Arbeitsschutz

Arbeitsbedingungen und Gesundheitsrisiken beim Umgang mit Epoxidharzen – Erhebung im Rahmen eines norddeutschen Kooperationsprojektes

Abbildung 2: Technische Schutzmaßnahmen
Tabelle 3: Ergebnisse der linearen Regressionsanalyse mit schrittweisem Einschluss
Tabelle 4: Vergleich der Beanstandungshäufigkeit betriebsärztlich betreuter (BA=Betriebsarzt) vs. nicht betreuter (kein BA) Firmen hinsichtlich signifikant unterschiedlicher Parameter (Chi-Quadrat-Test)

Zusammenfassung Epoxidharze sind aus modernen Produktionsbetrieben in vielen Bereichen nicht wegzudenken. Arbeitsmedizinisch ist ihr Einsatz jedoch bedenklich, da sie eine hohe sensibilisierende und allergisierende Potenz besitzen. Unsere Untersuchung zeigt häufige Schwachstellen im Gesundheitsschutz bei der Arbeit mit Epoxidharzsystemen in unterschiedlichsten Branchen auf. Dazu wurden 22 Betriebe unterschiedlicher Branchen in Bremen und Schleswig-Holstein begangen, die dortige Arbeits- und Expositionssituation mittels standardisierter Dokumentationsbögen erfasst. Zusätzlich wurde der Hautstatus von 52 zufällig ausgewählten Beschäftigten in 19 der Betriebe dokumentiert. Die meistverwendeten Arbeitsmethoden waren Kalthärten, Handlaminieren, Kleben und Nachbearbeiten. Weniger als die Hälfte der Betriebe nutzte die Möglichkeit expositionsmindernder Produktionsverfahren, auch wenn nach Ersatzmöglichkeiten gesucht worden war. Häufige Beanstandungen betrafen arbeitsorganisatorische Belange; zudem wurden in fast jedem zweiten Betrieb nicht zweckgemäße Handschuhsysteme verwendet. Die Betriebsgröße ist kein zuverlässiger Indikator für die Einhaltung von Arbeitsschutzbestimmungen, aufallend häufig waren nach dem Unternehmermodell betreute Betriebe von Beanstandungen betroffen. Klinische Veränderungen der Haut bestanden bei 24 von 53 Beschäftigten, meist Rötungen und Hauttrockenheit. Mittels Regressionsanalyse sind Prepregmaterialien und abgetrennte Arbeitsplätze mit besonderer Gefährdung als Risikofaktoren für das Vorliegen von Hautveränderungen zu identifizieren, bei Betrieben mit Betriebsanweisungen zum Umgang mit Epoxidharzen lagen seltener Hautveränderungen vor. Besonders häufig waren Beschäftigte in Betrieben betroffen, deren Leitungen nicht von arbeitsabhängigen Beschwerden der Mitarbeiter wussten. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass vor allem in kleineren Betrieben immer noch häufig Informationsdefizite über Gesundheitsrisiken durch Epoxidharze und Schutzmöglichkeiten bestehen. Vorteile einer problembewussten und diskussionsoffenen Unternehmenskultur zeigen sich durch seltenere Beanstandung und eine niedrigere Krankheitsrate. Schlüsselwörter: Epoxidharze, Gefährdungsbeurteilung, Arbeitsschutz, Schutzmaßnahmen Abstract Epoxy resins are widely used for many purposes in modern production, e. g. as coating, adhesive or compound material. From occupational physicians view their use has to be seen critically because of the known high allergenic potency of several components. Our investigation should indicate frequent weak spots in the health protection at work with epoxy resins in different industrial sectors. Thus 22 companies in different sectors in Bremen and Schleswig – Holstein were visited by staff of the according occupational health boards to document the working and exposition situations by means of standardised documentation. Additionally the skin status was documented for 52 by chance selected employees in 19 of the companies. The most-used working methods were cold curing, handlay-up operation, bonding and finishing. Less than half of the companies used the possibility of exposition-minimizing production procedures, even if search for alternatives had been carried out. Frequent objections concerned work organization; besides appropriate gloves were not used in almost every second plant. The company size wasn´t a reliable indicator for the observance of industrial safety regulations, noticeable were frequent objections in plants using the entrepreneurs self-attended health safety advice. Clinical changes of the skin existed in 24 of 53 workers, mostly redness and dry skin. Regression analysis identified use of pretreated epoxy materials and separated workplaces with heavy exposure as at high risk for the existence of skin changes. Existing directives for the work with epoxy resins indicated lower prevalence of skin irritations as well as managements´ knowledge about work-dependend discomfort of their occupants, pointing at the relevance of risk communication for risk reduction. Keywords: Epoxy resins, risk assessment, workplace safety

