Arbeitsschutz

Einsatz moderner Wundauflagen in der betriebsärztlichen Versorgung

Zusammenfassung Einleitung: Stellt die medizinisch-pflegerische Versorgung eine Dienstleistung des Unternehmens dar, so ergibt sich daraus ein symbiotischer Nutzen. Es wurden die Vorteile der Anwendung moderner Wundauflagen für Mitarbeiter und Unternehmen im Rahmen der werksärztlichen Versorgung herausgearbeitet. Methoden: Es wurde die Literatur zur Definition „Wunde“, deren Einteilung, den Wundheilungsphasen und den Aufgaben von Verbänden in diesen Heilungsphasen gesichtet. Weiterhin wurde der Nutzen für den Patienten und das Unternehmen analysiert und anhand eines Beispiels dargestellt. Ergebnisse: Die Anwendung moderner Therapiekonzepte im Rahmen der werksärztlichen Versorgung hat für Patienten und Unternehmen generell Vorteile. Diskussion: Die effiziente Anwendung moderner Wundauflagen hat für Patienten und Unternehmen Vorteile, die für den Patienten eher im emotional/mentalen Bereich angesiedelt, für das Unternehmen jedoch klar im materiellen Bereich der Kostenreduktion zu finden sind. Die Anwendung dieser Therapiekonzepte kann in der werksärztlichen Versorgung für sekundär heilende Wunden nahezu ausnahmslos empfohlen werden. Allerdings muss für eine kosteneffiziente Anwendung das Personal geschult werden. Schlüsselwörter: Moderne Wundauflagen – ambulante Versorgung (von Arbeitsunfällen) – werksärztliche Versorgung – Kostenreduktion Application of Modern Wound dressings in industrial healthcare Summary Introductions: The ambulatory care in industrial healthcare is a service of business with a symbiotic benefit. I will show the advantages of using in modern wound dressings for patients and firms in using of industrial healthcare. Methods: I looked in literature for a definition of “wounds”, their division, the stages of wound healing process and the settings of modern wound dressings in the healing process. I analysed the advantages for the patients and the firms. I showed for example. Results: The using of modern therapy concepts in industrial healthcare has symbiotic advantages for patient and firms generally. Discussion: The efficiency using of modern wound dressings has advantages for patients and firms, for patient are the predominant advantages in emotional and mental fields, for firms I was finding the predominant advantages in material fields of cost reductions. The using of these therapy concepts in industrial healthcare for secondary healing wounds will be recommend nearly without exceptions. However the using must be efficiency, the personal will be trained in using. Key words: modern wound dressings – ambulantory care (in industrial accidents) – industrial healthcare – cost reductions

Einleitung
In vielen Werken der Metall-, Elektro- sowie der chemischen Industrie, wie auch in anderen Industriezweigen steht ab einer gewissen Anzahl von Mitarbeitern bei einem bestimmten Gefahrenpotential neben den Werksärzten auch qualifiziertes medizinisches Assistenzpersonal im Rahmen der Ersten Hilfe bei Arbeitsunfällen, wie auch bei akuten Erkrankungen bereit.

Aus betriebswirtschaftlichen Gründen werden in vielen Ambulanzen neben der eigentlichen Ersten Hilfe weitere medizinisch-pflegerische Tätigkeiten übernommen, die sonst in den Bereich der hausärztlichen Versorgung fallen würden, ohne den Hausarzt hier gänzlich zu ersetzen (Abbildung 1, Abbildung 2).

Hieraus ergeben sich viele Vorteile, die nicht nur dem Unternehmen oder seiner Mitarbeiter zugute kommen. Auch die Kosten im Gesundheitswesen werden hierdurch signifikant gesenkt. Dies hat zur Folge, dass das hausärztliche Budget sowie die Kosten im Gesundheitswesen nachweislich entlastet werden.

Welche Möglichkeiten der Einsatz moderner Wundauflagen in der werksärztlichen Versorgung bietet und welche Vorteile ihr Einsatz bringt, möchte ich im Folgenden darstellen.

Wunde und Wundarten
Als Wunde wird die Unterbrechung des Zusammenhangs des Gewebes bezeichnet. Sie kann mit, wie auch ohne Substanzverlust einhergehen. Je nach Entstehungsmechanismus wird die Wunde in verschiedene Arten unterteilt.

