Arbeitsschutz

Entwicklung der Flugmedizin

Ein Hauptthema des Kongresses war die Entwicklung der Flugmedizin, die die politische Entwicklung nach 1945 bis zur Wiedervereinigung und darüber hinaus widerspiegelt.

Zur Entwicklung der Flugmedizin in Deutschland bis 1947: Konstanzen und Brüche.

Harsch V

Joseph Haydn Weg 5, 17033 Neubrandenburg

Der Gründung des „Deutschen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt“ im Jahr 1881 – dem weltweit ersten seiner Art – folgte die Indienststellung des ersten preußischen Luftschiffer-Bataillons. Die Meteorologen Arthur Berson (1859–1943) und Reinhard Süring erreichten mit dem Ballon „Preussen“ von Berlin aus am 31. Juli 1901 eine Höhe von 10.500 m. Flemming, von Schrötter und Zuntz schlugen nicht nur die Verwendung von dichtschließenden Atemmasken zum Erreichen größerer Höhen vor, sondern auch die Verwendung einer hermetisch geschlossenen Gondel (Druckkabine). In der 1911 gegründeten Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftschiffahrt (WGF, später WGL) existierte ein medizinischer Ausschuss, der sich bis Kriegsausbruch vornehmlich mit Tauglichkeitsfragen beschäftigte. 1916 wurde beim Chef des Feldflugwesens eine von Koschel geleitete flugmedizinische Abteilung geschaffen und der fliegerischen Ausbildung eine mehrstufige ärztliche Untersuchung der Bewerber vorangestellt. Nach Kriegsende kam es zu einer Stagnationsphase auf dem Gebiet der Luftfahrt und damit auch der flugmedizinischen Arbeit. Eine Wiederbelebung ist untrennbar mit den Namen Ludolph Brauers (1865–1951) und Hubertus Strugholds verbunden, die nicht zuletzt durch den Transatlantikflug von Charles Lindbergh im Jahr 1927 inspiriert wurden. Von Diringshofen, Gillert, Hartmann, Benzinger, Clamann, Luft und Ruff folgten und bereiteten den Grundstock für einen wissenschaftlichen Neuanfang im gewandelten militärpolitischen Umfeld des totalitären Deutschlands. Nach Kriegsende kam es wiederum für annähernd ein Jahrzehnt zu einer Stagnationsphase, wobei zunächst durch die Siegermächte deutsches Know how abgeschöpft wurde (brain drain). Zu einer Wiederbelebung der flugmedizinsichen Arbeit kam es Mitte der 50er Jahre. Definierte Strughold im Rahmen der Olympischen Spiele 1936 die Flugmedizin noch als die mit der Technik am engsten verschwägerte Sportmedizin, so entwickelte sie sich in Richtung eines mehr und mehr interdisziplinären Faches, das die Luft- und Raumfahrtmedizin, die Arbeits- und Reisemedizin sowie weitere Grenzwissenschaften zu einem Ganzen subsummiert, mit dem Ziel, den Menschen in seiner Einheit von Geist, Körper und Seele im dreidimensionalen Raum zu schützen und darüber hinaus Erkenntnisse für die erdgebunden Fachsparten der Medizin und der Biowissenschaften zu gewinnen. Die Flugmedizin ist im wesentlichen eine angewandte Wissenschaft mit dem Ziel, das empfindlichste Glied im Mensch-Maschine-Umwelt-Komplex, den Menschen, zu schützen, und dieses nicht zuletzt durch die Beurteilung der Flug- und Mitflugtauglichkeit.

