22 - OSHA - Hochschule

Herausforderungen und Chancen bei der Integration des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Hochschulbildung

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Einführung

Angehende Ingenieure, Architekten, Mediziner sowie Verwaltungs- und Führungskräfte in der Wirtschaft müssen in ihrem zukünftigen Arbeitsleben Aspekte der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit berücksichtigen. Dieser Bericht (1) und die darin aufgeführten Fallbeispiele zeigen, dass die Integration des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Hochschulbildung mehr Herausforderungen mit sich bringt als bei anderen Bildungsstufen. Die Fallbeispiele zeigen jedoch auch, dass in unterschiedlichen Fachbereichen und auf verschiedene Art und Weise bereits Schritte zur Integration des Themas in die Hochschulbildung unternommen werden. Darüber hinaus zeigen die Fallbeispiele, dass je nach den Umständen unterschiedliche Konzepte eingesetzt und verschiedene Chancen genutzt werden können.

Herausforderungen

Es ist wichtig, zu wissen, dass der Prozess der Integration des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Hochschulbildung mit bestimmten Herausforderungen verbunden ist.

Zu diesen Herausforderungen gehören

  • die Notwendigkeit von Partnerschaften mit einzelnen Hochschulen, Fakultäten oder Professoren;
  • die Herausforderung, Professoren von der Bedeutung der Ausbildung im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu überzeugen;
  • die hohe zeitliche Auslastung der Studierenden;
  • der Mangel an geeigneten Lehrmaterialien auf Hochschulniveau zu Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit;
  • die Einführung praktischer, aktiver Lernmethoden für das Thema in einer Lernumgebung, in der theoretische Lernmethoden vorherrschen;
  • große Lerngruppen;
  • der Mangel an Lehrkräften auf Hochschulniveau mit Erfahrung im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit und/oder mit Fähigkeiten im Bereich aktiver und partizipativer Bildung;
  • der Austausch von Unterrichtsmaterialien in einem Umfeld, in dem Informationen aus Rücksicht auf das geistige Eigentum eher zurückgehalten werden;
  • lange Zeiträume für Lehrplanänderungen;
  • fehlende Mittel für die Entwicklung und Bereitstellung einer Ausbildung im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit auf Hochschulniveau im Vergleich zum Schulniveau, einschließlich der Finanzierung von Pilotprojekten;
  • der Aufbau neuer Verbindungen auf Ministeriumsebene, wenn unterschiedliche Ministerien für Schulen und Hochschulen zuständig sind;
  • die fortgesetzte Notwendigkeit, die Arbeitsschutzkultur innerhalb von Hochschulen zu verbessern.

Kontextuelle Faktoren,
die die Integration fördern

Bestimmte kontextuelle Faktoren scheinen die Integration des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Hochschulbildung zu fördern.

Integrationsaktivitäten werden eher durchgeführt

  • in Bereichen, in denen nationale Arbeitsschutzvorschriften bestimmten Berufsgruppen, wie z. B. Fachkräften im Bauingenieurwesen, eine spezifische Verantwortung auferlegen;
  • wenn die Ausbildungsanforderungen für Sicherheitstechniker gesetzlich festgelegt sind und ein Hochschulstudium umfassen;
  • wenn ein akademischer Fachbereich innerhalb der Hochschule mit dem Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit befasst ist; dies ist in technischen Hochschulen offenbar wahrscheinlicher;
  • wenn die Arbeitsschutzbehörde oder der Träger der betrieblichen Unfallversicherung eine Ausbildungsfunktion erfüllt, die auch die Unterstützung der Hochschulen umfassen könnte;
  • in den Bereichen, in denen die Hochschule spezifische Arbeitsschutzver- pflichtungen hat, z. B. für die Sicherheit der Studierenden bei Laborübungen oder anderen praktischen Lehrveranstaltungen.

