Arbeitsschutz

Neuregelung zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten

Foto: fotomek – Fotolia.com

Das Bild des Sicherheitsbeauftragten ist durch den Kollegen unter Kollegen geprägt, der vor Ort auf sicheres Handeln hinwirkt und hilft, Unfälle zu vermeiden. Sicherheitsbeauftragten kommt aufgrund ihrer Orts-, Fach- und Sachkenntnis die Aufgabe zu, in ihrem Arbeitsbereich Unfall- und Gesundheitsgefahren zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren sowie zu beobachten, ob die vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen und -ausrüstungen vorhanden sind. Sie sind ohne hierfür festgeschriebenen Zeitaufwand auf ihrer jeweiligen Arbeitsebene unterstützend und ehrenamtlich tätig, treten gegenüber den Beschäftigten als Multiplikator auf und bewirken durch ihre Präsenz sowie ihre Vorbildfunktion ein sicherheitsgerechtes Verhalten der Beschäftigten.

Mit dem Inkrafttreten der neuen DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ bei nun mittlerweile fast allen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen ergibt sich eine grundlegende Änderung hinsichtlich der Vorgaben für die notwendige Anzahl von Sicherheitsbeauftragten in den Unternehmen. Erstmalig sind deutschlandweit einheitliche Regelungen für Betriebe, Verwaltungen und Schulen umgesetzt worden.

Bisherige Rechtssetzung
Im Sozialgesetzbuch VII ist festgelegt, dass Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten Sicherheitsbeauftragte bestellen müssen. Konkretisiert wurde dies bisher durch §20 der Unfallverhütungsvorschriften BGV A1, die diese Forderungen aufgriffen und in der Anlage 2 konkrete Bestellstaffeln definierten. Je nach Branche konnte aus diesen Bestellstaffeln eine konkrete Mindestzahl von zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten abgeleitet werden. In den meisten Betrieben wurde bisher meist genau diese Mindestzahl Sicherheitsbeauftragte bestellt und mehr oder weniger regelmäßig darauf geachtet, eine sinnvolle Verteilung nach Organisationseinheiten oder Räumlichkeiten zu erreichen. Schwachpunkte bei den Wirkungsmöglichkeiten der Sicherheitsbeauftragten entstanden meist:

· wenn in kleinen Organisationseinheiten ohne eigene Sicherheitsbeauftragten eine Mitbetreuung durch Sicherheitsbeauftragte anderer Organisationseinheiten nicht umgesetzt war,

· wenn ganze Spät- oder Nachtschichten dauerhaft ohne Sicherheitsbeauftragte arbeiteten,

· wenn die Sicherheitsbeauftragten für Beschäftigte zuständig waren, deren Tätigkeiten sie hinsichtlich der Arbeitsschutzaspekte nicht einschätzen konnten und

· wenn Sicherheitsbeauftragte für derartig viele Beschäftigte zuständig waren, die sie nicht einmal kannten.

Die neuen Regelungen
Die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ hat die bisherige BGV A1 abgelöst. Mit der neuen Vorschrift werden auch neue Wege bei der Bestimmung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten beschritten. Ziel der neuen Regelung ist es, durch eine geeignete Auswahl und eine geeignete Anzahl von Sicherheitsbeauftragten eine möglichst hohe Wirkung im Arbeitsschutz zu erzielen. Hierfür ist für jeden Betrieb durch den Unternehmer festzulegen, in welchen Bereichen Sicherheitsbeauftragte tätig werden. Die fünf verbindlichen Kriterien hierzu (räumliche, zeitliche und fachliche Nähe des Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten, Unfall- und Gesundheitsgefahr im Unternehmen, Zahl der Beschäftigten) werden in der ebenfalls neuen DGUV-Regel 100–001 näher erläutert.

Räumliche Nähe der Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
Die räumliche Nähe der Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten ist grundsätzlich erforderlich, damit Sicherheitsbeauftragte geeignet wirken können. Sie ist gegeben, wenn Sicherheitsbeauftragte am gleichen Unternehmensstandort und im gleichen Arbeitsbereich wie die Beschäftigten tätig sind. Tätigkeiten in unterschiedlichen Gebäuden deuten erst einmal auf fehlende räumliche Nähe hin.

