Arbeitsschutz

Praktische Aspekte einer Gefährdungsbeurteilung von Inspektionstätigkeiten im Ladeluftkanal von Zweitakt-Schiffsmotoren

Zusammenfassung Die Qualität von Schmierstoffen für Schiffsmaschinen wird zu Zwecken der Produktforschung und -entwicklung regelmäßig im Praxistest auf Seeschiffen geprüft. Da die Kontrolltätigkeit an Bord der Schiffe durch vielfältige Belastungen und Gefahren charakterisiert ist, die an den Arbeitsplätzen der Beschäftigten an Land nicht existieren, wurde unter deren Mitwirkung eine Gefährdungsbeurteilung für die Tätigkeit an Bord der Schiffe erstellt, in der die komplexen Arbeitsbedingungen erfasst werden und aus der spezifische, praxisgerechte Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden. Schlüsselwörter Gefährdungsbeurteilung – Ladeluftkanal – Schiffsmotoren Summary The producer of engine oils has to monitor the performance of these petroleum products as part of the quality assurance process. For this purpose staff of the producer has to make inspections within the engines of large container vessels, which are lubricated with the engine oils. The benefit is to obtain real life wear results. The task is very different from the work environment on shore and many unused hazards have to be considered. A health risk assessment has to cover the hazards and to assess their possible impact on human health. The resulting preventive actions reduce the risks related to the inspections of the engines to a low and acceptable level. Key words Health risk assessment – Scavenge air channel – Engine – Container vessel

Tätigkeitsbeschreibung
Auf Seeschiffen mit Zweitaktmotor für den Schwerölbetrieb wird nach der Überfahrt die „Performance“ der eingesetzten Schmieröle anhand verschiedener Kriterien geprüft, um ein mögliches Optimierungspotential der Produkte zu erkennen. Dazu müssen die Laufbuchsen, Kolben und Kolbenringe visuell begutachtet werden, vor Ort Protokolle ausgefüllt und in großem Umfang Fotos angefertigt werden. Das Ölabstreifbild lässt Rückschlüsse auf die Qualität der Schmierung zu.

Innerhalb des haushohen Schiffsmotors müssen die Mitarbeiter in den Ladeluftkanal (Abbildungen 1 bis 3 und 5) einsteigen, um an die seitlich zugänglichen „Scavenge air ports“ (Spülluftzugänge zu den Zylindern, Abbildung 4) zu gelangen. Der Ladeluftkanal, der bei einer Länge von ca. 25 Metern allenfalls Stehhöhe aufweist, läuft in Längsrichtung durch den Motor. Durch den Ladeluftkanal wird im Betriebszustand unter einem Druck von ca. 3 bar Verbrennungsluft vom Turbolader in die Zylinder geführt.

Die Inspektoren werden aus einem Team von ca. acht Personen rekrutiert. Es handelt sich meist um erfahrene Chemielaboranten und Ingenieure, die im vorgegebenen Rahmen eigenverantwortlich arbeiten können. Jährlich haben sie jeweils sechs bis acht Inspektionen durchzuführen. Ihre fachliche Aufgabenstellung können sie vollständig überschauen und sie sind sich in vollem Umfang der Arbeits- und Gesundheitsschutzaspekte ihrer Tätigkeit bewusst. Sicherheitsgerechtes eigenes Verhalten sowie die konsequente Nutzung der persönlichen Schutzausrüstung gelten als selbstverständliche Routine. Die Schutzausrüstung umfasst Overall, Schutzhelm (außerhalb des Motors/an Deck), Anstoßkappe (im Ladeluftkanal), angepassten Gehörschutz, Stirnlampe, Knieschutz, Armschutz, Schutzschuhe (separat für Sauber- und Schmutzbereich), Einmal-Schutzhandschuhe gemäß Handschuhkonzept, Hautpräparate gemäß Hautschutzplan, Mess- und Warngerät für O2, H2S und CO2, Thermometer und Mobiltelefon.

Grundlegende Regelwerke
Die Containerschiffe, auf denen die Inspektionen stattfinden, fahren großenteils unter ausländischer Flagge. Nationale rechtliche Vorschriften gelten nur bedingt, und die Standards des Arbeits- und Gesundheitsschutzes können durchaus vom hiesigen Niveau abweichen. Vor diesem Hintergrund ist zunächst zu überlegen, welche grundsätzlichen Regelwerke zum Arbeitsschutz während der Inspektionstätigkeit zu beachten sind (siehe Tabelle auf Seite 106).

Gemäß Arbeitsschutzgesetz1 sind Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit in allen Tätigkeitsbereichen durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Das Gesetz gilt zwar nicht für den Arbeitsschutz von Beschäftigten auf Seeschiffen, ist aber bei der Inspektionstätigkeit dennoch zu berücksichtigen. Denn die regulären Arbeitsplätze der Inspektoren befinden sich an Land und die Kontrollen in den Motoren entsprechen lediglich kurzfristigen Arbeitseinsätzen. Das Gesetz verpflichtet in § 5 den Arbeitgeber zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung und listet dort Gefährdungsquellen auf, die auch für die Inspektionstätigkeiten an Bord der Schiffe große Relevanz haben.

