Prävention

Sicher arbeiten mit chemischen Stoffen in der Pathologie – Gefährdungen durch Gefahrstoffe und Schutzmaßnahmen

Zusammenfassung Im Vergleich zu anderen Fachgebieten des Gesundheitsdienstes werden in Pathologien große Mengen an Gefahrstoffen verwendet. Für die täglichen Arbeitsabläufe kommen Formaldehyd als Konservierungsmittel, Xylol, Ethanol, 2-Propanol als Lösungsmittel und eine Vielzahl diverser Laborchemikalien in kleineren Mengen als Reagenzien zum Einsatz. Die BGW und die UKH haben betriebliche Untersuchungen in Form von Besichtigungen und Expostionsmessungen durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass viele Pathologien zur Gewährleistung sicherer Arbeitsbedingungen an diversen Stellen nachbessern müssen. Die Gefährdungen durch Hautkontakt können mit einfachen Maßnahmen wie zum Beispiel dem Einsatz von Hilfsmitteln, die den Hautkontakt vermeiden, minimiert werden. Wenn Hilfsmittel nicht effektiv einsetzbar sind und keinen ausreichenden Schutz bieten, muss der Hautkontakt durch den Einsatz von Schutzhandschuhen vermieden werden. Bisher werden in Pathologien zum Schutz gegen Chemikalien noch überwiegend ungeeignete medizinische Einmalhandschuhe aus Latex verwendet. Diese sind durch geeignete Schutzhandschuhe, zum Beispiel aus Nitril, zu ersetzen. Defizite im Bereich der Lagerung gab es in ungefähr einem Drittel der untersuchten Pathologien, zum Beispiel weil Vorratsbehälter mit Lösungsmitteln im Arbeitsbereich ungeschützt aufbewahrt wurden. Um einen wirksamen Brand- und Explosionsschutz zu gewährleisten, insbesondere für die bevorrateten brennbaren Lösungsmittel, ist die korrekte Lagerung von entscheidender Bedeutung. Das Hauptaugenmerk der Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe in Pathologien muss weiterhin auf der inhalativen Belastung durch Formaldehyd liegen. Die bei den Untersuchungen messtechnisch an der Person ermittelten Formaldehydkonzentrationen überschritten je nach Tätigkeit in 47 bis 76% der Messungen den diskutierten Luftgrenzwert von 0,37 mg/m3 als Schichtmittelwert und in 20 bis 53% der Messungen den Kurzzeitwert von 0,74 mg/m3. Zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung der Formaldehydkonzentration sind daher in vielen Pathologien erforderlich. Die inhalative Belastung durch Lösungsmittel haben Pathologien in der Regel mit gängigen Arbeitsschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel wirksamen Absaugsystemen, im Griff. Expertengruppen bestehend aus betrieblichen Praktikern und Arbeitsschutzexperten haben auf der Grundlage der betrieblichen Untersuchungen der BGW und der UKH die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in Pathologien und die dabei entstehenden Gefährdungen analysiert, sowie Vorschläge für Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten, auch unter Berücksichtigung werdender und stillender Mütter, beschrieben. Der vorliegende Artikel fasst die Ergebnisse der Untersuchungen und der Arbeiten der Expertengruppen zusammen. Schlüsselwörter: Pathologie – Gefährdungsbeurteilung – Formaldehyd – dermale Exposition – Schwangerschaft Working safely with chemical substances in pathology laboratories – risks caused by hazardous substances and safety measures Summary In comparison with other specialist areas in the healthcare sector, pathology laboratories use large quantities of hazardous substances. In the course of daily work, formaldehyde is used as a preservative, xylene, ethanol, and isopropanol are used as solvents, and small quantities of various laboratory chemicals are used as reagents. The BGW and the UKH (both are German institutions for statutory accident insurance and prevention) have carried out operational investigations in the form of inspections and exposure measurements. These showed that a lot of pathology laboratories need to improve in various areas to ensure that safe working conditions are provided. Risks resulting from dermal exposure can be minimised by using simple measures such as the use of appliances that prevent dermal exposure. If these measures cannot be used effectively and do not provide sufficient safety, dermal exposure must be prevented by wearing safety gloves. Until now, inappropriate disposable medical gloves made of latex have still mainly been used in pathology laboratories. These must be replaced by appropriate gloves, for example gloves made from nitrile. In about one third of the investigated pathology laboratories there was a lack of proper storage, for example containers with solvents were stored in the workplace without protection. The correct storage is critical in providing effective fire and explosion protection, especially for stored flammable solutions. The focus of the hazardous substances risk assessment in pathology laboratories must stay on the inhalative exposure to formaldehyde. Depending on the work of the person in question, the detected personal formaldehyde concentrations exceeded the discussed TLV-TWA of 0.37 mg/m3 in 47 to 76% of measurements and the TLV-STEL of 0.74 mg/m3 in 20 to 53% of measurements. Additional measures are therefore needed in a lot of pathology laboratories to reduce the formaldehyde concentration. The inhalative solvent load is largely under control thanks to well-established occupational health and safety measures such as sufficient exhaust systems. Expert groups made up of operational practitioners and occupational health and safety specialists used the operational investigations of the BGW and the UKH to analyse work with hazardous substances in pathology laboratories and the resulting risks, as well as specifying recommended safety measures for the employees, also giving consideration to women who are pregnant or breastfeeding. This article summarises the results of the investigations and the work of the expert groups. Key words: pathology – risk assessment – formaldehyde – dermal exposure – pregnancy

