Prävention

Exzellenz im Friseurhandwerk: Eine Umfrage basierte Initiative des Hessischen Landesinnungsverbandes zur Gesundheitsförderung seiner Mitglieder

Zusammenfassung In Deutschland gibt es etwa 4 Millionen selbstständig Erwerbstätige. Die Mehrheit davon leitet Kleinst- oder Kleinunternehmen. Allein über den institutionalisierten Arbeits- und Gesundheitsschutz kann die große Zahl der Selbständigen und der Mitarbeiter dieser kleinen Betriebe nur unzureichend erreicht und bei der betrieblichen Umsetzung der Prävention und Gesundheitsförderung unterstützt werden. In dem dargestellten Forschungsprojekt „PräTrans“ wird untersucht, in welcher Weise intermediäre Institutionen wie Kammern oder Fachverbände zum Transfer des Themenbereichs „Gesundheit“ zu Kleinst- und Kleinunternehmen beitragen können. Ein Teilvorhaben des Projekts „PräTrans“ ist im Friseurhandwerk angesiedelt. Gemeinsam mit dem kooperierenden Landesinnungsverband des hessischen Friseurhandwerks wurde durch eine schriftliche Unternehmerbefragung zunächst ein Bild von den Belastungen, Beanspruchungen und Interessen der Friseurunternehmer erhoben: Dabei stehen bei den Befragten als Belastungen finanzielle und existenzielle Unsicherheiten an erster Stelle. Die Mehrheit der Befragten hatte bereits arbeitsbedingte Beschwerden, insbesondere durch langes Stehen (63%) und einseitige Körperhaltung (60%). Die Befragung gibt ebenso Auskunft über generelle Themeninteressen sowie das Informations- und Nutzungsverhalten der Selbständigen. So zeigte sich beispielsweise, dass nicht nur die Berufsgenossenschaften und Krankenkassen, sondern auch die örtlichen Innungen die wichtigsten Ansprechpartner bei Fragen zur Gesundheit und Sicherheit sind. Daraus lassen sich wichtige Schlussfolgerungen für überbetriebliche Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen in der Branche Friseurhandwerk ableiten. Auf der Basis der gewonnenen Ergebnisse wurden mit weiteren Kooperationspartnern (Krankenkasse und Berufsgenossenschaft) in Form einer Entwicklungspartnerschaft Angebote entwickelt, die sukzessive und bedarfsgerecht umgesetzt werden. Diese Entwicklungspartnerschaft bündelt die gewählten Themen und Angebote unter dem Motto „Exzellenz im Friseurhandwerk“. Gesundheit im Betrieb wird dabei als eines von verschiedenen „Exzellenzfeldern“, wie z.B. Qualität oder Qualifizierung, betrachtet. Den Unternehmern soll damit auch verdeutlicht werden, dass Kompetenzentwicklung in verschiedenen Handlungsfeldern zu einem exzellent geführten Betrieb beitragen kann und sich damit die Wettbewerbsituation verbessern lässt. Abschließend werden in dem Artikel verschiedene erste Umsetzungsschritte dargestellt. Schlüsselwörter: Unternehmer – Friseurhandwerk – Befragungen – Belastungen – Strategien mit Verbänden Excellence in hair stylist business: A survey based initiative of the Hessian Guild association to promote health of its members Abstract In Germany there are about 4 million self-employed persons. The majority of those manage small enterprises. Most of them cannot be reached and supported sufficiently by the institutional organizations for safety and occupational health: Usually there is a lack of support in implementing health promotion programs. The described research-project „PräTrans” examines how intermediate institutions such as chambers of commerce and industry trade groups can introduce the topic „health” to smallest and small enterprises. One sub-project of the project „PräTrans” is focused on the hair stylist business. In cooperation with the guild associate of Hessian hair craft at first the stress, strain and interests of hair craft entrepreneurs has been examined by a written questionnaire. Financial and existential insecurity are the dominating stress-factors of the 115 entrepreneurs of small businesses interviewed. The majority of entrepreneurs have already had work-related aliments and discomfort, especially caused by extensive standing (for 63%) and unbalanced posture. The questionnaire also provided information about the entrepreneurs’ general interests in themes, their information seeking behaviour and utilization of offered activities. For example, not only the employer’s liability insurances or health insurances play an important role but also the local guilds are relevant as contact persons for health and safety related questions. Those results can be used to develop strategies for cross-business activities of sensitization and information in the branch of hair stylist businesses. Based on the results obtained, offers have been developed with additional partners (Health insurance and Employers” Liability Insurance Association). This partnership implements the offers in a successively and demand-oriented manner. It pools the chosen themes and activities with the slogan „Excellence in the hair stylist business”. Health at work is viewed as one of the diverse „fields of excellence”, just as quality and qualification. It should be pointed out that improving competences in a variety of management sectors is an important contribution to excellence and can strengthen competitiveness. At the end of this article, the first steps for implementation are presented. Key words: Entrepreneurs – hair stylist business – interviews – strains – strategies with associations

