05 DGAUM

Aufsuchende Impfungen und Impfberatung durch Betriebsärzte müssen vergütet werden

Im Bundesministerium für Gesundheit arbeitet man derzeit an einer Neufassung der Coronavirus-Impfverordnung. Dazu hat die DGAUM eine Stellungnahme veröffentlicht und auf die Erfahrungen verwiesen, die Mitte Juni und Mitte Juli im Rahmen der Covid-19-Impfaktion beim Modellvorhaben „Gesund arbeiten in Thüringen“ gemacht wurden. Schwierigkeiten bestanden vor allem darin, den Beschäftigten in Kleinstbetrieben sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KKMU) adäquate Impfangebote zu ermöglichen. KKMU werden oftmals von selbstständigen Betriebsärzten oder von überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Diensten versorgt. Vielfach liegen lange Wegestrecken zwischen Betriebsarzt und betreutem Unternehmen. Eine Impfung in betriebsärztlichen Praxisräumen scheitert daher oft schon aus diesem Grunde. Deshalb ist es sinnvoll, wenn die Impfungen im Wege der Bildung von regionalen KKMU-Netzwerken an Orten stattfinden, die von allen KKMU-Beschäftigten gut erreichbar sind. Drei Betriebsärzte der DGAUM konnten in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern (IHK) in Erfurt, Suhl und Gera dennoch insgesamt 600 Beschäftigte von 30 KKMU in drei regionalen Netzwerken gegen SARS-CoV-2 impfen. Ein solches Netzwerkmodell kann für die DGAUM im Falle von bald notwendigen Folge- und Auffrischungsimpfungen erfolgreich sein. Dafür notwendig ist aber eine adäquate Kostenerstattung der betriebsärztlichen Tätigkeit vergleichbar mit Vertragsärzten, wenn diese in Gemeinschaftseinrichtungen wie etwa Altenheime oder Pflegeeinrichtungen impfen. Dies umso mehr, da auch bei Betriebsärzten bei Vorort-Impfungen ein deutlicher Mehraufwand entsteht: Impfstoffe müssen nicht nur zeitnah im Betrieb aufgezogen und das gesamte Datenmanagement organisiert werden, es ist zudem eine eventuell erforderliche Notfallversorgung sicherzustellen.

Darüber hinaus fehlt im Entwurf zur Neufassung der Verordnung für die DGAUM eine Vergütung von selbstständigen Betriebsärzten sowie überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Diensten für die ausschließliche Impfberatung ohne Impfleistung, wie diese Vertrags- und Privatärzten zugestanden wird. Vor dem Hintergrund der schon bald notwendigen Folge- und Auffrischungsimpfungen sowie der Tatsache, dass Betriebsärzte ebenfalls Angehörige von Beschäftigten sowie Kinder und Jugendliche impfen sollen, um in unserer Bevölkerung rasch eine hohe Durchimpfungsrate zu erreichen, müssen Betriebsärzte wie die Vertrags- und Privatärzte einen höheren Aufwand bei der Impfberatung leisten. Dieser sollte adäquat vergütet werden, wenn man nicht Betriebsärzte zu „Ärzten zweiter Klasse“ machen will. Im Hinblick auf die stockende Impfkampagne ist es wichtig, jetzt alle Kräfte zu mobilisieren.

Referentenentwurf einer Neufassung der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfungen gegen das
Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaImpfV) vom 06.08.2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Referentenentwurf einer Neufassung der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erlauben wir uns auf folgende Punkte hinzuweisen:

