Sonstiges

Wirksamkeitsüberprüfung Technischer Schutzmaßnahmen in der Abfallwirtschaft mit der Korrelierten Partikelzählung

T. Missel* und C. Felten**

Zusammenfassung

Zum Schutz der Arbeitnehmer in Kompostierungsanlagen vor luftgetragenen Mikroorganismen wurde in der TRBA 211 ein Technischer Kontrollwert (TKW) für Schimmelpilze festgelegt (5 x 104 KBE/m3). Die Mess- und Nachweisverfahren, die derzeit für die Überprüfung auf Einhaltung des TKW zur Verfügung stehen, sind zeit- und arbeitsaufwändig und liefern aufgrund ihrer integrierenden Messweise Durchschnittswerte. Eine Alternative zum traditionellen kulturellen Keimnachweis kann in der Partikelzählung gesehen werden, mit der Luftbelastungen direktanzeigend und in Verlaufskurvenform visualisiert werden können. Voraussetzung ist, dass an Arbeitsplätzen eine stabile und reproduzierbare Korrelation zwischen den Konzentrationen von Mikroorganismen und Staubpartikeln besteht.

Die „Korrelierte Partikelzählung“ konnte in den letzten Jahren zeigen, dass im Luftstaub in Abfallbehandlungsanlagen weitgehend stabile Korrelationen dieser Parameter vorliegen. Durch die Zusammenstellung der bisher vorliegenden Befunde von mehr als 300 Schichtmittelwerten (Staubpartikel und Mikroorganismen) wurde versucht, die arbeitsbereichsspezifischen Kenndaten der Schimmelpilz-Partikel-Korrelationen zu ermitteln. Die Befunde zeigen, dass die Zusammensetzung der Bioaerosole z. B. in Kompostierungsanlagen bei ähnlichem Materialinput und vergleichbaren anlagentechnischen Randbedingungen in weiten Bereichen einheitlich ist. Die derzeitig überwiegend nach TRBA 405 durchgeführten Messungen auf Mikroorganismen könnten in der Entsorgungswirtschaft somit durch Staubpartikelmessungen ersetzt werden. Im Vorfeld einer Messung ist dazu ein Abgleich der zu beprobenden Anlage mit einem Katalog technischer und arbeitsorganisatorischer Anlagencharakteristika erforderlich.

Schlüsselwörter: Korrelierte Partikelzählung – Technischer Kontrollwert (Arbeitsplatz)

Summary

For protection of workers in composting plants there exists a technical limit value (TKW: Technischer Kontrollwert) regarding airborne mould fungi. In the German TRBA 211 (TRBA: Technical Guideline for Biological Agents) a limit value of 50.000 cfu/m³ mould fungi is published (cfu: colony forming units). The now available methods for assessment of microbiological agents in the air of workplaces of composting plants require much time and are labour intensive. The resulting values are only average values summarized for a certain period of time. Particle counting could be an alternative method to check if the limit value is not exceeded and the protection measures work well. Particle counting devices can monitor directly airborne particle concentrations. Compared to usual cultivation methods it supplies more information about the temporal change of airborne mould fungi concentration. The complex proof of mould fungi with biological cultivation methods may be omitted thereby if a stable correlation between moulds and particles can be found in general.

During the last years numerous measurements by correlated particle counting were carried out. The results exhibited largely stable correlations between particles and mould fungi in airborne dust of waste treatment plants. In this work the attempt was made to determine specific correlations for work-areas in composting plants by computing the accomplished measurements of dust particles and microorganisms from more than 300 workplaces. Given similar material input and comparable technical processes, the findings show that the composition of bioaerosols in composting plants is nearly uniform. This means that measurements of microorganisms in garbage processing plants, currently carried out predominantly according to German TRBA 405, could be replaced by dust particle measurements. Precondition is that the plant meets a catalogue of technical and work related characteristics

Key words: correlated particle counting – technical limit value (workplace)