Vorbemerkung
Im Projekt PräTrans wird empirisch untersucht und praktisch erprobt, welchen Beitrag Kammern und Verbände der Wirtschaft dazu leisten können, um die Thematik „Gesundheit und Sicherheit bei der Erwerbsarbeit“ wirksamer und nachhaltiger in unternehmerisches Handeln einfließen zu lassen. Das Kürzel PräTrans steht für „Transferpotenziale der Kammern und Fachverbände für gesundheitliche Prävention in Klein- und Ein-Person-Unternehmen“. PräTrans wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Schwerpunkts „Präventiver Arbeits- und Gesundheitsschutz“ gefördert und läuft von September 2006 bis März 2010. Es wird von der Sozialforschungsstelle Dortmund (sfs) und dem RKW Kompetenzzentrum gemeinsam bearbeitet.

Ein besonderer Zielgruppenfokus liegt dabei auf Inhabern von Klein(st)betrieben und Allein-Selbstständigen. Gut jede/r zweite Selbstständige wirtschaftet mittlerweile allein, d.h. ohne weitere Beschäftigte und in der Regel mit sehr niedriger Sachmittel- und Kapitalausstattung. Weitere ca. 40% leiten Kleinstunternehmen mit zumeist deutlich weniger als 10 Mitarbeiterinnen.1 Allein über den institutionalisierten Arbeits- und Gesundheitsschutz kann die große Zahl dieser Betriebe nur unzureichend erreicht und bei der betrieblichen Umsetzung unterstützt werden. Intermediäre Institutionen wie Kammern oder Fachverbände können zum Transfer und praktischen Umsetzung der genannten Themen in Kleinstunternehmen beitragen. Die Unternehmerin oder der Unternehmer sollen sowohl in die Lage versetzt werden, ihre persönlichen Gesundheitsbelastungen zu mindern und Gesundheitsressourcen auszubauen, als auch zu gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen für ihre Beschäftigten beizutragen.

Kammern und Verbände können zudem durch ein um den Themenbereich „Gesundheit“ erweitertes Dienstleistungs- und Beratungsportfolio profitieren: Sie bieten den Mitgliedern damit einen zusätzlichen Nutzen und weisen sich zudem in der Öffentlichkeit als moderner Dienstleister aus, der aktuelle Themen aufgreifen und umsetzen kann.

Im Rahmen des Projekts PräTrans wurden gemeinsam mit den beteiligten Kammern und Verbänden unterschiedlich akzentuierte Entwicklungspartnerschaften angestoßen, um diesen Zielen nachzugehen.

Im Folgenden wird eine der verschiedenen Entwicklungspartnerschaften mit Kammern und Verbänden vorgestellt, die sich im Projektverlauf konstituiert haben.

1 Einleitung
Eine Entwicklungspartnerschaft des Projekts „PräTrans“ ist im Friseurhandwerk angesiedelt. Das RKW Kompetenzzentrum arbeitet hier mit dem Landesinnungsverband des Friseurhandwerks in Hessen zusammen, dessen Mitgliederspektrum von der Marktausrichtung und seinen regionalen Rahmenbedingungen höchst heterogen ist. Es reicht vom Friseursalon im ländlichen-bürgerlichen Milieu bis zum Trendfriseur im Szeneviertel einer Großstadt.