Die BG Vorschrift „Grundsätze der Prävention“ (BGV A 1)2 spezifiziert die gesetzlichen Vorgaben und weist in § 3 insbesondere auf die Problematik von „nicht stationären Betrieben, z.B. Baustellen“ hin, die einer regelmäßigen Veränderlichkeit unterworfen sind. Hiermit sind die Arbeitsbedingungen auf den Schiffen in gewissem Umfang vergleichbar, da die Motoren, in denen die Inspektionsarbeiten durchgeführt werden müssen, technisch und baulich mitunter große Unterschiede aufweisen. Zudem zeigen die bordeigene Organisation, die Kooperationswilligkeit der Besatzungen und die Sicherheitsstandards der Schiffe eine große Variabilität. Analog zu der Forderung der BGV A 1 ist daher die Anwendbarkeit der einmal erstellten Gefährdungsbeurteilung von Fall zu Fall zu prüfen und diese ggf. den spezifischen Erfordernissen jeweils anzupassen.

Das Seemannsgesetz3 verpflichtet in § 80 den Reeder, „den gesamten Schiffsbetrieb und alle Geräte so einzurichten und zu unterhalten und die Beschäftigung sowie den Ablauf der Arbeit so zu regeln, dass die Besatzungsmitglieder gegen See- und Feuersgefahren sowie gegen sonstige Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit so weit geschützt sind, wie die Art des Schiffsbetriebs es gestattet …“.

Die Arbeitsschutzziele an Bord von Schiffen werden durch die Unfallverhütungsvorschriften für Unternehmen der Seefahrt, UVV See4, normiert. Zahlreiche Kapitel der UVV See beeinflussen die Gefährdungsbeurteilung, da ihre Beachtung und Umsetzung über die Arbeits- und Gesundheitsschutz-Standards an Bord und somit über die Arbeitsumgebung entscheiden, in der die Inspektoren tätig werden.

Die Grundsätze zum Gesundheitsschutz sind sinngemäß auch in global einheitlichen firmeneigenen Regeln verbindlich festgeschrieben und Teil eines umfassenden QHSE-Managementsystems. Zu dem vorgeschriebenen Standard jeder Gefährdungsbeurteilung zählt das Ranking der jeweiligen Gefährdungen in einer Risikomatrix. Mithilfe deren Achsen „Schädigungspotential“ und „Eintrittswahrscheinlichkeit“ lässt sich eine angemessene Priorisierung von Arbeitsschutzmaßnahmen treffen. Erforderliche Aktionen werden mit verantwortlichem Aktionsnehmer und zeitlicher Fristsetzung konkret dokumentiert und ihre Umsetzung termingerecht kontrolliert. Jede Gefährdungsbeurteilung ist routinemäßig alle fünf Jahre und umgehend bei relevanten Änderungen der Gefährdung zu aktualisieren.

Die Arbeitsstättenverordnung6 bedarf keiner Berücksichtigung, da sie nicht für Arbeitsstätten in Transportmitteln gültig ist, sofern diese im öffentlichen Verkehr eingesetzt werden.

Erstellung der Gefährdungsbeurteilung
Die mit der Inspektionstätigkeit beauftragten Mitarbeiter haben als unmittelbar Betroffene mit der Dokumentation ihrer praktischen Erfahrungen und daraus resultierender Arbeitsschutzmaßnahmen das Grundgerüst der Gefährdungsbeurteilung erstellt und deren weitere Vervollständigung wesentlich mitgestaltet. Das Gefährdungsbeurteilungs-Team bestand daneben aus dem verantwortlichen Projektleiter, dem Sicherheitsingenieur, einem Schiffsingenieur, einem Betriebsrat und dem Betriebsarzt, so dass fachlicher Input aus sehr verschiedenen Perspektiven gewährleistet war. In mehreren Besprechungen wurden die Resultate der Ortsbesichtigung und die verfügbaren Informationsquellen analysiert, bewertet und in die Gefährdungsbeurteilung eingearbeitet.

Es entstand ein Dokument, welches den betroffenen Inspektoren eine praxisgerechte Orientierung bietet. Wesentlicher Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung ist eine daraus abgeleitete Checkliste, an Hand derer sich die Inspektoren vor Aufnahme ihrer Tätigkeit systematisch vergewissern können, ob die festgelegten Schutzvorkehrungen auch auf jedem Schiff eingehalten werden können.

Ein wesentlicher Schritt der Gefährdungsbeurteilung bestand im Literaturstudium und in fachlichen Recherchen bei Reedereien, Schiffsmotorenherstellern, der See-Berufsgenossenschaft, dem nationalen und dem europäischen wissenschaftlichen Mineralölverband, bei im Marinebereich erfahrenen Arbeitsmedizinern und Sicherheitsfachkräften und nicht zuletzt beim Arbeitgeber der betroffenen Inspektoren. Auf diesem Wege konnten diverse Einzelinformationen in die Gefährdungsbeurteilung einfließen, jedoch war es nicht möglich, auf gut dokumentierte, zusammenfassende Expertisen zurückzugreifen. Zu Tätigkeiten im Ladeluftkanal liegen offenbar nur begrenzte praktische Erfahrungen und insbesondere keine vollständigen Begutachtungen unter arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten vor.

