Psyche und Arbeit

Mobile Mitarbeiter brauchen psychologische Unterstützung – und längst nicht alle Unternehmen können das bieten

SOS International

Wer nicht am Heimatort arbeitet, sondern zum Beispiel für längere Zeit in ein fremdes Land entsandt wurde, hat mit einer Reihe von Stressfaktoren zu kämpfen – und braucht mitunter psychologische Unterstützung, um damit fertigzuwerden. Eine Studie von International SOS, dem weltweit führenden Anbieter für medizinische Beratung und Reisesicherheitsdienste, zeigt jetzt: Diese Hilfe bleibt eine große Herausforderung. 96 Prozent der Unternehmen erwarten, dass ihre mobilen Beschäftigten in der Zukunft eine Form psychologischer Beratung brauchen werden – aber nur zwölf Prozent sind davon überzeugt, dies tatsächlich auf globaler Ebene bieten zu können.

Weitere zentrale Ergebnisse der 2017 Business Travel and Emotional Support Europe Survey:1

  • Die mangelnde Balance zwischen Beruf und Privatleben ist der größte Stressfaktor fürGeschäftsreisende.
  • 60 Prozent der Befragten sagen, dass Arbeit in einem Hochrisiko-Umfeld die größten Auswirkungen auf ihre Belegschaft hat.
  • 66 Prozent sind der Meinung, dass sofortige psychologische Notfallhilfe als wichtige Reaktion auf Zwischenfälle eingeführt werden sollte.
  • In einer Zeit, in der die International Labour Organisation (ILO) arbeitsbedingten Stress als „Krankheit des 21. Jahrhunderts“ sieht, sagen 49 Prozent der Unternehmen, dass sie für ihre mobilen Mitarbeiter keine psychologische Unterstützung bieten.

„Die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz gewinnt für Unternehmen an Bedeutung, da ihre Auswirkungen auf die Arbeitsproduktivität zunehmend deutlicher werden“2, sagt Dr. Stefan Eßer, Medical Director bei International SOS. „Daher ist es für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, das emotionale Wohlbefinden ihrer mobilen Arbeitskräfte zu berücksichtigen. Dieser rasch wachsende Teil

der Arbeitnehmerschaft hat oft mit ungewöhnlichen Stressfaktoren zu tun. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter für Kurz- oder Langzeit-Aufgaben ins Ausland schicken, sollten zum Zielgebiet passende psychologische Beratung vor Reiseantritt in Betracht ziehen, außerdem Hilfsprogramme, die im Fall unerwarteter Stör- oder Unfälle schnell aktiviert werden können. Es ist die Pflicht jedes Arbeitgebers, eine Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz vorzunehmen oder eine Person mit Fachkenntnissen damit zu beauftragen und aus der Evaluierung Konsequenzen zu ziehen.“

„Wir haben festgestellt, dass mobile Arbeitskräfte Stress auf unterschiedliche Arten erleben“, sagt Mary Ellen Gornic, Senior Vice President of Global Products bei Workplace Options. „Zusätzlich zu den Pflichten, die sie während der Reise erfüllen müssen, enthält ihr Arbeitspensum oft noch normale tägliche Aufgaben, denen sie sich vor und nach der Arbeitszeit widmen. Für Schichtarbeiter in manchen Branchen bringt die Arbeit lange Tage, wenige Pausen, Schwierigkeiten in der Kommunikation mit Freunden und Familie sowie das Gefühl der Isolation mit sich. Ihr Stresslevel kann von Sorgen um die Familie zuhause und die Unfähigkeit, bei ihr zu sein und zu helfen, verschlimmert werden. Ihre gewohnten Supportsysteme stehen ihnen nicht zur Verfügung, und Freizeit wird oft mit Kollegen verbracht. In vielen dieser Situationen gibt es sehr wenig Balance zwischen Beruf und Privatleben.“

Stressfaktoren auf Geschäftsreisen

Das Berufsleben als Geschäftsreisender hat seinen eigenen Charakter – und der führt zu einigen der häufigsten und bestdokumentierten Stressfaktoren auf der Arbeit. Die Top 5 der Geschäftsreise- Stressfaktoren laut „2017 Business Travel and Emotional Support Europe Survey“:

  1. Mangelnde Balance zwischen Beruf und Privatleben.
  2. Isolation, Abgeschnittenheit auf Zeit von der gewohnten Arbeits- und Lebensumgebung.
  3. Veränderungen und Schwierigkeiten von Organisationsstrukturen und Klima.
  4. Reisen durch Zeitzonen.
  5. Schlechter Schlaf und unausgewogene Ernährung.

