Arbeitsschutz

Wie geht das denn in der Praxis?

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Viele Betriebe fragen sich, wie sie die gesetzliche Forderung nach der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen erfüllen können. Es herrscht noch Unsicherheit, wie dies am besten in der Praxis umgesetzt werden kann. In diesem Artikel erfahren Sie grundsätzliche Möglichkeiten und Tipps für die praktische Umsetzung.

Spätestens seit der Erweiterung des Arbeitsschutzgesetzes im vergangenen Jahr 2013 ist klar: Die psychischen Belastungen bei der Arbeit müssen im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung betrachtet werden. Die psychischen Belastungen können dabei gemeinsam mit den anderen Gefährdungsfaktoren erfasst werden – eine spezielle Gefährdungsbeurteilung ist nicht erforderlich. Das Vorgehen bei der Erfassung der psychischen Belastungen ist aber weniger geregelt als bei anderen Gefährdungsfaktoren.

Was sollte man also beachten und welche Empfehlungen gibt es?

Belastung – Beanspruchung
Viele Fachleute im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit haben inzwischen vom Belastungs-Beanspruchungs-Modell gehört. Trotzdem ist es immer wieder wichtig, auf die Unterschiede zwischen Belastung und Beanspruchung hinzuweisen, da dies von großer Bedeutung für die Gefährdungsbeurteilung ist – und auch in Diskussionen, Beiträgen und Verlautbarungen wird hier (leider) hin und wieder geschludert.

Nach der Norm DIN ISO 10075–1 ist psychische Belastung „die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“. Psychische Beanspruchung ist „die unmittelbare (nicht die langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien“. Psychische Belastungen sind also Ereignisse, Reize oder Anforderungen, die sich auf unser Denken, unsere Gefühle, unser Verhalten und auch unseren Körper(!) auswirken – eben alles, was von außen auf uns wirkt. Beanspruchungen sind die Reaktionen auf diese Reize oder Anforderungen, das heißt also, ob wir uns freuen oder ärgern, ob unser Blutdruck steigt oder unser Herz schneller schlägt oder ob wir eine Aufgabe mit Engagement übernehmen oder sie lieber erst mal liegen lassen. Die Reaktion hängt von der Person ab, zum Beispiel ihrer Qualifikation oder ihren Interessen. Grundsätzlich werden vier mögliche Quellen für Belastungen bei der Arbeit unterschieden:

· Arbeitsaufgabe bzw. -inhalt, wie zum Beispiel Handlungsspielraum, Verantwortung oder Komplexität der Aufgaben

· Arbeitsorganisation, wie beispielsweise Schichtarbeit, Pausen, Unterbrechungen oder Zeitdruck

· Arbeitsmittel und -umgebung, wie Maschinen, Werkzeuge, Lärm, Beleuchtung oder Klima

· Soziale Beziehungen – beispielsweise Führungsverhalten oder die Kontakte zu Kollegen und Kolleginnen.

Psychische Belastungen sind also neutral definiert – sie können sich positiv oder negativ auswirken. Das führt manchmal zu Verwirrung, da das Wort „Belastung“ im deutschen negativ besetzt ist. Da die Wirkung aber abhängig von den individuellen Leistungsvoraussetzungen ist, kann letztendlich erst im Nachhinein festgestellt werden, wie sich eine Belastung ausgewirkt hat.

Belastungen erfassen
Die Unterscheidung von Belastung und Beanspruchung ist wichtig für die Gefährdungsbeurteilung. Bei der Gefährdungsbeurteilung geht es um die Erfassung der Belastungen.

So schreibt es auch das Arbeitsschutzgesetz: Gemäß § 5 hat der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen zu beurteilen. Ziel der Präventionsarbeit ist es ja, die Arbeitsbedingungen gesund zu gestalten. Die Beanspruchungen, das heißt, die Reaktionen auf die Bedingungen, sollten also nicht Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung sein. Es soll nicht erfasst werden, ob sich jemand überfordert fühlt und das Gefühl hat, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein. Es soll schließlich nicht die Leistungsfähigkeit beurteilt werden. Wenn die Beschäftigten dies denken, weil es ihnen keiner erklärt hat, führt dies schnell zu Ängsten.