Geschichte der Flugmedizin in Deutschland nach 1945

Wurster JF

Kleiner Mooranger 39, 38108 Braunschweig

Für mich, den ersten Referatsleiter Flugmedizin im Luftfahrt-Bundesamt, gab es zwischen 1945 und 74, dem Jahr, in dem ich diese Stellung antrat, keine Flugmedizin in Deutschland. Daß es sie dennoch gab, lernte ich im Laufe der ersten Jahre meiner Tätigkeit. Im Jahre 1955 war die Lufthoheit wieder auf die Bundesrepublik übergegangen. Ab diesem Zeitpunkt wurde wieder geflogen. Also gab es auch Ärzte, die Piloten untersuchten. Was es nicht gab, war eine amtliche Instanz, die das Fliegerarztwesen in Deutschland koordiniert hätte. Das verhinderte einerseits der Föderalismus, der ja die fatale Eigenschaft hat, alles, was im Nachkriegsdeutschland verwaltet, geregelt und organisiert werden mußte, zwischen Bund und Ländern aufzuteilen. Also gab es bei den Länderbehörden und im Luftfahrt-Bundesamt Stellen, die Piloten lizensierten, die deren Ausbildung überwachten, indem sie über die Schulen Aufsicht ausübten und die Ärzte als Fliegerärzte zuließen, indem sie einen Verwaltungsakt erließen, der Anerkennung hieß und „Zulassung“ genannt wurde. Da es weder bei den Länderluftfahrtbehörden noch im Luftfahrtbundesamt medizinischen Sachverstand gab, erfolgte die Anerkennung auf der Basis eines Erlasses des Bundesverkehrsministeriums mehr recht und schlecht ohne Rücksicht auf medizinische Belange und oft genug auch unter Mißachtung der Vorgabe „Internist oder Allgemeinarzt“ und sonst nichts. Ich fand Augenärzte, Zahnärzte, Frauenärzte, HNO-Ärzte vor. Und ich fand Ärzte vor, die bereits über 80 Jahre alt waren und, wie sich leicht belegen ließ, das, was die ICAO oder der Verkehrsminister forderten, überhaupt nicht kannten. Es gab Piloten, die Querschnittsgelähmt waren (tauglich, da sonst ja völlig gesund), es gab Brillen von einer Dicke, die ich einmal als Glasbausteine bezeichnete. Dafür erhielt ich jahrelang rhetorisch Prügel. Und es gab Ärzte, die die Bedingungen offensichtlich nicht erfüllten, sich aber erfolgreich in diese Tätigkeit einklagten, indem sie sich auf genau die Fehlentscheidungen der Länderluftfahrtbehörden beriefen, von denen bereits die Rede war. Die Anerkennung eines Fliegerarztes ist ein sog. begünstigender Verwaltungsakt, den man nicht zurücknehmen kann, nur weil er fehlerhaft ist. Und man kann einen Erlaß des Bundesministers für Verkehr nicht als Rechtsgrundlage ansehen, auf der ein Prozeß geführt werden konnte. Die Luftverkehrszulassungsordnung war daher das erste, was ich in Angriff nahm. Der fliegerärztliche Untersuchungsbogen, damals 19 Seiten stark, wurde reduziert und konzentriert, quasi verdichtet und blieb mit nur ganz wenigen Änderungen bis 2004 in Kraft. Es gab heitere Episoden aber auch jahrelange Kämpfe vor Gericht und ich hatte, als ich diese Position mit Erreichen des 65. Lebensjahres verließ, einige Blessuren erlitten.

Über die markantesten Ereignisse dieser 25 Jahre von 1974 bis 20001 wird chronologisch berichtet.

Flugmedizinische Aspekte und Betreuung im Luftsport – Geschichtliche Entwicklungen seit 1945 –

Knüppel J K

Steinweg 39, 34613 Schwalmstadt

· Wie nach dem Ersten Weltkrieg war auch nach 1945 der Segelflugsport der erste Wegbereiter, um für die Deutsche Bevölkerung wieder das „Fliegen“ zu ermöglichen. Der Segelflug war die Wiege der Luftfahrt und die der Luftfahrtindustrie Nachkriegsdeutschlands. Dies als Ausgangspunkt.

· 1951 fand eine Gründungsveranstaltung des DAeC in Ziegenhain/Hessen unter Beisein von Hanna Reitsch statt. – Die primär im militärischen Umfeld geprägten Piloten wurden von erfahrenen Fliegerärzten betreut, wie u.a. Teddy Stedtfeld, Schmeisser, Rennemann, Wissfeld, Lauschner, Hollmann und Bruno von Baumgarten, die ein hohes Ansehen besassen.

· Allerdings war vieles weniger transparent als heute. So verabreichte Teddy Stedtfeld den Weltmeisterschaftsteilnehmern in Marfa / Texas nach Aussagen einiger Teilnehmer einen „Krafttrunk“, dessen Inhalt und Wirkstoffe er selbst nicht bekannt geben wollte.

· Juri von Baumgarten schaffte es, in seinem Mainzer Institut sogar ein eigenes Sportflugzeug für die Flugmedizinische Forschung zu betreiben. Forschung u.a. über „Räumliche Orientierung“, die bis in die Weltraumfahrt „hineinreichte“. Bis Ende der 90er Jahre betreute er u.a. seinen „Alten Adler“ Hans Schütz, der weit über 80 noch als Fluglehrer flog, mit den Worten: „Meinen alten Kacmarek lasse ich doch nicht im Stich.“- Sein letzter Flieger war ein motorisierter Segler, ein „Piccolo“.

