Sonstiges

Asbest und die Folgen – Risikokommunikation und Epidemiologie – ein Beispiel | Asbestos and the consequences – epidemiology and risk communication – an example

Marianne Engelhardt-Schagen, Hans-Jürgen Knoblich, Tobias Schnabel

Zusammenfassung

Asbest wurde viele Jahre als unverzichtbare, außergewöhnliche Substanz mit enormen Vorteilen für die Industriegesellschaft angesehen. Als Brandschutzmaterial wurde Asbest (Chrysotil [Weißasbest]) und Krokydolith [Blauasbest]) seit den sechziger Jahren insbesondere in Kraftwerken und Umspannwerken verwendet.

In der Berufskrankheitenverordnung sind mittlerweile drei Erkrankungen gelistet, die durch Asbest verursacht werden können: Asbestose (BK 4103), Karzinom der Lunge und des Larynx (BK 4104), sowie das Mesotheliom (BK 4105).

Die Bewag (Berliner Elektrizitätswerke Aktiengesellschaft) hat das Problem 1986 erkannt, als zwei Mitarbeiter an einem Mesotheliom verstarben. Die Betriebsärzte initiierten eine Befragung, um das Risiko der übrigen Mitarbeiter abzuklären. Als Ergebnis zweier Befragungen haben etwa 4.000 Beschäftigte eine positive Arbeitsanamnese mit jahrelanger Exposition gegenüber asbesthaltigen Stäuben von mindestens 5 und maximal 34 Jahren.

Die Exponierten sind je nach Expositions- und Erkrankungsrisiko in Gruppen eingeteilt worden und werden seit 1987 in Absprache mit Unternehmen und Berufgenossenschaft regelmäßig nach G 1.2ng untersucht. Bis Dezember 2004 gab es bei der Bewag 249 anerkannte asbestbedingte Berufskrankheiten.

Schlüsselwörter: Asbest – Kraftwerk – Berufskrankheit – Risiko – Betriebsarzt

Summary

Asbestos formerly was regarded as an indispensable, extraordinary substance bringing enormous advantages to industrialized society. As fireproofing material asbestos was often used especially in power plants and power distribution buildings: chrysotile (white) and crocidolite (blue) asbestos at least since the 1960s. Unfortunately this wondrous mineral has later been associated with diseases of the upper respiratory part and lung, as there are: asbestosis, bronchogenic carcinoma and larynx carcinoma and mesothelioma.

Bewag recognized the problem in 1986, when two employees died from mesothelioma. The occupational physicians initiated an investigation to clarify the employees’ risk. About 4.000 employees have had a history of exposure to high concentrations of asbestos dust in the air for a long time – at least 5 to 15 years, some employees up to 34 years. All have been rated according to their risk and since 1987 get occupational medical monitoring.

In 2004 249 cases of acknowledged occupational diseases due to asbestos have been recognized.

Key words: Asbestos – power plant – occupational disease – risk – occupational physician

Einleitung
Asbest wurde jahrzehntelang als unverzichtbares Material mit wahrlich märchenhaften Eigenschaften angesehen. Das 20. Jahrhundert mit seiner schnellen industriellen Entwicklung scheint undenkbar ohne dieses „Wundermaterial“. Der Bau von Hochhäusern war aus Brandschutzgründen ohne asbestverkleidete Stahlträger bis weit in die achtziger Jahre nicht zulässig, Feuerschutzdecken wurden aus Asbestgewebe hergestellt, Hitzeschutzkleidung, Seile, Dichtungen – überall dort, wo es um besondere Belastbarkeit, Brandschutz oder Wärmeisolierung ging, war Asbest dabei8.

Im Bau von Kraftwerken und in der Brandschutzausstattung von Umspannwerken hatten Chrysotil (Weißasbest) und Krokydolith (Blauasbest) seit den 60er Jahren bis in die 80er Jahre aus Gründen der technischen Sicherheit ihren festen Platz, insbesondere in den Kraftwerken und Umspannwerken der Bewag, gegründet 1884 als Stromversorger der Hauptstadt Berlin.

Politische Situation und Auswirkungen
1952 wurde das damalige Westberlin durch die politischen Verhältnisse nach dem zweiten Weltkrieg zu einer „Strominsel“. Die Teilung der Stadt hatte auch die Teilung der Energieerzeugung und -versorgung zur Folge. Die Anforderungen an eine sichere Stromversorgung stiegen enorm. Kontinuierliche große und kleine Revisionen und kurzzyklische regelmäßige Wartungsarbeiten in den damals acht Kraftwerken im westlichen Teil Berlins sollten sicherstellen, dass „in Berlin nicht das Licht ausgeht“. Präventive Instandhaltung war die wichtigste Maxime.