Als praktische Arbeitshilfe, vor allen Dingen zur Sicherstellung der Vollständigkeit der Dokumentation, wurde das Merkblatt A 017 Gefährdungsbeurteilung – Gefährdungskatalog der BG Chemie5 zur Hilfe genommen. Neben einem detaillierten Gefährdungsinventar enthält das Merkblatt eine umfassende Sammlung weiterführender Literatur, insbesondere berufsgenossenschaftlichen Ursprungs.

Grundsätzlich ist die Betrachtung der Arbeitsplätze vor Ort Voraussetzung für Vollständigkeit und Angemessenheit jeder Gefährdungsbeurteilung. Dieser praktische Teil der Gefährdungsbeurteilung fand an Bord eines 2006 in Dienst gestellten Containerschiffs von 335 Metern Länge, 43 Metern Breite, 14 Metern Tiefgang und einer Stellkapazität von 8.500 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit) statt. Die Hauptmaschine leistet 68.620 kW (90.875 PS). Das Schiff fährt für eine weltweit renommierte ausländische Reederei, und die an Bord erkennbaren Sicherheitsstandards wie Fluchtwege- und Sicherheitskennzeichnung, Alarmsysteme, Rettungsmittel, Schutzausrüstung oder Kooperation der Besatzung waren vorbildlich. Weil das Schiff erst am Vorabend der Inspektion von einer langen Seereise im Hafen Hamburg eingetroffen war, hatte sich der Motor nur leicht abgekühlt, wodurch eine für die Tätigkeit der Inspektoren repräsentative Situation und somit auch eine für die Gefährdungsbeurteilung realistische Bedingung gegeben war.

Räumliche Enge und Sicherungsposten
Der Ladeluftkanal (Abbildung 5) ist neben vollständiger Dunkelheit, Hitze, Ölnebel, Glätte sowie Stolper- und Anstoßstellen vor allen Dingen durch Enge charakterisiert. Je nach Motortyp ist er ca. zwei Meter breit und kann, durch Querspanten in zahlreiche Kompartimente unterteilt, bis zu 30 Meter lang sein. Stehhöhe ist nicht in allen Segmenten und auch nicht in allen Ladeluftkanälen vorhanden. Die Mannlochdeckel am vorderen und achteren Ende des Kanals sind beim Betrieb des Motors von außen fest zugeschraubt und lassen sich von innen nicht öffnen.

Nach den firmeninternen Arbeitsschutzregeln ist der Ladeluftkanal als enger Raum einzustufen: „A confined space is a fully or partially enclosed space where there is a risk of serious injury from hazardous substances or conditions within the confined space“. Es wird hier eine Aufsichtsperson gefordert, die für die Aufrechterhaltung der Kommunikation zwischen allen Parteien verantwortlich ist und im Zweifelsfall Alarm auslösen kann.

Die BG-Regel 117-I „Behälter, Silos und enge Räume“7 definiert Behälter und enge Räume als „allseits oder überwiegend von festen Wandungen umgebene sowie luftaustauscharme Bereiche, in denen aufgrund ihrer räumlichen Enge oder der in ihnen befindlichen bzw. eingebrachten Stoffe …. Gefährdungen ….“ bestehen. Inspektionsarbeiten fallen ausdrücklich in den Gültigkeitsbereich der Regel. Sie fordert neben einer Gefährdungsbeurteilung ein Erlaubnisscheinverfahren und einen Sicherungsposten bei entsprechenden Tätigkeiten.

Nach der BGV A 1 § 8 handelt es sich um eine gefährliche Arbeit, welche die Aufsicht einer mit der Arbeit vertrauten und weisungsbefugten Person erfordert.

Die UVV See verlangt in § 9 für gefährliche Arbeiten die Anleitung und Überwachung durch eine betriebliche Aufsichtsperson und schreibt vor, dass mit diesen Arbeiten erst begonnen wird, nachdem alle nach den Erfordernissen des Einzelfalles notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen sind.

Die Richtlinie „Arbeiten in gefährlichen Räumen“8 der See-BG legt fest, dass jeder Schiffsraum oder Tank, der längere Zeit von der Außenluft abgeschlossen war, ausnahmslos als gefährlich anzusehen ist und nur auf Anweisung eines Schiffsoffiziers betreten werden darf. Für die Dauer des Aufenthalts von Personen im gefährlichen Bereich wird ein Beobachtungsposten gefordert, der in ständiger Verbindung zu der Person im gefährlichen Bereich zu stehen hat.

Die mit der Inspektionstätigkeit beauftragten Mitarbeiter steigen grundsätzlich zu zweit in den Ladeluftkanal ein, und zusätzlich wird Sorge getragen, dass von der Schiffsbesatzung ein Sicherungsposten gestellt wird. Da die akustische Kommunikation durch die Bauweise des Ladeluftkanals und die Geräuschkulisse im Maschinenraum der Schiffe deutlich beeinträchtigt ist9, hat er auch darauf zu achten, dass die Mannlochdeckel nicht geschlossen werden, während die Inspektoren sich noch im Ladeluftkanal aufhalten.