· Deutschland entwickelte sich mit über 70.000 Piloten, gemeinsam mit der in der Welt führenden Segelflugzeugindustrie, zur größten Sportfliegernation der Welt. Über die internationale OSTIV tauschte man Erfahrungen aus. Unter ergonomischen Gesichtspunkten entwickelte man hier das Sicherheitscockpit, Rettungssysteme und vieles andere mehr, wie spezielle Com- und Nav-Hilfen.

· Der Sauerstoffmangel war ein wichtiges Thema. Jochen von Kalkreuth schrieb ein Grundsatzwerk über das Alpensegelfliegen, stürzte aber selbst in der Hypoxie tödlich ab. Im Gegensatz zu den etwas rigiden Möglichkeiten im Westen konnte/musste jeder „Wellenflieger“ der GST in der DDR in die Unterdruckkammer. Flugmedizinische Betreuung war staatlich geregelt auf hohem Niveau.

· Themen, wie Fitness, Kälte in großen Höhen, Kleidung, Sonnenschutz, Ernährung und besonders das Trinken sind Probleme, die Hans Werner Grosse, ehemaliger Torpedoflieger in Bardofuss, mehrfacher Segelflugweltrekordler aus Kiel und über 80 jähriger aktiver „ETA“ Pilot mit den Fliegerärzten der Bw und des DAeC immer wieder diskutierte. Er ist hier immer noch Trendsetter.

· Die Europäische Einigung lässt Gegebenheiten international diskutieren. „HumanFactors“ Ausbildung ist neuer Schwerpunkt. – Das „Medical“ ist in der Kritik. 1964 zahlte ich für mein erstes „Medical“ 5 DM. In der Diskussion zwischen „Sudden Incapacitation“ und „No Medical“ für Recreational Pilots in den USA muss sich die Betreuung der Sportflieger, incl. der Drachenflieger heute neu definieren.

· Trotz vieler moderner technischer Hilfen bleibt weiter eine großer sportfliegerischer Betreuungsbedarf. – Gemeinsam mit der Psychologie steht hier allerdings auch die Umsetzbarkeit der beweisbaren Zusammenhänge im Vordergrund. – Rainer Kemmler moderierte für Sportflieger des DAeC 1996 einige Seminare „Mentales Training“. Er war damals seiner Zeit voraus: Die richtige fliegerische Entscheidung ist wichtiger, als manche medizinische Spezialuntersuchung.

The development of aviation medicine in civil aviation in the GDR can be divided into development stages: 1955 – 1968 and 1968 – 1990

Kressin J

Friedenstr. 17, 14109 Berlin

Stage 1: Commencement in 1957 of medical care and fitness examinations for pilots following formation of “German Lufthansa” (East) in April 1955 (from July 1957 known as “Interflug GmbH”) in Diepensee near Berlin, now southern section of Berlin-Brandenburg International Airport. Government decision in May 1955 to develop civil aviation, joint use of hitherto Soviet airfield at the former Henschel aircraft works in Berlin-Schönefeld.

Adoption of aviation medical fitness examinations for sport gliding and parachuting. In November 1958, foundation of the Transport Industry Medical Service (MDV) for all transport industry employees.

1963 – setting up of an aviation medical examination center and outpatient clinic.

1965 – industrial and aviation medical examinations in workplaces in cockpit and cabin, flight safety and commercial aviation.

Stage 2: In 1968 formation of an independent Aviation Medical Service within the MDV. In 1970 training courses introduced for aviation medical examiners (AME), Aviation Medical Commission (AMC) and central Aviation Sport Medical Commission for Class 3 set up.

Fitness examinations and assessments for all Class 1 pilots, air traffic controllers and pilots in all flying sports (Class 3).

Main interest: development of a new aviation fitness regulation;

Lectures on aviation medicine at the Dresden Transport College (now Technical University) as part of higher education training of pilots and systems engineers.

From 1971 annual research into e.g. psycho-physiological stress in pilots, measurement of aviation noise, aviation accident reports, conditioning programs, etc.

1976 training of aviation medical examiners at the international Aviation Medicine department in Moscow (aviation and industrial medicine).