Das erklärt, wie wir noch sehen werden, dass die Bewag im Vergleich zu anderen Energieversorgungsunternehmen eine relativ hohe Anzahl an asbestbedingten Lungenerkrankungen aufzuweisen hat. Bei jeder Kesselrevision und insbesondere bei jeder Turbinenrevision in den Kraftwerken, bei Betriebsstörungen als auch bei Wartungs- und Reparaturarbeiten an den Brandschottungen in den Umspannwerken wurden Millionen von Asbestfasern durch den trockenen Abriss von Isoliermaterial in die Luft gewirbelt. Unsere Messungen bei den Entsorgungsarbeiten in den Kraftwerken (Energieerzeugung) Ende der 80er Jahre haben für die Turbinenrevision und Störfälle – der mit lose gebundenem Spritzasbest isolierten Turbinengehäuse – Faserkonzentrationen in der Atemluft von bis zu 200 Millionen Fasern pro Kubikmeter ergeben. Die Messergebnisse untermauern die Aussage eines ehemaligen Kraftwerksleiters und eines Maschinisten, die wir im Rahmen unserer Interviews zur Abklärung der Exposition 1986 befragt haben (Zitat):

„Bei Betriebsstörungen kam es in den 60er-Jahren öfter zu Dampf-Undichtigkeiten an den Turbinengehäusen oder Rohrleitungsanschlüssen. Bei den Leckagen wurden wiederholt kopfgroße Partien der Isolierung weggeblasen. Die Luft im Maschinenhaus war dann so stark mit schwebendem Asbeststaub angereichert, dass man den Eindruck hatte, dass ein Schwelbrand eine Qualm-entwicklung verursacht hatte. Da diese Störungen in der Regel durch das akustische Störungssignal angezeigt wurden, liefen neben dem Schichtpersonal auch die Meister und die Ingenieure durch das Maschinenhaus zur Warte.“

Ein zweites Zitat: „Bei den Turbinenrevisionen musste die Spritzasbestisolierung entfernt werden, um Zugang zu den Turbinengehäusen zu erlangen. Dabei war es üblich, die Isolierung mit Stangen abzustoßen. Die Asbestfasern fielen dabei vom Maschinenhaus, Höhe 8 m, in die Kondensation, Höhe 0 m. Infolge der Trockenheit des Spritzasbestes und der Thermik durch die heißen Turbinengehäuse war die Staubentwicklung sehr groß, wie dichtes Schneegestöber (Abb. 1).“

In den Umspannwerken (Energieverteilung) müssen wir bei Eröffnen und Verschließen der mit Spritzasbest ausgestatteten Brandschottungen von einer Exposition von bis zu 40 Millionen Fasern pro Kubikmeter ausgehen (Abb. 2). Auch dies ist ein Messergebnis anlässlich der Entsorgungsarbeiten Ende der 80er Jahre. Der Wert für die technische Richtkonzentration lag zu dieser Zeit bei einer Million Fasern pro Kubikmeter. Seit 1993 ist die Verwendung von Asbest verboten.

Das Ausmaß der Exposition und die davon ausgehende Gesundheitsgefahr war – anders als bei den Herstellern – bei den Anwendern des Isoliermaterials in den 50er, 60er, 70er und auch noch in den 80er Jahren nicht wirklich bekannt und ernst genommen.

Methodik der Basiserhebung
Als 1986 gleich zwei Mitarbeiter an einem Pleuramesotheliom1 erkrankten, erstatteten wir Betriebsärzte gegenüber Berufsgenossenschaft und staatlicher Gewerbeaufsicht Anzeigen wegen des Verdachts auf eine Berufskrankheit.