Zeitliche Nähe der Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
Sicherheitsbeauftragte sollen den Unternehmer und die Führungskräfte bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten unterstützen. Dies setztvoraus, dass die in den jeweiligen Arbeitsbereichen zuständigen Sicherheitsbeauftragten zur gleichen Arbeitszeit wie die sonstigen Beschäftigten, z. B. in der gleichen Arbeitsschicht, tätig sind.

Fachliche Nähe der Sicherheitsbeauftragten zu den Beschäftigten
Das wirksame Tätigwerden der Sicherheitsbeauftragten setzt deren fachliche Nähe zum Arbeitsbereich der Beschäftigten im Zuständigkeitsbereich voraus. Die notwendige fachliche Nähe ist im Normalfall gegeben, wenn der zuständige Sicherheitsbeauftragte und die Beschäftigten dauerhaft gleiche oder ähnliche Tätigkeiten ausüben. Zur fachlichen Nähe des Sicherheitsbeauftragten gehört auch die Kenntnis der Mitarbeiterstruktur im Zuständigkeitsbereich, insbesondere im Hinblick auf Qualifizierung und Sprache.

Unfall- und Gesundheitsgefahr im Unternehmen
Neben der fachlichen Nähe sind Kenntnisse der Sicherheitsbeauftragten im Arbeitsschutz bezogen auf ihren Zuständigkeitsbereich erforderlich. Die Kenntnis der Gefährdungsbeurteilung und damit der Unfall- und Gesundheitsgefahren im Zuständigkeitsbereich des Sicherheitsbeauftragten ist hierfür Grundvoraussetzung. Zur Kenntnis und zum Verständnis der Gefährdungsbeurteilung gehört auch ein Mindestmaß an Fachwissen, das den Sicherheitsbeauftragten meist durch Lehrgänge der Unfallversicherungsträger vermittelt wird.

Zahl der Beschäftigten
Eine geeignete Anzahl Sicherheitsbeauftragter orientiert sich auch an der Zahl der Beschäftigten im Arbeitsbereich. Im Normalfall ist die Grenze des Möglichen spätestens erreicht, sobald der zuständige Sicherheitsbeauftragte nicht mehr alle Kolleginnen und Kollegen persönlich kennen sollte. Alle fünf Kriterien müssen erfüllt sein, damit die Sicherheitsbeauftragten wirkungsvoll tätig werden können und im Ergebnis der Festlegung somit eine geeignete Anzahl von Sicherheitsbeauftragten im Unternehmen ermittelt ist.

Im Regelfall erfolgen die Festlegungen der Unternehmen nach einer Diskussion im Arbeitsschutzausschuss, weil damit alle betrieblichen Akteure des Arbeitsschutzes eingebunden sind. Dort kann die Neuregelung z. B. in folgenden fünf Schritten besprochen werden:

· Schritt 1: Lagepläne, Betriebsstruktur (Organigramm) und Beschäftigtenzahlen der Arbeitsbereiche bereitstellen

· Schritt 2: Anhand der Lagepläne und Organisationsstruktur sinnvolle Tätigkeitsbereiche für Sicherheitsbeauftragte festlegen

· Schritt 3: Anhand des Schichtsystems festlegen, wie viele Sicherheitsbeauftragte in den festgelegten Tätigkeitsbereichen tätig werden sollen

· Schritt 4 (Vergleich Ist/Soll): Vergleicht man die Anzahl der bisher im Betrieb vorhandenen Sicherheitsbeauftragten mit der neu ermittelten Anzahl und der Verteilung der Sicherheitsbeauftragten, wird der Handlungsbedarf des Betriebes ersichtlich.

· Schritt 5: Bei Bedarf notwendige Maßnahmen einleiten. Sollte die Ermittlung zu einem Mehrbedarf geführt haben, ist die Bestellung zusätzlicher Sicherheitsbeauftragter zu organisieren. Ergibt die Ermittlung, dass weniger Sicherheitsbeauftragte als bisher erforderlich sind, ist zu entscheiden, ob die höhere Anzahl Sicherheitsbeauftragter mittel- oder langfristig beibehalten wird.

Einige Unfallversicherungsträger haben auf ihren Internetseiten weitere Hilfestellungen oder Leitfäden zur Ermittlung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten bereitgestellt. Besonders mit Hilfe dieser Leitfäden und der dort meist abgebildeten Praxisbeispiele dürfte die Umsetzung der neuen Regelungen erfolgreich und wenig zeitintensiv möglich sein.

Aktuelle Ausgabe

Partnermagazine

Akademie

Partner