March 1990: Vol. 9, “Aviation Medicine” in the Aviation Handbook series; dismissal of all MDV employees in December 1990 following German Reunification.

Flugmedizin – ein Problem?

Novak P

Burgstr. 28, 53332 Bornheim, Deutschland

Seit der Einführung von JAR-FCL 3 deutsch kam es zu einer eigenartigen Entwicklung bei den flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen. Obwohl diese Tauglichkeitsanforderungen gegenüber den alten Richtlinien verringert worden sind, kam es zu Überreaktion seitens der flugmedizinischen Sachverständigen als auch der zuständigen Stellen.

Anpassung der Flugerfahrung der AME und AMC-Leitern an die gültigen Rechtsnormen.

Mögliche Änderungen der Verlängerung der Anerkennung der flugmedizinischen Sachverständigen.

Vorgesehene Änderungen der §§ 24b, 24c und 24e LuftVZO.

Zukunft der Flugmedizin in Deutschland bezüglich der Erweiterung 1592/2002.

Die Sektion Luftfahrtmedizin der Gesellschaft für Militärmedizin (GMM) von 1971 bis 1990 – ein gemeinsames Podium der zivilen und militärischen Luftfahrtmedizin der DDR

Wirth D

Mommsenstr. 13, 01062 Dresden

In der 1971 gegründeten Gesellschaft für Militärmedizin und in ihren Regionalgesellschaften zeigte sich bald, dass durch sie nicht die speziellen Bedürfnisse der militärischen Luftfahrtmedizin mit abgedeckt werden können. Deshalb bekam der Leiter des am 10.10.1961 in Königsbrück gegründeten Institutes für Luftfahrtmedizin bereits 1971 die Aufgabe gestellt, die Sektion für Luftfahrtmedizin der Gesellschaft für Militärmedizin unter Einbeziehung der Luftfahrtmediziner der Lufthansa (Ost) und anderer ziviler Luftfahrtmediziner und interessierter Mediziner anderer Fachgebiete zu gründen. Bei der Mitgliedergewinnung sollte der Schwerpunkt auf die Gewinnung von Ärzten der Gesellschaft für Sport und Technik gelegt werden.

Die Gründung der Sektion Luftfahrtmedizin erfolgte zwar mit einer organisatorischen Integrierung in die GMM, aber unabhängig von den Regionalgesellschaften der GMM und mit einer relativ weit reichenden Selbständigkeit. Im Vorstand waren Angehörige der militärischen und der zivilen Luftfahrtmedizin vertreten. Die Sektion für Luftfahrtmedizin trug mit ihren Tagungen, zu deren Teilnahme auch andere zivile medizinische Einrichtungen aktiv beworben wurden, zu der wissenschaftlichen Profilierung der Luftfahrtmedizin bei. Ihre Mitgliederzahl erhöhte sich allmählich, von 1971 bis 1973 sogar von 58 auf 103 Mitglieder. Basisarbeit wurde in mehren Arbeitsgruppen (Auswahl und Begutachtung, Physiologie, Psychoprophylaxe und Psychotherapie, Psychophysiologie und Psychologie) geleistet, die auch selbständige Fachtagungen organisierten.

Fliegerarzt bei den Luftstreitkräften (LSK/LV) der Nationalen Volksarmee (NVA)“

Hähn P

Fürstenwalder Damm 345, 12587 Berlin

Einleitend wird die Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung der Nachkriegs-Entwicklung der deutschen Flugmedizin vor und nach der deutschen Wiedervereinigung hervorgehoben. Das Aufgabenspektrum der Fliegerärzte der Luftstreitkräfte der NVA, organisatorische Strukturen und die Ausbildungsetappen zum Fliegerarzt werden dargestellt. Als Schlussfolgerung wird daraus abgeleitet, daß die Flugmedizin in Ost und West vergleichbare Aufgaben- und Zielstellungen verfolgte. Für den Zeitraum von über drei Jahrzehnten der wissenschaftlichen Bearbeitung flug- und raumfahrtmedizinischer Themen innerhalb der Luftstreitkräfte der NVA ist ein umfangreicher Literaturfundus zugänglich.

Mein Weg zur Luftfahrtmedizin in ihrer widersprüchlichen Entwicklung nach 1945

Hendrik A

Georg Benjamin-Str. 7, 13125 Berlin

Der Beitrag soll aus der persönlichen Sicht einige Aspekte der Entwicklung der Luftfahrtmedizin in der Ostzone Deutschlands und in den ersten Jahren des Bestehens der DDR skizzieren.