Muskuloskelettäre und psychische Belastung
Da im Inneren des Motors gearbeitet wird und alle Teile und Flächen mit unverbrannten Ölen und Kraftstoffen bedeckt sind, besteht auf dem glatten Boden eine hohe Rutschgefahr. Die Mitarbeiter müssen in den Ladeluftkanal hineinklettern, über Hindernisse steigen und sich permanent bücken, um nicht mit dem Kopf an Motorteile anzustoßen. Die eigentliche Inspektion erfolgt im seitlichen Bereich des Kanals an den Ports und kann dort nur in ungünstiger Zwangshaltung durchgeführt werden (Abbildung 6). Es ist ununterbrochenes Hocken oder Knien erforderlich, der Oberkörper ist meist seitlich gedreht, und die Hände müssen beim Fotografieren der Kolbenoberflächen im Bereich der Kolbenringe ständig über Kopf gehalten werden. Das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung und die Aufenthaltsdauer von bis zu vier Stunden erschweren die Tätigkeit zusätzlich.

Die BGR 117-I stellt fest, dass Arbeiten in engen Räumen eine körperliche und psychische Belastung darstellen, die durch das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung und besondere klimatische Bedingungen verstärkt werden können. Diese Aspekte werden auch in unternehmensinternen Vorgaben ausdrücklich bestätigt, die deshalb eine entsprechende gesundheitliche Eignung („Fitness to Work“) der eingesetzten Personen verlangen, die nach festgelegten medizinischen Leitlinien zu beurteilen ist. Auch § 7 Arbeitsschutzgesetz und die BGV A 1 fordern prinzipiell vom Unternehmer, die Befähigung der Mitarbeiter für eine Tätigkeit sicherzustellen, was deren körperliche und psychische Belastbarkeit umfasst.

Neben orthopädischen Erkrankungen in der Anamnese und entsprechenden Symptomen und Befunden muss der psychische Status der Inspektoren im Rahmen der arbeitsmedizinischen Untersuchung berücksichtigt werden. Allerdings stehen betriebsärztliche Instrumente, dabei eine mögliche Klaustrophobie der Mitarbeiter herauszufiltern, nicht routinemäßig zur Verfügung. Patienten, die bereits in der Anamnese Episoden von Klaustrophobie haben, sind jedoch als gesundheitlich für die Tätigkeit nicht geeignet zu beurteilen. Es wurde zudem vereinbart, dass Mitarbeiter, die zum ersten Mal in den Ladeluftkanal einsteigen, dies im Sinne einer Arbeitserprobung mit besonderer Vorsicht und Selbstbeobachtung tun. Sie haben die Freiheit, jederzeit die Tätigkeit zu beenden, wenn sie beim Erreichen der tieferen Abschnitte des Kanals Ängste entwickeln sollten.

Temperatur im Arbeitsbereich
Die Hafenliegezeit moderner Containerschiffe ist knapp bemessen. Die Inspektionstätigkeit in den Ladeluftkanälen muss daher meist schon erfolgen, nachdem die Schiffe gerade erst von der Seereise mit tagelangem Dauerbetrieb des Motors zurückgekehrt sind. Diese Zeit reicht nicht zu einer nennenswerten Abkühlung des Motors aus und die Wärme wird vom Motor fast unvermindert abgestrahlt. Zwar haben Messungen ergeben, dass die Temperaturen der metallenen Oberflächen der Motoren unter den Grenzwerten liegen, ab denen nach § 104 der UVV See eine Brandverletzungsgefahr gegeben ist. Dort werden > 65° C bei einer Berührungsdauer von 1 Sekunde und > 60° C bei 3 bis 4 Sekunden angegeben4. Allerdings treffen die Mitarbeiter beim Einstieg in den Ladeluftkanal hohe Raumlufttemperaturen bis 45° C an. Das Tragen des Arbeits-Overalls führt zu einer zusätzlichen thermischen Belastung.

Die Temperatur liegt somit erheblich über einer als Erträglichkeitsbereich definierten Spanne von 26° C bis 35° C10, es ist von einer gesundheitlichen Belastung mit Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu rechnen11, 12. Ein firmeninterner „Guide to Thermal Stress“ begrenzt in Anlehnung an ACGIH-Vorgaben die akzeptable Hitze-Exposition in Relation zur Schwere der körperlichen Tätigkeit. Im Bereich der hier diskutierten Temperaturen gilt demnach selbst bei Einschub ausgedehnter Pausenzeiten nur leichte körperliche Arbeit als zumutbar.

Nach den Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 30 „Hitzearbeiten“13 sind die Inspektoren dem Personenkreis gelegentlich Exponierter ohne Hitzeadaptation zuzuordnen („Gruppe 2“). Da die in den Auswahlkriterien genannten Richtwerte selbst für leichte körperliche Arbeit deutlich überschritten werden, ist eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nach G 3014, 15 verpflichtend vorgeschrieben.

Die Mitarbeiter erhalten Informationen zu charakteristischen Hitze-Symptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung, Konzentrationsschwäche, Reaktionsdefizit, Desorientierung, Schwindel, Kreislaufreaktion, Hitzekrampf, Hitzschlag und Hitzekollaps und zu angemessenen Verhaltensweisen. Sie werden angewiesen, bei akuten Erkrankungen und beim Gefühl fehlender gesundheitlicher Eignung nicht in den Ladeluftkanal einzusteigen.

Die Inspektoren werden über die Notwendigkeit einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr informiert. Der Arbeitgeber stellt entsprechend der berufgenossenschaftlichen Empfehlung15 dafür Mineralwasser zur Verfügung, zumal er Kosten für Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz gemäß § 3 nicht den Beschäftigten auferlegen darf. Zusätzlich erhalten die Inspektoren Substanzen zur Elektrolytsubstitution.

