08_Chemische Einwirkungen

Neues aus dem AGS

Folgende Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) wurden verabschiedet, die nach rechtsförmlicher Prüfung durch das BMAS im Gemeinsamen Ministerialblatt (und im Internet) veröffentlicht werden.

Änderungen und Ergänzungen TRGS

  • 220: Nationale Aspekte beim Erstellen von Sicherheitsdatenblättern
  • 410: Expositionsverzeichnis bei Gefährdung gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A oder 1B
  • 519: Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten
  • 553: Holzstaub
  • 751: Vermeidung von Brand-, Explosions- und Druckgefährdungen an Tankstellen und Gasfüllanlagen zur Befüllung von Landfahrzeugen
  • 900: Arbeitsplatzgrenzwerte
  • 903: Biologische Grenzwerte (BGW)

  • 910: Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen

Die Veröffentlichung der TRGS 553 – Holzstaub – erfolgt erst, wenn der Abschnitt 6 (Arbeitsmedizinische Vorsorge) vom AfAMed erarbeitet wurde.

TRGS 900: Neue AGW

In Tabelle 1 sind die Änderungen und Ergänzungen der TRGS 900 „Arbeitsplatzgrenzwerte“ zusammengestellt.

TRGS 910: Neue beziehungsweise geänderte AK und TK

In Tabelle 2 sind die Änderungen und Ergänzungen der TRGS 910 zusammengestellt.

Krebserzeugend ist nicht gleich krebserzeugend

Krebserzeugende Stoffe werden in verschiedene Kategorien eingeteilt. Es gibt:

  • drei Kategorien in der CLP-Verordnung, siehe Tabelle 3,
  • fünf Kategorien in der DFG MAK-Liste, siehe Tabelle 4.

Dabei sind die folgenden Kategorien miteinander vergleichbar:

  • CLP: 1A ⇔ DFG MAK: 1
  • CLP: 1B ⇔DFG MAK: 2
  • CLP: 2 ⇔ DFG MAK: 3 (A/B)

Diese vergleichbaren Kategorien befinden sich auf der Titelabbildung (vorherige Seite) jeweils innerhalb der gleichen Zeile der Tabellen.

Die CLP- beziehungsweise die DFG MAK-Kategorisierung sind aber als „unabhängig voneinander“ zu betrachten, da sie durch unterschiedliche Institutionen vergeben werden:

  • Die Kategorisierung aus der CLP-Verordnung kommt vom „Europäischen Parlament und Rat“.
  • Die DFG-Kategorisierung erfolgt durch die deutsche „Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe“ (MAK-Kommission).

Das Stoffbeispiel 1,1-Dichlorethan zeigt, dass die Kategorisierungen sich unterscheiden können, auch dadurch, dass (noch) keine Kategorisierung vergeben wurde.

Dagegen ist bei 1,2-Dibromethan die Kategorisierung vergleichbar: „CLP: 1B“ entspricht „DFG MAK: 2“.

Gesundheitsbasierter AGW aus TRGS 900 bei 1,1-Dichlorethan

In der MAK-Begründung von 1,1-Dichlorethan findet sich der folgende Satz hinsichtlich der krebserzeugenden Wirkung:

„Insgesamt belegen die Daten zur Genotoxizität, dass das genotoxische Potential (…) nicht im Vordergrund steht.“

Aufgrund dieses Wirkmechanismus („genotoxische Potential steht nicht im Vordergrund“ ➡ entspricht der Kategorie DFG MAK: 3B) kann für 1,1-Dichlorethan ein gesundheitsbasierter Luftgrenzwert in Form eines MAK-Wertes abgeleitet werden, auch wenn ein Verdacht auf eine krebserzeugende Wirkung besteht.

Risikobasierte AK/TK aus TRGS 910 bei 1,2-Dibromethan

Liest man dagegen in der MAK-Begründung von 1,2-Dichlorethan, finden sich dort eindeutige Hinweise auf eine genotoxische Wirkungsweise. Daraus ergibt sich die Einstufung in die Kategorie DFG MAK: 2:

„1,2-Dibromethan ist eine alkylierende Substanz mit mutagenen und carcinogenen Eigenschaften.“

Oft ist es zielführend, bei langen Dokumenten wie den MAK-Begründungen zumindest mal einen Blick auf den Anfang und auf das Ende zu werfen. Auf der vorletzten Seite findet sich die Erklärung, warum bei diesem Stoff kein gesundheitsbasierter MAK-Wert abgeleitet werden konnte:

„Eine gesundheitlich unbedenkliche Konzentration kann zur Zeit weder aus vorliegenden Tierversuchen noch aus Erfahrungen beim Menschen abgeleitet werden.“

Inzwischen gibt es aber die TRGS 910 mit den risikobasierten Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen: Und so konnte der UAIII aus den vorhandenen Daten die AK/TK für 1,2-Dibromethan ableiten, wie in Tabelle 2 dargestellt.

Übersicht aller gesundheitsbasierten AGW aus der TRGS 900

Inzwischen gibt es für einige krebserzeugende Stoffe der Kategorien 1A oder 1B der CLP-Verordnung gesundheitsbasierte Luftgrenzwerte.

In der TRGS 900 können diese Stoffe anhand der Bemerkung „X“ identifiziert werden. Eine Übersicht findet sich in Tabelle 5.

DFG Krebserzeugend Kategorien
4 und 5

Diese beiden Kategorien sind vielen noch unbekannt, obwohl es diese Kategorien bereits seit 1998 in der DFG MAK-Liste gibt.

Der Grund dafür ist, dass es sich bei der DFG MAK-Liste nicht um geltendes Recht handelt, sondern „nur“ um wissenschaftliche Empfehlungen. Leider finden sich aus diesem Grund in den meisten Sicherheitsdatenblättern keine Angaben zu den Krebskategorien der DFG MAK-Liste.

Neu an diesen beiden Kategorien ist, dass die Wirkungsstärke aufgrund der verfügbaren Daten bewertet werden kann.

Für die Gefährdungsbeurteilung im Arbeitsschutz sind diese beiden Kategorien sehr hilfreich, denn sie ermöglichen die folgenden Aussagen:

Bei Einhaltung des MAK-Wertes ergibt sich bei Kategorie

  • 4 kein Beitrag und
  • 5 nur ein sehr geringer Beitrag

zum Krebsrisiko für den Menschen.

Dass es viele „bekannte“ Chemikalien gibt, die in diese beiden Kategorien fallen, zeigen die nachfolgenden Tabellen.

Was kommt 2022?

Neben der Novellierung der Gefahrstoffverordnung werden insbesondere die Überarbeitung der TRGS 401 (Hautkontakt) und der TRGS 910 (krebserzeugende Stoffe) mit Spannung erwartet.

Auch die TRGS 402 (Arbeitsplatzmessungen) befindet sich seit einiger Zeit in Überarbeitung.

Hinweis

38. Münchner Gefahrstoff- und Sicherheitstage 23. bis 25.11.2022:

Sie wollen aktuelle Informationen zur

  • novellierten Gefahrstoffverordnung,
  • überarbeiteten TRGS 910

aus erster Hand erhalten? Dann halten Sie sich schon mal den oben genannten Termin frei! Weitere Infos folgen im Laufe des Jahres.

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