Und noch etwas: Wenn Sie die Beanspruchungen erfassen, wissen Sie im Nachhinein möglicherweise zwar, dass es den Leuten schlecht geht, aber Sie wissen nicht warum. Es kann an der Aufgabe selbst liegen oder an der Arbeitsorganisation oder an ganz anderen Faktoren, wie zum Beispiel familiären Problemen, Geldsorgen, usw. Sie haben dann also gar keine Ansatzpunkte für Ihre weitere Präventionsarbeit.

Wenn Sie aber durch die Beurteilung der Arbeitsbedingungen feststellen, dass bei der Organisation einiges im Argen liegt, während die anderen drei Bereiche in Ordnung sind, können Sie hier entsprechend mit Veränderungen ansetzen.

Das „Stresso-Meter“ gibt es nicht
Viele Sicherheitsfachkräfte und Sicherheitsbeauftragte hätten gerne ein Gerät, um damit die psychischen Belastungen zu erfassen. So, wie man mit einem Schallpegelmessgerät den Lärm messen kann, wäre es doch schön, man hätte eine Art „Stresso-Meter“, mit dem man die psychischen Belastungen erfassen kann. Ein solches Gerät gibt es aber leider nicht. Warum? Hierzu können Sie ein kleines Gedankenexperiment machen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten den Handlungsspielraum bei einer Tätigkeit erfassen. Wie könnte ein Gerät aussehen, das den Handlungsspielraum am Arbeitsplatz erfasst? Ein solches Gerät gibt es nicht – es gibt noch nicht einmal eine Einheit für Handlungsspielraum. Oder stellen Sie sich vor, Sie wollten Unterbrechungen messen. Sie bräuchten ein Gerät, dass beispielsweise zählt, wie häufig das Telefon klingelt, wie oft ein Kollege oder die Vorgesetzte kommt und etwas fragt und wie viele E-Mails ankommen. Die Anzahl der Anrufe und Mails ließen sich gegebenenfalls noch technisch zählen, die Störungen durch Kollegen schon weniger. Oder noch schwieriger: Welches Gerät könnte das Verhalten der Führungskräfte messen oder die soziale Unterstützung durch Kollegen? Sie sehen, dass es nicht möglich ist, die psychischen Belastungen mit Geräten zu bestimmen. Letztendlich bleibt nur, die Beschäftigten oder ihre Vorgesetzten zu fragen oder die Personen bei ihrer Tätigkeit zu beobachten. Aus diesem Grund erfasst man die psychischen Belastungen mit Hilfe von Beobachtungs- oder Befragungsverfahren oder in Workshops, in denen man die Beschäftigten nach ihren Belastungen fragt.

Methoden bei der Erfassung der Belastungen
Man unterscheidet drei Methoden, um psychische Belastungen zu erfassen:

· Befragung

· Beobachtungsinterviews

· Moderierte Workshops

Alle Methoden haben ihre Vor- und Nachteile, so dass jeder Betrieb für sich entscheiden muss, welche Methode die geeignete ist. Bei einer Befragung erhalten alle Beschäftigten einen Fragebogen, in dem (Fehl-) Belastungen aufgelistet sind. Sie sollen dann jeweils einschätzen, ob diese für ihren Arbeitsplatz zutreffen oder nicht. Bei einem Beobachtungsverfahren werden die Beschäftigten eine Zeit lang bei ihrer Tätigkeit beobachtet. Bei den Beobachtern kann es sich um Experten (z.B. Psychologen) und/oder Vorgesetzte handeln, die dann die psychischen Belastungen beurteilen. In der Regel werden bei den Beobachtungen auch einzelne Beschäftigte interviewt (Beobachtungsinterviews). Bei moderierten Gruppendiskussionen setzen sich die Beschäftigten in kleinen Gruppen zusammen und sprechen über Fehlbelastungen und mögliche Maßnahmen dagegen. Der Vorteil von Fragebögen besteht darin, dass alle Beschäftigten einbezogen werden. Es ist auch ein Ausdruck von Wertschätzung, die Beschäftigten selbst zu fragen und nicht andere über die Belastungen urteilen zu lassen. Es besteht jedoch des Öfteren die Sorge, dass die Beschäftigten die Situation zu negativ beurteilen. Übrigens: Auch wenn man im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung die Beschäftigten befragt, handelt es sich nicht um eine Mitarbeiterbefragung, sondern es bleibt eine Gefährdungsbeurteilung. Der Vorteil von Beobachtungen besteht darin, dass sie unabhängig von den Eindrücken der beobachteten Person sind. Führen viele Beschäftigte dieselbe Tätigkeit aus, kann es auch kostengünstiger sein, eine einzige Person zu beobachten anstatt alle zu befragen (das machen Sie im Rahmen von z. B. der Gefährdungsbeurteilung gleichartiger Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten ja genauso, Sie beurteilen nicht jeden Büroarbeitsplatz, oder jeden einzelnen Produktionsarbeitsplatz).