Wir haben uns deshalb auch in dieser Entwicklungspartnerschaft zunächst ein Bild von den Belastungen, Beanspruchungen und Themeninteressen der Friseurunternehmer gemacht, um auf der Basis der gewonnenen Ergebnisse die Angebote des Landesverbands zu entwickeln und bedarfsgerecht umzusetzen.

2 Skizzierung der Zielgruppe
Das Friseurhandwerk in Deutschland zählte im Jahr 2007 60 368 selbstständige Friseurunternehmen und 10 150 Filialen.2 Die Zahl der Betriebe hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Der Zentralverband des Friseurhandwerks sieht den Trend zu Mikrobetrieben auf der einen Seite und auf der anderen Seite den der Filialisierung. Zwar besteht in den Betrieben nach der Handwerksordnung „Meisterpflicht“; der Zentralverband beklagt aber bei der Zulassung von „Mikrobetrieben“ zunehmende Befreiungen von dieser Pflicht.

Das Friseurhandwerk trägt ein weibliches Gesicht: Circa 90% der 248 000 Beschäftigten in Deutschland sind Frauen. Im Jahr 2007 wurden 40 500 Auszubildende in den Betrieben gezählt. Damit gehört das Friseurhandwerk zu den 10 lehrlingsstärksten Ausbildungsberufen und belegt auf der Ausbildungsliste des Handwerks Platz 2.²

Hoher Markt- und Wettbewerbsdruck sind ein weiteres Charakteristikum dieses Handwerks. Seit mehreren Jahren verzeichnet die Branche einen stetigen Umsatzrückgang – bei einer gleichzeitigen Zunahme von Friseursalons. Niedrigpreisketten, Rabattaktionen etc. sind ein Indikator für die schwierigen Bedingungen, mit denen diese Branche zu kämpfen hat.

Friseurunternehmer sind Pflichtmitglieder in der Handwerkskammer; die Mitgliedschaft in der Innung ist hingegen freiwillig. Wie generell in Unternehmensverbänden ist die Bindungskraft der Friseurinnungen gesunken. Nach Expertengesprächen im Rahmen von PräTrans sind geschätzte 30% bis 40% der Betriebe Mitglied der Friseurinnung; belastbare empirische Daten für das Bundesgebiet stehen nicht zur Verfügung.

3 Arbeitsbedingungen und Belastungen
Ein enger körperlicher Kundenkontakt, Arbeiten auf engem Raum vor den Augen der Kunden, Kollegen und Vorgesetzten, hohe Kommunikationsanforderungen, Arbeiten im Stehen und schwieriger Körperhaltung, Umgang mit Chemikalien und Feuchtarbeit, all das gehört zum Anforderungsprofil des Friseurberufs. An gesundheitsförderlichen Ressourcen bietet diese Branche unter anderem die Möglichkeit flexibler Arbeitszeitgestaltung und von wohnortnahen Arbeitsplatzangeboten. Eine prinzipiell gute Vereinbarkeit von familiären und beruflichen Anforderungen wird von Branchenvertretern hervorgehoben; dies gilt für die Beschäftigten wie auch für die Unternehmer selbst.

Der häufige Kontakt mit Friseurchemikalien und Wasser führt zu einem überdurchschnittlichen Risiko, Hautkrankheiten zu erleiden. So zählen Hauterkrankungen sowie toxische und allergische obstruktive Atemwegserkrankungen, die durch diese Stoffe ausgelöst werden können, zu den anerkannten Berufskrankheiten von Friseuren und Friseurinnen. Die Präventionsprogramme, die im letzten Jahrzehnt von der zuständigen Berufsgenossenschaft eingeleitet wurden, haben im Bereich der Berufskrankheiten (insbesondere Hauterkrankungen) gute Erfolge gezeigt. Die Meldungen auf Verdacht einer Berufskrankheit sind in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken.3, 4