1. Einleitung
Zum Schutz der Arbeitnehmer in Kompostierungsanlagen vor luftgetragenen Mikroorganismen wurde in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 211, 09/2001) ein Technischer Kontrollwert (TKW) festgelegt1. Der TKW begrenzt die Konzentrationen an Schimmelpilzen in der Luft am Arbeitsplatz auf 5 x 104 KBE/m3. Die für die Überprüfung des TKW vorgesehenen mikrobiologischen Mess- und Nachweisverfahren weisen verfahrensbedingt einige Nachteile auf: Sie sind zeitaufwändig und liefern aufgrund ihrer integrierenden Messweise Durchschnittswerte (in der Regel über 10–60 min)2, 3. Aussagen über die Höhe der Schimmelpilzbelastung am Arbeitsplatz können frühestens 5 Tage nach einer Messung getroffen werden. Eine Feinjustierung technischer Schutzmaßnahmen und die direkte Effizienzkontrolle vor Ort mittels Online-Messungen sind nicht möglich.

Staubpartikelmessungen sind direktanzeigend, weniger aufwändig und dabei kostengünstiger als die traditionellen Messverfahren. Zudem können Staubpartikelmessgeräte bei ungleichmäßigen Arbeitsplatzkonzentrationen, wie dies zum Beispiel in der Abfallwirtschaft der Fall ist, aussagekräftige Verlaufskurven der Luftbelastung aufzeichnen. Der direkte Nachweis biologischer Arbeitsstoffe könnte entfallen, wenn nachgewiesen ist, dass an Arbeitsplätzen eine stabile und reproduzierbare Korrelation zwischen den Konzentrationen von Mikroorganismen und Staubpartikeln besteht. Mikrobielle Luftbelastungen könnten dann auf der Basis gemessener Staubpartikel-Konzentrationen prognostiziert und in Verlaufskurvenform visualisiert werden4.

Die Korrelation luftgetragener Schimmelpilze und Staubpartikel an Arbeitsplätzen der Abfallwirtschaft ist vom Labor für Arbeits- und Umwelthygiene in den vergangenen Jahren systematisch erforscht worden. Derzeit liegen die Daten von mehr als 300 Untersuchungen mit der „Korrelierten Partikelzählung“ jeweils über die Dauer einer Arbeitsschicht, etwa 200 davon publiziert, vor5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12. Es konnte gezeigt werden, dass im Luftstaub in Abfallbehandlungsanlagen weitgehend stabile Korrelationen von (Feinstaub-) Partikeln bestimmter Größenfraktionen und Schimmelpilzen in der Luft bestehen. Die bisher gemessenen Korrelationen waren zum überwiegenden Teil eindeutig mit Bestimmtheitsmaßen zwischen 0,8 und 0,9. In einigen Abfallbehandlungsanlagen wurden schwächer ausgeprägte Abhängigkeiten mit R2 = 0,6–0,7 gefunden. Nur in Einzelfällen waren keine guten Korrelationen (R2 0,5) nachweisbar. Da die Korrelationen bei Wiederholungsmessungen reproduzierbar waren (Steigung der Regressionsgeraden vergleichbar) scheint eine Bewertung der Lufthygiene am Arbeitsplatz mit direktanzeigenden Partikelmessungen grundsätzlich möglich zu sein. Bedarf besteht allerdings an einer praktikablen Messstrategie und konkreten Zahlenwerten zur Umrechnung von Partikelmesswerten in Schimmelpilz-Konzentrationen.