Allerdings lassen sich in einem Zeitraum von ein paar Stunden nicht alle Tätigkeiten repräsentativ beobachten und manche Belastungen wie zum Beispiel das Führungsverhalten sind kaum einer Beobachtung zugänglich. In kleinen Betrieben mit häufig unterschiedlichen Tätigkeiten eignen sich eher Gruppendiskussionen. Hier wäre der Aufwand für Befragungen oder Beobachtungen zu groß und die Methoden wären auch inhaltlich nicht sinnvoll. Gruppenworkshops zur Beurteilung psychischer Belastungen lassen sich natürlich auch in größeren Betrieben durchführen. Das kann dann aber schnell sehr aufwändig werden.

Analysetiefe
Bei den Verfahren zur Erfassung psychischer Belastungen unterscheidet man drei Analysetiefen:

· Orientierende Verfahren

· Screening-Verfahren

· Expertenverfahren

Wie der Name es schon sagt, geben orientierende Verfahren einen ersten Überblick über das Ausmaß der Belastungen. Screening-Verfahren sind bereits etwas genauer. Bei orientierenden Fragebögen oder Beobachtungsverfahren kann man sich vorstellen, dass in etwa mit 20 Fragen Belastungen grob eingeschätzt werden. Hierbei gibt es in der Regel nur zwei Antwortmöglichkeiten (trifft eher zu – trifft eher nicht zu). Bei Screening-Verfahren sind es doppelt so viele Fragen mit mehreren Antwortmöglichkeiten (trifft völlig zu – trifft eher zu – trifft eher nicht zu – trifft gar nicht zu). Expertenverfahren sind sehr detailliert und enthalten entsprechend mehr Fragen und Antwortmöglichkeiten. Mit zunehmender Analysetiefe steigt natürlich auch die notwendige Expertise der Personen, die das Verfahren anwenden. Hinsichtlich der Analysetiefe besteht inzwischen weitgehend Konsens darüber, dass man orientierend einsteigen sollte. Das machen Sie bei anderen Gefährdungen und Gefährdungsbeurteilungen auch so. Wenn es bereits deutliche Hinweise auf psychische Fehlbelastungen gibt, kann man auch mit einem genaueren Verfahren einsteigen.

Und nun?
Gehen wir nun einmal davon aus, dass die psychischen Belastungen in einem Betrieb erfasst wurden. Dann stellt sich als nächstes natürlich die Frage, ab wann eine Belastung denn zu einer Gefährdung wird. Dies lässt sich leider nicht generell sagen, da es keine Grenzwerte bei den psychischen Belastungen gibt. Dies stellt sich in den Betrieben auf den ersten Blick häufig als großes Problem dar. Vielleicht hilft aber der Gedanke und Hinweis darauf, dass es dieses Problem nicht nur bei den psychischen Belastungen gibt, sondern auch bei anderen Gefährdungen. Beispielsweise gibt es bei krebserregenden Stoffen auch keine Grenzwerte – hier gilt generell das Minimierungsprinzip hinsichtlich der Exposition von Beschäftigten. Dieses Prinzip lässt sich auch auf die psychischen Fehlbelastungen übertragen. Aus der Forschung wissen wir inzwischen, dass sich Fehlbelastungen wie Zeitdruck, häufige Unterbrechungen oder Multitasking negativ auf Leistung, Wohlbefinden und Gesundheit auswirken.