Geprägt durch das militärisch im „Dritten Reich“ bis zum Mai 1945 verursachte Lernen des selbständigen Fliegens von 16 verschiedenen Flugzeugtypen und die so entstandene Liebe zur Fliegerei wurde ich während des Studiums der Humanmedizin 1952 Mitglied der Sektion Flugsport in der neu gegründeten Gesellschaft für Sport und Technik der DDR, die der militärischen Ausbildung der Jugend diente. In der Sektion Flugsport an der Universität Greifswald bekam ich die Aufgabe eines ehrenamtlichen Instrukteurs für Flugsport.

Ab Sommer 1955 erfolgte mein Einsatz als Arzt auf einem noch im Aufbau befindlichen Flugplatz der Kasernierten Volkspolizei (KVP) als Leiter eines Medizinischen Behandlungspunktes, zu dessen Personal auch ein Zahnarzt, ein Feldscher und sechs Sanitäter gehörten.

Nach der Gründung der Nationalen Volksarmee (NVA) erfolgte die Ausrüstung der fliegerischen Einheiten mit dem Jagdflugzeug MIG 15. Medizinisch bedeutsam war bei vielen Piloten eine zu hohe Gewichtszunahme infolge einer bevorzugten Ernährung mit der sog. Pilotenverpflegung, die nicht nur abwechslungsreich zusammengesetzt, sondern mit 5000 kcal pro Tag auch zu kalorienhaltig war. Aus heutiger Sicht trivial erscheinen damalige Probleme der hygienischen Sicherstellung.

1958 war es dann endlich wieder so weit, dass ein Arzt ausnahmsweise auch selbst fliegen durfte.

Nach der legalen Übersiedlung meiner Eltern in die BRD Anfang 1959 kam für mich die Entlassung aus der NVA und eine Beschäftigung an der Klinik für Innere Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Greifswald. Dort konnte ich ab 1959 über einen Lehrauftrag eine Vorlesung „Ausgewählte Kapitel der Luft- und Raumfahrtmedizin“ halten. Es gelang jedoch nicht, die luftfahrtmedizinische Forschung zwischen der Universität Greifswald und dem Medizinischen Dienst der Luftstreitkräfte (LSK) abzustimmen.

Möglich war andererseits die Antrittsvorlesung als Dozent mit dem Thema „Wege zur Luft- und Raumfahrtmedizin“.

50 Jahre Flugmedizin in der Bundeswehr

Harsch V

Joseph Haydn Weg 5, 17033 Neubrandenburg

Nach dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Nordatlantischen Bündnis NATO und dem Aufbau der Bundeswehr 1955 stellte sich der Bedarf nach der fliegerärztlichen Betreuung des fliegenden Personals in einem teilstreitkraftübergreifenden Dienst seit 1956. Im September 1956 übernahm die Luftwaffe den Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck von der USAF mit einer funktionalen flugphysiologischen Ausbildungseinheit, die über eine Unterdruckkammer verfügte. Aus dieser Einrichtung wuchs zum 21. Februar 1959 das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe als zentrale Untersuchungsstelle für Heer, Luftwaffe und Marine mit seinen zunächst drei Fachabteilungen hervor. Bis 1982 kamen weitere drei Abteilungen hinzu. Nach der Wiedervereinigung wurde 1992 das vormalige Flugmedizinische Institut der NVA als Außenstelle in das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe integriert und 1995 im Rahmen einer Umgliederung als Abteilung II des FlMedInstLw neugestaltet.

Nicht nur in den Aufbaujahren war die enge internationale Zusammenarbeit und Kooperation mit zivilen nationalen Einrichtungen eine conditio sine qua non für eine erfolgreiche Arbeit der militärischen Flugmedizin. Als integraler Teil des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr unterstützt das bei den Teilstreitkräften unter Federführung der Luftwaffe verbliebene TEAM FLUGMEDIZIN die Kräfte des Sanitätsdienstes der Bundeswehr bei der Auftragsdurchführung und übernimmt hierbei u.a. spezielle Aufgaben im Bereich der Einsatzmedizin des strategischen Kranken- und Verwundetenlufttransportes (StratAirMedEvac) und des Search and Rescue (SAR). Die zunehmende Komplexität des Auftrages beim gleichzeitigen Zwang zur ressourcensparenden Auftragserfüllung und der für die Flugsicherheit unentbehrlichen Qualitätssicherung erfordert die Implementierung von Leitlinien und die Festlegung von Verfahrensanweisungen.