1. Einleitung
In den Instituten für Humanpathologie werden menschliche Gewebeproben für die medizinische Diagnostik vorbereitet und befundet. Dies geschieht allerdings nicht ohne Gefährdungen für die Beschäftigten. Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, die mit der Arbeit verbunden Gefährdungen zu ermitteln, zu beurteilen, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen und deren Wirksamkeit zu überprüfen1,2. Chemische Gefährdungen stellen in Pathologien einen besonderen Schwerpunkt dar. Sie entstehen durch den Einsatz der für die Arbeitsprozesse benötigten Chemikalien wie Formaldehyd, Lösungsmittel und diverse andere chemische Substanzen. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und die Unfallkasse Hessen (UKH) haben in den Jahren 2001 bis 2004 Untersuchungen zur Gefährdungssituation durch chemische Stoffe durchgeführt. Beteiligt waren 30 Pathologien, das entspricht ca. 10 Prozent der in Deutschland tätigen Institute3. Die Diskussionen um die Gefährdungen durch Formaldehyd4,5,6 und um die Absenkung des seit dem Erlass der Gefahrstoffverordnung 2005 ausgesetzten Formaldehydgrenzwerts auf den MAK-Wert der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG)7 von 0,37 mg/m3, waren bereits im Gange und hatten die Aktion ausgelöst. Das Hauptziel war daher die Ermittlung der aktuellen inhalativen Formaldehydbelastung in Pathologien. Aber es wurden auch die Belastungen durch Lösungsmittel, die Gefährdungen der Haut sowie Brand- und Explosionsgefahren erfasst. Da der überwiegende Teil der Beschäftigten in Pathologien weiblich ist, galt eine besondere Aufmerksamkeit dem Schutz werdender Mütter. Dieser Aspekt wurde gesondert berücksichtigt.

Zur Aktualisierung des Wissensstands bei den für den Arbeitschutz in Pathologieinstituten zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträgern wurden Recherchen durchgeführt, die eine Erhebung der arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen und Messungen der inhalativen Belastung in den Pathologien sowie einen Wissensaustausch mit betrieblichen Praktikern in Expertengruppen umfassten. Der Artikel beschreibt die Ergebnisse der Recherchen, er gibt Hilfestellungen zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und zeigt praxisnahe Möglichkeiten für Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in Pathologien.

2.1 Allgemeines
Um ein aktuelles Bild der betrieblichen Bedingungen und der Gefährdungen durch Gefahrstoffe in Pathologien zu erhalten, wurden von der BGW und der UKH gezielt Vorermittlungen in Form von Besichtigungen der Arbeitsbereiche und Befragungen sowohl der Verantwortlichen als auch der Beschäftigten durchgeführt. Die Vorinformationen aus der Literatur8,9 und aus den eigenen Vorermittlungen bestätigten, dass der Schwerpunkt der Recherchen auf der messtechnischen Untersuchung der inhalativen Belastung bei den typischen Tätigkeiten in Laborpathologien und insbesondere bei Tätigkeiten mit Formaldehyd liegen muss. Dabei war es auch Ziel, Nebentätigkeiten wie das Befüllen von Probengefäßen und das Entsorgen von Asservaten zu bewerten. Der Fokus wurde auf die Tätigkeiten in der Histologie gelegt, da hier die meisten Gefahrstoffe in den größten Mengen eingesetzt werden. Die Arbeitsbereiche Immunhistochemie und Zytologie wurden in die Recherchen einbezogen, aber nicht messtechnisch untersucht. Gefährdungen durch Hautkontakt wurden durch Besichtigungen ermittelt. Die von der BGW und der UKH in den Jahren 2001 bis 2004 durchgeführten Recherchen10,11,12 bestanden aus der Erfassung der arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen, Messungen der inhalativen Exposition sowie der Dokumentation vorhandener Schutzmaßnahmen. In Expertengremien wurden die Ergebnisse diskutiert und notwendige Schutzmaßnahmen festgelegt.

2.2 Erfassung der arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen
Zu den erfassten arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen gehörten Verfahrensparameter wie die Art der verwendeten Chemikalie, Menge, Dauer und Häufigkeit des Einsatzes, der Materialdurchsatz und auch arbeitsschutzrelevante Betriebsparameter wie Raumgröße, Raumlüftung und Absauggeschwindigkeit beziehungsweise Absaugvolumenstrom an den Arbeitsplätzen. Die oben genannten Parameter wurden parallel zu den Messungen dokumentiert 10, 11.

2.3 Messungen der inhalativen Exposition
Die quantitativen Bestimmungen der inhalativen Exposition erfolgte mittels Arbeitsplatzmessungen nach den Vorgaben der zum Zeitpunkt der Messungen gültigen Technischen Regeln und Normen (TRGS 40213/TRGS 40314). Sie dienten zur Beurteilung, ob Arbeitsplatzgrenzwerte (Schichtmittelwerte und Kurzzeitwerte) eingehalten werden und ob die vorhandenen Schutzmaßnahmen ausreichend sind. Dazu wurden die im berufsgenossenschaftlichen Messsystem Gefahrstoffe BGMG üblichen aktiven Probenahmeverfahren angewandt. Die Proben wurden nach den stoff- und stoffgruppenspezifischen BGIA-Standardmessverfahren15 gesammelt und im BGIA- Analysenlabor ausgewertet. In Tabelle 1 sind die ermittelten Stoffe sowie deren Grenzwerte und Einstufungen gelistet. Die Messungen erfolgten im Atembereich der Beschäftigten sowohl an der Person als auch stationär mit Hilfe von Probenahmepumpen (LFS 113, Fa.Gilian bzw. ALPHA 1, Fa. DuPont) bei einem Volumenstrom von 0,33 l/min in Verbindung mit einer geeigneten Matrix. Direktanzeigende Messungen, insbesondere für Formaldehyd, ergänzten die Standardmessverfahren und ließen Konzentrationsverläufe dokumentieren. Die Messverfahren sind in Tabelle 2 aufgelistet.

Bei folgenden Tätigkeiten wurde die inhalative Exposition gemessen (in Klammern stehen die gemessenen Stoffe):

· Zuschneiden (Formaldehyd)

· Befüllen von Probengefäßen mit Fixierlösung (Formaldehyd)

· Entsorgen der Rückstellproben und der Fixierlösung (Formaldehyd)

· Umfüllen der 37%-igen Formalinlösung und Herstellen der 4%-igen wässrigen Formaldehydlösung (Formaldehyd)

· Routine-Laborarbeiten wie Entwässern, Ausgießen, Paraffinschnitte herstellen, Färbetätigkeiten, Eindecken, Entleeren und Befüllen von Automaten (Formaldehyd, Lösungsmittel: Xylol, Ethanol, 2-Propanol, Ethylbenzol, Limonen)

Untersucht wurden 30 Zuschneidearbeitsplätze, 23 Entsorgungsplätze, 16 Befüllplätze und 24 Färbelaboratorien.