Einleitung
Auf Epoxidharze (Kurzzeichen: EP) kann in vielen Produktionsbereichen nur schwer verzichtet werden, da sie viele Vorzüge in sich vereinen: Hohe statische und dynamische Festigkeit, geringer Härtungsschwund, gute Maßhaltigkeit, durch starke Haftung gute Klebeeigenschaften, Chemikalien- und Witterungsbeständigkeit und isolierend wirkende dielektrische Eigenschaften1.

Aufgrund dieser hervorragenden Materialeigenschaften werden Epoxidharzsysteme trotz ihres im Vergleich zu z. B. Polyesterharzen hohen Preises nahezu konkurrenzlos in vielen Branchen verarbeitet (Tabelle 1).

Epoxidharze sind duroplastische Zweikomponentenkunststoffe, zu deren Herstellung ein Harz und Härter sorgfältig vermischt werden und dann durch Vernetzung (Polyaddition) aushärten. Die Harzkomponente besteht dabei in den meisten Fällen aus einem Epoxidharz als Reaktionsprodukt aus Epichlorhydrin und Bisphenol A/F; zusätzlich sind Reaktivverdünner (Glycidylether) enthalten1,2,3. Als Härter werden in der Regel aliphatische Amine (z.B. Triethylentetramin), cycloaliphatische Amine (z.B. Isophorondiamin), Polyaminaddukte oder Polyaminoamide verwendet (Tabelle 2). Zusätzlich in einigen Produkten verwendete Lösemittel sind flüchtige organische Stoffe mit einem Siedepunkt bis maximal 200°C (TRGS 610), üblicherweise Aromaten (z.B. Xylole oder Ethylbenzol), Alkohole (z.B. Ethanol) und Ketone (z.B. Butanon oder 4-Methylpentan-2-on). Bei Menschen kann die Harzkomponente “reizend” und die Härterkomponente “ätzend” oder “reizend” wirken (Gisbau 2006), im Tierversuch sind bei Ratten weitere Schadwirkungen mit Störungen der Hirn- und Geschlechtsdifferenzierung beschrieben worden4,5.

Je nach Zusammensetzung und Temperatur der Komponenten erfolgt die Aushärtung des ursprünglich flüssigen Gemischs innerhalb von wenigen Minuten bis zu einer Dauer von mehreren Wochen, es werden kalt-, warm- und heißhärtende Harze unterschieden1, 3.

Nahezu jede Einzelkomponente von Epoxidharzen kann sensibilisierend wirken, es kommt neben Hauterkrankungen im Sinne der BK-Ziffer 5101 auch zu allergischen und irritativen Atemwegserkrankungen im Sinne der BK-Ziffern 4301/4302.

Die noch nicht ausgehärteten Komponenten gelten als die Verursacher der epoxidharzbedingten allergischen Kontaktdermatitis, welche z. B. in der Baubranche die zweithäufigste allergische Hautkrankheit geworden ist6. Insgesamt stammen ca. 2/3 der gemeldeten Epoxidharzsensibilisierungen aus der Metall- und Bauindustrie. Im Gegensatz zu vielen anderen Berufsallergenen treten Hautreaktionen gegenüber Epoxidharzen bei vielen Beschäftigten bereits nach einer sehr kurzen Sensibilisierungsphase von wenigen Tagen oder Wochen auf.

Unsere Untersuchung sollte für die Erstellung einer Risikobewertung wesentliche Details und häufiger vorkommende Schwachstellen im Arbeitsschutz aufzeigen sowie Hilfestellung zu deren Beseitigung geben.

Vorgehensweise
Es wurden 22 Betriebe begangen, von denen 12 in Bremen und 10 in Schleswig-Holstein angesiedelt waren. 2 Betriebe sind der Bauwirtschaft zuzuordnen, die übrigen 20 waren zu fast gleichen Teilen Produktions-, Bootsbau- oder sonstige Betriebe. Jährlich wurden zwischen ca. 20 kg und ca. 10 t Epoxidharze verarbeitet, im Median 230 kg.