Als akute Wunde werden jene Wunden bezeichnet, die durch das Einwirken mechanischer Gewalt in Folge eines Traumas oder durch das Einwirken thermischer oder chemischer Reize entstehen. Die Versorgung richtet sich nach dem Ausmaß des Gewebeschadens. Ein chirurgischer Wundverschluss per Naht, Klammerpflaster oder Wundkleber sollte immer angestrebt werden, sofern für eine primäre Wundheilung keine Kontraindikationen bestehen. Als primäre Wundheilung wird hier die chirurgische Adaptation der Wundränder aneinander in Kombination mit einem komplikationslosen Heilungsverlauf bezeichnet.

Die sekundäre Wundheilung bezeichnet den Heilungsverlauf, bei dem der Gewebeschaden infolge von Substanzverlust aufgefüllt werden muss oder ein primärer chirurgischer Wundverschluss nicht möglich oder kontraindiziert ist. Diese Reparation geschieht über die Bildung von Granulationsgewebe. Ist der Defekt geschlossen, erfolgt der Umbau zu Narbengewebe.

Die chronischen Wunden entstehen im Gegensatz zu akuten Wunden zumeist bedingt durch innere Einflüsse wie Gefäßerkrankungen oder Stoffwechselstörungen. Sie heilen grundsätzlich sekundär.

Phasen der Wundheilung
Die Wundheilung verläuft in verschiedenen Phasen. Wirkt ein Reiz auf das Gewebe, so beginnt die Heilung des entstandenen Schadens sofort.

In der ersten Phase, der inflammatorischen, auch als exsudative Phase bezeichnet, erfolgt die Blutungsstillung sowie die Entzündungsreaktion. Diese Entzündungsreaktion dient zur Reinigung der Wunde durch Ausschwemmen des Detritus (Gewebstrümmer) (Abbildung 3).

Hieran schließt die proliferative Phase an. In dieser Phase wird der Defekt mit Granulationsgewebe aufgefüllt, bevor dann im fließenden Übergang in der letzten Heilungsphase die Defektdeckung durch Epithelgewebe erfolgen kann (Abbildung 4), welches dieser Phase ihren Namen verleiht: die Epithelisierungsphase.

Versorgung akuter Wunden
Nach erfolgtem Trauma werden die Wunden zumeist provisorisch am Unfallort versorgt. Je nach Ausmaß der Verletzung fällt die Entscheidung zu einer primären chirurgischen Versorgung.

Sofern ein primärer Wundverschluss nicht möglich ist, muss die Wunde sekundär heilen. Erfolgt die Entscheidung zum sekundären Heilungsverlauf, sollte die Versorgung mittels moderner Therapieverfahren im Sinne der feuchten Wundbehandlung erfolgen (Abbildung 5, Abbildung 6, Abbildung 7).

Aufgaben eines Verbandes
In der Reinigungsphase stehen das Exsudatmanagement und die Eliminierung wundheilungshemmender Einflüsse im Vordergrund. Hier muss der Verband in der Lage sein, Wundflüssigkeit und Detritus aus der Wunde zu entfernen und sicher in seine Struktur einzuschließen.

In der anschließenden Granulationsphase stehen nun Schutz vor traumatischen Einflüssen und die Regulation der Wundfeuchtigkeit im Vordergrund. Hier soll der Verband das Granulationsgewebe vor mechanischer Schädigung bewahren und gleichzeitig vor Austrocknung oder „Überwässerung“ schützen. Also er soll die Wunde feucht halten, aber gleichzeitig überschüssiges Exsudat binden.

In der abschließenden Epithelisierungsphase soll der Verband auf dem Granulationsgewebe eine feuchte Gleitfläche für das Epithelgewebe schaffen, welches vom Wundrand her in das Wundgebiet „einschwimmt“.

Moderne Wundbehandlung
Die feuchte Wundbehandlung gilt heute als Standard für alle sekundär heilenden Wunden mit erforderlichem Gewebeaufbau zur Defektfüllung. Die trockene Wundbehandlung beschränkt sich daher heute nur auf die Anwendung im Rahmen der Ersten Hilfe und zum Schutz primär heilender Wunden. Bereits 1962 wurden Arbeiten von G.D. Winter veröffentlicht, in denen beschrieben wurde, dass durch die feuchte Wundbehandlung schnellere Heilerfolge erzielt werden können.