Die Betriebe wurden nach Abschluss der jeweiligen Messung über die individuellen betriebsbezogenen Ergebnisse informiert, wobei gleichzeitig Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitssituation gemacht wurden. Grundlage für diese Bewertungen war die bis Ende 2004 gültige Gefahrstoffverordnung mit den zugehörigen TRGS.

In diesem Artikel wurde für die Bewertung der Formaldehydexposition der zur Übernahme in die Liste der Arbeitsplatzgrenzwerte (TRGS 90016) diskutierte Grenzwertvorschlag der DFG herangezogen7.

2.4 Ergebnisdiskussion und Festlegung von Schutzmaßnahmen in Expertengremien
Die Ergebnisse der Untersuchungen und die daraus folgenden Konsequenzen wurden in zwei unterschiedlichen, interdisziplinär besetzten Expertengremien diskutiert. Die Arbeiten in den Expertengruppen hatten zum Ziel, praxisgerechte Handlungshilfen für Gefährdungsbeurteilungen und für sicheres Arbeiten mit chemischen Stoffen in der Pathologie zu erstellen.

Eine Gruppe bearbeitete die Fragen des Mutterschutzes in Pathologien und hier insbesondere die erforderlichen Schutzmaßnahmen für werdende und stillende Mütter. Dabei wurden neben den chemischen auch die biologischen Gefährdungen berücksichtigt. In dieser Expertengruppe waren der Berufsverband deutscher Pathologen (BdP), die BGW, staatliche Arbeitsschutzbehörden sowie der Bundesverband der Unfallkassen, vertreten durch die UKH, beteiligt.

Eine zweite Gruppe erarbeitete eine praxisgerechte Handlungshilfe als Grundlage zur Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit chemischen Stoffen in der Pathologie. In dieser Expertengruppe waren neben BdP, UKH und BGW auch der Deutsche Verband Technischer Assistentinnen und Assistenten sowie das Institut für Pathologie am Klinikum Kassel vertreten.

3. Ergebnisse
Bei der Ergebnisdarstellung stehen die Messungen der inhalativen Belastung im Mittelpunkt. Die Basis für die Auswertungen in dieser Veröffentlichung bilden die an der Person durchgeführten Formaldehydmessungen (n=218) und Lösungsmittelmessungen (n=45) sowie die zugehörigen arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen. Die ermittelten Messwerte sind tabellarisch und in Histogrammen dargestellt (Tabellen 4,5,6,9 und Histogramme 1 bis 4). Die Klassengrenzen der Histogramme sind an 1/10, ¼, ½, dem einfachen und dem doppelten des jeweiligen Stoffgrenzwerts orientiert, da diese Werte für die Beurteilung der inhalativen Exposition relevant sein können.

Zusätzlich zu den messtechnisch festgestellten inhalativen Expositionen wurden qualitativ ermittelte Gefährdungen durch Hautkontakt und durch Brand- und Explosionsgefahr dokumentiert.

Das breite Spektrum der Tätigkeiten in Pathologien wurde in vier Hauptgruppen zusammengefasst:

1. Tätigkeiten mit 4%iger wässriger Formaldehydlösung (4 g Formaldehyd/100 g Lösung)

2. Tätigkeiten mit 37–40%iger Formalinlösung (37–40 g Formaldehyd/100 g Lösung)

3. Routinetätigkeiten mit Lösungsmitteln (Xylol, Ethanol, 2-Propanol)

4. Tätigkeiten mit geringen Mengen diverser Chemikalien

3.1 Tätigkeiten mit 4%-iger wässriger Formaldehydlösung
Unter der Hauptgruppe „Tätigkeiten mit 4%iger wässriger Formaldehydlösung“ finden sich die Tätigkeiten Zuschneiden, Entsorgen der Asservate und Befüllen von Probengefäßen. Die 4%ige wässrige Formaldehydlösung (Fixierlösung) ist als gesundheitsschädlich gekennzeichnet und mit den Gefährlichkeitsmerkmalen R 40 und R 43 versehen. Wesentlicher Inhaltsstoff der Formaldehydlösung ist Formaldehyd. Methanol ist in der 4%igen Formaldehydlösung nur noch mit ca. 1 g/100 g enthalten und stellt somit keine nennenswerte Gefährdung dar. Stoffeigene Gefährdungen durch Formaldehyd siehe Tabelle 1. Verfahrensparameter, Gefährdungsdarstellungen und die Bennennung exponierter Personen enthält Tabelle 3.

3.1.1 Vorgefundene Schutzmaßnahmen
Die überwiegend vorgefundene technische Schutzmaßnahme war die Untertischabsaugung mit Lochblechen (n=32). Hintertischabsaugungen, andere Absaugkonstruktionen, wie zum Beispiel Absaugtrichter, Schlitzabsaugungen, offene Absaugrohre oder Arbeitsboxen und Laborabzüge waren seltener (n=14). Die ermittelten Absauggeschwindigkeiten variierten zwischen 0,2 und 6,6 m/s. In sieben Fällen war bei den Tätigkeiten keine Absaugung vorhanden.

Als persönliche Schutzmaßnahme gegen dermale Belastungen wurden in nahezu allen Pathologien medizinische Einmalhandschuhe aus Latex verwendet. Schutzhandschuhe aus Nitrilkautschuk waren in zwei Pathologien für einzelne Tätigkeiten in Erprobung.

3.1.2 Inhalative Exposition
Die inhalative Exposition wurde durch Gefahrstoffmessungen an der Person ermittelt. Die Messwerte werden nachfolgend tätigkeitsbezogen dargestellt.

