Arbeitsschutz

Sommerlich bedingte hohe Raumtemperaturen in Arbeitsstätten – Rechtliche Lage, Wirkungen auf den Menschen und Maßnahmen

Zusammenfassung In den Sommermonaten können länger anhaltende Perioden mit hohen Außentemperaturen auftreten (z.B. die sog. Hundstage). Dies kann zu deutlich erhöhten Raumtemperaturen in Arbeitsräumen wie Büros, Ladengeschäften oder auch in Werkstätten und Lagerhallen führen. Viele Beschäftigte klagen dann über die Hitze und sinkende Leistungsfähigkeit, Müdigkeit und Konzentrationsschwächen bis hin zu einer vermehrten Schweißabgabe und Herz-Kreislaufbelastung. Dadurch besteht ein erhöhtes Unfallrisiko. Bei Raumtemperaturen über +35 °C ist eine Gesundheitsgefährdung nicht mehr auszuschließen, aber auch bei Raumtemperaturen über +26 °C bis ca. +35 °C kann es unter bestimmten Umständen (z.B. hohe Arbeitsschwere und ungeeignete Bekleidungsisolation) auch zu einer Gefährdung der Gesundheit kommen. Nach §4 Arbeitsschutzgesetz ist der Arbeitgeber aber verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird und verbleibende Gefährdungen gering gehalten werden. Auch ohne Nennung einer Maximaltemperatur sind Schutzmaßnahmen nötig, die der Arbeitgeber individuell im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung festlegen muss. Die Arbeitsstättenverordnung vom August 2004 fordert eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“. Die dieses allgemeine Schutzziel konkretisierende Arbeitsstätten-Richtlinie ASR 6 Raumtemperaturen wiederum legt fest, dass „die Lufttemperatur in Arbeitsräumen +26 °C nicht überschreiten soll“, der „Sommerfall“ wird zusätzlich mit einem Nachsatz geregelt: „bei darüber liegender Außentemperatur darf in Ausnahmefällen die Lufttemperatur höher sein“. Diese Regelungen haben zu Problemen bei der Festlegung der erforderlichen Maßnahmen geführt. Im Bericht wird deshalb eine maximale gesundheitlich zuträgliche Lufttemperatur für Räume mit büroähnlicher Nutzung unter hochsommerlichen Bedingungen abgeleitet. Schlüsselwörter: Raumtemperatur, Wärmebelastung, Büroraum, Sommerhitze, Arbeitsschutz

1. Ausgangslage
In den Sommermonaten stellen sich nicht selten ausgeprägte Hitzeperioden über z.T. mehrere Wochen ein. Überhitzte Arbeitsräume wie Büros und Werkhallen sind die Folge, aber auch der öffentliche Bereich und Wohnungen sind betroffen. Beschwerden über unzuträgliche Temperaturen, sinkende Arbeitsleistung und Müdigkeit sowie Konzentrationsschwäche in Verbindung mit einer vermehrten Schweißabgabe und auch gesundheitliche Probleme wie Herz-Kreislaufbelastungen treten gehäuft auf. Die zunehmende globale Erwärmung der Erdatmosphäre verbunden mit lokalen Klimaextremen wie z.B. die heißen Sommer 2003 und 2006 in Mitteleuropa tragen mit zu dieser Situation bei. Der von Wissenschaftlern erkannte Klimawandel wird auch in den kommenden Jahren dazu beitragen, dass das Thema „Sommerhitze“ auf der Tagesordnung des Arbeitsschutzes und im öffentlichen Leben bleibt. Während die geschilderte Situation bei längeren Hitzeperioden nur den verschont, der über eine funktionsfähige Klimaanlage oder ein „sommertaugliches“ Gebäude verfügt, so ist insbesondere in neu gebauten Geschäftshäusern mit architektonisch ansprechend gestalteten großen Glasfronten und Lichthöfen (Atriumgebäude) bereits im Frühjahr oder noch im Herbst mit hohen Temperaturen zu rechnen, obwohl außen z.B. noch moderate +19 °C herrschen. Hier kann nicht der „Sonne“ die alleinige Schuld gegeben werden, sondern die heute übliche Bauweise führt zu diesem „Treibhauseffekt“. Eine scharfe Abgrenzung zwischen den beiden geschilderten Fällen ist nicht ohne weiteres möglich und zur Klärung bedarf es in der Regel einer Prüfung durch Sachverständige.

