Psyche und Arbeit

20 Jahre Loss Control Management (LCM) in Deutschland

Vermeidbare Kosten in Folge von Verletzungen, Berufserkrankungen, Sachschäden, Verschwendung oder Vorgangsstörungen sind innerbetriebliche Verluste. Sie rücken im Allgemeinen erst dann in den Vordergrund der Aufmerksamkeit von Managern, wenn die Ausweitung oder Erhaltung des Umsatzes und des Gewinns durch zunehmenden Konkurrenzdruck erschwert wird. Wenn man sich um eine systematische Erfassung derartiger Verlustquellen bemüht und diese im Rahmen eines verbindlichen Programms zu beseitigen versucht, spricht man von Loss Control Management (im weiteren kurz LCM).

Vorgeschichte
In den 70er Jahren werden in der deutschen Industrie erste Ansätze präventiver Sicherheitsarbeit erkennbar. So heißt es bei Salzgitter AG in Peine: „In die Kategorie leichter gesagt als getan gehört der bisher nur in Ausnahmefällen erfolgreich eingeführte Vorsatz, Unfallursachen schon vor ihrem Wirksamwerden zu erkennen und zu eliminieren, statt immer nur den bereits geschehenen Unfällen nachzulaufen“1.

Mit Hilfe von Fehlerbaumanalysen und ähnlichen Instrumenten entstehen Checklisten für Inbetriebnahmen, das An- und Abfahren von Anlagen sowie Inspektionen usw. Weitergehende Gefährdungsanalysen finden Eingang in Beschaffung und Konstruktion2. Technik und Prozesse bieten jedoch nur begrenzte Möglichkeiten, die Unfallkennziffern zu reduzieren. So sinkt in Deutschland die Anzahl meldepflichtiger Unfälle je 1000 Vollbeschäftigte in der gewerblichen Wirtschaft von 1955 bis 1965 lediglich von 120 auf 118; danach hält sie sich bis 1970 etwa auf diesem Level3.

Zu einer weiteren Senkung der Unfallziffern müssen nun auch Sachschadensfälle ohne Unfälle oder solche mit leichten Unfällen herangezogen werden4. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse werden Abhilfemaßnahmen entwickelt, die in den Folgejahren eine weitere Senkung der Unfallkennziffern bringen5. Dabei erkennt man, dass Sachschäden in der Regel die gleichen Ursachen haben wie Personenschäden. So wird schon damals versucht, durch systematisches Erfassen der Sachschäden und Betriebsstörungen nicht nur Unfälle zu vermeiden, sondern auch Kosten zu senken. Schließlich decken die Unfallanalysen nicht nur technische und prozessbedingte Mängel, sondern ein ganzes Spektrum „weicher Faktoren“ auf. Dabei konzentriert sich die Betrachtung dieser Faktoren zunächst auf die unmittelbar in der Produktion Beschäftigten in Bezug auf Kenntnisse, Eignung und Motivation6.

Für eine systematische Rückverfolgung dieser „weichen Faktoren“ als tieferliegende Ursachen bis hin zur Führung des Unternehmens ist die Zeit offenbar noch nicht reif. Sicherheit wird vielfach noch als ein vom Gesetzgeber den Betrieben aufgezwungenes Thema betrachtet, für das „Spezialisten“ zuständig sind, die man, je nach Größe des Unternehmens als eigene Mitarbeiter in Stabsfunktion beschäftigt oder bei professionellen Diensten einkauft. In nicht wenigen Betrieben ist das heute noch der Fall. In Großbritannien und in den Vereinigten Staaten kommt schon in den 60er Jahren insbesondere in der eisenschaffenden Industrie der Begriff „Damage Control“ auf. In einer Untersuchung, die die Lukens Steel Company, West Virginia, im Jahre 1963 gemeinsam mit der British Iron and Steel Federation7 durchführt, wird bei der Analyse von 1,7 Millionen Ereignissen mit ca. 4000 Interviewstunden in 300 Firmen erstmalig ein klarer Zusammenhang zwischen Unfällen, Sachschäden und Beinaheunfällen nachgewiesen. Daher rührt die allgemein bekannte und inzwischen weltweit anerkannte Unfallpyramide nach Frank Bird8:

Den beteiligten Firmen wird dadurch klar, dass LCM nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes gesehen werden kann. Wenn man Sachschäden, Verschwendung, Vorgangsstörungen, vorzeitigen Verschleiß und Beinahe-Unfälle nicht ebenso ernsthaft verfolgt wie Verletzungen, blendet man eine Vielzahl wichtiger Informationen zur Verlustkontrolle aus. Die Unfallpyramide zeigt, wie alle diese verlustverursachenden Vorgänge miteinander verwandt und im Grunde immer wieder auf die gleichen Ursachen zurückzuführen sind.

Von dieser Erkenntnis ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zum „Eisberg der Unfallkosten“. Dieser stellt dar, wie neben dem Leid und den Verlusten, die Menschen direkt und indirekt durch Unfälle erfahren, auch Verluste für das Unternehmen zu beklagen sind, und zwar weit mehr, als man gewöhnlich annimmt8:

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse entwickeln sich in den 70er und 80er Jahren in den USA, in Südafrika und in Großbritannien erste LCM-Systeme. Dass damit auch Unfälle vermieden werden können, ergibt sich von selbst aus dem Ansatz dieser Systeme. Das ist die Geburtsstunde des „Loss Control Managements“.

Entwicklung ab Mitte der 70er Jahre
In den USA, Großbritannien und Südafrika ist das Vorschriftenwesen für den Arbeitsschutz nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Dort greift man im Ernstfall eher auf Gerichtsentscheidungen zurück, die jedoch keinen Normencharakter haben. Es gibt in diesen Ländern auch keine Zwangsmitgliedschaft in Berufsgenossenschaften, die Normen setzen und unmittelbar in die Betriebe hineinwirken.

In einem solchen Umfeld mit größeren Freiräumen und ohne direkte Einwirkungen von außen kommt es leichter zur spontanen Entwicklung unterschiedlicher Systeme.

So ist es nicht verwunderlich, dass sich schon in den 70er Jahren in diesen Ländern aus der Erkenntnis des Zusammenhanges von Unfällen, Sachschäden und Beinaheunfällen heraus unabhängig von Behörden oder Verbänden LCM-Systeme entwickelt haben. Die bekanntesten Varianten sind das International Safety Rating System (ISRS®)8, NOSA9 oder das Dupont–System10. Allen LCM-Systemen ist gemeinsam, dass sie möglichst alle Tätigkeitsbereiche eines Unternehmens erfassen, für diese vorhandene Normen anwenden oder selbst entwickelte aufstellen. Diese werden als Systemanforderungen in Fragen gekleidet und in einem Katalog zusammengefasst. Anhand des so erstellten Katalogs werden Audits durchgeführt, deren Ergebnisse das Unternehmen in seiner augenblicklichen Verfassung spiegeln. Dabei werden Stärken und Schwächen erkannt. So werden die geeigneten Voraussetzungen geschaffen, um die Effizienz der Unternehmen nachhaltig zu steigern.

Entwicklung in den 80er und 90er Jahren
In Deutschland entstehen erst in den 80er Jahren, allerdings wieder von Behörden ausgehend, systematische Analyseverfahren mit der Festlegung von Normen, dem ASCA-Modell der hessischen und dem OHRIS-Modell der bayerischen Regierung.

Schließlich kommt es durch die Entwicklung der EU zu einer Angleichung des Vorschriftenwesens im Bereich des Arbeitsschutzes, wobei die britische Norm BS 8800 eine wesentliche Rolle spielt. Im August 1996 wird die EG Richtlinie 1839 mit dem Erlass des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) in deutsches Recht umgesetzt. Dieses Arbeitsschutzgesetz gibt den Unternehmern nun größere Freiheiten in der Gestaltung ihrer Betriebe, nimmt sie aber gleichzeitig stärker in die Verantwortung.