In dieser Arbeit am Beispiel der Kompostierung wird versucht, die für verschiedene Kompostierungsanlagen-Typen charakteristischen mittleren Schimmelpilz-Partikel-Korrelationen zu ermitteln und zu überprüfen, ob ein praktikables Umrechnungssystem für Routineuntersuchungen dargestellt werden kann. Berücksichtigt werden sollten dabei insbesondere diejenigen Spezifikationen, die den Schimmelpilzgehalt im Luftstaub zwar signifikant aber anlagentypisch und daher in konstantem Maße beeinflussen. Die in langjähriger Forschung ermittelten Abhängigkeiten von Schimmelpilz- und Staubpartikel-Konzentrationen in der Luft wurden hierzu neu bearbeitet und statistisch ausgewertet. Die arbeitsplatzspezifischen Korrelationen wurden durch Zusammenfassung der Schichtmittelwerte mehrerer Schichten aus verschiedenen Anlagen innerhalb eines Regressionsmodells ermittelt. Einzelne Messdatenausreißer, die nicht nur in Schwankungen der Staubzusammensetzung sondern auch in Ungenauigkeiten des kulturellen Schimmelpilz-Nachweisverfahrens begründet liegen können, würden bei dieser Vorgehensweise durch die Regressionsgerade „herausgemittelt“.

2. Grundlagen
Bei der Korrelierten Partikelzählung (KPZ) werden Schimmelpilz-Konzentrationen unter Benutzung eines festen Umrechnungsfaktors aus den gemessenen Konzentrationen an Staubpartikeln errechnet und in Verlaufsform dargestellt. Der Umrechnungsfaktor wird in einer vorfeldlichen „Kalibrationsmessung“ durch lineare Regression der Messwerte von 6 bis 10 zeit- und ortsgleich durchgeführten Staubpartikel- und Schimmelpilz-Messungen ermittelt. Die Messdauer jeder Einzelmessung beträgt dabei etwa 20–30 Minuten5, 8, 12, 13, 14. Messstrategie und -verfahren der Schimmelpilz-Messungen bei der KPZ entsprechen den Vorgaben der Standardverfahren2, 3.

Das Partikelkollektiv des Luftstaubes wird getrennt in verschiedenen Größenfraktionen erfasst. Für die Partikelzählung werden direktanzeigende Streulicht-Partikelzählgeräte benutzt, die 15 Feinstaub-Partikelgrößenfraktionen in 1-Minuten-Intervallen messen und speichern. Die kulturell bestimmten Schimmelpilz-Konzentrationen werden mit ihrem zugehörenden Durchschnittspartikelmesswert in einem Streudiagramm verbunden und ein lineares Regressionsmodell angepasst. Nach einer statistischen Datenüberarbeitung zur Detektion von Ausreißern in der Partikelverteilung werden die Verlaufskurven der Schimmelpilz-Konzentrationen aus den 1-minütig gemessenen Partikel-Messwerten errechnet. Für die Verlaufskurvenberechnung wird diejenige Partikelfraktion verwendet, mit der das höchste Bestimmtheitsmaß bei der linearen Regression erhalten wurde.

Es wurde nachgewiesen, dass in Abfallbehandlungsanlagen fast immer mit derselben Partikel-Größenfraktion des Feinstaubs, einer so genannten „Leitfraktion“, das höchste Bestimmtheitsmaß erhalten wird. An belüfteten Arbeitsplätzen sind dies Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von 2–3 µm. Diese Fraktion repräsentiert bei der KPZ die Gesamtbelastung des einatembaren Staubes mit Schimmelpilzen.

Die Korrelationen zwischen Feinstaubpartikeln und Schimmelpilzen sind bei gleichbleibenden technischen und arbeitsorganisatorischen Randbedingungen konstant. Die geringen Schwankungen in der Staubzusammensetzung können mit den hohen Materialdurchsätzen, der guten Vermischung verschiedener Abfallchargen und der weitgehend konstanten „Material-Biozönose“ im Bereich der Abfallsammlung und -aufbereitung erklärt werden. Änderungen in der Zusammensetzung des Inputmaterials können aber immer kurzzeitige Unregelmäßigkeiten des Schimmelpilzgehalts und -spektrums der Bioaerosole herbeiführen.

In biologischen Abfallbehandlungsanlagen kommt es im Laufe der Verrottung des organischen Materials zu Verschiebungen im Mikroorganismenspektrum, Schwankungen in der Zusammensetzung der freigesetzten Bioaerosole sind hier nicht vermeidbar. Bei der Bearbeitung von Material mit definierten Rottegraden konnten aber auch in der biologischen Abfallbehandlung eindeutige Korrelationen nachgewiesen werden.

