Sonstiges

Verband Arbeitsmedizinisches Fachpersonal-VAF e.V. Gedanken zum Berufsstand

Vor über 20 Jahren wurde uns gesagt: “Versuchen Sie, das Personal zu erreichen und stellen Sie sich dann auf mindest. 20 Jahre Fortbildungen ein, dann wird man weitersehen.”

Heutige Fakten: Begriffe und Inhalte sind gesetzt und anerkannt, Fortbildungen werden angeboten, geregelte Aus- und Weiterbildung in Arbeitsmedizin (Status) jedoch gibt es nicht; die Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Brüssel 04/04) zur Sicherung einer hochwertigen Gesundheitsversorgung und Verbesserung der Arbeitsplatzqualität, einschließlich Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz, lautet u.a.: “Entwicklung angemessener, mit qualifiziertem Personal ausgestatteter Strukturen, um das Angebot zu verbessern”, und der VDBW bemerkt zur steten Frage seines Personals nach einer formalen beruflichen Anerkennung, sie beinhalte durchaus Gesprächs- und Klärungsbedarf.

Wir sind angewiesen auf die Meinungen und das Gespräch mit unseren Mitgliedern; und so lautete denn am Rande unserer Fortbildungen in diesem Jahr verstärkt die Meinung: “Wenn es den Verbänden nicht gelingt, gleiche Voraussetzungen für alle zu erreichen, wird es nie einen bundeseinheitlichen Beruf des/r Arbeitsmedizinischen Assistenten/in geben.”

Das ist aber nur dann logisch, wenn Ursachen, Prämissen und Folgerungen durchdacht sind.

Betrachten ist nicht Handeln, und Zusehen ist nicht Existieren. “Die Verbände”, wer soll das sein? wenn nicht die Betroffenen selbst, deren organisierte Anzahl sich als Voraussetzung im Sprachrohr ihrer Vertretung wiederfinden muss; andernfalls wird über uns, und nicht mit uns gesprochen! Unorganisiert im stillen Kämmerlein eines jeden einzelnen läuft nun mal nichts.

Gleiche Voraussetzungen für alle werden gefordert, das ist richtig; es liegt im Focus unserer satzungsgegebenen Interessen, wie man heute so schön sagt. Jedoch muss auch hier das Pferd vom Kopf her aufgezäumt werden neben den Tatsachen, die Begriffe (Aus-, Weiter- und Fortbildung) nicht zu verwechseln und Marktrealismus nicht einfach wegzudenken.

Unterschiedliche Voraussetzungen von Grundkenntnissen, das ist der Knackpunkt. Ist er überwunden, kann man eine einheitliche Weiterbildung draufsatteln. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch wiederum eine vergleichbare Grundlagenausbildung. Gefragt werden muss, ob es politisch gewollt wird, diesen Kreis zu durchbrechen.

Verschiedene Herkunftsberufe sind nun mal keine “ordentliche” Voraussetzung für eine geordnete Weiterbildung. Fragen Sie mal, wieviel elementare Medizin eine Arzthelferin in der Ausbildung erlernt hat, auf dessen Grundlage spezifische Inhalte der Arbeitsmedizin im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen vermittelt werden können. Und dann betrachten Sie den inzwischen fast 20%-igen Anteil von Fortbildungsteilnehmerinnen aus Drittberufen ohne jegliche medizinische Vorbildung.

Wenn die Bedingungen so unterschiedlich sind, werden auch Ansprüche und Erwartungen unterschiedlich sein; dann wird der eine Teil über- und der andere Teil unterfordert sein. Um dies ohne Frust für beide Seiten zu kompensieren, mühen sich dankenswerterweise unsere guten Referenten bei der Wissensvermittlung, die allesamt keine ausgebildeten Pädagogen sind, wie im Berufsbildungsgesetz bei allen anderen Berufen (ausser den Heilhilfsberufen) selbstverständlich gefordert.

Gleichwohl gehen wir heute davon aus, dass unsere Lehrgangsteilnehmer/innen ausgebildet sind und elementare Grundkenntnisse in Anatomie, Physiologie, Pathologie, Hygiene, Diätetik, Dermatologie, Pharmakologie, Epidemiologie, lebensrettenden Sofortmassnahmen, etc. besitzen. In reinen Fortbildungen bekommen Sie nichts fertig vorgekaut, sondern müssen sich am Prozess beteiligen. Das setzt neben praktischer Erfahrung auch viel Eingenverantwortung voraus, um die Sie sich – auch im Gespräch mit den Referenten – bemühen müssen.

“On the job training” – Ausbildung am Arbeitsplatz, ist wichtig; aber Hintergrundwissen ist die Voraussetzung für gute Arbeit. Nur “trained jobs” – Angelernte Kräfte – wollen wir hier nicht. Buchführung, Abrechnung, Statistik, PC- und technische Gerätebedienung auf der einen Seite sind funktionale Tätigkeiten. Die andere Seite ist die Ethik, der Dienst am Menschen, das beinhaltet der Berufsstand. Wir sollten es uns in Erinnerung halten insbesondere, wenn gelegentlich unsere jüngeren Referenten von “ihren Patienten” sprechen. Das sind die von uns zu betreuenden Mitarbeiter i.d.R. nicht.

Nur dressierte Intelligenz und der Satz “wer seine kritische Vernunft nicht fahren lässt, wird als unbegabt erkannt und muss ausscheiden”, sind hier verboten!

Die Frage, wo kann ich für welches Geld welchen Job machen, muß hinten anstehen vor dem Grundgedanken der exponierten Ausbildung als Basis. Gebratene Tauben, die uns in den Mund fliegen und die sich nur auf den unmittelbaren Moment konzentrierende ungeduldige Bereitschaft nützen hier wohl wenig.

Die Aufgabe ist, die Analysefähigkeit zu erlernen, seine Sache selbst in die Hand zu nehmen und die eigenen Bedürfnisse und Interessen durch eine entsprechende Organisation zum Ausdruck zu bringen, wenn nicht in Zukunft durch eine entartete Subsidiarität der Martkerhellung und Pfründesicherung durch Staatsfaulheit am Rande allen Geschehens dahinvegetiert werden soll.

Auch wenn der alte Goethe (man verzeihe mir diesen Ausdruck) sagt: “Es hört doch jeder nur, was er versteht”, so heisst die Devise, nicht jammern und verlangen, sondern sich konstruktiv mit neuen Situationen auseinandersetzen durch Kommunikation und intakte Wahrnehmungsfähigkeit als Vorbedingungen für eine kooperative Verhaltensweise beim Informationsaustausch. Sie fördern die Sozialkompetenz, auf Mitmenschen in einer konstruktiven Weise und situationsangemessen eingehen zu können.

In diesem Sinne bedanken wir uns bei allen, die uns im vergangnen Jahr geholfen haben und wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen einen ruhigen Jahreswechsel und ein gutes und gesundes Neues Jahr.

Vorstand VAF e.V.

H. Schwertner

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