Zuschneiden
Die beim Zuschneiden gemessenen Formaldehydkonzentrationen sind in Tabelle 4 dargestellt. Der höchste Messwert von 3,3 mg/m3 wurde bei einem Zuschneidevorgang über 12 Minuten ermittelt. Als Schutzmaßnahme diente an diesem Arbeitsplatz ein Absaugtrichter mit einem Durchmesser von 0,5 m, bei einer mittleren Absauggeschwindigkeit von 0,2 m/s. Insgesamt lagen 47% der Messwerte an der Person beim Zuschneiden über 0,37 mg/m³, 20% lagen über 0,74 mg/m3 (Histogramm 1).

Entsorgen
Beim Entsorgen wurden die höchsten Formaldehydkonzentrationen gemessen (Tabelle 5). Dies betrifft sowohl den Maximalwert von 10,6 mg/m3 als Mittelwert über sieben Minuten, als auch das gesamte Datenkollektiv. 76% der Messwerte an der Person lagen über 0,37 mg/m3, 53% lagen über 0,74 mg/m3 (Histogramm 2).

In einem Fall wurde hinter einer Atemschutzhaube (Filter B, Klasse 2) über eine Dauer von 36 Minuten eine Formaldehydkonzentration <0,04 mg/m3 dokumentiert, das heißt Formaldehyd war nicht nachweisbar. Die Formaldehydkonzentration lag außerhalb der Haube bei 0,73 mg/m3. Befüllen
Die beim Befüllen gemessenen Formaldehydkonzentrationen sind in Tabelle 6 dargestellt. 64% der Messwerte an der Person lagen über 0,37 mg/m3, 27% lagen über 0,74 mg/m3 (Histogramm 3).

3.2 Tätigkeiten mit 37–40%iger Formalinlösung
In Pathologien wird Formalinlösung, die sogenannte Stammlösung, für das Ansetzen der in der Regel 4%igen wässrigen Formaldehydlösung verwendet. Die damit verbundenen Tätigkeiten sind das Umfüllen und Verdünnen der Stammlösung. Die Verfahrensparameter und Gefährdungen sind in Tabelle 7 dargestellt. Die 37%ige Formalinlösung ist als giftig gekennzeichnet und mit den Gefahrenhinweisen R23/24/25, R 34, R 40 und R 43 versehen. Die wesentlichen Inhaltsstoffe üblicher konzentrierter Formalinlösungen sind Formaldehyd und Methanol. Stoffeigene Gefährdungen durch Formaldehyd und Methanol siehe Tabelle 1.

3.2.1 Vorgefundene Schutzmaßnahmen
Das Umfüllen und Verdünnen der Formalinlösung wurde oftmals „zwischendurch“ erledigt. Zum größten Teil gab es dabei keine technischen Schutzmaßnahmen.

Zum Schutz gegen dermale Gefährdungen wurden überwiegend medizinische Einmalhandschuhe aus Latex getragen. Chemikalienschutzhandschuhe aus Nitrilkautschuk und eine Schutzbrille wurden selten verwendet.

3.2.2 Inhalative Exposition
Die Konzentrationen beim Umfüllen der 37%-igen Formalinlösung wurden in zwei Fällen gemessen. Eine Arbeitsplatzabsaugung oder eine andere technische Schutzmaßnahme war nicht vorhanden. Die Konzentrationen lagen zwischen 1,6 und 2,2 mg/m3. Die Tätigkeitsdauer lag bei jeweils ca. 10 Minuten.

3.3 Routinetätigkeiten mit Lösungsmitteln
Lösungsmittel werden im Labor zum Entwässern, zum Färben und zum Eindecken verwendet. Die Alkohole Ethanol und 2-Propanol werden in unterschiedlichen Verdünnungen bis nahezu 100% eingesetzt, Xylol-Lösungen enthalten 60–100% Xylol. Bedingt durch das technische Herstellungsverfahren können in den Xylol-Lösungen auch Stoffe wie n-Butylacetat (Anteil wenige Massenprozent) oder Ethylbenzol (mehr als 25 Massenprozent) enthalten sein. In sehr seltenen Fällen wurde als Xylol-Ersatz ein orangenölhaltiges Lösungsmittel eingesetzt. Limonen wird als Leitkomponente für diese Ersatzprodukte angesehen. Die Verfahrensschritte und Gefährdungen sind in Tabelle 8 dargestellt. Die Gefahrenhinweise können für die höchstmögliche Konzentration (nahezu 100%) des jeweiligen Lösungsmittels aus Tabelle 1 entnommen werden.

3.3.1 Vorgefundene Schutzmaßnahmen
Standardisierte Arbeitsverfahren und die damit verbundene Automatisierung bewirken eine gute technische Ausstattung der Laboratorien. Die Automaten sind oftmals abgesaugt. Zusätzlich sind viele Arbeitsplätze mit Untertischabsaugungen versehen oder befinden sich in einem Laborabzug.

Als persönliche Schutzausrüstung gegen dermale Gefährdungen werden in der Regel medizinische Einmalhandschuhe aus Latex, selten Handschuhe aus Nitrilkautschuk verwendet.

In ca. 70% der Pathologien waren die brennbaren Lösungsmittel in separaten Lagerräumen für brennbare Flüssigkeiten oder in speziellen Sicherheitsschränken gelagert.

3.3.2 Inhalative Exposition
Die inhalative Belastung im Labor wurde für die Stoffe Ethanol, 2-Propanol, Xylol, Ethylbenzol und vereinzelt n-Butylacetat sowie Limonen ermittelt. Die höchste Konzentration wurde für Xylol (235 mg/m3) an einem ungenügend Instand gehaltenen manuellen Eindeckplatz mit Luftrückführung ermittelt. Das gesättigte Aktivkohlefilter gab in diesem Fall permanent Xylol in den Raum ab. Am Beispiel des Lösungsmittels Xylol ist die Verteilung der Messergebnisse in Tabelle 9 dargestellt. Ungefähr 70% der Messwerte an der Person lagen unter 1/10 des Grenzwerts, 100% lagen unter dem Grenzwert (Histogramm 4).