Die Ungleichmäßigkeiten in den Bioaerosolzusammensetzungen standen in den häufigsten Fällen in Zusammenhang mit Aerosolimmissionen aus Arbeitsbereichen mit anderen Leitspezies sowie mit besonderen Abfallbeimengungen. In Einzelfällen wurde der Nachweis der Korrelationen durch sporadische Dieselmotoremissionen von Transport- und Flurförderfahrzeugen gestört8, 12, 14.

In der Messpraxis der KPZ wirken sich Schwankungen in der Aerosolzusammensetzung als Ausreißer im Streudiagramm aus. Aufgrund der relativ geringen Messdatenanzahl bei der KPZ von 6 bis 10 können bereits einzelne Ausreißermesswerte bedeutenden Einfluss auf die Steilheit einer Regressionsgerade nehmen. Zudem bewirken bereits Einzelausreißer häufig eine deutliche Verringerung der Bestimmtheitsmaße bei augenscheinlich guten Korrelationen. Die Eliminierung dieser Ausreißer auf der Basis fester Gesetzmäßigkeiten gestaltet sich, aufgrund der geringen Stichpunktanzahl, als schwierig. Die Abbildung 1 zeigt eine typische Regressionsgerade einer Partikel-Schimmelpilz-Korrelation in einem Kompostwerk.

Im gezeigten Fall sind die beiden Ausreißer Folge zeitlich limitierter Immissionen an besonders hoch mit Aspergillus-Pilzen belasteten Stäuben aus der umgebenden Anlagenhalle. Ein Unterdruck im Kabineninneren verursachte die Immissionen. Die Freisetzung der Aspergillus-Pilze in der Halle erfolgte als Einzelereignis beim Abladen hoch belasteten Strukturguts im Anlieferbereich.

Die Grafik der Abbildung 2 zeigt die mit der KPZ gemessene Verlaufskurve der Schimmelpilz-Konzentrationen in einer Radladerkabine. Parallel zu den Schimmelpilz- und Staubpartikelmessungen wurde die relative Luftfeuchtigkeit in der Kabine kontinuierlich aufgezeichnet.

Der aus der Verlaufskurve in Abbildung 2 errechnete Durchschnittswert lag mit 1,6 x 105 KBE/m3 deutlich über dem TKW der TRBA 211. Die Verlaufskurve der Schimmelpilz-Konzentrationen ist dabei durch große Unregelmäßigkeit gekennzeichnet. Zeiten mit hohen Belastungen sind deutlich von Zeiten mit sehr niedrigen Schimmelpilz-Konzentrationen unterscheidbar. Die festgestellten Belastungsspitzen fallen zeitlich mit Anstiegen der relativen Luftfeuchtigkeit in der klimatisierten Kabine zusammen. Dies zeigt, dass die nachgewiesenen Schimmelpilze beim Öffnen der Kabinentür an den Arbeitsplatz gelangten. Die schnelle Abnahme der Luftbelastung nach Immissionsspitzen und die niedrigen Messwerte in Zeiten mit geschlossenen Kabinentüren zeigen, dass weder die Höhe der Kabinenluftwechselrate noch die Luftfilterleistung zu beanstanden sind. Die festgestellte TKW-Überschreitung wurde somit durch einen organisatorischen Mangel hervorgerufen. Technische Minderungsmaßnahmen waren im konkreten Fall nicht erforderlich.