In einer unveröffentlichten Auswertung der Innungskrankenkasse Baden-Württemberg und Hessen (IKK) für das Friseurhandwerk in Hessen betrug der Krankenstand im Jahr 2007 3% und lag damit unter dem Durchschnitt aller IKK-Versicherten in Hessen/Baden-Württemberg mit 4,2%.5 Die meisten krankheitsbedingten Fehlzeiten wurden durch Muskel-Skelett-Erkrankungen (21%) verursacht, gefolgt von Krankheiten der Atmungsorgane (15%).

Der relativ geringe Krankenstand ist auch darauf zurückzuführen, dass die 20- bis 29-Jährigen ca. 30% der Beschäftigten ausmachen und damit die größte Altersgruppe darstellen. Die 40- bis 49-Jährigen, deren Krankenstand in der Regel höher ist als der jüngerer Beschäftigter, sind mit nur 17% deutlich geringer vertreten als im IKK-Durchschnitt (27%).5 Diese Verteilung belegt auch die eher jugendzentrierte Personalentwicklung in der Vergangenheit, die sich angesichts des prognostizierten Nachwuchsmangels in Zukunft verändern wird. Bei älter werdenden Belegschaften ist auch in dieser Branche mit einer Zunahme von Fehltagen zu rechnen.

3.1 Belastungen der Unternehmer/in
In den meisten Betrieben sind die Unternehmer/innen in die alltäglichen Arbeitsvollzüge im Salon unmittelbar eingebunden, das heißt die oben aufgeführten Belastungen treffen auch auf sie zu. In der Regel verantworten sie als Meisterin oder Meister auch die Betreuung der Auszubildenden. Hinzu kommen Vorbereitungs- und Verwaltungstätigkeiten, die in der Regel am Abend oder Wochenende erledigt werden. Nur größere Betriebe haben eigene Verwaltungsangestellte, an die diese Aufgaben delegiert werden können.

Es wurde in Expertengesprächen im Rahmen von PräTrans berichtet, dass die berufliche „Laufbahn“ im Friseurhandwerk nach der Meisterausbildung sehr häufig in der Übernahme oder Gründung eines eigenen Salons mündet. Nur relativ wenige Meister oder Meisterinnen arbeiten auf Dauer als Angestellte.

4.1 Ziele, Methode und Stichprobenmerkmale
Ziele der Befragung: Über die speziellen Anforderungen und Belastungen der Unternehmerinnen und Unternehmer dieser Branche lagen keine aktuellen Daten oder Studien vor. Auch über ihre Themeninteressen und über geeignete Transferwege und Medien, mit denen sie erreicht werden können, konnten wir keine gesicherten Aussagen treffen. Wir führten deshalb in enger Kooperation mit dem Landesinnungsverband des Friseurhandwerks Hessen und der IKK Baden-Württemberg und Hessen eine schriftliche Befragung zu diesen Fragestellungen durch, über die im Folgenden berichtet wird. Anzumerken ist, dass diese Innungsbefragung ein Situations- und Bedarfsbild der dort organisierten Mitglieder widerspiegelt, das sich möglicherweise von den Betrieben ohne Verbandsmitgliedschaft unterscheidet.

Methode und Datenauswertung: Aus dem Adressenpool des Landesinnungsverbandes des Friseurhandwerks Hessen wurde eine Stichprobe mit 346 Kleinst- und Kleinunternehmen gezogen. Von den ausgesandten Fragebögen wurden 118 Fragebögen zurückgeschickt, was einem Rücklauf von 34% entspricht.

Merkmale der Stichprobe: Von den 115 Unternehmern, deren Antworten in die Auswertung eingingen, betreiben 10% Solo-Unternehmen. In den restlichen Unternehmen werden maximal 12 Vollzeit-Mitarbeiter und 7 zusätzliche Teilzeitmitarbeiter beschäftigt. Damit dominiert das Segment der Kleinstbetriebe.