3.4 Tätigkeiten mit geringen Mengen an Chemikalien
In Pathologien wird eine Vielzahl an Chemikalien, zum Teil mehr als 100 verschiedene Substanzen, bevorratet. In geringen Mengen (wenige mg oder ml) werden im Histologielabor regelmäßig Chemikalien wie Aceton, diverse Säuren und Farbstoffe zur Routine- oder Sonderfärbung der Gewebeschnitte verwendet. Einige Stoffe wie Blausäure- und Salzsäuredämpfe, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff und Quecksilber wurden von Neumann9 mit einfachen orientierenden Messverfahren gemessen, konnten aber auch unter worst-case Bedingungen bei Messungen unmittelbar über dem Gefäß nicht nachgewiesen werden. In der Immunhistochemie und der Zytologie werden geringe Mengen Xylol, Ethanol und 2-Propanol eingesetzt, die in diesen Arbeitsbereichen nicht messtechnisch untersucht wurden.

4. Erkenntnisse aus den Untersuchungen und empfohlene Schutzmaßnahmen
Nachfolgend sind die wesentlichen Erkenntnisse aus den Recherchen in den Humanpathologien und die wichtigsten in den Expertengremien abgestimmten Schutzmaßnahmen zusammengefasst.

Detaillierte Beschreibungen zu den einzelnen Tätigkeiten, Einflussfaktoren auf die Exposition, Bewertungen und empfohlene Maßnahmen finden sich in einer Broschüre17 „Sicheres Arbeiten mit chemischen Stoffen in der Pathologie“ . Die vollständige Umsetzung der dort beschriebenen Maßnahmen lässt sichere Arbeitsbedingungen für alle Tätigkeiten mit chemischen Stoffen erwarten.

4.1 Gefährdungen durch Hautkontakt mit Chemikalien und Feuchtarbeit
Die Gefährdungen durch Hautkontakt spielen immer dann eine Rolle, wenn Chemikalien auf die Haut gelangen können oder wenn es sich um Feuchtarbeit handelt. In Pathologien werden noch überwiegend die zum Schutz gegen Chemikalien ungeeigneten medizinischen Einmalhandschuhe aus Latex verwendet. Geeignet und empfehlenswert ist als Handschuhmaterial Nitrilkautschuk, da hier dünne (ab 0,2 mm Materialstärke), ungepuderte Einmalhandschuhe mit ausreichender Chemikalienbeständigkeit bei Erhaltung der Taktilität zur Verfügung stehen (Foto 1). Dickere Handschuhe zum Beispiel aus 0,5 mm Nitril können zum Beispiel beim Umfüllen von 37%iger Formalinstammlösung (ätzend) erforderlich sein.

Chemikalienbeständige Einmalhandschuhe aus Nitrilkautschuk sind mit dem Symbol „Erlenmeyerkolben“ (siehe Seite 52) gekennzeichnet. Das Symbol Becherglas weist einen flüssigkeitsdichten Handschuh mit geringerem Schutz gegen Chemikalien aus.

Eine Besonderheit sind die filigranen Arbeiten beim manuellen Eindecken von Gewebeschnitten. Hier wird üblicherweise als Eindeckmittel eine xylolhaltige Lösung verwendet. Für diese Tätigkeit ist von einem Fingerkuppenkontakt auszugehen, das heißt, es können kleine Hautflächen mit hautresorptivem Xylol benetzt werden. Die zurzeit auf dem Markt verfügbaren Handschuhe, die für das manuelle Eindecken von Gewebeschnitten geeignet sind, bieten nur wenige Minuten Schutz gegenüber Xylol. Bei längerem Kontakt durchdringt Xylol das Material. Es kann nicht verdunsten und wird über die im Handschuh aufgequollene Haut aufgenommen. Hier empfiehlt es sich, auf Handschuhe zu verzichten und verstärkt auf den Einsatz von Hilfsmitteln sowie auf die Arbeitsplatzhygiene zu achten.

Auf das Tragen von Schutzhandschuhen kann auch bei anderen Tätigkeiten verzichtet werden, wenn durch die Verwendung von Hilfsmitteln der Hautkontakt vermieden wird. Ein Beispiel ist das manuelle Färben mit speziellen Objektträgerhaltern oder das Befüllen von Probengefäßen mit 4%iger Formaldehydlösung aus Dispensern (Foto 2). Durch diese Hilfsmittel kann der Kontakt zu den Chemikalien so gut wie ausgeschlossen werden.

4.2 Brand- und Explosionsgefahr
Der Einsatz brennbarer Flüssigkeiten, die meisten Lösungsmittel sind brennbar, erfordert Maßnahmen gegen Brand- und Explosionsgefahren. Man erkennt brennbare Flüssigkeiten am Flammensymbol oder dem Gefahrenhinweis R 10 „Entzündlich“.

Maßnahmen des Brand- und Explosionsschutzes müssen vor allem darauf ausgerichtet sein, die Entzündung brennfähiger und die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre zu verhindern. Wesentliche Maßnahmen sind eine ausreichende Raumlüftung bei der Abfüllung brennbarer Flüssigkeiten sowie das Entfernen von Zündquellen und die Verhinderung elektrostatischer Aufladung. Brandgefahren müssen zudem durch eine geeignete Lagerung minimiert werden. Am Arbeitsplatz darf nur die für den Fortgang der Arbeit erforderliche Menge, das ist in der Regel der Tagesbedarf, vorhanden sein. Über den Tagesbedarf hinaus gehende Mengen müssen in Sicherheitsschränken nach DIN EN 1447018 (DIN 12925 Teil 1 für alte Schränke) oder in einem eigenen Raum lagern, welcher der Technischen Regel TRbF 20 „Läger“ Anhang L19 entsprechen muss. Die Aufbewahrung brennbarer Flüssigkeiten außerhalb der Arbeitszeit gilt als Lagerung und ist am Arbeitsplatz verboten. In ca. 30% der Pathologien wurden ständig brennbare Flüssigkeiten ungeschützt am Arbeitsplatz aufbewahrt.