3. Durchführung
Die arbeitsbereichsspezifischen Korrelationen unter besonderer Berücksichtigung des Input-Materials wurden für vergleichbare Arbeitsbereiche in unterschiedlichen Kompostierungsanlagen ermittelt. Hierzu wurden die über die Schicht gemittelten Partikel-Konzentrationen mit den entsprechenden Schichtmittelwerten der Schimmelpilz-Konzentrationen von mehreren Messtagen in einem Streudiagramm verbunden. Für diese Untersuchungen wurde die Partikel-Größenfraktion 2–3 µm benutzt. Mit dieser Partikelfraktion wird an aktiv und passiv belüfteten Arbeitsplätzen bei der linearen Regression in aller Regel das höchste Bestimmtheitsmaß erreicht5, 6, 8, 11, 12, 13. Korrelationen mit gröberen Partikeln sind vorzugsweise in nicht ausreichend belüfteten, hoch mit Grobstaub belasteten Anlagenhallen wie zum Beispiel in Restabfallbehandlungsanlagen messbar (in der Regel keine Dauerarbeitsplätze)8.

In den Diagrammdarstellungen des Ergebnisteils werden die Korrelationen für folgende Arbeitsbereichskategorien exemplarisch gezeigt:

Kompostierung:

a) Bearbeitung von Frischmüll, keine Strukturgutbeimengung

b) Bearbeitung von Frischmüll, mit Strukturgutbeimengung

c) Sortierung von Biomüll, Anlieferung mit Pressplattenfahrzeug

In den Streudiagrammen des folgenden Kapitels 4 sind besonders markierte, als Protokollausreißer bezeichnete Datenpunkte enthalten. Als Protokollausreißer werden Messungen bezeichnet, die aufgrund der Erfüllung der oben genannten Kriterien zwar der entsprechenden Kategorie angehören, an denen aufgrund offensichtlicher örtlicher und organisatorischer Besonderheiten während den Messungen aber relevante Emissionen und Immssionen andersartiger Aerosole zu verzeichnen waren.

4. Ergebnisse
In der Abbildung 3 sind die Ergebnisse der Korrelierten Partikelzählung von 28 Arbeitsplätzen in den Anlieferbereichen in verschiedenen Kompostierungsanlagen zusammengestellt. Bei jedem Datenpunkt handelt es sich um einen gemäß BIA/TRBA 405 aufgenommenen Arbeitsplatzmesswert (zum Beispiel Radlader, Sortierkabine). In den Anlieferungen dieser Anlagen wird ausschließlich frisch angelieferter Biomüll verarbeitet. Strukturgut, das einen signifikant geringeren Schimmelpilzgehalt als Biomüll aufweist, wird dem angelieferten Biomüll in diesen Betrieben in anderen Anlagenteilen beigemischt.

Die Zusammenstellung der Messdaten aus der Kompostanlagenanlieferung ergibt eindeutige Korrelationen mit einem Bestimmtheitsmaß über 0,9. Bei den beiden besonders markierten Datenpunkten bei der linearen Regression handelt es sich um Protokollausreißer, das heißt die betreffenden Anlagen fallen bereits aufgrund der im Messprotokoll festgehaltenen Randbedingungen aus der entsprechenden Kategorie heraus.

In den Anlieferbereichen von Kompostierungsanlagen, in denen dem Bioabfall Strukturmaterial zugegeben wird, können deutlich niedrigere Schimmelpilzgehalte im Luftstaub gemessen werden. Die aus Strukturmaterial freigesetzten Aerosole sind in erheblich geringerem Maße mit Schimmelpilzen belastet als Aerosole aus Biomüll5, 12, 14. Sie enthalten mehr Pflanzenfaserteile und Mineralpartikel. Dies äußert sich in einer Abflachung der Regressionsgerade, was in der Abbildung 4 deutlich wird.

In der Abbildung 5 sind die Partikel-Schimmelpilz-Korrelationen in den Sortierkabinen von zwei Kompostwerken zusammengestellt, in denen der Biomüll ausschließlich mit Pressplattenfahrzeugen angeliefert wird. Bioabfälle sind bei der Pressplattenfahrzeuganlieferung sichtbar weniger verdichtet und trockener als bei Anlieferung im Trommelfahrzeug. Dies begünstigt die Emission an Schimmelpilzen aus dem Material. Pilzsporen stellen daher einen signifikant höheren Anteil an der Gesamtpartikelzahl im Luftstaub als dies in Anlagen, in denen überwiegend mit Trommelfahrzeugen angeliefert wird, der Fall ist.

