07_Homeoffice

Auswirkungen und Geschlechterbetroffenheit

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Abdruck mit freundlicher Genehmigung des

ifo Institut, München

Seit März 2020 beherrscht die Corona-Pandemie das öffentliche und private Leben in Deutschland. Neben gesundheitlichen Aspekten spielen in der Diskussion die wirtschaftlichen Folgen eine große Rolle. Auch in der Arbeitswelt gab es gravierende Veränderungen. In vielen Branchen wurde Homeoffice verstärkt eingesetzt, um den Betrieb auch unter Corona-bedingten Einschränkungen am Laufen zu halten. In einer aktuellen Umfrage1, die das ifo Institut gemeinsam mit der Unternehmensberatung Mercer|Promerit und FidAR e.V. unter 1 188 Geschäftsführer*innen, Manager* innen und Personalverantwortlichen deutscher Unternehmen durchgeführt hat, beschäftigen wir uns mit der Frage, ob und inwieweit sich die Corona-Pandemie auf das Personalmanagement auswirkt und welche Veränderungen für die Zukunft erwartet werden.

In dieser Studie präsentieren wir die Ergebnisse mit Blick auf Homeoffice und die unterschiedliche Betroffenheit der Geschlechter. Die umfassenden Resultate finden sich in Demmelhuber et al. (2020). Die Ergebnisse sind insbesondere in der aktuellen Diskussion zum Recht auf Homeoffice von Bedeutung. Denn das sogenannte »Mobile-Arbeit-Gesetz« sieht einen gesetzlichen Anspruch auf mobiles Arbeiten vor, ist allerdings in der Regierungskoalition umstritten.

Einige andere Studien haben bereits die Auswirkungen von Homeoffice auf die Arbeitswelt untersucht. Beispielweise stellen Alipour et al. (2020b) eine umfragebasierte Methode zur Berechnung des Homeoffice-Potenzials vor und kommen zum Schluss, dass rund 56% der Beschäftigten in Deutschland zumindest zeitweise von zu Hause arbeiten können. Alipour et al. (2020a) dokumentieren, dass Regionen mit mehr Heimarbeitern niedrigere Infektionszahlen aufweisen und weniger Beschäftigte in Kurzarbeit sind. Die vorliegende Studie analysiert die Potenziale und Probleme von Homeoffice aus Sicht von Entscheidungsträger*innen der deutschen Wirtschaft.

Zunehmende Bedeutung von
Homeoffice

In Folge der Corona-Pandemie ist es zu einer stärkeren Nutzung von Homeoffice2 gekommen. Während es vor der Krise in 51% der Unternehmen Beschäftigte gab, die regelmäßig im Homeoffice arbeiteten, sind es aktuell 76% (vgl. Tab. 1). Wenig überraschend ist, dass bereits vor der Krise in großen Unternehmen (74%) Homeoffice üblicher war als in kleinen Unternehmen (42%). Allerdings ist der signifikante Anstieg der Homeoffice-Nutzung bis zur Befragung im Juli über alle Unternehmensgrößen sichtbar. Aktuell geben fast alle großen Unternehmen (97%) mit mehr als 500 Beschäftigten an, dass Mitarbeiter im Homeoffice sind.

Nicht nur die absolute Anzahl der Unternehmen mit Homeoffice, sondern auch der Umfang von Heimarbeit in den einzelnen Unternehmen hat stark zugenommen (vgl. Tab. 2). Betrachtet man die Firmen, die sowohl vor der Coronakrise als auch aktuell Heimarbeit nutzen, ist der Anteil der Belegschaft im Homeoffice im Durchschnitt von 18% vor der Krise auf aktuell 42% gestiegen. Gleichzeitig erhöhte sich in diesen Firmen die durchschnittliche Arbeitszeit in Heimarbeit von 33% auf 60% der Beschäftigten. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede bei den Sektoren: Während in Firmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe und Handel im Durchschnitt aktuell nur 24% der Beschäftigten von zu Hause arbeiten und diese rund die Hälfte ihrer Arbeitszeit dort verbringen, sind im Dienstleistungsbereich 57% der Mitarbeiter im Homeoffice und befinden sich jeweils rund 70% der Arbeitszeit im Homeoffice. Diese sektoralen Unterschiede zeigen, dass Arbeitsleistungen im Dienstleistungsbereich einfacher von zu Hause aus erledigt werden können als in den anderen Branchen.