50 Jahre Militärische Flugmedizin: von der Wiedergründung bis zur Transformation

Pongratz H

Brückberg-Kaserne, Luisenstraße 109, 53721 Siegburg, Deutschland

In einer kurzen Übersicht werden die Änderungen der Struktur von den Luftwaffensanitätsstaffeln hin zu den heutigen regionalen Sanitätszentren und des Fliegerärztlichen Dienstes, speziell der Dienststelle Generalarzt der Luftwaffe, aufgezeigt.

Auf die Änderungen der Aufgaben im Rahmen der Transformation, im Schwerpunkt die Änderung der fliegerärztlichen Aufgaben vom „Local Player“ zum „Global Player“, wird eingegangen.

Entwicklung der Flugmedizin am Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe

Kimmich K

Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Postfach 1264; 82242 Fürstenfeldbruck, Deutschland

Vorgestellt wird in komprimierter Form die Entwicklung der Flugmedizin am FlugMedInstLw, vor allem bezogen auf den Kernauftrag Begutachtung, Ausbildung und Forschung.

Wesentliche Merkmale dabei sind – anders als im zivilen Bereich – die „Rundumbetreuung“ des fliegenden Personals. Neben Begutachtung des Ist-Zustands stehen die Qualität der Prävention, die Heilfürsorge und die psychologische Betreuung immer stärker im Vordergrund.

Daher erklärt sich auch der Aufwand, den wir mit unserem Untersuchungs- und Ausbildungs/- Trainingsaufwand betreiben.

Fliegendes Personal der Bundeswehr ist eine sehr sorgfältig und aufwendig ausgelesene „Ressource“, welche auch im Jahrgang und der Funktion nicht regenerierbar oder anderweitig ersetzbar ist.

Entwicklung des Institut für Flugmedizin der DVL zum Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR

Kuklinski P, Kluge G, Kaufmann M

Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Das Institut für Flugmedizin wurde 1934 von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) in Berlin Adlershof gegründet. Der erste Leiter war Herr Prof. Dr. Ruff. Damals wurden rein luftfahrtbezogene Fragestellungen bearbeitet (Hypoxie, Beschleunigung, Schleudersitz) 1944 stellte das Institut seine Tätigkeit ein, und nahm diese 1952 als erstes Institut der DVL in Bonn mit Unterstützung durch das Land NRW sowie der Stadt Bonn, die Grundstück und „Baracke“ zur Verfügung stellte, wieder auf. Überdruck (Caissonkrankheit), luftfahrtbezogene Fragestellungen sowie Fliegertauglichkeitsuntersuchungen waren die ersten wiederbearbeiteten Gebiete. 1954 begann der Aufbau einer psychologischen Abteilung in Hamburg, ebenso wurde dort eine weitere Untersuchungstelle eingerichtet zur psychologischen und medizinischen Auswahl von DLH Piloten. Mit Einführung der Super Constillation bei der DLH wurde ein neues Arbeitsgebiet, die Auswirkung der Zeitverschiebung, aufgenommen. Ende der 60iger Jahre kam mit dem Aufbau einer biologischen Gruppe die Schwerelosigkeitsforschung hinzu und Mitte der 70iger Jahre ergänzt eine physiologische Abteilung, die sich mit der Auswirkung von Schwerelosigkeit auf den Menschen beschäftigte. Das raumfahrtbezogene Programm wurde 1981 erweitert durch das Eingliedern einer bereits bestehenden strahlenbiologischen Abteilung in das Institut, ebenso wurde in diesem Jahr mit dem Umzug in das neue Institut in Köln-Wahnheide zu DFVLR der Aufbau der operationellen Medizin, Nutzerunterstützung, und Telemedizin begonnen. Somit war jetzt zu den luftfahrtbezogenen Fragestellungen ein breites Spektrum raumfahrtmedizinischer Forschung hinzugekommen und eine Namensänderung in „Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin“ gerechtfertigt.

