Psychische Belastungen

Sprechstunde zur psychischen Gesundheit im Betrieb

Sprechstunde zur psychischen Gesundheit im Betrieb

Erst seit 10 Jahren gibt es die „Sprechstunde zur psychischen Gesundheit im Betrieb“. Betriebsärzte großer Unternehmen hatten immer häufiger von Mitarbeitern mit psychischen Symptomen berichtet. Gleichzeitig klagten Klinik-Patienten verstärkt über arbeitsplatzbezogene Belastungen. Es folgten ein regelmäßiger Austausch zwischen Betriebsärzten und Kliniken sowie zunehmend Vorträge zu Burnout und Depression in Unternehmen. Heute hat sich die Sprechstunde in Unternehmen etabliert. Das kann man durchaus als Kulturwandels deuten, denn die übergreifenden Prozesse betreffen sowohl das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) als auch das psychiatrisch/psychosomatische Versorgungssystem.

Früherkennung und Frühintervention

Die Ziele der Sprechstunde sollten klar formuliert sein: Früherkennung und frühzeitige Bearbeitung psychosozialer Probleme und Symptome. Die übergreifende Verbindung von Prävention, Früherkennung, Rehabilitation und betriebliche (Wieder-)Eingliederung hilft effektiv Belastungen und Erkrankungen von Beschäftigen vorzubeugen. Oft hängen Arbeitsfähigkeit und Symptomatik nicht zusammen. Gerade depressiv erkrankte Mitarbeiter können in der Arbeit gehalten werden wenn sie die betriebliche Begleitung als unterstützend erleben und die Halt gebende Arbeitsstruktur bestehen bleibt. Schwerst erschöpfte Mitarbeiter müssen allerdings oft zu Arbeitsunfähigkeit und Behandlung bewegt werden.

Arbeitsbelastung meistgenannter Anlass

Arbeit gibt zwar einerseits Struktur, motiviert und fördert den Selbstwert, andererseits kann Arbeit auch als belastend und beanspruchend empfunden werden. Auswertungen belegen, dass 40–50% die Sprechstunde zur psychischen Gesundheit im Betrieb aufgrund von Belastungen und Beanspruchungen am Arbeitsplatz in Anspruch nehmen. Genannt werden vor allem die Arbeitsmenge, erhöhte Arbeitszeiten, schlechte Beziehungen zu Arbeitskollegen sowie mangelnde Kommunikation, Partizipation und Wertschätzung durch die Führungskräfte. Im Privatbereich hingegen (30–40%) stehen vor allem Paarkonflikte, Probleme in der Kindererziehung und die Erkrankung von Angehörigen im Vordergrund.

Akzeptanz der Beschäftigten ausschlaggebend

Wichtig sind die Einhaltung der Schweigepflicht des Betriebsarztes sowie der Ort der Sprechstunde auf dem Betriebsgelände, damit nicht erkenntlich wird, welche Mitarbeiter die Sprechstunde besuchen. Bemerkenswert ist, dass Männer sie sehr gut nutzen können aber gerade erschöpfte Mitarbeiter wenig über Angebote und Möglichkeiten der Gesundheitsförderung im Betrieb informiert sind. Unerlässlich ist daher ein fortlaufendes Angebot von Workshops und Informationsveranstaltungen für die Beschäftigten. Bei der Auftaktveranstaltung zur Etablierung einer Sprechstunde sollte die Unternehmensführung anwesend sein. Nur wenn diese erkennbar hinter dem Thema steht und vermittelt, dass auch sie selbst oft Burnout-gefährdet ist, kommt es zu einer Akzeptanz der Beschäftigten und Führungskräfte.

Konsequenzen für das Versorgungssystem

Eine Sprechstunde zur psychischen Gesundheit im Betrieb hat auch erhebliche Konsequenzen für das Versorgungssystem. Therapeuten müssen über die Arbeitswelt, das BGM und den RTW-Prozess (Return-To-Work) informiert werden, um das Behandlungsziel der Erhaltung/Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten zu erreichen. Das ist nur möglich, wenn sich die Akteure aus Betrieb und Versorgungssystem austauschen. Gerade der Kontakt mit dem Betrieb vor der geplanten Entlassung aus einer teil-/stationären Behandlung ist eine der Voraussetzungen für einen gelingenden RTW-Prozess. Die Sprechstunde kann dann für die Begleitung des Wiedereingliederungsprozesses genutzt werden.

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