Um der individuellen Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit der Inspektoren gerecht zu werden, können diese autonom über Lage, Häufigkeit und Dauer erforderlicher Pausen entscheiden und es steht Ihnen frei, nach der Tätigkeit an Bord den Arbeitstag frühzeitig zu beenden.

Sauerstoffgehalt der Atemluft
Während bei laufender Maschine die Kompressoren Luft mit normalem Sauerstoffgehalt in den Ladeluftkanal drücken, muss im Hafenbetrieb ein ausreichender Sauerstoffgehalt im Ladeluftkanal sichergestellt werden. Die UVV See § 77 schreibt vor, dass „…… ein gefährlicher Raum, der von der Außenluft abgeschlossen war, ohne ein von der umgebenden Luft unabhängiges Atemschutzgerät nur betreten werden darf, wenn er unmittelbar zuvor gründlich belüftet worden ist und die Prüfung mit einem zugelassenen Gasspürgerät ergeben hat, dass die Raumluft genügend Sauerstoff enthält“. Ein Sauerstoffmangel ist nach der BGR 117-I gegeben, wenn die in der natürlichen Atemluft vorhandene Sauerstoffkonzentration von 20,9% unterschritten wird.

Bereits ca. drei Stunden vor Beginn der Inspektionstätigkeiten werden daher die beiden Mannlochdeckel an den Kopfseiten des Spülluftkanals geöffnet, und mit einem vorgesetzten Gebläse (z.B. 300 W, 60–70 m3/min) wird Luft durch den Ladeluftkanal geblasen (Abbildung 7). Die Durchlüftung wird während der Inspektionstätigkeit kontinuierlich fortgesetzt. Der Sauerstoffgehalt wird vor dem Einsteigen in den Kanal und konstant während der Inspektionstätigkeit gemessen. Bei einem Sauerstoffgehalt von 21–18 Vol.-% sollen die Inspektoren nur dann in dem Ladeluftkanal eingesetzt werden, wenn sie nicht unter Herz-, Kreislauf-, Gefäß- oder Atemwegserkrankungen leiden16. Der Aufenthalt im Ladeluftkanal ist in diesem Fall so kurz wie möglich zu halten und zwischen einzelnen Aufenthalten ist eine Pause von mindestens 30 Min. außerhalb des Ladeluftkanals einzulegen. Die Inspektionstätigkeit ist bei weiter erniedrigten Sauerstoffkonzentrationen angesichts der zusätzlichen Belastungen durch Hitze und Zwangshaltung selbst dann nicht vertretbar, wenn die ansonsten zugestandenen Aufenthaltsdauern16, 17 von maximal vier Stunden (bei 18–15 Vol.-% O2) und maximal zwei Stunden (bei 15–13 Vol.-% O2) eingehalten werden könnten.

Gefahrstoffe in der Raumluft
Hinsichtlich möglicher Gefahrenpotentiale durch Gefahrstoffe im Ladeluftkanal sind die Bestimmungen der Gefahrstoffverordnung18, insbesondere die in § 7 verankerte Pflicht zur Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Nach § 77 der UVV See darf ein Raum, in dem sich gesundheitsschädliche Luftverunreinigungen in gefährlicher Konzentration oder explosionsfähige Gas/Luft- oder Dampf/Luft-Gemische ansammeln können, ohne Atemschutzgerät nur betreten werden, nachdem eine Prüfung mit einem zugelassenen Gasspürgerät und einem zugelassenen Gaskonzentrationsmessgerät die Gasfreiheit ergeben hat. Auch wenn ein Raum als gasfrei befunden ist, muss er so lange überwacht werden, wie sich Personen darin aufhalten. Individuelle Konzentrationsmessungen jeweils vor Beginn einer jeden Inspektion und ein kontinuierliches Air-Monitoring während der Inspektionstätigkeit wurden daher als Standard festgelegt.

Die Präsenz von Schwerölen als Schiffsbrennstoff und von Schmierölen, die in ihrer Zusammensetzung jeweils einer großen Variabilität unterliegen19, 20, 21, erfordert primär den Ausschluss gesundheitsschädlicher Konzentrationen von Ölnebeln und Kohlenwasserstoffgemischen. Für Ölnebel wurde eine maximale Konzentration von 1 mg/m3 ermittelt, somit sind die verfügbaren, relevanten Grenzwerte22 um ein Vielfaches unterschritten (OSHA: Permissible Exposure Limit (PEL) 5 mg/m3 als TWA; NIOSH: Recommended Exposure Limit (REL) 5 mg/m3 als TWA und 10 mg/m3 als 15-Minuten TWA Short-Term Exposure Limit (STEL); ACGIH: Threshold Limit Value (TLV) 5 mg/m3 als TWA und als STEL 10 mg/m3). Auch in einem geschlossenen Spülluftkanal ergab die Analyse von Sauerstoff, Kohlenmonoxid, Kohlenstoffdioxid und Kohlenwasserstoffgemischen keine relevanten Abweichungen gegenüber der Atemluft im Maschinenraum9.