Die phasenadaptierte Wundversorgung richtet sich nach der Wundheilungsphase, der Exsudation und Begleiterscheinungen, wie Blutung oder Infektion. Der Wundzustand ist hierbei entscheidend für die Auswahl der Wundauflage.

In der Versorgung akuter Wunden kommen Schaumverbände zum Einsatz, wenn eine starke Exsudation vorliegt, wie es beispielsweise bei frischen Schürfwunden oder Verbrennungen des Grades 2a mit eröffneten Blasen der Fall sein kann. Diese Schaumverbände nehmen das überschüssige Wundwasser auf ohne auszutrocknen.

Sollte sich die Exsudatmenge reduzieren, können bei schwacher bis mäßiger Sekretion Hydrokolloide zum Einsatz kommen. Diese Verbände bilden mit dem Wundexsudat ein Gel, das den Wundgrund ausfüllt und somit ebenfalls feucht hält.

Bei schwacher Absonderung von Wundexsudat und zum Abschluss der Wundheilung kommen dann Hydrogele zum Einsatz. Diese sind in flüssiger Form oder als Kompresse erhältlich. Diese Hydrogele halten das Wundgebiet feucht, damit für die Epithelzellen, die vom Wundrand her in das Wundgebiet einschwimmen, eine feuchte Gleitfläche bereitsteht.

Für kapillare Blutungsquellen und zum Einsatz in Wundhöhlen sind Calcium-Alginate verfügbar. Diese bilden bei Anwesenheit natriumhaltiger Flüssigkeiten ein Gel, welches seinerseits das feuchte Wundmilieu unterhält. Das in den Fasern gebundene Calcium wird bei der Gelbildung freigesetzt. Dieses freie Calcium steht nun für die Gerinnungskaskarde bereit.

Nutzen für den Patienten
Die feuchte Wundbehandlung hat für den Patienten eine Reihe von Vorteilen. So gestalten sich die Verbandwechsel moderner Wundauflagen wesentlich schmerzärmer, als die Wechsel konservativer, trockener Verbände. Diese Schmerzreduktion ist die Folge der Feuchtigkeit der Verbände, die ein Verkleben mit dem Wundgrund verhindern soll. Da ein Verkleben nahezu aufgehoben wird, wird dem klassischen Gewebsstripping (die erneute Traumatisierung frischen Granulationsgewebes durch das traumatische Entfernen verklebter Konservativverbände) vorgebeugt. Die Heilungszeit wird auch hierdurch signifikant reduziert.

Des Weiteren sind viele Verbände wasser- und keimdicht. Somit wird das Reinfektionsrisiko deutlich reduziert. Der Patient erspart sich zusätzlich umständliche Schutzmaßnahmen zur Sicherung des Verbandes bei der Körperhygiene.

Durch diese Verbände besteht kaum eine Einschränkung im täglichen Leben. Es kann sogar Freizeitaktivitäten wieder nachgegangen werden, wenn auch in reduziertem Maße.

Nutzen für das Unternehmen
Musste früher ein Mitarbeiter aufgrund einer Wunde krankgeschrieben werden, besteht heute die Möglichkeit, dass (ggf. eingeschränkt) weiter gearbeitet werden kann. Dieses führt zu einer Reduktion von Ausfallzeiten und damit entstehender Kosten für das Unternehmen. Können dann die Verbandwechsel in Absprache mit dem behandelnden Arzt sogar in der Ambulanz des Betriebes durchgeführt werden, reduzieren viele der modernen Verbandstoffe die Wechselintervalle auf bis zu einmal wöchentlich. Dieses führt zu einer deutlich effektiveren Ausnutzung der Arbeitszeit und der Reduktion der Ambulanzaufenthalte. Die schnellere Wundheilung führt in der Folge zu einer schnelleren Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit.