2. Rechtliche Situation im Arbeitsschutz
Die Arbeitsstättenverordnung vom August 2004 fordert für Arbeits-, Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räume während der Arbeitszeit eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur und den Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung. Die Raumtemperatur wird in der Verordnung abhängig gemacht von der körperlichen Beanspruchung der Beschäftigten, dem angewandten Arbeitsverfahren und dem spezifischen Nutzungszweck des Raumes. Die Arbeitsstätten-Richtlinie ASR 6 Raumtemperaturen vom Mai 2001 konkretisiert in Abs. 3.3, dass „die Lufttemperatur in Arbeitsräumen +26 °C nicht überschreiten soll“. Für den „Sommerfall“ wird zusätzlich geregelt: „Bei darüber liegender Außentemperatur darf in Ausnahmefällen die Lufttemperatur höher sein.“ Wie viele Stunden pro Tag oder insgesamt im Sommer und um wie viel Grad ist nicht festgelegt. Daraus ableitbar gibt es demnach für die Beschäftigten keinen direkten auf eine bestimmte Maßnahme bezogenen Rechtsanspruch wie z.B. auf klimatisierte Räume, zusätzliche Getränke oder „Hitzefrei“.

Nach § 4 ArbSchG ist der Arbeitgeber aber verpflichtet die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden wird und verbleibende Gefährdungen gering gehalten werden. Bei Raumtemperaturen von über +26 °C bis ca. +35 °C, so wie sie im Sommer in nicht gekühlten Arbeitsräumen durchaus auftreten, können aber unter bestimmten Bedingungen (z.B. erhöhte Arbeitsschwere, verstärkte Bekleidungsisolation, Schutzanzug) Gefährdungen der Gesundheit (z.B. Überhitzung des Körpers, Kreislaufbelastung, Dehydratation) entstehen. Allerdings dürften bei reiner Bürotätigkeit mit leichter Sommerkleidung in einem Raum mit +31 °C für einen gesunden Beschäftigten noch keine gesundheitlichen Probleme auftreten, auch wenn er es als zu warm empfindet, schwitzt und unkonzentriert ist. Es herrschen dort keine Komfortbedingungen, d.h. keine thermische Behaglichkeit. Ein im Nachbarraum tätiger Handwerker dagegen, der im Schlosseranzug Reparaturarbeiten an einem Heizkörper ausführt, könnte unter den gleichen klimatischen Bedingungen bereits überbeansprucht werden, insbesondere wenn er diese Tätigkeit über längere Zeit ausführt. Für ihn wären z.B. öfter Pausen und zusätzliche Getränke geeignete Schutzmaßnahmen. Auch ohne Nennung einer bestimmten Maximaltemperatur in der ArbStättV sind deswegen Schutzmaßnahmen notwendig. Diese Maßnahmen sind aber angepasst an den jeweiligen konkreten Fall, mit einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG festzulegen. Die Beschäftigten haben dann einen Rechtsanspruch auf deren Umsetzung und ohne dass ihnen dadurch Kosten entstehen (§ 3 Abs. 3 ArbSchG).

Bei klimatischen Belastungen ist eine Bewertung der gesundheitlichen Zuträglichkeit nur im Einzelfall mit einer komplexen Prüfung der einzelnen Klimagrößen (Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit und Wärmestrahlung) oder gegebenenfalls mittels geeigneter Klimasummenmaße möglich. Dabei sind zusätzlich die Arbeitsschwere, die überwiegende Körperhaltung, das Arbeitsregime (z.B. Pausenzeiten) sowie die Bekleidung der Beschäftigten und dessen persönliche gesundheitliche Konstitution (z.B. Akklimatisation, Grad der Dehydratation) zu berücksichtigen. Eine solche Prüfung sollte aufgrund der Komplexität der Fragestellung vor Ort von Fachleuten vorgenommen werden.