Die Befragten sind überwiegend weiblich (72%) und durchschnittlich 49 Jahre alt. Das heißt, sie sind deutlich älter als der Durchschnitt der deutschen Erwerbstätigen und die Friseure im oben aufgeführten IKK Gesundheitsbericht.

4.2.1 Belastungen, Beschwerden und Aktivitäten für die Gesundheit
Alle Befragten empfinden ihre eigene Gesundheit als sehr wichtig (88%) oder wichtig (12%) für den Erfolg ihres Unternehmens.

Bei den Belastungen dominieren insbesondere die finanzielle Situation (für 86%) sowie die existenzielle Absicherung (76%) und Auftragslage (74%) (Abbildung 1).

Arbeitsbedingte Beschwerden traten bei den Befragten bisher insbesondere durch langes Stehen (63%) und einseitige Körperhaltung (60%) auf, gefolgt von der Beanspruchung der Haut (25%) und sozialen Konflikten am Arbeitsplatz (13%).

Befragt nach den eigenen Aktivitäten für ihre Gesundheit, meint die große Mehrheit der Unternehmer, dass sie ein gutes Zeitmanagement haben (75% „Ja“). Defizite erkennen die Selbständigen bei der Gesundheitsförderlichkeit ihres Arbeitsplatzes (58%), im Bereich Delegation (52%), Stressbewältigung und Erholung sowie der Gesundheitsgefährdung durch ihren Arbeitsplatz (jeweils 50%).

4.2.2 Ansprechpartner und erwartete Unterstützung
Die Befragten würden sich bei arbeitsbezogenen Gesundheitsfragen am ehesten an die Krankenkassen wenden (67%). Dem folgen die Berufsgenossenschaft (43%) sowie die Friseurinnung vor Ort (38%).

Bei der erwarteten Unterstützung zum Thema betriebliche Gesundheit ähnelt die Rangfolge der oben genannten bevorzugten Ansprechpartner: Die größten Erwartungen auf mehr Unterstützung bestehen an die Krankenkassen (50%), gefolgt von der Berufsgenossenschaft (43%) und der Friseurinnung vor Ort (38%).

Eine stärkere Integration von Themen der Gesundheit, des Arbeitsschutzes oder der Konfliktbewältigung in bestehende Angebote von Innungen und Kammern wird von über 80% als positiv bewertet.

4.2.3 Themeninteressen
Unter der offenen Frage, zu welchen Gesundheitsthemen mehr Informationen und Anregungen erwünscht werden, machen 31 Personen Angaben. Besonderes Interesse besteht am Themenbereich Ergonomie/Bewegung (für 58% der antwortenden Unternehmer). In einer geschlossenen Frage wurde zudem das Interesse an Fachthemen und gesundheitsrelevanten Themen erhoben. Dabei stehen an erster Stelle die Themen „Neue Techniken, Verfahren und Produkte“, „Kundengewinnung, Marketing und Vertrieb“ sowie „Innovations- und Kreativitätstechniken“ (jeweils > 50% hat sehr starkes Interesse). Auch das Thema „Umgang mit Konflikten (mit Kunden, Mitarbeitern)“ ist für fast die Hälfte der Befragten (47%) von sehr großem Interesse. Das Thema „Zeitmanagement“ steht im Hintergrund; dennoch halten es 55% für „sehr“ oder „ziemlich“ interessant.

Unter Berücksichtigung der Kategorie „ziemlich“ ergibt sich auch großes Interesse an den Themen „Umgang mit individuellen Risiken, beispielsweise Absicherung im Alter, bei Erkrankung (84% mit Angabe „sehr“ oder „ziemlich“), „Gesprächsführung, Rhetorik und Präsentation“ (81% „sehr“ oder „ziemlich“) sowie für „Qualitätsmanagement und Hygienestandards“ (80% „sehr“ oder „ziemlich“).