Ein Explosionsschutzdokument nach § 6 Betriebssicherheitsverordnung20 ist anzulegen. Damit wird nachgewiesen, dass die erforderliche Ermittlung der Explosionsgefahren und die Festlegung der Schutzmaßnahmen erfolgt sind.

4.3 Inhalative Belastung
Die inhalative Belastung stellt in Pathologien einen Gefährdungsschwerpunkt dar. Eine differenzierte Darstellung der inhalativen Belastung nach Schichtmittelwerten und Kurzzeitwerten sowie nach verschiedenen Expositionsszenarien, auch unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung durch mehrere Stoffe während einer Schicht, wurde in diversen Berichten zusammengefasst10,11,12.

Bei der inhalativen Belastung spielt Formaldehyd die wesentliche Rolle. Dabei gibt es die Besonderheit, dass zum Zeitpunkt der Untersuchungen ein Formaldehydgrenzwert galt, dieser aber seit 2005 ausgesetzt ist. Die Grenzwertdiskussion für Formaldehyd ist derzeit im Gange. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung empfiehlt die von der DFG vorgeschlagenen maximalen Konzentrationen für den Schichtmittelwert und den Kurzzeitwert zur Festlegung von Maßnahmen schon jetzt bei der Gefährdungsbeurteilung im Sinne eines Grenzwerts zu berücksichtigen21. Stoffe wie Xylol, Ethanol und 2-Propanol wurden bei der Bewertung der inhalativen Belastung ebenfalls einbezogen.

4.3.1 Materialeingang/ Probenannahme
Grundsätzlich vermeidbar oder vernachlässigbar gering ist die Formaldehydbelastung beim Materialeingang, das heißt bei Annahme, Auspacken, Zuordnen und Registrieren der Proben. Wichtig sind in diesem Zusammenhang die Arbeitsplatzhygiene beim Einpacken durch die einsendenden Ärzte und geeignete Transportverpackungen22,23. Dies muss eventuell mit dem Einsender thematisiert werden. Da oft nicht voraussehbar ist, welche Überraschungen ein verschlossenes Päckchen birgt, sollen beim Auspacken geeignete Schutzhandschuhe zum Beispiel aus Nitrilkautschuk getragen werden.

4.3.2 Tätigkeiten mit 4%-iger Formalinlösung
Die Tätigkeiten mit 4%-iger Formalinlösung bzw. mit den formalinfixierten Präparaten, machen einen großen Anteil der Arbeitszeit in Pathologien aus. Dazu zählen das Zuschneiden und Einkapseln formalinfixierter Proben, das Entsorgen der Asservate und das Befüllen von Probengefäßen. Beim Zuschneiden wurde unter der Annahme einer achtstündigen Exposition eine schichtbezogene Grenzwertüberschreitung für Formaldehyd in 47% der Messungen nachgewiesen. Die Kurzzeitwerthöhe ist in ungefähr 20% der Fälle überschritten. Die Exposition der Pathologen ist höher als die der MTA.

Beim Entsorgen überschreiten, bei einer angenommenen achtstündigen Expositionsdauer, 77% der Messungen den Schichtmittelwert. Allerdings dürften beim Entsorgen eher die Kurzzeitwerte mit einer Überschreitungsquote von 53% eine Rolle spielen, da die Entsorgungsdauer bei den Recherchen im Mittel bei 30 Minuten und immer unter zwei Stunden lag. Daher wird davon ausgegangen, dass die Entsorgungsdauer in der Regel unter acht Stunden liegt.

Das Gleiche gilt für das Befüllen der Probengefäße mit 4%-iger Formalinlösung. Hier ist der Schichtmittelwert in 64% der Messungen überschritten, der Kurzzeitwert in 27%. Untersuchungen anderer Unfallversicherungsträger, die für Betriebe der öffentlichen Hand zuständig sind, führten zu weitgehend übereinstimmenden Ergebnissen24.

Die bei den Recherchen vorgefundenen Lüftungsmaßnahmen reichen häufig nicht aus, um die Grenzwerte einzuhalten. Die Wirksamkeit der Absauganlagen kann wesentlich verbessert werden, wenn neben einem ausreichenden Absaugvolumenstrom auf eine wirksame Luftführung geachtet wird. Die Wirksamkeit der von einigen Lüftungsfirmen beschriebenen „Absaugglocke“ über dem Zuschneidebrett konnte nicht nachgewiesen werden. Hier scheint viel entscheidender zu sein, dass Frischluft von oben durch den Atembereich der Beschäftigten geführt wird. Zudem hat sich gezeigt, dass weitere, aus diversen Quellen entstehende Emissionen (offene Probenbehälter, offene Abfalleimer, Formaldehydpfützen auf Oberflächen) – und damit auch die Expositionen der Beschäftigten – durch die gängigen Lüftungsmaßnahmen nicht ausreichend reduziert werden können.

Neben der Lüftung hat die Arbeitsplatzhygiene einen wesentlichen Einfluss auf die Exposition. Auch wenn diese Aussage nicht quantifiziert, sondern nur qualitativ eingeschätzt werden konnte, lässt sie sich einfach dadurch begründen, dass geringere Emissionen auch zu niedrigeren Expositionen führen. Als kurzfristig einzuleitende Maßnahme soll daher die Arbeitsplatzhygiene für alle Tätigkeiten überprüft und eventuell verbessert werden. Parallel muss die Instandhaltung der vorhandenen technischen Schutzeinrichtungen, insbesondere der Lüftungseinrichtungen, gewährleistet sein und in vielen Fällen auch deren Verbesserung umgesetzt werden.