Die Betriebe beschäftigten im Mittel 124 Beschäftigte (2–1641, Median: 23,5), von denen im Mittel 18 (2–105, Median: 8,5) Umgang mit Expoxidharz hatten. Klinisch wurden insgesamt 52 zufällig ausgewählte Mitarbeiter in 19 Betrieben untersucht. Dies entspricht einer mittleren Quote von 44% der jeweils Expoxidharz-Exponierten (6–100%, Median: 40%).

Die epoxidharzverarbeitenden Betriebe wurden auf der Basis der jeweils zugänglichen Daten der staatlichen Arbeitsschutzbehörden ausgewählt, so dass die Zugangswege für die einzelnen Bundesländer leicht differierten:

· In Bremen wurde ein Querschnitt von Betrieben aufgesucht, die nach Kenntnis der Gewerbeaufsicht des Landes Bremen Epoxidharze verarbeiten, zusätzlich wurden Betriebe über vorliegende Berufskrankheitenanzeigen identifiziert.

· In Schleswig-Holstein wurden epoxidharzverarbeitende Betriebe durch technische Aufsichtsbeamte benannt und gemeinsam von technischen Aufsichtsbeamten und Gewerbeärzten aufgesucht, die positiv auf ein diesbezügliches Anschreiben reagierten.

Die beurteilten Betriebe bilden einen nicht repräsentativen Querschnitt hinsichtlich Branchen, Betriebsgrößen und Verarbeitungsmethoden.

Die Datenerhebung erfolgte mittels eines standardisierten Fragebogens in 22 Betrieben sowie durch ärztliche Beurteilung des Haut-Status von 53 während der Begehungen nach dem Zufallsprinzip ausgewählter Mitarbeiter. Der Fragebogen wurde von einer Projektgruppe der Gewerbeärzte der norddeutschen Bundesländer Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein entwickelt und orientiert sich an der BGR 227 „Tätigkeiten mit Epoxidharzen“7. Die 125 Items der Dokumentationsbögen sind in Abschnitte zur Betriebsstruktur, vorkommenden Arbeitsschritten und Arbeitsschutzkriterien unterteilt. Wesentliche Teile des Fragebogens sind in einer online abrufbaren Dokumentation des Amtes für Arbeitsschutz Hamburg abgebildet8. Ergebnisse von Arbeitsplatzmessungen sind nach unserer Ansicht für Epoxidharze nicht aussagekräftig und wurden bei der Untersuchung nicht durchgeführt, da aufgrund niedriger Dampfdrucke nicht mit höheren Konzentrationen der meisten Epoxidharzbestandteile zu rechnen ist8a.

Für gruppenweise Tendenzuntersuchungen werden die Kollektive teilweise gesplittet, wobei jeweils der Medianwert der entsprechenden Variable als Trennlinie verwendet wird (z. B. kleinere vs. größere Unternehmen: Unterscheidungskriterium Exponiertenanzahl < bzw. > 8,5). Das Signifikanzniveau wird auf p=0,05 festgelegt. Die verwendeten statistischen Testverfahren sind jeweils angegeben.

Betriebsstruktur, Verarbeitungsmethoden
Die am häufigsten anzutreffenden Verarbeitungsmethoden mit Kontaktmöglichkeiten zu Epoxidharzen bestanden beim Handlaminieren, Kleben, Nachbearbeiten und Kalthärten der Werkstoffe. Reinigungsarbeiten sind in nahezu allen Betrieben erforderlich (Abbildung 1). Handlaminierung wurde überwiegend in den kleineren Betrieben durchgeführt (K=-0,49, pSpearman=0,02), die anderen Verfahren waren unabhängig von der Anzahl Exponierter im Betrieb.

Zwei Drittel der Betriebe hatten unabhängig von der Betriebsgröße (Chi-Quadrat-Test: p=0,11) die Verwendbarkeit von Ersatzstoffen geprüft (n=14/22). Ein geeigneter Ersatz für Epoxidharzkunststoffe ist jedoch aufgrund der hervorragenden technischen Eigenschaften schwer zu finden. Zudem bestehen oft Vorgaben bezüglich der Stoffverwendung von Seiten des Endabnehmers. Expositionsmindernde Verfahren wie z. B. Kartuschensysteme, staubarme Stoffe, sichere Gebinde werden unabhängig von Substitutionsversuchen von weniger als der Hälfte der Betriebe eingesetzt (Chi-Quadrat-Tests: p>0,3).

Vorkehrungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz
Die häufigsten Beanstandungen bei technischen Schutzmaßnahmen betreffen arbeitsorganisatorische Belange wie z. B. die Trennung von Arbeitsplätzen mit unterschiedlichem Gefährdungspotenzial. Häufiger umgesetzt waren Vorgaben zur Ausstattung der Räume und Explosionsschutzmaßnahmen (Abbildung 2).