Das inzwischen weltweit bekannte LCM hat mittlerweile in den deutschen Niederlassungen internationaler Konzerne Eingang gefunden11.

Schon früher haben sich auf den Gebieten der Qualitätssicherung und des Umweltschutzes unter dem Einfluss global agierender Unternehmen Managementsysteme entwickelt. Ihr Ziel ist es, die Konformität eines Unternehmens in Bezug auf seinen Betrieb, die von ihm hergestellten Produkte und von ihm ausgehenden Wirkungen mit bestimmten Normen unter Beweis zu stellen. Weltweit kann sich kein größeres Unternehmen seitdem diesem Sog entziehen, denn nur mit dem so erlangten Gütesiegel kann es am Markt bestehen. (Die ihnen zugrundeliegenden Standards, bzw. ISO–Normenreihen 9001ff, 14001ff, EMAS II, QS 9000 brauchen hier nicht weiter ausgeführt zu werden, und die betrieblichen Probleme bei der kontinuierlichen Einhaltung dieser Normen sind hinlänglich bekannt.)

Ein positiver Nebeneffekt der inzwischen allgemein üblichen Audit-Praxis ist es, dass die Unternehmen sich daran gewöhnt haben, alle betrieblichen Abläufe systematisch zu analysieren, zu dokumentieren, die Dokumente zu lenken und zu verwalten.

Darüber hinaus machen die Qualitäts- und Umweltaudits Mängel deutlich, die im Sinne von LCM auch als vermeidbare Verluste angesehen werden müssen.

Die Einführung von Qualitäts- und Umweltaudits hat so über ihre eigentliche Zielsetzung hinaus zu einem besseren Verständnis des Loss Control Gedankens geführt.

Nur haben die Bemühungen zum Einsatz von LCM-Systemen nicht den angenehmen Nebeneffekt, ein marktwirksames Gütesiegel zu erwerben – ein Gütesiegel, wie es vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Umweltschutz für die Prüfung nach OHRIS ausgestellt werden kann, ist eher eine Ausnahme. So bleibt die Verbreitung von LCM bis in die Gegenwart – zumindest in Deutschland – auf wenige Betriebe, vor allem auf Niederlassungen internationaler Konzerne, wie BP, Shell, ICI, Ford, Philip Morris u.a. beschränkt.

Entwicklung ab Ende der 90er Jahre
Im Zuge der Vereinheitlichung des Normenwesens der EU kommt es bei der Internationalen Normenorganisation (ISO) im Jahre 1997 zu der Frage, ob ebenso wie für das Umweltmanagement mit der DIN EN ISO 14001ff und für das Qualitätsmanagement mit der DIN EN ISO 9001ff auch eine verbindliche Normenreihe für das Arbeitsschutzmanagement geschaffen werden solle. Während die meisten Mitglieder der EU, insbesondere die, die noch keine hohe Regelungs- und Überwachungsdichte im Bereich des Arbeitsschutzes entwickelt haben, sich für eine solche Normenreihe aussprechen, ist die deutsche Delegation strikt dagegen. In der entsprechenden Bekanntmachung des Bundesarbeitsministeriums vom Juni 1997 heißt es:

„Im Zusammenhang mit den bei ISO in Erwägung gezogenen Normungsvorhaben zu Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS) haben das BMA, die obersten Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die Sozialpartner eine gemeinsame Position entwickelt, die Basis für das ablehnende DIN-Votum gegenüber der ISO war. (…) Unbeachtet dieser Ablehnung haben die Beteiligten verabredet, ein gemeinsames Modell für ein Arbeitsschutzmanagementsystem (ASM) zu entwickeln“.

