Arbeitsschutz

Aus BS OHSAS 18001 wird 2016 ISO 45001

Der Arbeits- und Gesundheitsschutz, einschließlich der Förderung von Gesundheit in Unternehmen und Organisationen wird u. a. aufgrund des demographischen Wandels, dem Fach- und Führungskräftemangel, der Zunahme von Erkrankungen sowie der Digitalisierung und Beschleunigung der Arbeits- und Freizeitwelt immer wichtiger.

Die effektivste Form, Themen in Organisationen zu managen, ist das Implementieren, regelmäßige Auditieren und ständige Verbessern (KVP) von zuvor definierten Aufbaustrukturen und Prozessen, in Form von Managementsystemen. Dies gilt für Qualität, Umwelt und Energie ebenso, wie für Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit.

Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS)
Schon 1999 wurde die BS OHSAS 18001 von der British Standards Institution (BSI) entwickelt und 2007 revidiert. Die BS OHSAS 18001 gilt mittlerweile als internationaler Standard, nach dem sich zahlreiche Unternehmen und Organisationen zertifizieren ließen, um den Nachweis zu erbringen, in Besitz eines wirksamen und effektiven Arbeitsschutzmanagementsystem zu sein.

Daneben gibt es internationale Leitfäden, wie die ILO-OSH (Internationalen Labour Organisation) sowie die SCC (Safety Certifikat Contraktoren). National existieren wiederum Standards, wie OHRIS (Occupational Health and Risk Managementsystem) oder ASCA (Arbeitsschutz und Sicherheitstechnischer Check in Anlagen) sowie branchenspezifische Arbeitsschutzmanagementsysteme, wie z. B. MAAS-BGW oder Mit System zu Erfolg, herausgegeben von den Berufsgenossenschaften (siehe Anhang 1: Überblick über verschiedene Arbeitsschutzmanagementsysteme).

Die Entwicklung der ISO 45001
Im März 2013 reichte die BSI bei der ISO (International Organisation for Standardisation) einen Vorschlag zur Erarbeitung einer internationalen Arbeitsschutz-Norm, auf Basis der BS OHSAS 18001, ein. Im Juli 2013 wurde dieser Vorschlag von den ISO-Mitgliedern mehrheitlich angenommen.

Das Projektkomitee ISO/PC 283 entwickelte im Oktober 2013 einen Working Draft, in dem u. a. die Namensgebung (ISO 45001) beschlossen wurde.

Als Rahmen für die Erarbeitung der ISO 45001 diente die High Level Structure (HLS), um die Integration des AMS in andere Managementsysteme, wie z. B. Qualität, Energie und Umwelt zu ermöglichen.

Das zur ISO/PC 283 gegründete Spiegelgremium in Deutschland (NA AA 175 00–02) entwickelte parallel zu anderen Gremien Kommentare, die in den weiteren Sitzungen des ISO/PC 283 berücksichtigt wurden.

Im Juli 2014 wurde der erste Comitee Draft, welcher sich u. a. aus dem Working Draft ergab, bekannt gegeben. Im Februar 2015 folgte der zweite. Die relativ langen Bearbeitungszeiten ergaben sich, da unter den mitwirkenden Akteuren differenzierte Sichtweisen zu Begrifflichkeiten, wie z. B. Well-being oder Wellness aufkamen.

Seit November 2015 liegt ein Draft International Standard vor, der bis Herbst 2016 als ISO 45001:2016 veröffentlicht werden soll, vorausgesetzt es wird kein Final Draft International Standard (FDIS) mehr erstellt.

Inhalte der ISO 45001
Folgende Neuerungen und Spezifizierungen sind nach dem CD 2 in der ISO 45001 festgelegt:

1. Definitionen zu Begriffen, wie z. B. Gefährdungen, Risiken, Arbeitnehmer/innen und Vorfall sind festgelegt.

2. Dem Kontext der Organisation wird mehr Beachtung geschenkt und in den wesentlichen Kriterien des Managementsystems berücksichtig (Politik, Ziele, Prozesse, Aufbauorganisation). Insbesondere gilt dies bei Veränderungen des Marktes (z.B. Kundenanforderungen) oder Produktionsprozessen (z.B. verändertes Material).

3. Die oberste Führung muss Verantwortung und Engagement im Arbeits- und Gesundheitsschutz tragen und seine Führungskräfte ausreichend einbinden. Das Bewusstsein der Führungskräfte hinsichtlich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes muss gestärkt werden.

4. Nicht nur Risiken werden ermittelt und bewertet, sondern auch Chancen für mehr Sicherheit und Gesundheit identifiziert und gefördert. Arbeitsbelastungen sind nicht per se ungesund für alle Beschäftigten. Es existieren auch gesundheitsfördernde Faktoren.

5. Alle Beteiligten im und außerhalb des Unternehmens, wie z. B. Leiharbeitnehmer werden berücksichtigt. Das Unternehmen kann ihr Risiko nicht einfach „auslagern“.

6. Alle psychischen und physischen Gefährdungen und Belastungen werden identifiziert und bewertet.

7. Eine systematische Gefahrenermittlung, Risikobestimmung, Planung, Steuerung und Definition von Maßnahmen sind notwendig, um Gefahren zu vermeiden bzw. zu verringern. Gleichzeitig sind Ermittlung, Planung und Steuerung zur Erhöhung der Chancen und somit der Gesundheit durchzuführen.

8. Neben dem systematischen Bearbeiten von Verbesserungsmaßnahmen muss auch die Effektivität des Managementsystems ständig überprüft werden.

9. Die Bewusstseinsbildung bei allen Akteuren erhält höhere Relevanz und geht über Schulungen und Unterweisungen hinaus. (Siehe Punkt 3, Politik + Ziele)

10. Die Beteiligung der Arbeitnehmer/innen und Arbeitnehmervertreter wird berücksichtigt.

11. Für interne Audits wird auf die DIN EN ISO 19011:2013 verwiesen.

12. Die Anforderungen an die ISO 45001 sind gesetzliche und ergänzende Bestimmungen.

13. Das Wissen der Organisation hinsichtlich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes wird berücksichtigt.

14. Die Integration des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in alle Prozesse des Unternehmens ist notwendig. So werden auch „nicht gesundheits- und arbeitsschutzspezifische“ Prozesse, wie z. B. Beschaffung, berücksichtigt (siehe Abbildung 2).

Schnittmengen zwischen der DIN SPEC 91020 und der ISO 45001
Die ISO 45001 hat aufgrund des High Level Structure große Nähe zu anderen Managementsystemen, wie z. B. Qualität, Energie und Umwelt, aber auch zur DIN SPEC 91020 (siehe Anhang 2: Gegenüberstellung ISO/DIS 45001:2016 | DIN SPEC 91020:2012 | OHSAS 18001:2007). Schnittmengen zwischen der DIN SPEC 91020 und der ISO 45001 sind an folgenden Punkten gegeben:

1. Nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für mehr Sicherheit und Gesundheit werden ermittelt und bewertet. Chancen für mehr Gesundheit können salutogene Faktoren, wie z. B. die Verstehbarkeit von betrieblichen Zusammenhängen sein.

2. Gefährdungen psychischer Faktoren werden, wie auch andere Faktoren, ermittelt und bewertet.

Hier ist die Nähe und insbesondere die Integrationsmöglichkeit der DIN SPEC 91020 in die ISO 45001 deutlich erkennbar. Es ist gelungen den traditionellen Arbeitsschutz und das betriebliche Gesundheitsmanagement in der ISO 45001 zusammenzuführen. Themen die „verbunden“ sind, werden in der Norm auch als zusammengehörig betrachtet. Die teilweise irrtümliche Trennung ist zumindest in der Norm Vergangenheit. Dies gilt nicht nur für Risiken bei Sicherheit und Gesundheit, sondern auch für Chancen, also mögliche salutogene Faktoren.

Die Frage, ob mit der ISO 45001 die DIN SPEC 91020 obsolet erscheint, drängt sich auf. Man sieht jedoch auch bei anderen Managementsystemen, wie z. B. Energie- und Umweltmanagement Koexistenz. Dies erscheint bei der DIN SPEC 91020 und der ISO 45001 ebenfalls möglich.

Umstellung von der OHSAS 18001 auf die ISO 45001
Unternehmen, die die Zertifizierung nach 45001 anstreben, aber bereits ein zertifiziertes System nach BS OHSAS 18001 vorweisen können, sollten ihre Prozesse und Aufbaustrukturen noch einmal überprüfen und mögliche „Lücken“ schließen. Nur dann kann eine erfolgreiche Zertifizierung nach ISO 45001 gewährleistet werden.

Nach Inkrafttreten der ISO 45001 werden die internationalen und nationalen Akkreditie-rungsstellen, nach vorhergehender Abstimmung, das Außerkrafttreten der BS OHSAS 18001 beschließen. Eine Übergangsfrist wird hierbei sicherlich berücksichtigt, um einen reibungslosen Umstieg zu ermöglichen.

Dr. Christian Weigl Geschäftsführer IfG GmbH Institut für Gesundheit und Management

Weitere Informationen
Informationshilfen zur ISO 45001 erhalten Sie in dem Annex A.

Weitere Informationen zur ISO 45001 und DIN SPEC 91020 erhalten Sie unter: gesundheitsmanagement.com/seminar -menue/seminare/seminarkalender/

Informationsseminar zur ISO 45001:

26.04.2016 Sulzbach-Rosenberg |

06.06.2016 Köln | 07.06.2016 Leipzig | 08.06.2016 Sulzbach-Rosenberg

24.10.2016 Köln | 25.10.2016 Leipzig | 26.10.2016 Sulzbach-Rosenberg

Ausbildung zum Internen Auditor nach ISO 45001: 26.04. – 27.04.2016 | 26.10. – 27.10.2016 Sulzbach-Rosenberg

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