3. Wirkungen auf den Menschen
Die Beurteilung der Gefährdung bei Raumtemperaturen über +26° C spielt im Zusammenhang mit einer zusätzlichen klimatischen Belastung unter hochsommerlichen Bedingungen eine zentrale Rolle bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen, da abgesehen von der Forderung, dass +35° C nicht überschritten werden dürfen, keine starren Vorgaben im Sinne von Grenzwerten wie z.B. für die Raumtemperatur gemacht werden können. Es handelt sich bei Lufttemperaturen von oberhalb ca. +26 °C bis ca. +35 °C um den sogenannten Erträglichkeitsbereich, jedoch nicht um Hitzearbeit, wofür berufsgenossenschaftliche Regelungen vorliegen (z.B. Grundsatz G 30 [1]). In diesem Temperaturbereich ist unter bestimmten Bedingungen eine Tätigkeitsdauer bis 8 Stunden mit den üblichen Pausen möglich, ohne dass gesundheitliche Störungen auftreten. Die Abgrenzung zum darunter liegenden Behaglichkeitsbereich ist allerdings fließend. Nach DIN EN ISO 7730 [2] werden z.B. im Sommer bis +27 °C als Bemessungskriterium („Komforttemperatur“) vorgegeben und mit der Anpassung von Bekleidung, körperlicher Aktivität und Luftgeschwindigkeit bis +28 °C als noch akzeptabel bewertet. Für die obere Grenze kann davon ausgegangen werden, dass die Behaglichkeitstemperatur für einen unbekleideten Menschen im Ruhezustand bei ca. +30 °C liegt.

Das primäre Anliegen des Arbeitsschutzes ist Sicherheit und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten zu gewährleisten, jedoch fordert § 2 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes eine „menschengerechte Gestaltung der Arbeit“, also auch leistungsfördernde Arbeitsbedingungen. Der vorliegende Ansatz zielt dabei primär auf die Darstellung gesundheitlich zuträglicher Raumtemperaturen, wie sie in der Arbeitsstättenverordnung gefordert werden. Die Einstellung von leistungsfördernden Komfortbedingungen wird hier nicht betrachtet. Insofern ist zu klären, unter welchen klimatischen und sonstigen Bedingungen man dem Arbeitsschutz gerecht wird. Einerseits sind Symptome wie z.B. geminderte Konzentration und Reaktion sowie Müdigkeit zu beachten, die zu Folgeunfällen führen können (z.B. Sturz, Unfall beim Führen eines Fahrzeuges). Zum anderen besteht die Gefahr einer zu hohen Belastung des Körpers (z.B. Kreislaufbelastung, Überwärmung des Körpers), was mit einer direkten Schädigung der Beschäftigten verbunden sein kann (z.B. Hitzekollaps, Hitzekrämpfe). Verschiedene Studien (z.B. Parsons [3]) belegen mit steigenden Lufttemperaturen einen signifikanten Abfall der Leistungsfähigkeit. Das macht sich in einer Minderung der körperlichen (z.B. Fahrradergometer, Treppensteigen), geistigen (z.B. Konzentration, Rechenfähigkeit) und psychomotorischen (z.B. sensormotorische Koordination, Geschicklichkeit) Leistungsfähigkeit bemerkbar. Das ist außerdem abhängig von den anderen Klimaparametern (Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit, Wärmestrahlung), der Bekleidungsisolation, der körperlichen Aktivität sowie individuellen Faktoren (z.B. Gesundheitszustand, Ernährung, Gewicht, Motivation). Zusätzlich wirken dabei noch Faktoren, wie z.B. psychischer Stress oder der Lärm von Bürogeräten leistungsmindernd. Konkrete quantitative Aussagen zum Grad der Leistungsminderung in Abhängigkeit der Temperatur gibt es nur bedingt. Für einen gesunden, nicht vorbelasteten Menschen ist eine thermisch bedingte Gesundheitsgefährdung erst dann gegeben, wenn die Entwärmungsmechanismen (Konvektion der umgebenden Luft, Verdunstung von Schweiß, Wärmestrahlungsaustausch, Wärmeleitung mit berührenden Oberflächen und Wärmeabgabe über die Atemluft) nicht mehr ausreichen, die Körperinnentemperatur konstant (steady-state) bzw. unter den von der WHO empfohlenen Wert von +38 °C zu halten. Darüber beginnt der Bereich der Hitzearbeit, wo mit verschiedenen Maßnahmen (z.B. Luftduschen, Entwärmungspausen, Hitzeschutzkleidung, Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung) der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten sichergestellt werden muss. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere bei Älteren, Menschen mit Übergewicht und Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen (z.B. Herz-Kreislauferkrankungen) eine akute Gesundheitsgefährdung bereits bei einer deutlich geringeren thermischen Belastung einsetzen kann. Durch den meist mit einer solchen Belastung verbundenen Flüssigkeitsverlust (Dehydratation) ist ebenfalls ab bestimmten Werten (ca. ab 3 % des Körpergewichts) mit einer Gesundheitsgefährdung zu rechnen.