Zahlreiche polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe haben sich im Tierversuch als krebserzeugend erwiesen23. Schwerölen muss wegen ihres Gehalts an PAH daher ein kanzerogenes Potential zugeschrieben werden. Wenn Beschäftigte Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen oder Zubereitungen der Kategorie 1 oder 2 ausüben, haben sie sich Vorsorgeuntersuchungen zu unterziehen bzw. müssen das Angebot einer Untersuchung erhalten18. Aber selbst wenn die Inspektionen im Ladeluftkanal als Tätigkeit im Sinne des § 3 der GefStV beurteilt würden, wäre die Möglichkeit einer inhalativen Exposition als faktisch ausgeschlossen zu betrachten, was durch die Messungen bestätigt wird. Wegen gewisser Unwägbarkeiten durch die großen technischen und qualitativen Unterschiede der verschiedenen Schiffsmotoren wird der Aspekt Gefahrstoffumgang dennoch in die Vorsorgeuntersuchungen integriert.

Die Expositionsmöglichkeit gegenüber Schwefelwasserstoff, der aus dem Schweröl freigesetzt werden könnte20 und aktuell mit einem MAK-Wert von 7,1 mg/m3 belegt ist23, kann aufgrund der technischen Gegebenheiten als sehr gering und eher theoretischer Natur eingestuft werden. Bei Messungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung konnte Schwefelwasserstoff im Ladeluftkanal erwartungsgemäß nicht nachgewiesen werden.

Dermale Expositionsmöglichkeiten
Kontakt zu den Rückständen der Schmieröle führt regelmäßig zu einer starken Verschmutzung der Schutzkleidung (Abbildung 8), was deren Notwendigkeit und Nutzen belegt. Hitze, feuchtes Milieu sowie mechanische Schädigungen und Mikrotraumen der Haut könnten anderenfalls die dermale Resorption von Gefahrstoffen begünstigen.

Hautkontakt definiert die TRGS 40124 als „direkten Kontakt der Haut mit Flüssigkeiten, Pasten, Feststoffen, einschließlich der Benetzung der Haut mit Spritzern oder …“. Dieser Kontakt kann durch die Schutzkleidung weitgehend ausgeschlossen werden. Allenfalls eine akzidentelle und geringfügige Berührung der Haut von Gesicht und Händen mit Stoffen ist denkbar, wobei unter ergänzender Berücksichtigung der in Frage kommenden Substanzen sowie von Dauer, Häufigkeit und Konzentration des Hautkontaktes keine biologische Veränderung zu erwarten sein dürfte.

Den Beschäftigten stehen nach internem Hautschutzplan bewährte Präparate für Hautschutz, -reinigung und -pflege zur Verfügung. Sie tragen Nitrilkautschuk-Handschuhe, die gegenüber den in Frage kommenden Stoffen eine nachgewiesene und zertifizierte Barrierefunktion ausüben. Problematisch könnte im Einzelfall das Tragen der Schutzhandschuhe an sich werden, da sich durch die Isolierung der Hände hier ein feuchtes Milieu bildet. Nach Anhang V Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung sind ab arbeitstäglich vier Stunden Feuchtarbeit arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen und ab zwei Stunden täglicher Feuchtarbeit anzubieten. Obwohl wegen des eher gelegentlichen Tragens von Schutzhandschuhen weder Pflicht noch Angebot zu einer Untersuchung nach G 2425 abgeleitet werden können26, wäre im Rahmen der ohnehin erforderlichen betriebsärztlichen Untersuchung auch auf dermatologische Aspekte zu achten.

Präventive Information und Organisation
Das Arbeiten in einer fremden Umgebung erfordert eine ausreichende Information über die dortigen räumlichen und funktionalen Gegebenheiten. Die obligatorische Anmeldung bei einem Schiffsoffizier ist dazu zu nutzen, sich nach existierenden Anweisungen und Verhaltensmaßregeln zu erkundigen und insbesondere Sicherheitsinstruktionen einzuholen. Die Tätigkeit im Ladeluftkanal darf erst aufgenommen werden, wenn eine Freigabe durch den Wach-Ingenieur des Schiffes vorliegt. Ein effektiver Informationsaustausch setzt voraus, dass alle Beteiligten Englisch sprechen und auch die notwendigen Fachbegriffe beherrschen. Mit solchen organisatorischen Maßnahmen wird dem § 9 des Arbeitsschutzgesetzes Rechnung getragen, der vom Arbeitgeber Maßnahmen verlangt, damit nur Beschäftigte Zugang zu besonders gefährlichen Arbeitsbereichen haben, die zuvor geeignete Anweisungen erhalten haben.

Die Inspektoren sind sich bewusst, dass sie an Bord nur Gäste sind und sich die Kooperation mit den Crews auf ein Minimum beschränkt, weil gerade im Hafen zahlreiche andere Aufgaben mit der Inspektionstätigkeit konkurrieren. Zudem steht die Tätigkeit stets unter Zeitdruck, da auch andere Gewerke die Hafenliegezeit nutzen müssen, um ihre Aufträge im Maschinenraum des Schiffes abzuarbeiten. Die Inspektoren müssen berücksichtigen, dass bereits das Einchecken bei der Hafen Security, der begleitete Transfer zum Liegeplatz und an Bord die Anmeldung beim Gangwayposten und beim verantwortlichen Offizier geraume Zeit in Anspruch nehmen.