Dies führte im Unternehmen zunächst zu erheblichen Irritationen. Aus Sicht der Betriebsärzte waren die Hinweise auf die Exposition jedoch so erheblich, dass zunächst mit der Unternehmensleitung und der Mitarbeitervertretung eine Phase der Befunderhebung und Beweissicherung ausgehandelt wurde. Die Betriebsärzte führten zahlreiche Interviews mit langjährigen Mitarbeitern, Meistern, Kraftwerksleitern und Netzmeistern durch, legten Fotodokumentationen an und gaben den Auftrag, qualitative und quantitative Messungen mit der Berufsgenossenschaft durchzuführen. Nach Bestätigung der doch ernstzunehmenden Hinweise auf eine sehr umfangreiche Verwendung von Asbest in der Vergangenheit und einen großen Bestand in den Anlagen der Gegenwart gab es eine erhebliche Verunsicherung bei der Leitung, ob das Thema Asbest offensiv kommuniziert oder lieber zunächst die weitere Entwicklung abgewartet werden solle. Erst 1987 konnten wir in Konsens und Kooperation mit dem Betriebsrat und der Leitung eine schriftliche Befragung von 4.500 wahrscheinlich exponierten Mitarbeitern durchführen. Wegen der großen Sorge, die Befragung könne zu einer starken Unruhe und Verunsicherung der Belegschaft führen, haben wir Betriebsärzte auf zahlreichen Betriebsversammlungen zunächst erläutert, warum wir die Befragung befürworten und warum eine möglichst große Beteiligung hilfreich für die Planung der weiteren Schritte sei.

Die Rücklaufquote der Fragebögen zur Abschätzung des Risikos lag bei 90,6 %, das entspricht der Zahl von 4.077 Mitarbeitern. Alle Fragebögen wurden ausgewertet. 2.215 der Befragten waren nach eigenen Angaben mehr oder weniger gegenüber asbesthaltigen Stäuben exponiert.

Die Mitarbeiter wurden 1987 in drei Risikogruppen eingeteilt:

• Relevante Exposition ( weniger als fünf Jahre, bystander, Eröffnung und Verschluss von Brandschottungen) (n = 577)

• mittelstarke (mehr als fünf Jahre, Teilnahme an mindestens einer Turbinenrevision) (n = 172)

• starke Exposition (mehr als zehn Jahre, Isolierer, Teilnahme an mehreren Turbinenrevisionen) (n = 1366)

Das Jahr der Erstexposition und die Dauer der Latenzzeit flossen neben dem Ausmaß der Exposition in die Risikoabschätzung und Planung der arbeitsmedizinischen Überwachungsuntersuchungen nach G 1.2 ng. ein. In Verbindung mit den Messergebnissen fanden wir, dass das Ausmaß der Exposition noch größer war, als ursprünglich angenommen. Wir müssen rückblickend davon ausgehen, dass durch die Hitze der Kessel und Vibration der Turbine in den Maschinenhallen und im Kesselhaus, in der Phase des Aufbringens von Spritzasbest und in den Zeiten der Revision, jedes Kraftwerk für mehrere Wochen ein einziger Asbestarbeitsplatz für (fast) alle Mitarbeiter wurde. Die Messwerte lagen teilweise um das 200fache über dem gültigen Technischen Richtwert. Da man die Gefährdung2 in den Nachkriegsjahren bis in die achtziger Jahre hinein für die nicht direkt mit dem Material Arbeitenden als gering einschätzte, trugen oft nur die Mitarbeiter Staubmasken, die Isolierungen durchführten.

1992/3, vier Jahre nach dem Fall der Mauer und Wiedervereinigung auch der Bewag wurde die Fragebogenaktion für den ehemaligen Ostteil des Betriebes wiederholt und ebenfalls ein Programm von regelmäßigen Überwachungsuntersuchungen etabliert, sodass das Untersuchungskollektiv insgesamt schließlich 4.000 Mitarbeiter umfasste. Die einzelnen Untersuchungen der ehemals exponierten Mitarbeiter beinhalten eine nochmalige ausführliche Befragung zur Exposition, eine körperliche Untersuchung, Lungenfunktion und Röntgenaufnahme des Thorax, in der Regel alle drei Jahre, bei besonders hohem Risiko auch früher. Bei verdächtigen Befunden wird ergänzend ein Computertomogramm3,6 der Lunge durchgeführt. Bestätigt sich der Verdacht durch die Computertomographie, erstatten wir eine ärztliche Verdachtsanzeige7, schicken sie an die Berufsgenossenschaft Feinmechanik und Elektrotechnik, mit Durchschrift an die Unternehmensleitung. Alles Weitere liegt in der Hand der Berufsgenossenschaft, die uns regelmäßig über Anerkennung oder Nichtanerkennung der angezeigten Verdachtsfälle informiert.

Aufkommen und Verteilung der asbestbedingten Erkrankungen
Einen Überblick, wie viele asbestbedingte Berufskrankheiten bei der Bewag im Verlauf der letzten 19 Jahre von uns Betriebsärzten oder Kliniken angezeigt und wie viele anerkannt wurden, ermöglicht die Grafik 1.

