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Stabsstelle? Ja, aber …

Eigentlich ist es mühsam und unerquicklich, hier an dieser Stelle das Thema gesetzeskonforme Organisation im öffentlichen Dienst zu thematisieren. Natürlich könnte ich jetzt einfach denken und schreiben: „Ach ja, der öffentliche Dienst, haben kein Geld und die Strukturen sind eh wie sie sind, da tut sich nix, kannste vergessen, interessiert eh keinen Menschen oder gar Institution.“ Aber ganz so einfach ist es nicht.

Es gibt zwar keine offizielle Statistik, aber es ist in der Branche allgemein bekannt, dass die rechtliche Einbindung der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit im öffentlichen Dienst oftmals irgendwo in der Linie ist. Es wird zwar immer wieder argumentiert, dass deren Wirksamkeit nicht nur von der Stellung im Betrieb abhängt (ein zentrales Ergebnis der Sifa-Langzeitstudie). Dieses Argument lässt sich nicht von der Hand weisen, aber es sollte niemals genutzt werden, um eine rechtswidrige Einbindung der beiden Professionen zu rechtfertigen. In Betrieben, in denen Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin im Organigramm nicht präsent oder nur untergeordnet angesiedelt sind, sind auch Prävention und Sicherheit weniger in den Köpfen der Mitarbeiter und Führungskräfte – und das ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, der Betriebe und der Mitarbeiter.

Denn: Eine leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit muss unmittelbar dem Leiter eines Betriebs fachlich und disziplinarisch unterstellt sein. Der Arbeitgeber ist nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (§ 8 Abs. 2 ASiG) dazu verpflichtet, diese betriebliche Hierarchie im Unternehmen herzustellen. In der Rechtsprechung wurde diese Vorgabe bestätigt (vgl. etwa Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln, Az: 10 (1) Sa 1231/02). Und auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass im Bereich der öffentlichen Verwaltung die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit eine Stabsstelle bekleiden muss (Urteil vom 15. Dezember 2009, Az: 9 AZR 769/08). Das oberste deutsche Arbeitsgericht betonte den „strukturprägenden Grundsatz“ der Stabsstelle der Fachkraft für Arbeitssicherheit und hob ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg auf.

Doch wie immer wieder mal zu hören ist, nehmen es der Gesetzgeber und die Gerichte auch nicht immer so ernst mit dem, was sie in der Theorie und Rechtssetzung so alles im Laufe der Zeit machen. Oder wie sonst soll ich mir erklären, dass das Bundesarbeitsgericht, dessen Richter ja dieses für Arbeitsschützer und Betriebsärzte so bedeutende Urteil (Az: 9 AZR 769/08) am 15.12.09 gesprochen haben, die Arbeitssicherheit im eigenen Haus (www.bundesarbeitsgericht.de/pdf/organigramm.pdf) nur unter ferner liefen einsortieren? Ein anderes Beispiel, auch sehr eindrucksvoll, wurde mir vor kurzem erzählt: Ein Gericht XY in Stadt Z in NRW, bis vor einiger Zeit immerhin noch extern betreut, hat jetzt gar keine Betreuung mehr, weder durch Betriebsarzt noch durch Arbeitsschützer, das Geld wurde komplett gestrichen. Soweit zu Theorie und Praxis.

Weigand Naumann

Chefredakteur der Fachzeitschriften

„Sicherheitsingenieur“ und

„Sicherheitsbeauftragter“

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