Erfolgsfaktoren

Aus den Fallstudien lassen sich bestimmte Ansätze für die Integration des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Hochschulbildung ableiten. Zum Beispiel:

  • Als ersten Schritt einige aufgeschlossene Personen oder Einrichtungen für eine Zusammenarbeit suchen und einbinden.
  • Kooperativ zusammenarbeiten, anstatt Vorgaben durchzusetzen.
  • Konkurrierende Lehrplananforderungen und die bereits bestehenden Anforderungen an die Zeit der Studierenden verstehen und berücksichtigen.
  • Den Lernstoff zum Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit auf einige wichtige Aspekte beschränken.
  • Aspekte der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in Studiengänge integrieren und nicht als Zusatzkurs anbieten, besonders wenn es nur eingeschränkte Möglichkeiten für zusätzliche Module gibt.
  • Geeignete Lehrmaterialien für das Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit bereitstellen, die für das Fachgebiet, in das sie integriert werden, und für die Art, in der das Thema gelehrt wird, relevant sind.
  • Echte Fallbeispiele verwenden und versuchen, Problemlösungsmethoden, aktives Lernen usw. einzuführen.
  • Studierende bei der effektiven Nutzung der Lehrmaterialien unterstützen.
  • Die Notwendigkeit für Sicherheitsanweisungen bei der praktischen Arbeit als Möglichkeit nutzen, den Studierenden eine umfassendere Präventionskultur zu vermitteln.
  • E-Learning und elektronische Ressourcen unterstützend und ergänzend zum Präsenzunterricht einsetzen, aber auch in Form von Fernunterricht einer größeren Zahl von Lernenden verfügbar machen.
  • Zur Motivation der Studierenden sollte das Studium des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Abschlussnoten oder in die Erlangung eines anerkannten Zertifikats o. ä. einfließen.
  • Den richtigen Zeitpunkt wählen: Eine Hochschule oder eine bestimmte Berufsgruppe muss bereit sein, Änderungen zu akzeptieren, und die Stimmungslage muss günstig sein. So könnte man beispielsweise Gespräche aufnehmen, wenn Änderungen am Lehrplan oder zu Strategien anstehen, die zukünftige Hochschulabsolventen betreffen.
  • Mit Berufsverbänden über Hochschullehrpläne diskutieren.
  • Möglichkeiten für Partnerschaften sondieren, z. B. Kooperationen zwischen Hochschulen, Forschungsinstituten, Arbeitsaufsichtsbehörden, Unfallversicherungsträgern und der Industrie.
  • Einen Ansatz zum Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit fördern und unterstützen, der die gesamte Hochschule einbezieht und bei dem die Vermittlung des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit sowie die Risikoerziehung mit der Schaffung einer sicheren und gesunden Arbeits- und Lernumgebung für alle Lehrkräfte und Studierenden kombiniert und die Lehrkräfte und Studierenden aktiv in den Prozess einbezogen werden.

Acht weitere Ideen:

  • Eine gemeinsame Sammlung von Lernressourcen auf Hochschulniveau einrichten.
  • Wenn das Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit bereits unterrichtet wird, beispielsweise aufgrund der oben genannten inhaltlichen Faktoren, sollte dies als Sprungbrett für die umfassendere Integration des Themas in andere Fakultäten genutzt werden.
  • Wenn Unternehmen mit Hochschulen zusammenarbeiten, können sie ermutigt werden, das Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in ihre Aktivitäten für Studierende (Vorlesungen, Besuche oder Praktika in den Unternehmen) zu integrieren.
  • Aus den Erfahrungen bei der Integration des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Schulerziehung und von guten praktischen Lösungen bei der Ausbildung junger Arbeitnehmer lernen und diese an die Bedingungen in Hochschulen anpassen.