Um die inhalative Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit 4%iger Formaldehydlösung in Pathologien zu reduzieren werden folgende Schutzmaßnahmen empfohlen:

Für alle Tätigkeiten:

1. Arbeitsplatzabsaugung mit gerichteter Zuluft bei einem wirksamen Luftaustausch am Arbeitsplatz (Frischluft durch den Atembereich der Beschäftigten) oder Arbeiten in einem Abzug nach DIN EN 1417525 (alt DIN 12924 26)

2. Arbeitsplatzhygiene

• Arbeitsplatz trocken halten und Formalinpfützen vermeiden

• Zellstofftücher in selbst schließende Behälter entsorgen

• Offene Behälter so schnell wie möglich verschließen

3. Persönliche Schutzausrüstung

• Falls kurzfristig keine ausreichenden Maßnahmen möglich sind, ist die Verwendung von Atemschutz (zum Beispiel eine nicht belastende Atemschutzhaube) Filter B mindestens Klasse 2 erforderlich

Zusätzlich zu Punkt 1 bis 3 beim Zuschneiden (Foto 3):

• Formaldehydlösung nur in spezielle Abgießöffnungen ausgießen und/oder die Proben mit Hilfsmitteln wie zum Beispiel Zangen oder Pinzetten aus den Gefäßen entnehmen

• Abspülen größerer Gewebeproben (etwa ab Uterusgröße) unter fließendem Wasser

Zusätzlich zu Punkt 1 bis 3 beim Entsorgen (Foto 4)

• Günstige Gestaltung des Arbeitsplatzes, zum Beispiel durch abgesaugte eingelassene Abwurfsiebe, abgesaugte Abgießöffnungen und abgesaugte Entsorgungsbehälter

• Entleerte Gefäße unter Wasser tauchen oder mit der Öffnung nach unten auf eine abgesaugte Fläche stellen.

Zusätzlich zu Punkt 1 bis 3 beim Befüllen

• Flüssigkeitsdispenser zur Vermeidung der Kontamination der Arbeitsflächen einsetzen

4.3.3 Tätigkeiten mit 37%-iger Formalinlösung
Das Umfüllen und Verdünnen 37%iger Formalinlösung wird zur Herstellung der 4%igen Gebrauchslösung durchgeführt.

Prinzipiell gelten für Tätigkeiten mit 37%iger Formalinlösung die gleichen Schutzmaßnahmen wie bei der 4%igen Formaldehydlösung. Die persönliche Schutzausrüstung ist wegen der ätzenden Wirkung von Formalin anzupassen und um eine Schutzbrille oder ein Visier zum Gesichtsschutz zu ergänzen. Auch bei Tätigkeiten mit 37%iger Formalinlösung kann eine Atemschutzhaube eine kurzfristig einzusetzende Schutzmaßnahme sein.

4.3.4 Routinetätigkeiten mit Lösungsmitteln
Die Belastungen durch Lösungsmittel wie Ethanol, 2-Propanol und Xylol lagen bei allen Tätigkeiten unterhalb der Grenzwerte9,11. Auch für die zahlreichen, in kleinen Mengen verwendeten Chemikalien ist nicht von wesentlichen inhalativen Belastungen auszugehen11. Die Belastungen können aber insgesamt durch gängige Maßnahmen reduziert werden. Daher sollen Laboratorien in Pathologien nach dem Stand der Technik ausgestattet sein. Dazu gehören möglichst geschlossene und abgesaugte Automaten wie Entwässerungs- und Einbettautomaten, Färbeautomaten zur Routinefärbung sowie Eindeckautomaten. Manuelle Tätigkeiten sollen auf das erforderliche Maß reduziert werden. An Arbeitsplätzen mit manuellen Tätigkeiten und Lösungsmittelexposition ist eine Arbeitsplatzabsaugung empfehlenswert. Laborabzüge nach DIN 1292426 oder bei Neuinstallation nach DIN EN 1417525 erfüllen die Anforderungen zur Reduzierung der Emissionen. Die in histologischen Laboratorien üblichen Untertischabsaugungen genügen in der Regel ebenfalls, wenn sie nach dem Stand der Technik ausgelegt sind. In einigen Pathologien wurden versuchsweise orangenölhaltige Ersatzstoffe für Xylol eingesetzt und haben dabei häufig zu Geruchsproblemen geführt. Xylol zu ersetzen ist derzeitig aus Gründen des Arbeitsschutzes nicht erforderlich, wenn die oben genannten Bedingungen umgesetzt werden. In der Immunhistochemie und der Zytologie werden um ein vielfaches geringere Chemikalienmengen verwendet als im histologischen Labor. Außerdem besteht eine prozessbedingt gute Arbeitsplatzhygiene und ein hoher Automatisierungsgrad. Daher wird die Gefahrstoffexposition durch die oben genannten Lösungsmittel in diesen Arbeitsbereichen als unproblematisch betrachtet.

4.3.5 Bewertung der inhalativen Gesamtbelastung
Zur Berechnung einer inhalativen Gesamtbelastung durch mehrere Chemikalien werden zunächst die Stoffindizes SI für die Einzelstoffe benötigt. Der SI ist der Quotient aus einem Schichtmittelwert und dem stoffbezogenen Grenzwert. Die SI aller während einer Arbeitsschicht für eine Exposition wirksamen Stoffe werden nach den Vorgaben der TRGS 40314 zu einer Gesamtbelastung, dem Bewertungsindex BI, addiert. Ein BI unter eins bedeutet Grenzwerteinhaltung.

Beispiel: Eine Beschäftigte arbeitet mit Formaldehyd und Xylol. Beide Stoffe wurden zunächst über die Expositionsdauer von jeweils 4 Stunden gemessen. Die Konzentrationen lagen für Formaldehyd bei 0,56 mg/m3 und für Xylol bei 44 mg/m3. Durch Zeitgewichtung erhält man den Schichtmittelwert über acht Stunden. Für Formaldehyd ergibt sich 0,28 mg/m3.(0,56*4/8) das entspricht einem SI von 0,76 (0,28/0,37) und für Xylol ergibt sich 31 mg/m3 (62*4/8), das entspricht einem SI von 0,07 (31/440). Daraus errechnet sich ein BI von 0,81.

In der vorliegenden Untersuchung wurde auf der Grundlage eines Expositionsszenarios (Tabelle 10) für 26 Pathologien die Expositionsdauer standardisiert und zur Berechnung der Schichtmittelwerte herangezogen. Die ermittelten Stoffindizes ergaben somit eine Schätzung für die mittlere Gesamtbelastung, dargestellt als BI (Tabelle 11).