Das Königsbrücker Institut für Luftfahrtmedizin (ILM) der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung (LSK/LV) der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR von 1961 bis 1990 – Schlaglichter im Rückblick

1Ulmer H-V, 2Wirth D

1Curt-Goetz-Str. 93, 55127 Mainz

2Mommsenstr. 13, 01062 Dresden

Auf dem Hintergrund einer Wehrübung des Referenten im März 1992, der Zugehörigkeit des Co-Referenten zum ILM von 1961 –1988 sowie noch vorhandener Dokumentationen sollen einige Aspekte der Entwicklung des ILM dargelegt werden. Besonders beeindruckend war im Jahre 1992 die funktionstüchtige Humanzentrifuge (ausgelegt bis 12 +Gz , eingesetzt bis 9 +Gz für die Personenkabine und bis 40 g für die Materialplattform; Inbetriebnahme 1986), gebaut im Zusammenhang mit der Ausrüstung der LSK mit der MIG 29. Dazu kam eine großräumige Höhenklima-Simulations-Anlage, beides als europäische Spitzentechnologie einzuordnen.

Das 1961 gegründete Institut befasste sich zunächst vor allem mit der luftfahrtmedizinischen Begutachtung und Konditionierung des fliegenden Personals und wurde Anfang der 70er Jahre zunehmend mit wissenschaftlichen Aufgaben betraut. Dadurch wurde es zu einem Zentrum für Flugmedizin ausgebaut, sowohl für die periodische Begutachtung und spezialärztliche Betreuung des fliegenden Personals, als auch für wissenschaftliche Aufgabenstellungen und Spezialaufgaben wie die Vorauswahl des einzigen DDR-Kosmonauten Sigmund JÄHN im Jahre 1976 (Raumflug 1978).

Nach der Wende war die Übernahme des ILM durch die Bundeswehr zunächst offen, wurde aber letztlich dadurch entschieden, dass sich die Humanzentrifuge nicht mit einem vertretbaren Aufwand umsetzen ließ. In der Endphase des ILM zählten zu seinen regelmäßigen periodischen Aufgaben die flugmedizinische Begutachtung und Konditionierung des fliegenden Personals, die Funktionsdiagnostik, die psychologische Eignungsdiagnostik und nach Notwendigkeit die Psychoprophylaxe und Psychotherapie. Forschungsvorhaben wurden auf den Gebieten der Beschleunigungs- und Höhenphysiologie, der psychophysiologischen Diagnostik der fliegerischen Leistungsfähigkeit, klinisch-luftfahrtmedizinischer Fragestellungen, der Konditionierung sowie der Raumfahrtmedizin verfolgt. Der Personalbestand betrug am 30.9.1990 insgesamt 215 Mitarbeiter, davon 55 Ärzte und wissenschaftliche Mitarbeiter verschiedener Qualifikationen. Aufgrund der Ausbildungsberechtigungen für sieben Facharztgebiete befanden sich zusätzlich sieben Ärzte in der Facharztausbildung.

Die wissenschaftlich-publizistische Aktivität war während der ganzen Existenz des ILM relativ hoch: im Zeitabschnitt 1986–90 sind 67 Publikationen und 212 Vorträge und Berichte nachgewiesen. Abgeschlossene Promotionsverfahren B, weitgehend der Habilitation gleichzusetzen, lagen bis zur Umstrukturierung des ILM von acht ehemaligen oder noch beschäftigten Ärzten vor. Die Erarbeitung und Betreuung von Dissertationen (Promotion A) und Diplomarbeiten gehörte zur Tagesaufgabe. Dies unterstreicht neben der flugmedizinischen Betreuung des fliegenden Personals eine rege, anwendungsbezogene Forschungstätigkeit, die allerdings im Vergleich zu heute nur durch die großzügige personelle und materielle Ausstattung dieses flugmedizinischen Zentrums möglich war. Die Breite der Forschungsgebiete und die zahlreichen anwendungsbezogenen Fragestellungen (z. B. Cockpit-Telemetrie) unterstreichen die Bedeutung dieses Zentrums für die Flugmedizin der DDR, das durch die jährlich stattfindenden Luftfahrmedizinischen Tagungen der Luftstreitkräfte der RGW-Staaten und ab 1973 durch die Mitarbeit in der Ständigen Arbeitsgruppe Kosmische Biologie und Medizin des Programms „INTERCOSMOS“ international fest im Block der RGW-Staaten eingebunden war.