Dazu Dr. Stefan Eßer: „Beruflich bedingte Reisen oder Umzüge in ein fremdes Land können für Arbeitnehmer und ihre Familien ungewöhnliche Stressfaktoren mit sich bringen. Auf einer Bohranlage zu arbeiten, an Bord eines Schiffs oder auf einem abgegrenzten Gelände – das verwischt die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben. Expat-Familien erleben oft Stress, der mit sozialer Isolation und kulturellen Unterschieden verbunden ist.“

Top-Vorfälle

Die Befragten nannten auch die Vorfälle, die in der Vergangenheit die größten Auswirkungen auf ihre mobile Belegschaft hatten:

  • Arbeit in einer Hochrisiko-Umgebung (Land oder Arbeitsplatz von Risiko betroffen): 60 %
  • Persönlicher Vorfall (sexuelle Nötigung, Diebstahl oder Raubüberfall, Verkehrsunfall, Verletzung am Arbeitsplatz, …) : 47 %
  • Terroristischer Anschlag oder Umweltvorfall (Erdbeben, …): 32 %
  • Tod oder schwere Verletzung eines Kollegen : 31 %

„Im gegenwärtigen weltweiten Umfeld sehen sich Geschäftsreisende auch mit dem Eindruck konfrontiert, das Reise- und Sicherheitsrisiko sei gestiegen“3, sagt Xavier Carn, Regional Security Director bei International SOS und Control Risks. „Das betrifft zwar alle, aber Geschäftsreisende dürften öfter durch ungewohnte Gebiete reisen oder an Orten mit höherem Risiko arbeiten, da Unternehmen zunehmend ihre weltweite Präsenz ausbauen.“

Künftige Nachfrage nach
psychologischer Unterstützung

Wenn es darum geht, konkrete Lösungen einzuführen, sehen 66 Prozent der Befragten die sofortige psychologische Notfallhilfe als die wichtigste Reaktion auf einen Vorfall. Präventive Ansätze wie psychologische Beratungsgespräche vor Reiseantritt für einzelne Arbeitnehmer und Familienmitgliedern werden nur von 32 Prozent der Unternehmen in Erwägung gezogen.

  • Sofortige psychologische Notfallhilfe nach einem Zwischenfall : 66 %
  • Fortlaufende psychologische Unterstützung via Telefon oder persönlich, soweit erforderlich : 63 %
  • Spätere psychologische Beratung einige Tage/Wochen später : 47 %
  • Achtsamkeitsbasierte Stressabbau-Programme für Einzelpersonen oder Gruppen : 44 %
  • Psychologische Beratungsgespräche für Einzelpersonen und Familienmitglieder vor Reiseantritt: 32 %

„Europäische Unternehmen erkennen den Bedarf einer umfassenderen psychologischen Unterstützung für ihre mobile Belegschaft. Es ist für Arbeitgeber sehr wichtig geworden, einerseits proaktive psychologische Beratung zu bieten, und andererseits bei konkreten Vorfällen sofort reagieren zu können, wenn es um das Management von psychischen Gesundheitsproblemen geht. Damit wird dieses Thema Teil umfassenderer Fürsorgepläne. Unternehmen müssen stärkere Risikomanagementprozesse vor Reiseantritt einführen, um ihren Arbeitnehmern zu helfen, den Stress am Arbeitsplatz zu bewältigen. Eine psychologische Gefährungsbeurteilung am Arbeitsplatz ist in Deutschland rechtlich vorgeschrieben“, so Dr. Eßer.

Über International SOS

International SOS ist der weltweit führende Anbieter für Gesundheitsversorgung, medizinische Beratung und Reisesicherheitsdienste. Unser globales Netzwerk aus über 1.000 Niederlassungen in 92 Ländern,

26 Assistance Centern und 67 ambulanten Kliniken betreut Geschäftsreisende und Expatriates bei Krankheiten, Unfällen, zivilen Unruhen oder sonstigen Vorfällen im Ausland. Mehr als 11.000 Mitarbeiter, darunter 1.400 Ärzte, 200 Sicherheitsexperten und zahlreiche Experten vor Ort, arbeiten Tag und Nacht für die Sicherheit unserer Kunden. Die von uns entwickelten Präventions- und Notfallprogramme gewährleisten die medizinische Versorgung nach höchsten internationalen Standards für Firmenkunden, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Verbände.

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