Das Ampelprinzip
Dennoch kommt der Betrieb nicht umhin für sich festzulegen, wann und welche Maßnahmen abgeleitet werden sollen. Es gibt inzwischen Empfehlungen, nach dem Ampelprinzip vorzugehen. Das bedeutet Folgendes: Liegen bei einem Drittel der Arbeitsplätze Fehlbelastungen vor, brauchen keine weiteren Maßnahmen abgeleitet zu werden. Liegen bei ein bis zwei Drittel Fehlbelastungen vor, sollte noch einmal genauer analysiert werden, bei welchen Arbeitsplätzen das der Fall ist, beziehungsweise welche Fehlbelastungen es sind. Liegen bei über zwei Drittel Fehlbelastungen vor, sollten auf jeden Fall Maßnahmen abgeleitet werden. Ein Betrieb könnte aber auch sagen, dass er mit Maßnahmen gegen diejenigen Fehlbelastungen beginnt, die am häufigsten festgestellt wurden und dann nach und nach Maßnahmen gegen die weiteren Fehlbelastungen erfolgen. Wichtig ist, dass diese Festlegung VOR der Erfassung der psychischen Belastungen erfolgt. Sonst kann es im Nachhinein schnell zu Auseinandersetzungen kommen, ob das Ausmaß einer Fehlbelastung denn nun Maßnahmen rechtfertigt oder nicht.

Maßnahmen ableiten und umsetzen
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen endet nicht mit der Erfassung der Fehlbelastungen. Wie bei allen anderen Gefährdungsfaktoren auch, gehört die Maßnahmenableitung und -umsetzung, die Wirksamkeitskontrolle sowie die Dokumentation zwingend dazu. So steht es auch im Arbeitsschutzgesetz.

Wenn die psychischen Belastungen erfasst sind und festgelegt wurde, gegen welche (Fehl-)Belastungen Maßnahmen ergriffen werden sollen, müssen diese Maßnahmen natürlich auch abgeleitet und umgesetzt werden. Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen können die Führungskräfte aufgefordert werden, sich Maßnahmen zu überlegen und vorzuschlagen. Zum anderen kann man externe Experten hinzuziehen, die Empfehlungen geben.

Beschäftigte einbeziehen
Am sinnvollsten ist es aber oftmals/meistens, die Beschäftigten selbst zu fragen. Es geht schließlich um deren Arbeitsplätze und diese wissen selbst am besten, was ihnen die Arbeit erleichtern würde. Hierzu bieten sich moderierte Maßnahmen-Workshops an. Solche Workshops dauern in der Regel zwei bis drei Stunden und die Beschäftigten überlegen gemeinsam, welche Maßnahmen helfen können, um die festgestellten Fehlbelastungen zu reduzieren. Diese Vorschläge werden dokumentiert, Verantwortliche für die Umsetzung der Maßnahmen benannt und Termine zur Realisierung vereinbart.

In solchen Maßnahmen-Workshops ergeben sich in der Regel schnell umsetzbare Ideen und längerfristig zu planende Maßnahmen. Eine Maßnahme, die sich schnell realisieren lässt, ist zum Beispiel, bei Besprechungen Protokolle anzufertigen. So können auch diejenigen, die nicht da waren, alles noch mal nachlesen. Außerdem kann in einer Liste festgehalten werden, welche Aufgaben, die die gesamte Gruppe betreffen, anfallen und wer sich bis wann darum zu kümmern hat. Diese Liste kann dann bei der nächsten Besprechung als erstes durchgesprochen werden. Eine längerfristige Maßnahme kann beispielsweise sein, dass Aufgabenbereiche neu organisiert werden.

Mit oder ohne Vorgesetzte?
Ob die Vorgesetzten bei den Maßnahmen-Workshops dabei sind oder nicht, sollte auch im Vorfeld festgelegt werden. Eigentlich ist es gut, wenn die Vorgesetzten dabei sind – sie sind schließlich diejenigen, die für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit verantwortlich sind und sollen dieser Verantwortung auch nachkommen. Andererseits kann es manchmal problematisch sein – vor allem, wenn das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern nicht gut ist. Die Anwesenheit der Führungskraft kann dann dazu führen, dass sich die Beschäftigten nicht trauen, etwas zu sagen oder umgekehrt die Führungskraft angegriffen wird. Manchmal können auch Impulse von einer externen Moderatorin hilfreich sein, wenn die Beschäftigten selbst keine Änderungsmöglichkeiten sehen, weil sie aufgrund der täglichen Routine inzwischen eine Art „Tunnelblick“ haben.