Königsbrück: Die Entwicklung nach 1993 zu einem international anerkannten flugmedizinischen Zentrum für Training, Diagnostik sowie Forschung, Entwicklung und Erprobung

Welsch H

Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe – Flugphysiologie – Steinborner Straße 43, 01936 Königsbrück/Sachsen, Deutschland

Mit der Übernahme des ehemaligen Instituts für Luftfahrtmedizin in die Bundeswehr 1990 verfügte die Luftwaffe bzw. die militärische Flugmedizin über zwei Institute, die im wesentlichen auf drei Standorte disloziert waren. Mit einer hochmodernen Höhensimulationsanlage und der leistungsstarken Humanzentrifuge befanden sich zwei Simulationsanlagen der technischen Spitzenklasse in Königsbrück, die nicht zuletzt aus technischen Gründen an den Standort fest gebunden waren. So wurde es 1995 erforderlich, das Flugmedizinische Institut nun an drei Standorten, aber mit gemeinsamer Aufgabe, neu aufzustellen.

Mit neuen Ausbildungsinhalten, die zum Teil weit über die Anforderungen der in der NATO für die flugphysiologische Ausbildung geltenden STANAG 3114 hinausgingen, wurde eine Grundauslastung der technischen Simulationsanlagen erreicht. Darüber hinaus wurden neue Wege in der Auswahl und der Ausbildung zukünftiger Jetpiloten eröffnet. Schwerpunkte in der Sportphysiologie und der Flugpsychologie waren bereits damals fester Bestandteil der flugphysiologischen Ausbildung, bevor CRM und HPM als Begriffe bekannt waren.

Für die technikorientierte Forschung, die sich immer an wehrmedizinischer Relevanz zu orientieren hat, war und ist Königsbrück mit den Simulationsanlagen und einem hochengagierten Team von ausgezeichneten Mitarbeitern ein leistungsfähiger und zuverlässiger Partner für die Wehrtechnik, nationale Institute und Universitäten.

Auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung wurde die Einrichtung darüber hinaus auch ein begehrter Partner für viele externe Einrichtungen und die Industrie.

Und letztlich hat die Öffentlichkeitsarbeit, die im Rahmen von Besuchen aus aller Welt vor Ort und in Form von Präsentationen auf nationalen und internationalen Kongressen erfolgreich geleistet wird, dazu beigetragen, dass die Öffnung nach Ost und West vorbildlich verwirklicht werden konnte. Die Leistungen für Interessenten auch aus anderen Kontinenten sind mitbestimmend für den Stellenwert, den sich die Abteilung Flugphysiologie des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe in der Fachwelt erworben hat.

Quo vadis Flugmedizin“ aus Sicht der Luftwaffe”

Rödig E

Brückberg-Kaserne, Luisenstraße 109, 53721 Siegburg

Im sich wandelnden Aufgabenspektrum der Bundeswehr im Bündnis haben unsere Luftstreitkräfte an Bedeutung hinzugewonnen. Die militärische Flugmedizin musste sich operationell und international neu ausrichten. Mehr denn je verbindet sie heute multidisziplinär zahlreiche präventive, diagnostische, therapeutische und begutachtende Bereiche zu einem Gebiet, eben der Luft- und Raumfahrtmedizin, die ihren Anspruch aus den psycho-physischen Einwirkungen auf den menschlichen Körper im dreidimensionalen Raum ableitet.

Schwerpunkte des komplexen Aufgabenspektrums sind:

– die psycho-physische Leistungsfähigkeit fliegender Besatzungen

– die Bearbeitung und wissenschaftliche Erforschung von kognitiver Wahrnehmung und integrierter Datenverarbeitung

– die intensive Zuwendung zu Problemfeldern wie situational awareness und Human Performance unter dem Dach von Human Systems Integration (HSI)

– die Entwicklung von Life Support Systemen des Stellgliedes Mensch im zunehmend komplexer werdenden Mensch-Maschine-System und letztlich

– die weitere Umsetzung einer mobilen, präventiv wie operativ ausgerichteten Flugmedizin,

im internationalen wie im zivil-militärischen Kontext.

Joint, allied and combined sind wesentliche Voraussetzungen, um mit den Vorgaben medizinischen Qualitätsmanagements – auf dem Boden einer Evidenz basierten Medizin – eine international ausgerichtete Flugmedizin fachkompetent und nachhaltig zu etablieren. Das Festhalten an alten, lieb gewonnenen Gewohnheiten verschließt mitunter den Blick nach vorn. Unser Bemühen um eine europäische Harmonisierung muss vorangetrieben werden. Dies gilt für die „zahlreichen Baustellen“ europäischer Flugmedizin, die mitunter bruchstückhaft und unkoordiniert erscheinen und in ihrer Fachaussage die notwendige Klarheit mitunter vermissen lassen.

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