4. Maximal zuträgliche Raumtemperatur
Die Regelung der ASR 6, dass die Lufttemperatur in Arbeitsräumen +26 °C nur in Ausnahmefällen überschreiten darf, hatte zu Problemen bei der Festlegung der erforderlichen Maßnahmen geführt. Um einen praktikablen Wert für die Raumtemperatur zu finden, der entsprechend der Arbeitsstättenverordnung Gesundheitsgefährdungen ausschließt, wurden die Außentemperaturen des überdurchschnittlich warmen Monats Juli 2006 der Wetterstationen Dresden und Freiburg betrachtet und mit vorliegenden Kriterien für „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen“ verglichen. Dabei wurde der Einfluss unterschiedlicher Luftfeuchten mit beachtet. Weiterhin wurde angenommen, dass sich in einem nicht klimatisierten Büroraum mit entsprechender Wärmedämmung unter hochsommerlichen zeitlich anhaltenden Bedingungen annähernd außenklimatische Zustände einstellen.

4.1 Auswertung von Klimadaten eines Extremsommers
Die Wärmebelastung des Menschen kann mit Hilfe der Normal-Effektiv-Temperatur –NET nach YAGLOU [4] abgeschätzt werden. NET wird mit einem Nomogramm aus Lufttemperatur, Luftfeuchte und Luftgeschwindigkeit ermittelt. Für jeden Tag des Juli 2006 jeweils im Zeitraum zwischen 13:00 und 18:00 Uhr wurde für die Wetterstationen Dresden und Freiburg stündlich aus Lufttemperatur und Luftfeuchte der NET- Wert gebildet. Mit Freiburg wurde ein Ort mit überdurchschnittlich warmem Klima ausgewählt, Dresden repräsentiert eher den Landesdurchschnitt. Aus den NET- Werten lässt sich in etwa die Belastungssituation abschätzen, wenn man unterstellt, dass sich für einen Büroraum unter hochsommerlichen zeitlich anhaltenden Bedingungen annähernd außenklimatische Bedingungen einstellen, kaum Luftbewegungen sind und die Wände Oberflächentemperaturen nahe der Lufttemperatur haben. In ein h,x-Diagramm nach Mollier wurde für jeden Tag das Wertepaar aus Lufttemperatur und Luftfeuchte eingetragen, das dem maximalen NET- Wert entspricht, d.h. einer maximalen Belastung der Beschäftigten (Abb. 1 und 2). In dieses Diagramm wurden nun verschiedene vorliegende Kriterien für „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperaturen“ als Vergleichsmaßstab eingetragen. Neben der +26 °C- Grenze des Arbeitsschutz (Arbeitsstätten-Richtlinie ASR 6) sowie Akzeptanz- bzw. Behaglichkeitskriterien aus Normen für ein zuträgliches Raumklima wurden arbeitsmedizinische Erkenntnisse für Dauerbelastungsgrenzen bei Hitzearbeit hinzugezogen.