5. Diskussion
Die statistische Auswertung der bisherigen Messdaten der KPZ hat gezeigt, dass der Schimmelpilzgehalt im Luftstaub, angegeben als KBE/Partikel (2–3 µm), je nach Anlagentechnik und Betriebsorganisation variieren kann. Als Beispiel wurde die Sortierung von Bioabfällen, die mit Pressplattenfahrzeugen angeliefert werden, genannt. Auch Laubabfälle sind durch außerordentlich hohe Schimmelpilzgehalte und -Sporenemissionen gekennzeichnet. Bei der Laubaufbereitung können höhere Emissionen beobachtet werden als bei der Sortierung von Bioabfällen aus Haushalten. In Zeiten der Laubabfallsortierung im Herbst stellen die besonders gut schwebfähigen (solitären) Sporen von Aspergillus fumigatus bis zu 90% der luftgetragenen Pilze. Der Schimmelpilzgehalt im Luftstaub (Sporen/Gesamtpartikel) liegt in diesen Zeiten bis zu eine Größenordnung über den Durchschnittswerten12. Die Überprüfung einer technischen Schutzmaßnahme mit traditionellen Schimmelpilzmessverfahren in dieser Zeit kann als „worst case“-Messung bezeichnet werden.

Die messtechnische Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Schutzmaßnahme erfolgt idealerweise bei Randbedingungen, die repräsentativ für den alltäglichen Anlagenbetrieb sind. Messungen bei sehr niedrigen Außentemperaturen (geringer Keimgehalt der Abfälle) oder bei Verarbeitung länger zwischengelagerter Abfälle (hoher Keimgehalt der Abfälle) zum Beispiel sollten wenn möglich vermieden werden.

Das Heranziehen einer „Durchschnittskorrelation“ für die messtechnische Überprüfung einer Maßnahme bietet hier einen großen Vorteil. Durch Unregelmäßigkeiten in der Zusammensetzung des Input-Materials verursachte, zeitlich limitierte Schwankungen der Luftstaubzusammensetzung werden „herausgemittelt“ und ein allgemeingültiger Schimmelpilzgehalt im Luftstaub als Standard festgelegt. Wird dieser Durchschnittswert zur Errechnung der Schimmelpilz-Konzentrationsverläufe herangezogen, ist eine Bewertung der Leistungsfähigkeit technischer Schutzkonzepte auf sicherer Grundlage möglich.

Als Beispiel für eine begrenzte Aussagefähigkeit einer Schutzmaßnahmenüberprüfung anhand des TKW gemäß BIA/TRBA sind Arbeitsplätze in Kompostierungsanlagen zu nennen, in denen Material verarbeitet wird, das die thermophile Rottephase bereits durchlaufen hat. In Aerosolen, die aus diesem Kompostmaterial freigesetzt werden, sind überwiegend Bakterien und nur noch wenige Schimmelpilze enthalten. Der Parameter „kultivierbare Schimmelpilze“ ist hier nicht geeignet. Durch Messung der Partikel im schimmelpilzrelevanten Größenbereich (2–3 µm) könnte auch in diesen Bereichen der Kompostierung eine vergleichende Bewertung der Effektivität technischer Schutzmaßnahmen ermöglicht werden.

