2 Infektion betroffen war, verstarben lediglich 0,08 Prozent. „Dies wirft ein Schlaglicht auf das hohe Risiko der Covid-19-Erkrankung, von der bisher nur vergleichsweise wenige Beschäftigte betroffen waren“, so Helmut Schröder aus der WIdO-Geschäftsführung.

Fehlzeiten nach Klinikaufenthalt vor allem wegen Atemwegserkrankungen

Ursächlich für die Fehlzeiten bei den Erwerbstätigen, die zuvor wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt wurden, waren vor allem Infektions- und Atemwegserkrankungen, psychische Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Stoffwechsel-Erkrankungen: Aufgrund von Infektionen oder Atemwegserkrankungen, die vermutlich im Covid-19-Zusammenhang stehen, fehlten diese Beschäftigten in den ersten zehn Wochen nach dem stationären Aufenthalt gut siebenmal so lange wie die Vergleichsgruppe ohne SARS-CoV-2-Infektion, aufgrund von psychischen, Herz-Kreislauf- oder Stoffwechsel-Erkrankungen etwa dreimal so lange (Abbildung 6). Unter den Atemwegserkrankungen sticht dabei auf Ebene der Einzeldiagnosen nicht überraschend vor allem die Lungenentzündung („Pneumonie“, ICD-GM: J18) hervor: Im Vergleich zu den Erwerbstätigen, die nicht von Covid-19 betroffen waren, führte sie bei den Beschäftigten mit SARS-CoV-2-Infektion zu 130-mal so vielen Arbeitsunfähigkeitstagen.

Bei den psychischen Erkrankungen kam es aufgrund der Diagnose „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ (ICD-GM: F43) zu gut dreimal so vielen Arbeitsunfähigkeitstagen. Zusätzlich fallen die Einzeldiagnosen „Unwohlsein und Ermüdung“ (ICD-GM: R53) sowie „Störungen der Atmung“ (ICD-GM: R06) durch 12– bzw. 17-mal
so hohe Fehlzeiten im Vergleich zu den Beschäftigten ohne Covid-19-Erkrankung auf. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Ursachen der krankheitsbedingten Fehltage, die nach einem stationären Aufenthalt wegen einer Covid-19-Infektion auftreten, vor allem in Beschwerden der Atmungsorgane zu suchen sind, aber auch psychische Probleme eine Rolle spielen“, sagt Helmut Schröder.

Gesundheitsberufe besonders stark von Covid-19 betroffen

Beschäftigte in Gesundheitsberufen waren von März bis Mai 2020 am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit Covid-19 betroffen. Eine WIdO-Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten der AOK-Mitglieder zeigt, dass in diesem Zeitraum 1.283 je 100.000 Beschäftigte in
der Altenpflege im Zusammenhang mit Covid-19 an ihrem Arbeitsplatz gefehlt haben. Damit liegt die Betroffenheit dieser Pflegekräfte mehr als das 2,5-fache über dem Durchschnittswert von 474 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte. Gleichzeitig gab es bei Beschäftigten in der Altenpflege auch häufiger Krankenhausbehandlungen im Zusammenhang mit Covid-19: Je 100.000 Beschäftigte wurden 157 Personen mit dieser Diagnose in einer Klinik behandelt – der Vergleichswert aller AOK-Mitglieder liegt bei 91 je 100.000 Beschäftigen. Beschäftigte in der Fleischverarbeitung wurden mit 173 je 100.000 Beschäftigte am häufigsten im Zusammenhang mit Covid-19 in ein Krankenhaus eingewiesen. „Bestimmte Beschäftigtengruppen, die auch in Pandemiezeiten weiter zur Arbeit gegangen sind, scheinen stärker von Covid-19 betroffen zu sein. Dies sind vor allem Berufe mit Kontakt zu anderen Menschen. Aber auch Berufe in der Fleischverarbeitung oder der Lagerwirtschaft waren stark betroffen“, sagt Helmut Schröder. „Es bleibt abzuwarten, ob sich die Unterschiede zwischen den Berufsgruppen durch Infektionsherde in einzelnen Betrieben in den kommenden Wochen und Monaten noch deutlicher abzeichnen werden.“

Insgesamt erhielten von den 11,6 Millionen AOK-versicherten Erwerbstätigen von März bis Mai 2020 circa 55.000 Beschäftigte von einem Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Zusammenhang mit einer Covid-19-Diagnose. Das entspricht 474 je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte oder 0,5 % der AOK-versicherten Erwerbstätigen. Dabei waren Frauen häufiger (0,6 %) betroffen als Männer (0,4 %). Krankmeldungen mit Bezug zu Covid-19 waren unter den jüngeren Beschäftigten bis zu 20 Jahren am häufigsten (0,7 %), bei den 30- bis 39-jährigen Erwerbstätigen am seltensten (0,4 %). Bei mehr als drei Viertel der betroffenen Beschäftigten wurde der gesicherte Nachweis des SARS-CoV-2 auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentiert (78,7 %), bei weniger als einem Viertel ein klinischer Covid-19-Verdacht ohne Virusnachweis.