I. Vergütung ärztlicher Leistungen (§ 6 Abs. 1, S. 10): aufsuchende Impfungen Betriebsärzte

Eingedenk der Ergebnisse bei der Videokonferenz der arbeitsmedizinischen Verbände mit Herrn Bundesminister Spahn am 30.06.2021 sowie des Schreibens der DGAUM an Herrn Staatssekretär Dr. Steffen vom 05.07.2021 schlagen wir nochmals die Aufnahme einer Vergütungsregelung für selbstständige Betriebsärzte sowie für die überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienste bei „aufsuchenden Impfungen“ in den Betrieben vor Ort vor. Unsere Erfahrungen im Rahmen der Covid-19-Impfaktion beim Modellvorhaben nach § 20g SGB V „Gesund arbeiten in Thüringen“ belegen die besonderen Schwierigkeiten, den Beschäftigten in sogenannten KKMU adäquate Impfangebote in den Betrieben zu ermöglichen. Kleinstbetriebe sowie kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) werden i.d.R. von selbstständigen Betriebsärzten oder von überbetrieblichen Diensten versorgt. Vielfach liegen lange Wegestrecken zwischen Betriebsarzt und betreutem Unternehmen. Eine Impfung in betriebsärztlichen Praxisräumen scheitert daher oft schon aus diesem Grunde. Deshalb ist es sinnvoll, wenn die Impfungen im Wege der Bildung von regionalen KKMU-Netzwerken an Orten stattfinden, die von allen KKMU-Beschäftigten gut erreichbar sind. Mitte Juni und Mitte Juli konnten drei Betriebsärzte der DGAUM in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern (IHK) in Erfurt, Suhl und Gera insgesamt 600 Beschäftigte von 30 KKMU in drei regionalen Netzwerken gegen SARS-CoV-2 impfen. Ein solches Netzwerkmodell kann auch im Falle von bald notwendigen Folge- und Auffrischungsimpfungen erfolgreich Anwendung finden, bedingt aber eine adäquate Kostenerstattung der betriebsärztlichen Tätigkeit vergleichbar mit Vertragsärzten, wenn in Gemeinschaftseinrichtungen

(Altenheime, Pflegeeinrichtungen etc.) „das Aufsuchen einer Person für die Impfung notwendig ist.“ Dies umso mehr, da auch bei Betriebsärzten bei Vorort-Impfungen ein deutlicher Mehraufwand entsteht: Impfstoffe müssen nicht nur zeitnah im Betrieb aufgezogen und das gesamte Datenmanagement organisiert werden, es ist zudem eine eventuell erforderliche Notfallversorgung sicherzustellen. Daher schlagen wir folgende Textänderungen vor:

§ 6 Abs 1, Satz 3 lautet derzeit:

„Sofern das Aufsuchen einer Person für die Impfung notwendig ist, werden für Leistungserbringer nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 und 5 zuzüglich 35 Euro vergütet; für das Aufsuchen jeder weiteren Person in derselben sozialen Gemeinschaft oder Einrichtung werden zuzüglich jeweils weitere 15 Euro vergütet.“

Wir empfehlen, § 6 Abs. 1 Satz 3 wie folgt zu ändern:

„Sofern das Aufsuchen einer Person für die Impfung notwendig ist, werden für Leistungserbringer nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 und 6 zuzüglich 35 Euro vergütet; für das Aufsuchen jeder weiteren Person in derselben sozialen Gemeinschaft oder Einrichtung oder in Betrieben und Unternehmen vor Ort werden zuzüglich jeweils weitere 15 Euro vergütet.“

II. Vergütung ärztlicher Leistungen (§ 6 Abs 1, S. 10): Klarstellung Vergütungsanspruch

Für missverständlich halten wir Satz 4, da die vorliegende Formulierung den Eindruck erweckt, man wolle einen Vergütungsanspruch sowohl von innerbetrieblichen arbeitsmedizinischen Diensten (Werksärzte) als auch von überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Diensten gleichermaßen ausschließen. Wir verstehen die Intention im Text aber so, dass es einen Vergütungsausschluss geben soll sowohl für Werksärzte (innerbetriebliche arbeitsmedizinischen Dienste) als auch für natürliche Personen (Betriebsärzte), die bei überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Diensten beschäftigt sind. Davon unberührt bleibt jedoch der Vergütungsanspruch des überbetrieblichen arbeits-medizinischen Dienstes bzw. von selbstständigen Betriebsärzten. Wir schlagen deshalb folgende Klarstellung vor:

§ 6 Abs 1, Satz 4 lautet derzeit:

„Ein Vergütungsanspruch eines Leistungserbringers nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 besteht nicht,

1. wenn der Betriebsarzt die Leistungen nach § 1 Absatz 2 im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Betrieb oder im Rahmen einer Tätigkeit für einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten erbringt, […].“

Wir empfehlen, § 6 Abs. 1, Satz 4 wie folgt zu ändern:

„Ein Vergütungsanspruch eines Leistungserbringers nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 besteht nicht,

1.  wenn der Betriebsarzt die Leistungen nach § 1 Absatz 2 im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Betrieb oder als natürliche Person im Rahmen einer Tätigkeit für einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten erbringt, […].“