4.2 Grenzen der thermischen Behaglichkeit
Im Rahmen der ergonomischen Normung wird noch deutlich über +26 °C ein behagliches bzw. von den Nutzern zu einem hohen Prozentsatz akzeptiertes Klima gesehen. Hellwig [5] liefert dazu eine ausführliche Darstellung. Im Entwurf der DIN EN 15251 [6] wird z.B. bei einer büroähnlichen Nutzung der Räume mit geringer Belegung (bis 4 Personen), entsprechender Wärmedämmung der Bekleidung (0,5–1,0 clo) und leichter Tätigkeit (1,2–1,6 met) sowie Zugang zu verschließbaren Fenstern vorausgesetzt, eine vom Monatsmittelwert der Außentemperatur abhängige operative Innentemperatur angegeben. Bei Anwendung dieser Methode auf den Juli 2006 für die Stadt Dresden würde es bei einem Monatsmittel der Außentemperatur von ca. +24 °C bei einer angenommenen operativen Innentemperatur von ca. +29,5 °C immer noch eine 65%ige Akzeptanz bei den Nutzern geben. Dieser Wert korrespondiert mit den von Arbeitsmedizinern für Büroräume bei sommerlicher Hitze empfohlenen maximalen NET- Wert von 25 °C. Je nach Luftfeuchte (ca. 20–55 % rel.) entspricht dies einer Lufttemperatur von ca. +29–34 °C. Oberhalb davon sollte die Arbeitszeit verkürzt werden. Auch dieses vorsichtige Kriterium wurde nur selten und nicht wesentlich im warmen Sommer 2006 an den beiden ausgewählten Orten überschritten. Weiterhin wird als „weiches“ Grenzkriterium die aus der Klimatechnik bekannte sogenannte „Schwülegrenze“ betrachtet (Abb. 1 und 2). Das ist ein maximaler absoluter Wasserdampfgehalt von 12 g/kg trockener Luft, ab dem ein normal bekleideter ruhender Mensch zu schwitzen beginnt, d.h. das Klima nicht mehr behaglich ist. Die zu den Außentemperaturen des Monats Juli 2006 in Dresden gehörenden Luftfeuchten übersteigen die Schwülegrenze nicht, in Freiburg nur an wenigen Tagen. Die Raumtemperatur allein ohne Beachtung der Luftfeuchte kann also zur Beschreibung des zulässigen Sommerklimas in Büroräumen herangezogen werden.

4.3 Physiologisch begründetet Grenzwerte für Hitzearbeit
Aus der Literatur sind Richtwerte bekannt, bis zu welchen Klimabedingungen akklimatisierte Beschäftigte ohne zusätzliche Pausen arbeiten können. Ilmarinen [7] ermittelte bei Probandentests in einer Klimakammer die „steady-state-Grenze“ für 0,7 clo und mittelschwerer Arbeit (AU 200 – 270 W, Gehen 4 km/h in der Ebene) in Abhängigkeit der Lufttemperatur und der Luftfeuchte. Bei Versuchen in einer Klimakammer auf dem Laufbandergometer wurden vergleichbare Grenzwerte von Gebhardt, Kampmann [8] bei 0,8 clo und mittelschwerer Arbeit gefunden. Ebenfalls von Gebhardt, Kampmann [8] wurde eine von Pangert et. al. [9] vorgeschlagene klimatische Grenze durch Probandentests in einer Klimakammer bestätigt, ab der zusätzliche Entwärmungsphasen bei mittelschwerer Arbeit nötig sind. Diese liegt im trocken-heißen-Klima bei einer Lufttemperatur von +37 °C. Wie man aus dem Eintrag aller zitierten Stellen im h,x-Diagramm (Abb. 1 und 2) erkennen kann, besteht keine Gefahr, dass in Büroräumen der Bereich der Hitzearbeit erreicht wird.