Die verstärkte Nutzung von Homeoffice ist jedoch nicht nur eine temporäre Maßnahme während der Coronakrise, sondern wird auch den Arbeitsalltag der Zukunft bestimmen. So sagen 67% der Firmen, dass sie langfristig mehr Homeoffice nutzen wollen im Vergleich zur Zeit vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, während 32% der Teilnehmer keine Veränderung und nur 1% weniger Heimarbeit erwarten.

Geringe Probleme bei der Umsetzung von Homeoffice

Eine zentrale Erkenntnis dieser Studie ist, dass der Wechsel von der Präsenzarbeit zum Arbeiten von zu Hause den meisten Unternehmen nicht sonderlich schwergefallen ist. Nur 16% der Teilnehmer gaben an, dass Probleme bei der Umsetzung von Homeoffice auftraten, während 84% keine Schwierigkeiten wahrgenommen haben. Diese Einschätzung scheint über alle Unternehmensgrößen und Branchen hinweg ähnlich zu sein.

Die 16% der Unternehmen, die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Homeoffice angaben, berichteten vor allem von Problemen technischer (72%) und organisatorischer Art (67%) (vgl. Tab. 3). Mit Blick auf ersteres waren mangelnde technische Voraussetzungen (55%) und fehlende Bandbreite (40%) die relevantesten Probleme. Bei der Organisation wurden erschwerte Kommunikation zwischen Angestellten (54%) und mangelnde Abstimmung (40%) als zentrale Punkte genannt. Mehr als die Hälfte der Befragten gab auch mitarbeiterbezogene Schwierigkeiten (57%) an. Insbesondere die erschwerte Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Kinderbetreuung (40%) waren problematisch. Hingegen scheinen mangelnde Motivation (19%) oder mangelnde IT-Kenntnisse der Belegschaft (18%) bei der Mehrheit der Unternehmen keine wichtige Rolle gespielt zu haben.

Dennoch Verschlechterung bei den Arbeitsergebnissen und der Zusammenarbeit im Homeoffice

Die Teilnehmer wurden auch nach der Veränderung von Qualität und Quantität der Arbeit im Homeoffice befragt (vgl. Tab. 4). Obwohl viele der Studienteilnehmer keine Probleme bei der Umsetzung von Homeoffice wahrgenommen haben (siehe oben), sieht die Mehrheit tendenziell eine Verschlechterung der Arbeit ihrer Angestellten im Homeoffice. Ein Abwärtstrend lässt sich im Hinblick auf Arbeitszeit, Output und bezogen auf das Arbeitsergebnis insgesamt erkennen, wobei in diesen Kategorien auch einige Befragte eine positive Veränderung feststellten. Eine deutliche Verschlechterung geben die Befragten in Bezug auf die Zusammenarbeit (verglichen mit »face-to-face«) an (59%); nur wenige Firmen (7%) sehen hier eine Verbesserung durch Homeoffice. Im Unterschied dazu scheint der Effekt von Homeoffice auf die Qualität der Arbeit per saldo neutral zu sein, denn die Anteile von Verschlechterung (23%) und Verbesserung (24%) sind hier ausgewogen.

Auffällig ist, dass Teilnehmer, die Probleme bei der Umsetzung von Homeoffice angegeben hatten, tendenziell auch eine stärkere Verschlechterung von Quantität und Qualität der Arbeit sehen als die Befragten, die keine Probleme bei der Umsetzung hatten. Einen noch pessimistischeren Blick auf die Quantität und Qualität der Arbeit im Homeoffice haben diejenigen, die Probleme bei Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Kinderbetreuung sehen. Ähnlich zu dieser Beobachtung haben Frodermann et al. (2020) in einer Umfrage festgestellt, dass Personen mit Kindern ihre Arbeit während der Coronakrise als weniger effizient ansehen verglichen mit Personen ohne Betreuungsaufgaben.

Frauen stärker beeinträchtigt

Die Befragung zeigt, dass einige Folgen der Corona-Pandemie zwischen den Geschlechtern nicht gleich verteilt sind. Dies trifft auch in Bezug auf Homeoffice zu. Bezogen auf alle Beschäftigten war bereits vor der Krise der Anteil von Frauen (12%) im Homeoffice leicht höher als der Anteil von Männern (10%). Im Zuge der Coronakrise ist der Anteil der Frauen im Homeoffice etwas stärker (auf 30%) angestiegen als der von Männern (26%). Ein Grund dafür könnten unterschiedliche Tätigkeitsbereiche der Geschlechter sein.

Darüber hinaus wurden die Teilnehmer gefragt, ob weibliche und männliche Beschäftigte durch den vermehrten Einsatz von Homeoffice in gleichem Maße beeinträchtigt sind (vgl. Tab. 5). Die Mehrheit glaubt, dass es keine Unterschiede gibt (78%), während ein Fünftel der Befragten Frauen stärker beeinträchtigt sieht. Nur 2% der Teilnehmer geht davon aus, dass Männer stärker durch Homeoffice eingeschränkt werden.