Eine Grenzwerteinhaltung, das heißt ein Bewertungsindex unter eins, ist in ca. 50% der Ermittlungen an der MTA und in etwas weniger als 75% der Ermittlungen am Pathologen möglich.

Formaldehyd beeinflusst durch die Expostionsdauer und -höhe die Gesamtbelastung entscheidend. Eine Expositionsdauer von bis zu 8 Stunden ist bei Tätigkeiten mit Formaldehyd nicht auszuschließen. In diesen Fällen ergeben sich höhere Gesamtbelastungen als in Tabelle 11 angegeben. Geringere Gesamtbelastungen ergeben sich demnach für kürzere Tätigkeiten mit Formaldehyd. Tätigkeiten mit Lösungsmitteln führen nach bisherigen Erkenntnissen nicht zu einer wesentlichen Erhöhung der Belastung, da die hier verwendeten Lösungsmittel im Durchschnitt lediglich ca. 10% zur Gesamtbelastung beitragen.

4.4 KMR-Stoffe
Tätigkeiten mit KMR-Stoffen müssen besonders beachtet werden (Tabelle 12).

Für KMR- Stoffe ist die Vermeidung oder zumindest die Minimierung der dermalen und inhalativen Exposition nachzuweisen. Geeignete persönliche Schutzausrüstung vorausgesetzt, können konsequent geschlossene Verfahren (zum Beispiel Automaten), das Arbeiten in geeigneten Abzügen oder eine Expositionsminimierung aus physikalischen Gründen (zum Beispiel minimaler Dampfdruck, keine Staub-/Aerosolbildung) diese Anforderung erfüllen. Im Zweifel sollte der zuständige Unfallversicherungsträger oder das Amt für Arbeitsschutz zu Rate gezogen werden.

4.5 Beschäftigung werdender und stillender Mütter
Werdende und stillende Mütter stehen unter einem besonderen Schutz. Die Grundlage für die Beschäftigungsmöglichkeit ist die für alle Beschäftigten geforderte Gefährdungsbeurteilung einschließlich der Umsetzung ausreichender Schutzmaßnahmen. Zusätzlich muss der Nachweis erbracht werden, dass die für werdende und stillende Mütter erforderlichen besonderen Anforderungen erfüllt sind. Zum Beispiel besteht ein Expositionsverbot gegenüber KMR-Stoffen, das nur dann nicht gilt, wenn eine medizinisch begründete, stoffbezogene Ausnahmeregelung getroffen wurde. Dies war bisher für Formaldehyd der Fall, da trotz der Einstufung als krebsverdächtigem Stoff (K3) galt, dass bei Einhaltung des Grenzwerts eine Gefährdung von Mutter oder Kind nicht befürchtet zu werden braucht. Es bleibt abzuwarten, wie die neue Regelung nach Abschluss der Diskussion um die Neueinstufung aussehen wird. Eine ausführliche Erläuterung der Problematik speziell für Pathologien, die aber grundsätzlich auch auf andere Branchen übertragbar ist, gibt eine Broschüre zum Mutterschutz27,28.

5. Zusammenfassung
Im Vergleich zu anderen Fachgebieten des Gesundheitsdienstes werden in Pathologien große Mengen an Gefahrstoffen verwendet. Für die täglichen Arbeitsabläufe kommen Formaldehyd als Konservierungsmittel, Xylol, Ethanol, 2-Propanol als Lösungsmittel und eine Vielzahl diverser Laborchemikalien in kleineren Mengen als Reagenzien zum Einsatz. Die BGW und die UKH haben betriebliche Untersuchungen in Form von Besichtigungen und Expostionsmessungen durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass viele Pathologien zur Gewährleistung sicherer Arbeitsbedingungen an diversen Stellen nachbessern müssen.

Die Gefährdungen durch Hautkontakt können mit einfachen Maßnahmen wie zum Beispiel dem Einsatz von Hilfsmitteln, die den Hautkontakt vermeiden, minimiert werden. Wenn Hilfsmittel nicht effektiv einsetzbar sind und keinen ausreichenden Schutz bieten, muss der Hautkontakt durch den Einsatz von Schutzhandschuhen vermieden werden. Bisher werden in Pathologien zum Schutz gegen Chemikalien noch überwiegend ungeeignete medizinische Einmalhandschuhe aus Latex verwendet. Diese sind durch geeignete Schutzhandschuhe, zum Beispiel aus Nitril, zu ersetzen.

Defizite im Bereich der Lagerung gab es in ungefähr einem Drittel der untersuchten Pathologien, zum Beispiel weil Vorratsbehälter mit Lösungsmitteln im Arbeitsbereich ungeschützt aufbewahrt wurden. Um einen wirksamen Brand- und Explosionsschutz zu gewährleisten, insbesondere für die bevorrateten brennbaren Lösungsmittel, ist die korrekte Lagerung von entscheidender Bedeutung.

Das Hauptaugenmerk der Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe in Pathologien muss weiterhin auf der inhalativen Belastung durch Formaldehyd liegen. Die bei den Untersuchungen messtechnisch an der Person ermittelten Formaldehydkonzentrationen überschritten je nach Tätigkeit in 47 bis 76% der Messungen den diskutierten Luftgrenzwert von 0,37 mg/m3 als Schichtmittelwert und in 20 bis 53% der Messungen den Kurzzeitwert von 0,74 mg/m3. Zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung der Formaldehydkonzentration sind daher in vielen Pathologien erforderlich. Die inhalative Belastung durch Lösungsmittel haben Pathologien in der Regel mit gängigen Arbeitsschutzmaßnahmen im Griff.

Expertengruppen bestehend aus betrieblichen Praktikern und Arbeitsschutzexperten haben auf der Grundlage der betrieblichen Untersuchungen der BGW und der UKH die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in Pathologien und die dabei entstehenden Gefährdungen analysiert, sowie Vorschläge für Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten, auch unter Berücksichtigung werdender und stillender Mütter, beschrieben14,17,28. Der vorliegende Artikel fasst die Ergebnisse der Untersuchungen und der Arbeiten der Expertengruppen zusammen.

· 6. Literatur

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