4.2.4 Informations-/ und Nutzungsverhalten
Zu den oben genannten Themen haben 90% der Befragten bereits Angebote genutzt. Bevorzugte Informationsquellen bzw. Unterstützer waren dabei die Friseurinnung (79%) sowie die Lieferanten/ Berater von Kosmetikprodukten (66%). Krankenkassen waren für 26% und Berufsgenossenschaften für 24% der Unternehmen die Anbieter.

Als Gründe für die Nichtnutzung von Angeboten zu den oben genannten Themen werden vor allem die hohen Kosten genannt. Rund 40% halten die Angebote für zu zeitaufwändig. Für 38% besteht der Hinderungsgrund, dass sie keine Vertretung im Betrieb haben. 33% halten die Angebote für nicht praxisnah genug sowie weitere 23% empfinden andere Themen als wichtiger.

Bevorzugte Interaktionsformen oder Medien zur Information über Fachthemen sind die Fachzeitschriften der eigenen Branche (85%). Dem folgen Seminare (69%) sowie Messen und Aktionstage (68%). Die Mitgliedszeitungen der Innungen und Kammer werden ebenfalls von der Mehrheit (59%) zur Information über Fachthemen genutzt. Unter Sonstiges werden unter anderem Frauenzeitschriften und Kollegen genannt. Bemerkenswert ist die geringe Nutzung elektronischer Medien zur Information wie z.B. Internet (28%) oder E-Mail (9%).

4.3 Resümeé der Befragung
Das Thema Gesundheit wird im Allgemeinen als wichtig erachtet, sicherlich auch deshalb, weil die Befragten mit einem Durchschnittsalter von 49 Jahren bereits gesundheitliche Folgen der Belastungen spüren. Insbesondere die arbeitsbedingten Beschwerden durch Stehen und einseitige Körperhaltung werden von den Unternehmern häufig genannt. Hauptbelastungen sind die finanzielle Situation, die existenzielle Absicherung und die Altersvorsorge.

Ihr prioritäres Informationsinteresse gilt Fachthemen wie den neuen Techniken und Verfahren oder der Kundenakquisition. Dies ist nicht überraschend, denn im Vordergrund der Unternehmer steht das Interesse, auf dem schwierigen Markt bestehen zu können.

Informationen holen sich die Unternehmer diesbezüglich eher über „klassische“ Informationsmedien wie Fachzeitschriften oder Seminare; „Moderne“ und für die Anbieter auch preiswertere Transferkanäle wie E-Mails, Newsletter oder Internetforen werden vergleichsweise selten genutzt (vgl. Abbildung 2). Allerdings wiesen Kammer- und Verbandsvertreter in Fachdiskussionen darauf hin, dass auch in dieser Branche die Mediennutzung „im Umbruch“ ist: Jüngere Handwerksmeister nutzen Internet und Mail häufiger als die älteren, sodass auch in dieser Branche elektronische Kommunikationsmethoden wohl in Zukunft bedeutsamer werden. Die gleichzeitige Nutzung mehrerer Transferkanäle (cross-mediale Angebotsstrukturen) erachten wir deshalb in den nächsten Jahren für notwendig, um den doch sehr heterogenen Rezeptionsgewohnheiten in dieser Branche entgegen zu kommen.

Die hier nur exemplarisch dargestellten Befragungsergebnisse zeigen deutlich, dass der Verband mit seinen Innungen von den befragten Mitgliedern als wichtiger Vermittler von Fachinformationen gesehen wird und er das Thema „Gesundheit“ in seinem Angebotsportfolio verankern sollte.

5 Die Entwicklungspartnerschaft „Exzellenz im Friseurhandwerk“
Zentrum der Entwicklungspartnerschaft „Exzellenz im Friseurhandwerk“ ist der Landesinnungsverband des hessischen Friseurhandwerks. Weitere Partner sind die Innungskrankenkasse Baden-Württemberg und Hessen, die Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und das Team des Projektes „PräTrans“, das im RKW Kompetenzzentrum angesiedelt ist.