Aus einem Konsortium nationaler Normungsinstitute und Zertifizierungsgesellschaften entstand als Ersatz für die nicht zustande gekommene ISO-Norm der Standard OHSAS 18001 (Occupational Health and Safety Assessment Series)12. Dieser ist ähnlich aufgebaut, wie die vergleichbaren ISO-Normen für Qualität und Umweltschutz, ist aber lediglich ein zertifizierungsfähiger Standard, keine Norm.

Die Instrumente:

· OHSAS 18001 für Arbeitsschutzmanagement,

· DIN EN ISO 9001: 2000 für Qualitätssicherungsmanagement und

· DIN EN ISO 14001: 1996 für Umweltschutzmanagement

haben eine Reihe identischer oder sehr ähnlicher Inhalte, wie z.B.

Definition des Anwendungsbereichs, Begriffe, allgemeine Anforderungen, Planung, Zielsetzungen, Programme, Implementierung und Realisierung, Organisation und Verantwortung, Schulung, Bewusstsein und Kompetenz, Kommunikation, Dokumentation und Dokumentenlenkung, Ablauflenkung, Prozesssteuerung, Risikomanagement, Leistungsmessung, Unfall/Vorfallverfolgung, Korrekturmaßnahmen, Audits, Managementbewertung.

Darüber hinaus gibt es auch Überlegungen, diese Inhalte zusammenzufassen, denn letztlich dienen alle diese Maßnahmen einer gesellschaftlich und wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmensführung. Bemühungen dieser Art werden mit den Begriffen Risk Management, Total Quality Management oder Generic Management verbunden. Möglich wäre auch eine Zusammenfassung unter dem erweiterten Begriff Loss Control Management.

Unabhängig von diesem eher theoretischen Szenario wurde die Frage immer drängender, wie die im Rahmen der verschiedenen Managementsysteme und daraus entwickelten Auditverfahren festgestellten Mängel sinnvoll und nachhaltig beseitigt werden können und wie man darüber hinaus zu Spitzenleistungen kommen kann. Schon seit vielen Jahren besteht bei den Fachleuten Einigkeit darüber, dass die Mehrzahl aller unerwünschten Ereignisse, ca. 90% auf „sogenanntes menschliches Versagen“ zurückzuführen ist. Dabei sah man diese Probleme zunächst nur auf der Ebene der Produktion und kennzeichnete sie mit den Worten „Nicht können“, „Nicht wissen“, „Nicht wollen“13.

Die konsequente Anwendung des Kausalitätsprinzips bei der Ursachenerforschung festgestellter Mängel führte dann aber zu der Erkenntnis, dass die tieferen Ursachen oft beim Management selbst liegen. Hierzu ist das Verlust-Verursachungs-Modell von Frank Bird ein besonders einleuchtendes Beispiel14

Es zeigt, dass bei einem Unfall, d.h. bei einer Verletzung, einem Schaden oder einer Störung die Toleranzgrenze des jeweiligen Systems überschritten wird, wodurch es zu dem Verlust kommt. Jeder Vorfall ist die Folge eines Kontaktes einer Sache oder einer Person mit einer Energie oder einer Substanz. Daher wird zunächst nach der Art dieses Kontaktes gefragt: Welche Energie oder welche Substanz sind an dem Ereignis beteiligt, und wie kommt der Kontakt zustande?

Wenn nun die Energie oder die Substanz die Toleranzgrenze der Sache oder der Person überschreitet, kommt es zu den oben genannten Ereignissen (Unfall). Ist das nicht der Fall, dann bleibt es bei einem Vorfall. Dass heißt: Entweder ist die Energie oder Substanz nicht stark genug, um einen Unfall zu verursachen, oder sie treffen zeitlich oder räumlich nicht zusammen.