Für 1993 bis 2002 liegen uns ebenfalls Zahlen der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik über die dort eingegangenen Berufskrankheitenanzeigen im Zusammenhang mit Asbest für alle in der Feinmechanik und Elektrotechnik versicherten Betriebe vor (dunkelgraue Säulen). Die hellen Säulen zeigen jeweils die angezeigten Verdachtsfälle der Bewag, die Säulen im Vordergrund demonstrieren, wie viele der angezeigten Fälle bisher von der Berufsgenossenschaft auch als Berufskrankheiten anerkannt wurden. Wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, dass die bisher anerkannten Berufskrankheitenfälle in unserem Betrieb sich auf lediglich ca. 4.000 ehemals exponierte Mitarbeiter beziehen, ist die Rate der Erkrankten deutlich höher als in anderen Mitgliedsbetrieben! Unsere Hypothese dazu ist, dass durch die politische Situation Berlins, insbesondere im damaligen Westberlin, die Sicherheitsphilosophie der „präventiven Instandhaltung“ in den Anlagen zu einer überdurchschnittlich ho-hen Exposition der Mitarbeiter gegenüber asbesthaltigen Feinstäuben führte (Grafik 2).

Mittlerweile blicken wir auf 19 Jahre Früherkennung asbestbedingter Lungenerkrankungen zurück.

Wenn wir nach Krankheitsarten bei der Bewag unterscheiden, ergibt sich folgendes Verteilungsbild:

Die erste Gruppe, BK 4103, beinhaltet Asbestosen der Lunge und der Pleura (Asbeststaublungenerkrankung und durch Asbeststaub verursachte Erkrankung des Rippenfells). Auf diese Gruppe entfallen die meisten angezeigten und auch anerkannten Berufskrankheitenfälle bei der Bewag.

Die zweite Gruppe der BK-Nummer 4104, umfasst Karzinome der Lunge und des Kehlkopfes

Die dritte Gruppe, BK 4105 repräsentiert die Mesotheliome, Krebs des Rippenfells, Bauchfells oder des Herzbeutels (Gragik 3).

Weiteres Vorgehen
Wir haben auf Grund der Ermittlungsergebnisse 1987 begonnen, systematisch in Intervallen von 1–3 Jahren, je nach Risikoklasse, die exponierten Mitarbeiter zu Früherkennungsuntersuchungen4 einzuladen. In enger Kommunikation mit der Berufsgenossenschaft Feinmechanik und Elektrotechnik haben wir die Mitarbeiter nicht an die schon damals bestehende Zentrale Erfassungsstelle für asbeststaubgefährdete Arbeitnehmer gemeldet. Dadurch war es für uns als Betriebsärzte möglich, die exponierte Kohorte über inzwischen 19 Jahre zu verfolgen. Sehr schnell stellte sich heraus, dass es bestimmte Kraftwerke waren, in denen sich die Krankheitsfälle häuften. Dies waren insbesondere drei alte Kraftwerke, die in der Asbestära, nach der Teilung Berlins, besonders häufig umgebaut wurden. Das hatte für uns Ärzte zur Folge, dass wir auch die Mitarbeiter, die zunächst angaben, sie hätten keine Exposition gehabt, mit in das Untersuchungskollektiv integriert haben. Das Untersuchungsintervall für diese Mitarbeiter senkten wir auf drei Jahre, obwohl der damalige Standard der Berufsgenossenschaften fünf Jahre betrug. Mittlerweile liegt auch dort der Standard5 bei drei Jahren.

Die aus dem Arbeitsleben ausscheidenden Mitarbeiter werden von uns an die Zentrale Erfassungsstelle gemeldet und uns von dort weiterhin in regelmäßigen Abständen bis zu ihrem 75. Lebensjahr zur nachgehenden Untersuchung nach G 1.2 vorgestellt, so dass wir im Resümee bei annähernd 4.000 Mitarbeitern in 27 Jahren (die Recherche bei der Berufsgenossenschaft ergab noch acht Fälle in der Zeit von 1976 bis 1986) 249 anerkannte Berufskrankheiten nachweisen konnten. Die Anzahl der Mesotheliome ist auch im Vergleich zu anderen Energieversorgungsunternehmen überdurchschnittlich hoch. Der Entstehungskontext ist überwiegend in den Kraftwerken festzumachen (Grafik 4).