  • Den zunehmenden Einsatz des „modularen Lernens“ nutzen und ein spezielles Modul zum Thema Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit entwickeln.
  • Methoden und Ressourcen der Berufsausbildung für die Verwendung in Hochschulen anpassen.
  • Arbeitgeber anregen, Kenntnisse im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit als Faktor bei der Personaleinstellung festzulegen.
  • Betriebswirtschaftliche Hochschulfakultäten und Wirtschaftshochschulen dabei unterstützen, die Themen Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit und wirtschaftliche Produktivität in ihre Forschungs- und Konferenzprogramme aufzunehmen.

Beispiele für praktische Lösungen

Als die spanische Universität Salamanca den Master-Studiengang „Techniker im Bereich Arbeitsschutz“ einführte, nahm sie die Gelegenheit wahr, einige grundlegende Ressourcen zu diesem Thema auf einer CD-ROM und im Internet für alle Studierenden zur Verfügung zu stellen; für dieses Projekt konnte die Unterstützung der regionalen Regierung gewonnen werden.

Um Fallstudien für das Betriebswirtschaftsstudium bereitzustellen, nutzt der US-amerikanische National Safety Council (NSC) den Robert W. Campbell Award für herausragende Unternehmen, die sich durch besondere Leistungen in den Bereichen Sicherheit und Gesundheitsschutz und wirtschaftliche Produktivität auszeichnen. Der NSC passt Beispiele von Gewinnern des Preises an das Fallstudienmodell an, das in führenden Wirtschaftshochschulen verwendet wird, und arbeitet mit einzelnen Professoren zusammen, um sie zur Verwendung dieses Materials anzuregen.

Im Vereinigten Königreich arbeitete das Health and Safety Laboratory – finanziert von der nationalen Arbeitsschutzbehörde – mit der Universität Liverpool zusammen, um Elemente des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in einen Graduiertenstudiengang der Ingenieurwissenschaften zu integrieren. Dies umfasste den Einsatz von Methoden des aktiven Lernens und Fallstudien zu Unfällen.

In Deutschland arbeiten Fakultäten universitätsübergreifend zusammen, um Wissen und Ressourcen zu bündeln und E-Learning-Ressourcen („NOP-online“ und „KMR – Gefahrstoffe in Praktika“) zu entwickeln und auszutauschen.

Am Dublin Institute of Technology, Irland, bezieht die für Sicherheit und Gesundheitsschutz zuständige Dienststelle die Studierenden in ein partizipatives Konzept ein, das darauf abzielt, dass die Hochschule ihre Verpflichtungen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit erfüllt, und eine Arbeitsschutzkultur zu fördern.

Beim französischen Lacobus-Wettbewerb müssen Architekturstudenten Aspekte der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes in Entwürfe für Baurestaurationsprojekte einbinden. Andere französische Projekte enthalten eine Zusammenarbeit von Studierenden der Ingenieurwissenschaften und der Architektur.

Gesamtschlussfolgerungen

Langfristig sollte das Ziel darin bestehen, einen Ansatz zu erarbeiten, der die gesamte Hochschule einbezieht und so die Schaffung einer sicheren und gesunden Arbeits- und Lernumgebung mit der Risikoerziehung kombiniert. Der Ansatz sollte ein Arbeitsschutzmanagement zur Risikoprävention mit der Sensibilisierung für diese Thematik kombinieren, ebenso wie mit der Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten sowie einer sicherheitsbewussten Grundhaltung und einem sicheren Verhalten seitens der Studierenden und der Lehrkräfte, der technischen und administrativen Mitarbeiter und dem sonstigen Hilfspersonal. Gefragt sind Unterstützung bei der Übertragung bestehender Beispiele für gute praktische Lösungen und Maßnahmen in Hochschulen sowie ein Austausch von Ideen und konkreten Hilfsmitteln.

(1) Bericht: Mainstreaming OSH into university education (Integration des Themas Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in die Hochschulbildung): http://osha.europa.eu/en/publications/reports/tewe09007enc/view.


Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz

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