Die Gefährdungsbeurteilung hat auch die An- und Abreise der Inspektoren zu den Seehäfen zu berücksichtigen, in denen die Inspektion durchgeführt wird. Dies sind in der Regel Häfen in Norddeutschland, welche Fahrstrecken von maximal 150 km erfordern. Bei spätem Arbeitsende und Rückfahrwegen über 50 km sind Übernachtungen einzuplanen. Es kann sich allerdings auch um ausländische Häfen handeln, die interkontinentale Reisen erfordern und mit typischen Belastungen wie Time Lag, Nachtarbeit oder klimatischen Besonderheiten einhergehen können.

Sicherheit und Erste Hilfe
Von zentraler Wichtigkeit ist, dass der Schiffsmotor nicht von Dritten in Betrieb genommen wird, während die Inspektoren sich noch im Ladeluftkanal aufhalten. Dies wird durch entsprechende Warnhinweise im Maschinenleitstand und die Sicherung der Startluft (geschlossene Ventile) gewährleistet. Zusätzlich erhalten die Inspektoren durch die Übergabe der kabelgeführten Fernbedienung die technische Kontrolle über die „Turnmaschine“. Durch externe Betätigung dieses Elektromotors, der an die Welle gekoppelt ist, könnten anderenfalls die Hauptwelle und damit die Kolben in Bewegung gesetzt werden, während ein Mitarbeiter die Hand in einen Port hineinhält.

Die UVV See fordert in § 23, dass vor dem Verschließen der Zugangsöffnungen von Schiffsräumen, Tanks und anderen Räumen, die keinen von innen zu öffnenden Ausgang oder Notausstieg besitzen, sicherzustellen ist, dass keine Personen in diesen Räumen eingeschlossen werden. Als Beispiele für „andere Räume“ werden Leerzellen, Kofferdämme, Koker, Rohrtunnel, Schächte, Kessel und Triebwerkräume von Dieselmotoren genannt, jedoch ist diese Vorschrift analog auf den Ladeluftkanal zu übertragen. Es ist daher sicherzustellen, dass die Mannlochdeckel nicht selbsttätig zuschlagen oder durch Dritte verschlossen werden, während die Inspektoren sich noch im Ladeluftkanal aufhalten. Neben der Anbringung von Warnhinweisen („Men Working, Don´t Close this Door“) sowie Absprache und personeller Kontrolle durch den Sicherungsposten kann ein Verschließen der Luken durch Anbringung eines Vorhängeschlosses sicher vermieden werden.

Das Arbeitsschutzgesetz fordert in § 9, „… dass alle Beschäftigten, die einer unmittelbaren erheblichen Gefahr ausgesetzt sind oder sein können, möglichst frühzeitig über diese Gefahr und die getroffenen oder zu treffenden Schutzmaßnahmen unterrichtet sind. Bei unmittelbarer erheblicher Gefahr für die eigene Sicherheit oder die Sicherheit anderer Personen müssen die Beschäftigten die geeigneten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Schadensbegrenzung selbst treffen können, wenn der zuständige Vorgesetzte nicht erreichbar ist; dabei sind die Kenntnisse der Beschäftigten und die vorhandenen technischen Mittel zu berücksichtigen …“.

Die Sicherheits- und Rettungsstandards an Bord der Schiffe sind daher besonders kritisch zu betrachten. Dies gilt umso mehr, als ein Schiff für die Inspektoren ungewohnte Gefahren birgt wie erschwerte räumliche Orientierung, regennasse Decks, steile Niedergänge über mehrere Decks, schwebende Lasten, Stolperstellen, vorstehende Schiffsteile u.v.a. Die Inspektionstätigkeit erfolgt tief im Inneren des Schiffsrumpfes, auf die üblichen Kommunikationsmittel wie Handy oder Sprechfunk ist dort kein Verlass, andere Personen sind im Maschinenraum in der Regel nicht anwesend, und bei Eintritt eines Ereignisses kann die Rekrutierung von Rettungskräften auf derart großen Schiffen viele Minuten dauern. Angesichts solcher Gefahren an Bord und des Risikos durch die gesundheitliche Belastung während der Inspektionstätigkeit müssen die Mitarbeiter die Alarmsignale an Bord und das richtige Verhalten im Gefahren- oder Ereignisfall kennen. Es ist zu bedenken, dass auch ein Abtransport eines Erkrankten oder Verletzten aus dem Maschinenraum nicht mit dem entsprechenden Vorgehen an Land vergleichbar ist.

Um den Standard des Gesundheitsschutzes zusätzlich zu erhöhen, absolvieren alle Inspektoren eine Erste-Hilfe-Ausbildung. Damit wird § 10 des Arbeitsschutzgesetzes verlässlich erfüllt: „Der Arbeitgeber hat entsprechend der Art der Arbeitsstätte und der Tätigkeiten sowie der Zahl der Beschäftigten die Maßnahmen zu treffen, die zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten erforderlich sind …“

Weitere Gesundheitsschutz-Aspekte
In der Gefährdungsbeurteilung wurden weitere Aspekte berücksichtigt, die hier zu erwähnen sind:

· Standards und Erreichbarkeit von Sozial-/Sanitär-/Umkleideräumen

· Lärm durch Turbolader, Hilfsaggregate etc., Auswahl und Praktikabilität des Gehörschutzes (der wegen der ölverschmutzten Handschuhe nicht häufig entfernt und wieder eingesetzt werden kann)

· Absturzgefahr beim Ausstieg aus dem Ladeluftkanal (Sturzgefahr über das Geländer der Arbeitsbühne hinweg, Abbildung 8) und beim Benutzen der Gangway

· Gefahren durch unkontrolliert bewegte Teile (Werkzeuge, Kranlasten u.a.)