4.4 Schlussfolgerung
Die Außentemperaturen des Monats Juli 2006 überschritten den in der ASR 6 enthaltenen +26 °C-Maximalwert deutlich. Oberhalb davon beginnt zwar der Bereich verminderter Leistungsfähigkeit, jedoch liegen diese Raumtemperaturen in einem Bereich, in dem aus klimaphysiologischer Sicht noch keine Gesundheitsgefährdung besteht. Aus dem h,x-Diagramm (Abb. 1 und 2) ist weiterhin erkennbar, dass selbst der betrachtete Extremsommer mit Lufttemperaturen bis +35 °C in Bezug auf die thermische Belastung noch erträglich war. Die empfohlene 25 °C-NET-Grenze wurde nur selten überschritten, gleichfalls die Schwülegrenze. Der Temperaturabstand bis zu dem selbst bei mittelschwerer Arbeit eine Dauerbelastung möglich wäre, bietet noch ausreichend Sicherheit. Auch zeigen die Klimawerte, dass sich nicht jedes beliebige Klima einstellt und vor allem physiologisch besonders kritische hohe Luftfeuchten kaum auftreten. Ableitend aus dieser Darstellung wird für nicht klimatisierte Räume mit nur geringem betriebstechnisch bedingten Wärmeeinfluss (z.B. Büro) eine maximale Lufttemperatur von +35 °C empfohlen, leichte bis mittelschwere Arbeit und angepasste Bekleidung (bis ca. 0,8–1,0 clo) vorausgesetzt. Auch gilt dies nur für gesunde Beschäftigte und dass ausreichend Flüssigkeit aufgenommen wird. Damit wird eine Gesundheitsgefährdung durch thermische Überlastung vermieden, mit Leistungseinbußen, Minderungen der Reaktionsfähigkeit, schnellerer Ermüdung u.ä. ist allerdings zu rechnen und thermische Behaglichkeit ist natürlich auch nicht mehr gegeben. Eine Begrenzung der Luftfeuchte ist auf Grund der außenklimatisch verursachten Bedingungen nicht nötig, da extreme Feuchten kaum auftreten. Auch wird eine Grenzsetzung in Form eines maximalen NET-Wertes als nicht nötig angesehen, da dieser Klimasummenwert in der betrieblichen Praxis nicht leicht bestimmt werden kann und es bei der Anwendung von Laien zu Verwechslungen und Fehldeutungen kommen kann. Insofern ist mit einer maximalen Lufttemperatur von +35 °C ein geeignetes Maß zur Einhaltung des Gesundheitsschutzes gegeben. Darüber ist ein Raum ohne wirksame Maßnahmen zur Kühlung (z.B. Sonnenschutz, Klimaanlage) als Arbeitsraum nicht geeignet. In jedem Fall sind bereits im Übergangsbereich ab +26 °C und bis ca. +35 °C in Abhängigkeit der Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung technische, organisatorische oder personenbezogene Maßnahmen zu empfehlen. Diese sollten auch auf die Vermeidung von Folgeunfällen abzielen (z.B. Sturz infolge mangelnder Konzentration).

5. Ausblick
Derzeit arbeitet eine vom Ausschuss für Arbeitsstätten – ASTA berufene Expertengruppe an einer neuen Arbeitsstättenregel – ASR A3.5 „Raumtemperatur“. Insbesondere soll dort ein spezieller Abschnitt klare Vorgaben für den Umgang mit sommerlich bedingten hohen Raumtemperaturen in Arbeitsräumen ohne wesentliche technologisch bedingte Lasten treffen. Einen möglichen Ansatz könnte die oben dargelegte Betrachtung zum Temperaturbereich zwischen +26 °C und ca. +35 °C bilden. Denkbar wäre hierbei auch eine Klausel, die eine zeitliche Begrenzung vorsieht (z.B. maximal 200 h pro Jahr) oder einen Handlungswert (z.B. ab ca. +29–32 °C), ab dem stets Maßnahmen (z.B. geänderte Arbeitszeitregelungen, Lockerung der Kleiderordnung oder Ausgabe von zusätzlichen Getränken) einzuleiten sind.

· 6. Literaturverzeichnis

· BGI 504–30: Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 30 „Hitzearbeiten“ 1998

· DIN EN ISO 7730: Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit. Mai 2006

· Parsons, Ken: Human Thermal Environments, London 2003

· DIN 33403–3: Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung – Teil 3: Beurteilung des Klimas im Warm- und Hitzebereich auf der Grundlage ausgewählter Klimasummenmaße. April 2001

· Hellwig, Runa Tabea: Thermische Behaglichkeit – Unterscheidung zwischen frei und mechanisch belüfteten Bürogebäuden aus Nutzersicht, Dissertation München 2005

· DIN EN 15251: Bewertungskriterien für den Innenraum einschließlich Temperatur, Raumluftqualität, Licht, Lärm. Entwurf, Juli 2005

· Ilmarinen, Raija: Einflüsse verschiedener Bekleidung auf einige physiologische Größen des Menschen bei Körperarbeit in unterschiedlich erhöhter Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit, Dissertation Deutsche Sporthochschule Köln, 1978

· Gebhardt, Hansjürgen; Kampmann, Bernhard: Erprobung und Anwendung des PHS- Modells bei der Gestaltung von Arbeits- und Entwärmungsphasen in wärmebelasteten Arbeitsbereichen, Fremdforschungsprojekt der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – BAuA, Dortmund 2006

· Pangert, Roland; Bux, Kersten; Frener, Peter: Hitzearbeit – Hitzepausen. ErgoMed (2003), 3, 82 – 89

Kersten Bux, Roland Pangert

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