Der Schichtmittelwert an einem bestimmten Arbeitsplatz kann nach den Ergebnissen von Reihenuntersuchungen in Abhängigkeit von den vorgefundenen Randbedingungen sehr stark schwanken. Nicht selten sind innerhalb weniger Tage Unterschiede von 300% bis 500% messbar8, 10, 12. Die Verlaufskurven der Feinstaubpartikel-Konzentrationen (2–3 µm) zeigen den Wirkungsgrad einer technischen Schutzmaßnahme sehr zuverlässig auf (Abbildung 2). Stark zerklüftete Verläufe mit kurzzeitigen Konzentrationsspitzen zum Beispiel weisen auf einen schnellen Abtransport freigesetzter Staubpartikel hin und offenbaren die hohe Leistungsfähigkeit einer Lüftungsanlage. Die Wirksamkeit der Lüftungsanlage kann bei Kenntnis der Verlaufskurven unabhängig von der Höhe der Messwert-Spitzen als hoch bewertet werden. Da die Höhe von Konzentrationsspitzen in Abfallbehandlungsanlagen maßgeblich von der momentanen Betriebssituation bestimmt wird (zum Beispiel Wassergehalt/Staubfreisetzung aus Abfällen, Höhe der Materialdurchsätze, Tagesform der Sortierer), erlaubt das Integral einer Luftmessung Fehlinterpretationen in Bezug auf die längerfristige Belastungssituation.

Da integrierende Messungen in der Regel wenige Hinweise auf die Art der Mängel eines Schutzkonzepts liefern, ist eine Überprüfung mit diesen Methoden dann erschwert, wenn Messungen ausschließlich als Instrument zur Arbeitsplatzoptimierung verstanden werden.

Eine große Unwägbarkeit bei der messtechnischen Überprüfung eines TKW besteht darin zu entscheiden, ab wann dieser als „überschritten“ gilt. Entsprechende Vorgaben wurden in der TRBA 211 in Kapitel 6.3 – 6.5 zwar definiert. Eine einheitliche Regelung ist in der Praxis dennoch schlecht möglich, da die Verteilung der Einzelmesswerte, die Anzahl der Messungen und auch die Betriebssituation berücksichtigt werden müssen. Die Betriebssituation wird in Abhängigkeit von der Erfahrung des jeweiligen Untersuchers nicht immer einheitlich eingeschätzt. Die Kenntnis der Verlaufskurven der Partikel-Konzentrationen kann einem Untersucher die Entscheidung erleichtern, ob ein Kontrollwert als eingehalten oder überschritten gilt.

Voraussetzung für das Ersetzen von Keimmessungen durch Staubpartikelmessungen ist nach den Ergebnissen der durchgeführten Untersuchungen die Vergleichbarkeit der Randbedingungen bei den Messungen wie zum Beispiel im Bereich des Raumklimas, der Qualität des bearbeiteten Input-Materials sowie der Betriebsorganisation.

Auch bei großen zeitlichen und räumlichen Schwankungen der Luftbelastungen in Abfallbehandlungsanlagen liefert die KPZ selbst bei Berücksichtigung ihrer statistischen Fehler eine verlässliche Bewertungsgrundlage technischer Schutzmaßnahmen.

Die Gesamtbeurteilung der Ergebnisse zeigt, dass die Zusammensetzung der Bioaerosole in Kompostierungsanlagen bei ähnlichem Materialinput weitgehend einheitlich ist. Klassische Messungen auf luftgetragene Mikroorganismen nach BIA/TRBA in Kompostierungsanlagen können grundsätzlich mit der Kenntnis der bereichsspezifischen statistischen Beziehungen zwischen Schimmelpilz- und Staubpartikel-Konzentrationen durch eine kontinuierliche Staubpartikelmessung ersetzt werden. Voraussetzung ist nach den Ergebnissen der durchgeführten Untersuchungen ein Abgleich der zu beprobenden Anlage mit einem Katalog technischer und arbeitsorganisatorischer Anlagencharakteristika.