Tätigkeiten im Homeoffice oder im Freien seltener von Covid-19 betroffen

Insbesondere Beschäftigte aus den Gesundheitsberufen waren bis Mai 2020 vergleichsweise häufig von Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 betroffen. Die höchste Rate wurde mit 1.283 Betroffenen je 100.000 Beschäftigte in den Berufen der Altenpflege sowie in der Gesundheits- und Krankenpflege (1.237 Betroffene je 100.000 Beschäftigte) erreicht (Abbildung 7). Die niedrigsten krankheitsbedingten Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 zeigten sich bei den Berufen in der Hochschullehre und -forschung (110 Betroffene je 100.000 Beschäftigte) und in der Landwirtschaft (121 Betroffene je 100.000 Beschäftigte). Demnach sind Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid-19 bei Berufen wahrscheinlicher, in denen die Beschäftigten trotz Lock-downs mit einer Vielzahl von Menschen in Kontakt kommen. Tätigkeiten, die eher im Homeoffice oder in der freien Natur ausgeübt werden, waren dagegen mit einem niedrigeren Infektionsrisiko verbunden. Berufe mit häufigen zwischenmenschlichen Kontakten, die aufgrund der präventiven Maßnahmen zu einer Reduzierung der Kontakte gezwungen waren oder ihren Beruf nicht ausüben konnten, hatten ein deutlich reduziertes Risiko zu erkranken. Hierzu zählen beispielsweise Berufe in der Gastronomie (208 Betroffene je 100.000 Beschäftigte) oder im Kosmetikgewerbe (177 Betroffene je 100.000 Beschäftigte).

Regionale Hotspots spiegeln sich auch in den AU-Daten wider

Regionale Unterschiede im Covid-19-Infektionsgeschehen spiegeln sich auch
im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen wider. Besonders von der Ausbreitung des Virus betroffene Regionen wie der Landkreis Heinsberg, der Hohenlohekreis, Rosenheim oder der Kreis Rosenheim belegen erwartungsgemäß auch bei den AU-Quoten die Spitzenplätze (siehe Abbildung 8). Im Kreis Heinsberg wurden 2,2 % und im Hohenlohekreis 2,1 % der AOK-versicherten Erwerbstätigen eine Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit Covid-19 bescheinigt. Regionen wie Cottbus mit einer AU-Quote von 0,03 % oder Dessau-Roßlau mit 0,06 % zeigten hingegen nur einen Bruchteil an Corona-bedingten Fehlzeiten im Vergleich zu den regionalen Hotspots. Der Kreis Gütersloh lag bis Mai 2020 mit einer AU-Quote von 0,42 % noch unter dem bundesweiten Durchschnitt (0,5 %).

Krankenhausausaufenthalte im Zusammenhang mit Covid-19 eher bei Älteren

Insgesamt wurden von März bis
Mai 2020 circa 10.500 AOK-versicherte Erwerbstätige im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 in einem Krankenhaus behandelt. Das entspricht 91 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherte Beschäftige. Die durchschnittliche Behandlungsdauer dieser hospitalisierten Beschäftigten lag bei etwa sieben Tagen. Die Daten zeigen, dass von einem möglichen schweren Covid-19-Verlauf eher die älteren Erwerbstätigen betroffen sind als die jüngeren: Von 100.000 Beschäftigten über 60 Jahren wurden 168 stationär behandelt, während der Vergleichswert der jüngeren Beschäftigten unter 20 Jahren bei weniger als einem Drittel liegt (51 je 100.000 Beschäftigte) (siehe Abbildung 9). Die Berufe in der Fleischindustrie belegen
mit 173 Krankenhauseinweisungen je 100.000 AOK-versicherten Beschäftigten den Spitzenplatz. „Es besteht Forschungsbedarf bei der Antwort auf die Frage, ob ein schwerer Covid-19-Verlauf, der mit einer stationären Behandlung verbunden ist, von der beruflichen Tätigkeit beeinflusst wird oder doch eher vom Lebensalter und von den Vorerkrankungen der betroffenen Patienten“ so Schröder.

Krankmeldungen wegen leichter Erkältungskrankheiten über dem Durchschnitt der letzten Jahre

Die Daten zeigen auch, wie sich die Regelung zur telefonischen Krankschreibung bei leichten Erkältungskrankheiten – ohne Covid-19-Verdacht – ausgewirkt hat. Die Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege galt bundesweit vom 9. März bis zum 31. Mai 2020. Der Anteil der Atemwegserkrankungen an allen Diagnosen lag im März 2020 knapp drei Prozentpunkte und im April dieses Jahres etwa zwei Prozentpunkte über dem jeweiligen Monatsdurchschnitt der letzten fünf Jahre (siehe Abbildung 10). „Dies spricht für einen verantwortungsvollen Umgang von Ärzteschaft und Beschäftigten mit der temporären Regelung zur telefonischen Krankschreibung“, so Schröder.

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