Aufbauend auf den Befragungsergebnissen, der internen Beratung im Landesverband mit den beteiligten Innungsobermeistern und intensiven Diskussionen mit den Akteuren der Entwicklungspartnerschaft konzentrieren wir uns auf folgende gemeinsame Zielsetzungen:

• Unterstützung der Unternehmer auf dem Weg zur Exzellenz, indem Fragestellungen von Gesundheit und Sicherheit unmittelbar in dem Wertschöpfungsprozess verankert werden. Themen der „Exzellenz“ sind Produkt- und Servicequalität, Gesundheit, Arbeitsorganisation, Führung und Marktchancen. Um das Projektmotto „Exzellenz im Friseurhandwerk“ verbandsintern und auch gegenüber dem Kunden zu verbreiten, wurde ein Poster gestaltet und den örtlichen Innungen zur Verfügung gestellt; nach Auskunft der Geschäftsführerin des Landesinnungsverbands wird es häufig genutzt.

• Steigerung des Images und der Kompetenzen des Verbandes: Die oben genannten Maßnahmen verbessern die „gemeinsame Identität“ und sollen auch dem Kunden die Qualitätsziele des Friseursalons vermitteln.

• Unterstützung des Verbandes bei der Erarbeitung und Verbreitung praxisgerechter Informationen und Handlungshilfen für einzelne Exzellenzbereiche: So wurden 2009 mit Unterstützung der Innungskrankenkasse Seminare zum „Umgang mit Konflikten im Betrieb“ für Unternehmer entwickelt und umgesetzt. Auf Anregung des Landesverbands und der beteiligten Innungsobermeister wird dieses Thema zudem auch in Berufsschulklassen in Workshops angesprochen. Die Trainer für diese Workshops werden ebenfalls von der beteiligten Innungskrankenkasse finanziert.

Da die befragten Unternehmer ein hohes Interesse an dem Thema „Belastungen durch einseitige Körperhaltung“ und dem Thema „Ergonomie“ geäußert haben, hat sich die beteiligte Berufsgenossenschaft bereit erklärt, ein branchenspezifisches Workshopkonzept und eine Handlungshilfe zur Ergonomie im Friseursalon zu entwickeln und als Pilotmaßnahme umzusetzen. Falls sich dieses Konzept bewährt, sollen die nachhaltige Verankerung dieser Handlungshilfe und Wege der überregionalen Verbreitung diskutiert werden.

Darüber hinaus sind weitere kooperative, hessenweite Transfermaßnahmen wie Informationsblätter, Fachartikel für Branchenzeitungen oder Innungsvorträge geplant, die sukzessive 2009 umgesetzt und bewertet werden sollen.

Die Projektprozesse und Produkte sollen mit Methoden der formativen Evaluation beschrieben und bewertet werden. Besonders sorgfältig soll dabei beschrieben werden, unter welchen Rahmenbedingungen unsere Transferimpulse greifen konnten, welche Informationen auch bei den regionalen Innungen „angekommen“ sind und welche der entwickelten Konzepte und Maßnahmen im Dienstleistungsangebot des Landesverbands verankert werden.

· Literaturverzeichnis

Pröll U, Ammon U, Ertel M, Haake G, Kruse O. Selbstständig & gesund – Prävention und Gesundheitsförderung bei selbständiger Erwerbsarbeit. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Forschungsbericht (Fb 1092), Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2007

Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks. Daten und Fakten. Website http://www.friseurhandwerk.de/ daten-fakten_auszubildende,20_22. html?PHPSESSID=32d0eb8d06d4f3fdcfc ba8aadfadf362, Zugriff: 10.03.2009

Berger J, Nolting H D, Küfner S, Justus M. BGW-IKK Gesundheitsreport – 2 – Friseure/-innen 2005. Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg 2005

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. BGW Prävention lohnt sich. Gesunde Friseure – niedrige Beiträge. Stand 04/2007. Hamburg 2007

IKK. IKK Impuls- Gesundheitsbericht 2008 des Friseur-Handwerks Hessen. Unveröffentlichtes Material. o.J.

· Nützliche Internetadressen

www.gesundheit-unternehmen.de Informationsportal des Projekts „PräTrans“ mit zahlreichen Auswertungen und Zwischenergebnissen

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