In beiden Fällen sollte man nicht bei der Feststellung des Un-/Vorfalls stehen bleiben, sondern nach den unmittelbaren Ursachen forschen. Eine Messung gegen die vorhandenen Standards gibt ersten Aufschluss und führt entweder zu standardabweichenden Handlungen oder Bedingungen. Entsprechen die Einrichtungen des Arbeitsplatzes, die Höhe des Energiepotentials, etc. nicht der Norm, sind keine oder nur unzureichende Arbeitsschutzmittel vorhanden? Entsprechen die Verhaltensweisen der Beteiligten nicht den Vorschriften? Kennen die Leute ihre Aufgabe gut genug?

Auch das reicht noch nicht. Bei der Ermittlung der grundlegenden Ursachen muss gefragt werden: Stimmen einerseits die personenbezogene Faktoren wie z.B. körperliche und mentale Fähigkeiten mit der Tätigkeit überein? Waren die Leute ausreichend geschult? Entsprechen andererseits die arbeitsplatzbezogenen Faktoren wie Aufsicht, Planung und Arbeitsvorbereitung den Anforderungen?

Wenn hier Mängel festgestellt werden, stellt sich die Frage, ob es sich um ein mangelhaftes Controlling handelt. Existieren Handlungsanweisungen? Wenn ja, sind es die richtigen und werden sie regelmäßig auf ihren Sinngehalt und ihre Notwendigkeit überprüft? Gibt es Ausbildungsrichtlinien für die betroffenen Mitarbeiter? Wurden sie eingehalten? (Vorgaben, die nicht sinnvoll sind oder nicht als sinnvoll betrachtet werden, werden leicht umgangen.)

Schließlich sollte man sich fragen, inwieweit der gesamte Betriebsablauf „unter Kontrolle“ ist. Dazu gehört die Frage: Gibt es ein wirksames Loss Control Programm? Wenn ja, werden dazu Ziele vereinbart? Wenn ja, wird der Grad ihrer Erfüllung regelmäßig kontrolliert?

Als Ergebnis dieser Betrachtung kann gesagt werden: Nur wenn es ein Programm gibt, wenn man Standards vereinbart hat, wenn für ihre Einhaltung und ihre Pflege gesorgt wird, kann davon ausgegangen werden, dass alle persönlichen und Arbeitsplatzfaktoren so übereinstimmen, dass die Beschäftigten richtig handeln, weil sie entsprechend geschult, geeignet und motiviert sind und weil ihr Arbeitsplatz dem Standard entspricht. Ist das nicht der Fall, dann kippen die Dominosteine der Reihe nach um, und wenn es „dumm läuft“, dann wird die Toleranzgrenze überschritten, und es kommt zum Unfall.

Daraus ergibt sich, dass das Top-Management zunächst bei sich anfangen muss, wenn nachhaltig Verlustursachen ausgeschaltet werden sollen.

Aktuelle Situation
In der Süddeutschen Zeitung vom 5./6. Februar 2005 werden unter den Titeln „Unter Druck passieren Fehler“ und „Die Werkstatt ruft“ aktuelle Probleme mit Rückrufaktionen in der deutschen Autoindustrie besprochen. Deren Anzahl hat sich von 1998 bis 2004 nahezu verdreifacht – von 55 auf 137 Fälle! Wesentliche Ursache sei die Tatsache, dass 80% der im Auto verbauten Teile von Vorlieferanten kommen, die unter immer härteren Preis- und Termindruck seitens der Autohersteller gesetzt würden.

Die landläufige Meinung, dass dies hauptsächlich die immer komplexere Elektronik betreffe, bestätigte sich jedoch nicht, denn, wie es dort heißt, ergab eine im Jahre 2002 durchgeführte Untersuchung, dass 60% der Rückrufe auf mechanische Mängel zurückgehen.

Über die tatsächlichen Kosten dieser Rückrufe schweigt sich die Automobilindustrie aus.

Könnte hier nicht eine Analyse nach dem Verlust-Verursachungs-Modell hilfreich sein?