· Sicherheitsregeln und -Standards für die berufliche Nutzung eines Kraftfahrzeugs (An-/Abreise)

· Eignung und Auswahl der Schutzkleidung hinsichtlich Chemikalienschutz und Temperaturexposition (Tragekomfort, Wärmeregulation)

· Gefahren durch nicht geprüfte oder defekte elektrische Geräte (z.B. Kabellampen)

· Arbeitsvorbereitung, Kompetenzen, Teamarbeit, Aufgabenvollständigkeit

Diskussion
Das Arbeitsschutzgesetz legt in § 3 die Grundpflichten des Arbeitgebers fest und fordert, die Mitwirkungspflichten der Beschäftigten zu ermöglichen. In diesem Sinne waren die Kooperation aller betrieblich zuständigen Personen mit ihrem unterschiedlichen beruflichen Hintergrund und die aktive Zusammenarbeit mit den Inspektoren zielführend für das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung. Nur die uneingeschränkte Einbeziehung und Beteiligung der Beschäftigten ermöglichte ein Verständnis der Zusammenhänge. Gleichzeitig stellen sie die Akzeptanz des Dokuments sicher und verhindern, dass es sich lediglich um eine theoretische Betrachtung handelt, aus der keine konkreten Aktionen erwachsen. Vielmehr werden die aus der Gefährdungsbeurteilung abgeleiteten Maßnahmen vollständig umgesetzt und die Standards als selbstverständliche Routine praktiziert. Die Inspektoren treffen sich zu monatlichen Sicherheitsmeetings, auf denen ggf. zeitnah eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung initiiert werden kann.

Die ausgesuchten Aspekte des Gesundheitsschutzes veranschaulichen die grundlegenden Vorgehensweisen der praxisorientierten, betrieblichen Arbeitsmedizin bei der Erstellung einer tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung, ohne dass eine vollständige Darstellung möglich wäre. Es wird deutlich, dass die beschriebene Tätigkeit sich großenteils an die sehr variablen Bedingungen an Bord der Schiffe anpassen muss und dass minimale Rest-Gefährdungen nicht völlig auszuschließen sind. Aber es wurde sichergestellt, dass verbleibende Restrisiken „as low as reasonably practicable“ sind, d.h. ein sehr guter Sicherheitslevel erreicht wird, dessen weitere, arbeitsmedizinisch unbedeutende Verbesserung in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand stehen würde. Gleichwohl könnte aus wissenschaftlicher Perspektive auch im Hinblick auf andere Tätigkeiten im Ladeluftkanal eine weitere messtechnische Absicherung der Gefährdungsbeurteilung von Interesse sein.

Die Tätigkeit im Ladeluftkanal ist exemplarisch für Arbeitsbedingungen, die nur begrenzte Möglichkeiten des technischen Arbeits- und Gesundheitsschutzes erlauben, wie sie gemäß § 4 des Arbeitsschutzgesetzes vorrangig umzusetzen sind. Daher kommt organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen besondere Bedeutung zu. Wesentlich sind die Aufklärung der betroffenen Mitarbeiter und die Akzeptanz der festgelegten Maßnahmen. Betriebsärztliche Beratung und Unterstützung sind von zentraler Wichtigkeit.

Für die individuelle arbeitsmedizinische Beratung stellt die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung eine ideale Gelegenheit dar. Die Untersuchung nach G 30 muss als verpflichtend betrachtet werden. Untersuchung und Beratung sollten dabei gleichzeitig auf die medizinischen Aspekte Haut, Psyche, Bewegungsapparat und Gefahrstoffe erweitert werden, auch wenn dazu keine formale Verpflichtung gesehen wird.

· Literatur

Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG) vom 27. Dezember 2000, BGBl. I, 2048

Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie: Grundsätze der Prävention. Berufsgenossenschaftliche Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, BGV A 1, Heidelberg, 2004, Jedermann Verlag

Seemannsgesetz (SeemannsG) vom 26. Juli 1957, BGBl II S. 713, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 3002

See-Berufsgenossenschaft: Unfallverhütungsvorschriften für Unternehmen der Seefahrt, UVV See in der Fassung des 1. bis 17. Nachtrags, Oktober 2003, www.see-bg.de

Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie: Merkblatt A 017 Gefährdungsbeurteilung-Gefährdungskatalog, 2006, Heidelberg, Jedermann Verlag

Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV) vom 12. August 2004, zuletzt geändert durch Artikel 6 Abs. 4 der Verordnung vom 6. März 2007, BGBl. I, 261

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Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. G 24 Hauterkrankungen (mit Ausnahme von Hautkrebs). Stuttgart, 2007, Gentner-Verlag

Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften: Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 24 „Hauterkrankungen“ (mit Ausnahme von Hautkrebs), Köln, 1998, Carl Heymanns Verlag

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