Kosteneffizienz
Moderne Wundauflagen sind im reinen Kostenvergleich den konservativen Verbänden weit unterlegen. Die Kosten liegen bei mehreren EUR für eine Wundauflage. Dagegen stehen die Kosten der Konservativverbände im Cent-Bereich. Die Kosteneffizienz ergibt sich erst aus der effektiven Ausnutzung der modernen Wundauflagen. So können diese bis zu zehn Tage auf der Wunde verbleiben. Die trockenen Verbände müssen täglich, manchmal sogar mehrmals gewechselt werden. Hier entsteht ein enormer Kostenfaktor für die Verbandwechsel. Versuchen viele Unternehmen Personalkosten zu reduzieren, so haben die modernen Wundauflagen diese Effizienzsteigerung bereits erreicht. Werden in einem 30-tägigen Monat unter optimalsten Bedingungen nur drei Verbandwechsel fällig, so müssen im selben Monat 30 und mehr Verbandwechsel bei konservativen Wundauflagen durchgeführt werden. Liegt die effektive Zeit bei einer Stunde je Verbandwechsel*, so stehen drei Arbeitsstunden 30 gegenüber. So mussten im Zeitraum eines nächsten Verbandwechsels der modernen Wundauflage bereits 10 Arbeitsstunden durch das Unternehmen getragen werden. Bei Ausfallkosten von 50,00 Euro pro Arbeitsstunde liegen die Mehrkosten in diesen 10 Tagen bei bereits 450 Euro.

Eine weitere Kostenreduktion ergibt sich aus der kürzeren Heilungszeit. Werden beim Wechsel konservativer Verbände die Wunden durch oben erwähntes Gewebsstripping erneut traumatisiert, so wird beim Wechsel der modernen Wundauflagen ein traumatischer Verbandwechsel verhindert.

Wird mit der Anwendung dieser Therapiekonzepte die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt, entfallen die Kosten der Krankmeldung für das Unternehmen. Zweifelsfrei wird die volle Arbeitsfähigkeit schneller wieder erreicht, was eine weitere Kostenreduzierung zur Folge hat.

Diskussion
Stellt die zunehmende Alterung der Gesellschaft mit zunehmenden chronischen Erkrankungen für die Krankenkassen große Kosten dar, so bleiben auch die Unternehmen nicht von der zunehmenden Alterung der Belegschaft verschont. Nehmen Grunderkrankungen wie Adipositas, Gefäßerkrankungen und Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus in der Arbeitsmedizin als Problematik stetig zu, was weiterhin zu einem Anstieg der Begleiterkrankungen führt, so kann nicht allein auf Prävention gesetzt werden.

Ist ein Unternehmen bereit, eine qualifizierte medizinisch-pflegerische Versorgung seiner Belegschaft anzubieten, wird es somit zwangsläufig seinen Krankenfehlstand deutlich reduzieren. Hierunter fällt auch die Versorgung von Wunden unter Berücksichtigung aktueller Therapiekonzepte. Sind moderne Wundauflagen im reinen Kostenvergleich wesentlich kostenintensiver als konservative Verbände, so ergibt sich die Kostenersparnis allein aus der Reduktion der Ausfallzeiten des Mitarbeiters, der reduzierten Anzahl der Verbandwechsel und den längeren Verbandtragezeiten. Weitere Vorteile ergeben sich aus den Einsatzmöglichkeiten des Mitarbeiters. Allerdings ist eine Qualifizierung des Ambulanzpersonals teuer, wird sich aber in jedem Fall rentieren.

Werden diese Wundauflagen effizient eingesetzt, so ergeben sich für alle Beteiligten gegenseitige Vorteile. Der Gewinn für den Patienten ist hier klar die Reduktion einschränkender Umstände durch die Wunde. Für das Unternehmen ergeben sich jedoch deutliche Kosteneinsparungen durch die Anwendung zeitgemäßer Verbandstoffe.

Welche Wundauflagen für die einzelnen Werksambulanzen sinnvoll sind, kann hier nicht geklärt werden. Eine Analyse der anfallenden Verletzungsmuster kann hierüber Aufschluss geben.

· Literatur

Als Arbeitsvorlage diente: „Kompendium Wunde und Wundbehandlung“ (ISBN 3–929870–38–4)

* Wegezeit von und zur Werksambulanz durch den Patienten und Zeit für einen Verbandwechsel

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