Diskussion
Nun mag man sich fragen, wieso dieser Riesenaufwand, wenn doch die eigentliche Erkrankungsursache nicht mehr zu beseitigen war. Diese Frage wurde uns oft gestellt. Hätte es nicht gereicht, nach erfolgter Beweissicherung im Jahr 1987 zu warten, welche Erkrankungen sich zeigen und dann die Mitarbeiter bzw. ihre Angehörigen nach Berufskrankheitenrecht zu entschädigen?

Wir haben dies abgelehnt, obwohl wir natürlich wussten, dass die Früherkennung eines Bronchialkarzinoms immer ein Zufallsbefund und die Ausnahme bleiben würde. Immerhin, es gab drei Fälle, in denen wir ein Bronchialkarzinom im Frühstadium erkannten und eine Behandlung so frühzeitig begonnen werden konnte, dass die Mitarbeiter noch wirksam behandelt werden konnten.

Bei der Diagnose „Pleuramesotheliom“ ändert natürlich auch die Früherkennung nichts am Verlauf, bei Diagnosestellung beträgt die Lebenserwartung in der Regel nicht länger als ein Jahr, da dieser Tumor bisher keine adäquate Therapie kennt und sehr schnell zum Tod führt.

Warum also betreiben wir diesen Aufwand? Warum verunsichern wir die Mitarbeiter? Warum erinnern wir sie durch jede Untersuchung an das Risiko möglicherweise zu erkranken?

Für uns Arbeitsmediziner waren drei Faktoren von Bedeutung:

• Wir hielten es für wichtig, den Mitarbeitern zu signalisieren, dass sie und das Thema „Asbest“ ernst genommen werden

• Wir wollten mit der Beobachtung des Verlaufs und der Sicherung der Ergebnisse dazu beitragen, dass die 1987 noch vorhandenen umfangreichen Altlasten von Asbest in den Kraftwerken und in den Umspannwerken so schnell wie möglich, wenn auch unter großem Aufwand von Kosten und Technik, entsorgt werden.

• Wir wollten das persönliche Gespräch mit den Mitarbeitern anlässlich der Untersuchung nutzen, um das explodierende Risiko für eine Krebserkrankung bei Asbestexposition und Zigarettenrauch zu fokussieren. Unser Ziel war es, die Raucher zum Aufgeben der Rauchgewohnheiten anzuregen.

Die ersten beiden Ziele haben wir erreicht, das dritte Ziel in zahlreichen Einzelfällen.

Unter der Annahme, dass die Hauptverwendungszeit zwischen 1960 und 1980 lag, rechnen wir noch ungefähr bis zum Jahr 2015 mit dem Auftreten vereinzelter neuer asbestbedingter Erkrankun-gen. Die Entsorgung von Asbestaltlasten war 1991 weitgehend abgeschlossen.

Literatur

1. Bohlig H, Otto H. Asbest und Mesotheliom. In: Arbeit und Gesundheit, Medizinische Schriftenreihe des Bundesministeriums für Arbeit- und Sozialordnung, Thieme Verlag Stuttgart 1975

2. Rösler J-A, Woitowitz H-J. Asbesteinwirkung am Arbeitsplatz und Sterblichkeit an bösartigen Tumoren in der Bundesrepublik Deutschland. In: Forschungsbericht Asbest IV, Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenosschaften, Sankt Augustin 1993

3. Brockmann M. Malignes diffuses Pleuramesotheliom. In: Forschungsbericht Pleuramesotheliom, Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Sankt Augustin 1992

4. Kraus T, Raithel H-J. Frühdiagnostik asbeststaubverursachter Erkrankungen. In: Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Sankt Augustin 1998

5. Hüdepohl J, Zschiesche W. Asbest – neues Vorsorgekonzept zur Früherkennung von Erkrankungen. Brücke Informationen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz 2004; 16–21

6. Siegmund K, Adomeit St, Borsch-Galetke E, Hering K.G, Galetke W. Asbestassoziierte Veränderungen der Lunge und der Pleura und ihre Darstellung durch bildgebende Verfahren, Ergomed 1999; 2–6

7. Kraus T, Raithel H-J. Anzeigekriterien gemäß BK-Nr.4103 BKV unter Berücksichtigung computertomographischer Befunde 2000; ASU 151–159

8. Campbell St, Rantanen J, Skilling J, Cairns J. World and european Experience of asbestos Ergomed 2004; 42–48

Anschriften der Verfasser: Bewag AG & Co. KG, Vorstandsreferat Sicherheits-/Gesundheitsmanagement E-Mail: engelhardt-schagen.marianne@bewag.com Puschkinallee 52, 12435 Berlin, Telefon: +49 30/26 71 46 03, Fax: +49 30/26 71 08 10

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