Diese Einschätzung teilen tendenziell sowohl weibliche als auch männliche Teilnehmer, jedoch ist diese Beobachtung bei Frauen stärker ausgeprägt. So sehen 29% der weiblichen Befragten Frauen stärker beeinträchtigt, während das Gleiche nur für 15% der männlichen Teilnehmer zutrifft.

Die Teilnehmer wurden außerdem gefragt, ob ein Geschlecht allgemein von den zahlreichen Auswirkungen der Coronakrise stärker betroffen ist (vgl. Tab. 6). Bei den generellen Folgen sehen noch mehr Befragte Frauen stärker beeinträchtigt (42%) als bei der oben genannten Frage zum Homeoffice. Darüber hinaus lässt sich ein deutlicher Unterschied in der Wahrnehmung der Geschlechter feststellen: Während 54% der weiblichen Teilnehmer glauben, dass Frauen stärker beeinträchtigt sind, geben das lediglich 35% der Männer an. Diese Umfrageergebnisse bestätigen die Resultate der Studie von Alon et al. (2020) über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Geschlechterungleichheit. Die Autoren dokumentieren, dass sich die Coronakrise – im Unterschied zu früheren Krisen – stärker auf Sektoren mit hohem Frauenanteil auswirkt.

Fazit: wenige Probleme bei der Umsetzung, aber stärkere Belastung der Frauen

Die Hauptergebnisse unserer Untersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. eine zunehmende Bedeutung von Homeoffice,
  2. geringe Probleme bei der Umsetzung von Homeoffice,
  3. dennoch eine Verschlechterung der Quantität der Arbeit und befürchtete Probleme bei der Zusammenarbeit im Homeoffice,
  4. eine stärkere Beeinträchtigung der Frauen.

Die Ergebnisse zeigen ein differenziertes Bild. Homeoffice war und ist ein wichtiges Instrument in der Krise, und es gab nur wenige Probleme bei der Umsetzung. Die Pandemie gilt als Katalysator für die Umgestaltung der Arbeitswelt: Arbeitsprozesse wurden innerhalb kürzester Zeit digitalisiert, neue Kommunikationstools eingesetzt und digitale Kompetenzen ausgebaut. Allerdings ist es nicht in jedem Beruf und in jeder Branche möglich, von zu Hause zu arbeiten. Außerdem leidet aus Arbeitgebersicht häufig das Arbeitsergebnis, und für Frauen ist die Beeinträchtigung durch negative Folgen höher. Dies alles liefert wichtigen Input für die Debatte um ein Recht auf Homeoffice.

Literatur

Alipour, J.-V., H. Fadinger und J. Schymik (2020a), »My Home Is My Castle – The Benefits of Working from Home During a Pandemic Crisis: Evidence from Germany«, CEPR Discussion Paper Nr. 14871.

Alipour, J.-V., O. Falck und S. Schüller (2020b), »Germany‘s Capacity to Work from Home«, CESifo Working Paper Nr. 8227.

Alon, T., M. Doepke, J. Olmstead-Rumsey und M. Tertilt (2020), »The impact of COVID-19 on gender equality«, Covid Economics: Vetted and Real-Time Papers 4.

Demmelhuber, K., R. Dirnberger, F. Englmaier, F. Leiss, S. Möhrle und A. Peichl (2020), Die Arbeitswelt vor und nach Corona: Ergebnisse einer Befragung unter Entscheidungsträgern der deutschen Wirtschaft, ifo Forschungsbericht, ifo Institut, München, im Erscheinen.

Frodermann, C., P. Grunau, T. Haepp,
J. Mackeben, K. Ruf, S. Steffes und S. Wanger (2020), »Online-Befragung von Beschäftigten: Wie Corona den Arbeitsalltag verändert hat«, IAB-Kurzbericht 13, Nürnberg.

1 Der Onlinefragebogen wurde mittels SoSci Survey realisiert und den Teilnehmern auf www.soscisurvey.de zur Verfügung gestellt. Der Befragungszeitraum war 6. bis 19. Juli 2020.

2 Die Begriffe »Homeoffice«, »Heimarbeit« oder »mobiles Arbeiten« werden nicht unterschieden, »Homeoffice« wird als Überbegriff verwendet.


Autoren:

Katrin Demmelhuber, Florian Englmaier,
Felix Leiss, Sascha Möhrle,
Andreas Peichl und Theresa Schröter

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