Wirksamkeitskontrolle und Dokumentation
Wie bei anderen Gefährdungen auch, müssen die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden und alles muss dokumentiert werden.

Eine Möglichkeit, die Wirksamkeit zu überprüfen, besteht darin, die psychischen Belastungen noch einmal zu erheben. So können Sie sehen, ob sich Fehlbelastungen reduziert haben. Natürlich kann es auch sein, dass es zu keinen Veränderungen gekommen ist oder die Fehlbelastungen sogar noch zugenommen haben, wenn es zwischenzeitlich beispielsweise eine Restrukturierungsmaßnahme gab und dadurch neue Belastungen entstanden sind. Um genau beurteilen zu können, welche Maßnahmen wie gewirkt haben, benötigt man genauere Untersuchungen im Rahmen einer Evaluation. Dies machen aber oftmals nur größere Betriebe. Ansonsten kann man auch die Beschäftigten um Rückmeldungen bitten, welche Maßnahmen hilfreich waren und welche gegebenenfalls nicht.

Hinsichtlich der Dokumentation lässt sich empfehlen, es wie bei anderen Gefährdungen auch zu machen. In § 6 des Arbeitsschutzgesetzes steht zu diesem Thema: „Der Arbeitgeber muss über die je nach Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die von ihm festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis ihrer Überprüfung ersichtlich sind. Bei gleichartiger Gefährdungssituation ist es ausreichend, wenn die Unterlagen zusammengefasste Angaben enthalten.“ Bei einer Betriebsbegehung muss aus den Unterlagen ersichtlich werden, dass die Gefährdungsbeurteilung angemessen und vollständig durchgeführt wurde.

Vorbereitung ist das A und O
Grundsätzlich ist das Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen weniger geregelt als bei anderen Gefährdungen. Dies ist ein Vorteil und Nachteil zugleich. Auf der einen Seite haben die Betriebe mehr Handlungsspielräume, auf der anderen Seite führt dies aber auch zu Unsicherheit, wie es denn nun richtig geht. Vieles, was für alle Gefährdungsfaktoren gilt, gilt auch für die psychischen Belastungen. So zum Beispiel, dass die Arbeitsbedingungen und nicht die Reaktionen darauf erfasst werden oder dass zu einer vollständigen Gefährdungsbeurteilung auch die Maßnahmen, die Wirksamkeitskontrolle und die Dokumentation gehören. Was bei den psychischen Belastungen anders ist, ist die Art der Erhebung, da es keine Messgeräte gibt. Hier muss jeder Betrieb seinen eigenen Verfahrensweg finden. Auf jeden Fall ist es in der Regel sinnvoll, orientierend einzusteigen, es sei denn, es liegen bereits Hinweise auf Fehlbelastungen vor.

Wie bei anderen Prozessen auch, ist die Planung und Vorbereitung entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg. Nur wenn sich die beteiligten Partner bereits im Vorfeld darauf verständigt haben, wie die Belastungen erfasst und wie Maßnahmen abgeleitet werden sollen, kann der Prozess gut laufen. Wichtig ist vor allem die konsequente und zügige Maßnahmenableitung und -umsetzung.

Zum Schluss …
Bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zeigt sich, ob der Betrieb im Bereich Sicherheit und Gesundheit bereits gut aufgestellt ist. Hier geht es beispielsweise um die Frage, ob die Beteiligten des Arbeitsschutzausschusses vertrauensvoll zusammenarbeiten oder ob die Führungskräfte ihre Verantwortung in diesem Gebiet bisher überhaupt wahrgenommen haben.

Ansonsten gilt: Seien Sie geduldig – es dauert, bis der Prozess das erste Mal durchlaufen ist. Aber bleiben Sie am Ball und lassen Sie sich von Ihrem Unfallversicherungsträger beraten.

Dr. Hiltraut Paridon

hiltraut.paridon@dguv.de

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