6. Literatur
1 ANONYM: Bek. des BMA vom August 2001: Die TRBA 211. Biologische Abfallbehandlungsanlagen: Schutzmaßnahmen. In: Bundesarbeitsblatt 10/2002

2 BIA (Hrsg.) Nr. 9420: Verfahren zur Bestimmung der Schimmelpilzkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz. (Kennzahl 9420). In: BIA-Arbeitsmappe – Messung von Gefahrstoffen Bielefeld: Erich Schmidt Verlag. Ausgabe 2002, 18. Lfg. 4/97

3 ANONYM: Bek. des BMA 1996: Technische Regeln Biologische Arbeitsstoffe TRBA 405, Anwendung von Messverfahren für luftgetragene Biologische Arbeitsstoffe. In: Bundesarbeitsblatt Nr. 1/1996

4 Missel T, Schies U (2001). Abhängigkeiten zwischen Staub- und Luftkeimkonzentrationen in Raum- und Außenluft. Tiefbau, Erich Schmidt Verlag, Heft 2, 02/2001, S.91-97

5 Schappler-Scheele B, Hartung J, Schürmann W, Missel T, Benning C, Weber J. (1998). Untersuchung der gesundheitlichen Gefährdung von Arbeitnehmern der Abfallwirtschaft in Kompostieranlagen. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FB 844, 1999, ISBN 3-89701-357-6, ISSN 1433-2086

6 Missel T. Biologische und physikalische Charakterisierung luftgetragener Partikel an Arbeitsplätzen in der Abfallwirtschaft. Diss. Fachbereich Biologie der Universität Hannover, 1999

7 Felten C, Küppers M, Missel T (2001). Measures to assess and reduce microbiological pollution in waste sorting plants. In: Stäube, Rauche und Nebel am Arbeitsplatz. Bericht des Internationalen Kolloquiums Toulouse (Frankreich), Edition INRS ED4086, Juni 2001, S. 174-178

8 Missel T, Schies U (2002). Abhängigkeit von Staubpartikel- und Luftkeimkonzentrationen in Abfallbehandlungsanlagen. Tiefbau, Erich Schmidt Verlag, Heft 2, 02/2002, S. 96-97

9 Missel T, Hartung J,Schappler-Scheele B (2002). Korrelierte Partikelzählung zur Bestimmung von luftgetragenen Schimmelpilzen in Abfallbehandlungsanlagen. In: Wiemer K, Kern M (Hrsg.) Bio- und Restabfallbehandlung VI, Mic. Baeza-Verlag Witzenhausen, ISBN 3-928673-38-6, 1. Auflage 2002, S. 341-364

10 Missel T, Hartung J. Neues Verfahren zur On-line-Messung luftgetragener Keime. VDI-Berichte Nr. 1656: Neuere Entwicklungen bei der Messung und Beurteilung der Luftqualität 2002, S. 313-328

11 Missel T. Korrelationen zwischen Staubpartikel- und Luftkeim-Konzentrationen an Arbeitsplätzen der Abfallwirtschaft. VDI-Berichte Nr. 1656: Neuere Entwicklungen bei der Messung und Beurteilung der Luftqualität 2002, S. 513-516

12 Missel T, Hartung J (2005). Partikelzählung zur quantitativen Erfassung von Schimmelpilzen in der Arbeitsplatzatmosphäre. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – Forschung, FB 1043, ISSN 1433-2086, ISBN 3-86509-298-5

13 Bünger J, Schappler-Scheele B, Missel T, Hilgers R, Kämpfer S, Felten C, Leifert I, Hasenkamp P (2003). Gesundheitsrisiken in Kompostierungsanlagen durch biologische Arbeitsstoffe: Ein 5-Jahres-Follow-up. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, FB 993, 2003, ISBN 3-86509-025-7, ISSN 1433-2086

14 Felten C, Albrecht A, Willer E, Missel T. Erhebung zum Messdatenbestand mesophiler Schimmelpilzkonzentrationen in Sortierkabinen, Kabinen und Steuerständen biologischer Abfallbehandlungsanlagen im Auftrag der BAuA und der BG für Fahrzeughaltungen, BAuA-Nummer: F 2015, In Vorbereitung

Anschriften der Verfasser:

Dr. rer. nat. Thomas Missel

Labor für Arbeits- und Umwelthygiene

Asternstraße 41

30167 Hannover

Dr. rer. nat. Christian Felten

Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen

Ottenser Hauptstraße 54

22765 Hamburg

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