III. Vergütung ärztlicher Leistungen (§ 6 Abs 2, S. 10): Vergütungsanspruch Impfberatung

Der Verordnungsentwurf sieht bisher keine Vergütung von selbstständigen Betriebsärzten sowie überbetrieblichen arbeitsmedizinischen Diensten für die ausschließliche Impfberatung ohne Impfleistung vor, wie diese Vertrags- und Privatärzten zugestanden wird. Vor dem Hintergrund der schon bald notwendigen Folge- und Auffrischungsimpfungen sowie der Tatsache, dass Betriebsärzte ebenfalls Angehörige von Beschäftigten sowie Kinder und Jugendliche impfen sollen (s. S. 19: Begründung des Verordnungs-Entwurfs), um in unserer Bevölkerung rasch eine hohe Durchimpfungsrate zu erreichen, müssen Betriebsärzte wie die Vertrags- und Privatärzte einen höheren Aufwand bei der Impfberatung leisten. Dieser sollte adäquat vergütet werden, wenn man Betriebsärzte nicht zu „Ärzten zweiter Klasse“ machen will. Daher schlagen wir folgende Textänderungen vor:

§ 6 Abs 2, Satz 1 lautet derzeit:

„Die Vergütung der Leistungserbringer nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 und 5 für eine ausschließliche Impfberatung zum Coronavirus SARS-CoV-2 ohne nachfolgende Schutzimpfung beträgt je Anspruchsberechtigten einmalig 10 Euro.“

Wir empfehlen, § 6 Abs. 2, Satz 1 wie folgt zu ändern:

„Die Vergütung der Leistungserbringer nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 und 6 für eine ausschließliche Impfberatung zum Coronavirus SARS-CoV-2 ohne nachfolgende Schutzimpfung beträgt je Anspruchsberechtigten einmalig 10 Euro.“

IV. Vergütung ärztlicher Leistungen (§ 6 Abs 6, S. 11): Abrechnungsgeschehen

Vor dem Hintergrund, dass nach wie vor das Abrechnungsgeschehen insbesondere für selbstständige Betriebsärzte, die als Fachärzte für Arbeitsmedizin im Gegensatz zu den Vertragsärzten mit Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin über keinerlei Anbindung an die Kassenärztlichen Vereinigungen verfügen, großen Problemen unterworfen ist – teilweise bieten KV‘en noch überhaupt keine Abrechnungsmöglichkeit an, u.a. mit der Begründung, dass durch die Neufassung der CoronaImpfV neue Programmierarbeit entstehe – regen wir abermals an, mit der Neufassung der Corona-Impfverordnung alternative Abrechnungswege für Betriebsärzte zu ermöglichen, wie wir diese beispielsweise im Bereich der Verträge nach § 132e SGB V eröffnet haben. Dies umso mehr, da wir mit Hilfe von DGAUM-Selekt inzwischen 60.000 Meldungen für die Impfsurveillance an das Robert-Koch-Institut übermittelt haben. Im Sinne der vorbenannten Verordnung wird damit ebenfalls ein Vergütungsanspruch generiert, den man mit einer zeitnahen Vergütung dann auch befriedigen sollte. Wenn die Kassenärztlichen Vereinigungen dem nicht entsprechen können, müssten u.E. umso mehr etablierte und funktionierende, alternative Abrechnungsoptionen zum Einsatz kommen. In den in Ihrem Hause vorliegenden Stellungnahmen und Schreiben der DGAUM hatten wir eine fortlaufende bzw. zeitnahe Evaluierung des Abrechnungswegs über die Kassenärztlichen Vereinigungen vorgeschlagen, verbunden mit der Option, zu einem späteren Zeitpunkt doch noch andere Systeme, wie etwa die DGAUM diese für die Verträge nach § 132e SGB V eröffnet hat, zur Abrechnung zuzulassen.

Bereits heute danken wir Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Entgegenkommen, unsere Argumente im weiteren Verfahren berücksichtigen zu wollen. Diese Stellungnahme wird vom Berufsverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB) ausdrücklich mitgetragen und unterstützt.

Mit den besten Empfehlungen

Prof. Dr. Dirk-Matthias Rose

Mitglied im Vorstand

Dr. Thomas Nesseler

Hauptgeschäftsführer

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