Der Druck, der in diesem Falle auf die Zulieferindustrie ausgeübt wird, wird sich nicht verringern. Die betroffenen Firmen – Hersteller wie Zulieferer – werden nach Lösungen ihrer Probleme suchen müssen. Wenn Fehler unter Druck passieren, spricht das für Probleme im zwischenmenschlichen Bereich. Um auch unter Stress fehlerfrei zu arbeiten, bedarf es mehr als guter Verfahrensanweisungen.

Dabei muss die Erfahrung und die schöpferische Kraft des Einzelnen in den bewährten Qualitäts- und Sicherheitszirkeln aktiviert werden. Darüber hinaus sind in den letzten Jahren arbeitspsychologische Methoden entwickelt worden, wie z.B. ausgefeilte Beobachtungs- und Interviewtechniken15.

Ausblick in die nächste Zukunft
Es wird zunehmend darauf ankommen, durch die richtige Verbindung von analytischen und psychologischen Verfahren alle im Unternehmen tätigen Menschen miteinander so wirken zu lassen, dass insbesondere trotz Zeit- und Kostendruck optimale Arbeitsergebnisse erzielt werden können.

Nachdem in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten das von umfangreichem Regelwerk begleitete Denken vorherrschte, beginnt allmählich ein aus eigenem Antrieb handelndes Denken Platz zu greifen. Es ist vielleicht nicht zu hoch gegriffen, von einem Paradigmenwechsel zu sprechen. Denn nicht mehr durch äußere Einflüsse, sondern aus innerer Überzeugung kommen zukünftig die Anstöße erfolgreichen Arbeitsschutzes in den Unternehmen. Diese neue Denkweise spiegelt sich am deutlichsten in dem Loss Control-Gedanken wieder. Nicht nur harte Faktoren, wie die traditionelle Arbeitssicherheit, Qualität und Umweltschutz, sondern auch weiche Faktoren, wie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren und Arbeitszufriedenheit, werden als wesentliche Unternehmensziele formuliert16.

· Literatur:

Nill E. „Das Safetygramm“. Sicherheitsingenieur 1974; 2: 56

Nill E. „Das Safetygramm“. Sicherheitsingenieur 1974; 6: 267

BG Statistik für die Praxis, HVBG, Ausgabe 2003

Nill E. „Das Safetygramm“. Sicherheitsingenieur 1974; 5: 208

BG Statistik für die Praxis, HVBG, Ausgabe 2003

Nill E. „Das Safetygramm“. Sicherheitsingenieur 1974; 3: 114

Stams J. „Brauchen wir neue Denkanstöße für die Sicherheitsarbeit?“ Sicherheitsingenieur 1991; 10: 19

Bird F; Germain G. Verlustkontrolle als Führungsaufgabe (Loganville, Georgia, USA 1991) Vortrag?

Heinze G. Fachtagung Qualitäts- und Arbeitsschutzmanagement, Broschüre der VMBG, www.mmbg.de 2001

Flaskamp K. „Alle Unfälle sind vermeidbar“, Bergbau, 1985; 7: 348

Stams J, Lettschulte H. „Loss Control in der Praxis“ Sicherheitsingenieur 1993; 11: 16–18

Reihe „Arbeitsschutzbeurteilung“ BSI 04–1999 Übersetzung der KAN Geschäftsstelle, Sankt Augustin, August 1999

Nill E. „Das Safetygramm“. Sicherheitsingenieur 1974; 3: 114

Bird F; Germain G. Verlustkontrolle als Führungsaufgabe (Loganville, Georgia, USA 1991) Vortrag?

Siehe www.hrp-heinze.com

Heinze, G.: Loss Control Management – Ein Praxisratgeber für Führungskräfte, ISBN: 978–3–8334–5389–2 Verlag BOD, 2007

von Dipl.-Ing. Gerhard Heinze

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