Die Bedingungen der Lagerung, des Transportes und der Abfallentsorgung waren in nahezu allen Betrieben ausreichend, nicht konsequent umgesetzt wird bisher die Lagerung von Gebinden in gut belüfteten und separierten Räumen.

Hygienische Maßnahmen wie tägliches Reinigen der Arbeitsplätze und Arbeitskleidung, Trennung von Arbeits- und Pausenräumen sowie Rauchverbote am Arbeitsplatz werden überwiegend wahrgenommen; die häufigste Beanstandung war in vier kleineren Betrieben ein zu langes Reinigungsintervall für die Arbeitskleidung. In fünf Betrieben wurde die Arbeitskleidung nicht konsequent von persönlicher Kleidung getrennt aufbewahrt, obwohl die Möglichkeit bestand. Ein Indikator für Hygienemängel ist die Reinigungshäufigkeit des Arbeitsplatzes: Wird diese nicht täglich durchgeführt, bestehen in jedem zweiten Fall noch weitere Unzulänglichkeiten. Eklatante hygienische Mängel lagen nur in einem kleineren Betrieb aus der Baubranche vor.

Bezüglich personenbezogener Maßnahmen waren in 18 der 22 Betriebe persönliche Schutzausrüstungen in ausreichender Zahl vorhanden, diese wurde jedoch z. B. bei Schutzhandschuhen in fast jedem zweiten Betrieb (n=10) als nicht geeignet bewertet. In einem Betrieb wurde ein älteres Sicherheitsdatenblatt mit der Empfehlung für latexhaltige Schutzhandschuhe beim Umgang mit Epoxidharzen vorgewiesen. Vier Betriebe hatten noch keine Betriebsanweisung zum Umgang mit Epoxidharzen erstellt. In zwei Betrieben existierte keine eindeutige Anweisung, persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu tragen, zudem war in 7 von 22 Betrieben die Tragepflicht für PSA nur teilweise umgesetzt. Die Tragepflicht für PSA bzw. die ausreichende Verfügbarkeit korrelieren jedoch gut mit der tatsächlichen Verwendung von Schutzausrüstungen (Spearman-K=0,478 bzw. 0,690, p=0,025 bzw. 0,002).

In 5/22 Betrieben war keine Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt, in 4/22 kein Betriebsarzt. Vier dieser Betriebe wurden nach dem sog. Unternehmermodell betreut. Aufgrund der kleinen Beschäftigtenzahl in den Unternehmen waren die entsprechenden Leistungen entweder bei externen Dienstleistern gekauft oder sie wurden von eigenen Angestellten wahrgenommen. Am häufigsten wird in arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen der BG-Grundsatz G 24 (Hauterkrankungen) angewendet (n=11/22), gefolgt vom G 26 (Tragen von Atemschutzgeräten). N=7/22 Betrieben ließen ihre Arbeitnehmer auch nach dem Grundsatz G 23 untersuchen. Damit korrelierte die Angabe von 9/22 Arbeitgebern, wonach die Beschäftigten häufiger über Hauterscheinungen klagen, dagegen wurde über Atemwegsbeschwerden und Augenrötungen seltener berichtet (n=3/22). Einschränkend muss hierbei angemerkt werden, dass diese Arbeitgeber-Anmerkung teilweise erst nach der Begehung und möglicher Äußerung entsprechender Beschwerden durch Mitarbeiter erfasst wurde. 2 von 22 Betrieben hatten Mitarbeiter wegen aufgetretener Atemwegsbeschwerden und 5/22 wegen Hautbeschwerden nicht weiter beschäftigen können. In einem Betrieb war beides der Fall. Drei dieser insgesamt sechs Betriebe hatten gemeinsam, dass trotz relativ guter arbeitshygienischer Bedingungen die Tragepflicht für PSA gar nicht oder nicht konsequent umgesetzt worden war.

Klinische Befunde bei den Beschäftigten
29 von 53 untersuchten Mitarbeitern in den Betrieben waren klinisch unauffällig. Bei den übrigen 24 Beschäftigten standen im Vordergrund der klinischen Erscheinungen Hauttrockenheit (n=16/24), Hornschichtverdickung und Risse im Sinne einer Rhagadenbildung (n=13/24) sowie Rötungen (n=6/24). Betroffen waren beide Hände, vor allem die Handflächen als Kontaktflächen. