Arbeitsschutz

Händehygieneproblem

Motivation und Hintergrund
Schon Ignaz Semmelweiß wusste, Händehygiene ist das wichtigste Instrument zur Vermeidung nosokomialer Infektionen. Leider wird die Bedeutung der Händehygiene auch heute noch oft unterschätzt. Die Ursachen sind so vielfältig wie die Ausreden. Von „keine Zeit“ über „zu wenig Personal“ oder „wusste ich nicht“ hört man leider viel zu häufig. Oft dient die Händehygiene nur dem Selbstschutz und wird nach dem Kontakt mit kontaminiertem Material oder Personen durchgeführt. Dabei gibt es klare und äußerst sinnvolle Regeln, die die Zeitpunkte einer notwendigen Desinfektion der Hände regeln. Sicher haben schon viele Leserinnen und Leser von den „5 Momenten der Händehygiene“ gehört. Fünf einfache, klare Anweisungen, wann eine Händedesinfektion notwendig ist, sind um ein stilisiertes Patientenbett angeordnet.

Aber wie oft befolgen SIE diese Regeln? Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kaum jemanden, der nicht schon mal die eine oder andere Desinfektion verschoben oder vergessen hat. Das könnte besonders daran liegen, dass es keine unmittelbaren Folgen gibt. Würde ein Patient sofort nach der Kontamination Symptome einer Infektion zeigen, wäre der Umgang mit notwendigen Desinfektionen sicher nicht so leger wie er momentan ist. Da somit aber der Bezug Actio – Reactio nicht sofort erkennbar ist und der Mensch dazu neigt, sich eigene Fehler nicht einzugestehen, wird der eigentliche Verursacher einer nosokomialen Infektion sich wahrscheinlich nie den Konsequenzen seines Handelns bewusst sein.

Lösungsansatz
Die Frage ist nun, wie es möglich ist, eine Unmittelbarkeit herzustellen, die dauerhaft zu einer Umstellung des Verhaltens der Verantwortlichen führen wird. Es reicht nicht aus, Schulungen anzubieten und gelegentliche Abklatschuntersuchungen als Druckmittel einzusetzen. Um dauerhafte Verhaltensumstellungen zu erreichen, müssen die Maßnahmen ausgeweitet werden. Ein klares Feedback zur Quantität der Händedesinfektionen, beispielsweise als Ranking präsentiert, ist eine Möglichkeit, um die Realität direkt widerzuspiegeln. Wird ein solches Ranking personalisiert, ist der Effekt noch größer.

Hardware
IHMoS, das „Intelligente Handhygiene Monitoring System“, stattet alle Desinfektionsmittelspender mit einer Elektronik aus, die jede Betätigung in einer Datenbank speichert. In naher Zukunft wird ein Zusatzmodul angeboten, das eine Zuordnung der Benutzer ermöglichen wird. So können persönliche Nutzerprofile erstellt werden. Da eine solche Zuordnung in Deutschland vermutlich nicht umsetzbar ist, können die Daten auch anonym gespeichert werden. Es werden dann keine Namen, sondern Pseudonyme zugeordnet, wodurch nur der Benutzer selbst sein Verhalten analysieren kann. Eine Zuordnung von Pseudonymen zu realen Personen ist Dritten nicht möglich. Auf diese Weise hat der Benutzer die Möglichkeit, sich mit anderen Nutzern zu vergleichen und kann die Qualität seiner individuellen Händehygiene richtig einschätzen und gegebenenfalls verbessern.

Das System arbeitet mit schwachen und sehr kurzen Funkimpulsen, die weder für Personen noch für andere technische Geräte schädlich sind. Da das System nicht mit WLAN arbeitet, kann es außerdem keine Konflikte mit vorhandenen WLAN-Systemen geben. Trotz der geringen Funkenergie kann IHMoS Wände durchdringen und größere Entfernungen überbrücken. Falls die Reichweite der Sender in den Spendern trotzdem nicht ausreichen sollte, können Repeatermodule diese fast unbegrenzt vergrößern. Das System besteht aus den Sendemodulen in den Händedesinfektionsmittelspendern, Repeatermodulen, einem Empfangsmodul und einer Software, die auf einem Server installiert wird. Repeater und Empfänger werden an den Flurdecken montiert und haben in etwa die Größe eines Routers. Der Empfänger wird in das bestehende Netzwerk eingebunden und kann so mit dem Server und der Software kommunizieren. Jeder PC, der Netzwerkzugriff zum Server hat, kann benutzt werden, um sich über einen beliebigen Internetbrowser jederzeit in das System einzuloggen und Auswertungen zu erstellen. Zudem können Auswertungen eingerichtet werden, die automatisch per E-Mail verschickt werden.

Software
Der hohe Zeitdruck des Pflegepersonals auf Intensivstationen macht Maßnahmen zur Verbesserung der Compliance notwendig, die den Arbeitsalltag des Personals nicht durch zusätzliche Tätigkeiten belasten. Aus diesem Grund wurde IHMoS so entwickelt, dass übersichtliche grafische Darstellungen der Spendernutzungsdaten automatisch erzeugt und per E-Mail in PDF-Form versendet werden. Diese automatischen Berichte können bezüglich des Zeitraums, der Spenderauswahl und Detailstufe jederzeit beliebig konfiguriert werden. Es können mehrere Personen die gleiche Auswertung „abonnieren“ oder jeweils individuelle Auswertungen bekommen.

Jegliche Einstellungen können mit Hilfe eines beliebigen Internetbrowsers eingesehen und angepasst werden. Dazu ist ein Login notwendig, um nicht autorisierten Personen den Zugriff zu verweigern. Neben der Konfiguration ist im Webinterface auch die Erstellung von individuellen Auswertungen möglich. Hier können sämtliche Einstellungen vorgenommen werden, ohne die automatischen Auswertungen zu beeinflussen. Für diese individuellen Auswertungen können bei Bedarf auch weitere Daten wie z. B. Patientenliegetage eingegeben werden. Die Software ist dadurch in der Lage zu berechnen, wie viel Desinfektionsmittel pro Patiententag verbraucht wurde. Verbrauchsdaten können auf Wunsch anonym mit den Daten anderer Stationen oder Krankenhäuser verglichen werden. Auf diese Weise können sowohl klinikinterne Standards kontrolliert werden als auch die Werte verschiedener Kliniken gegeneinander evaluiert werden. Bevor es Probleme durch schwache Batterien, eine gestörte Funkverbindung oder lange Nichtbenutzung eines Spenders gibt, verschickt das System automatisch eine Benachrichtigung per E-Mail. Zeitaufwändige Intervallüberprüfungen entfallen somit und trotzdem bleibt kein Vorfall unbemerkt.

Installationen
IHMoS Installationen befinden sich zurzeit im St.Marien-Hospital Mülheim an der Ruhr, Helios Klinikum Krefeld, Charité Berlin und im St. Elisabeth Hospital in Herten. An der Universitätsklinik in Greifswald wird IHMoS in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Axel Kramer konsequent weiterentwickelt. Zusätzliche Features können so direkt im klinischen Alltag getestet und bis zur Serienreife praxisnah entwickelt werden.

Aktuelle Informationen finden Sie unter www.ihmos.de

Bastian Urban,

Malte Kohlmeier,

Udo Jorczyk,

René Rettkowski

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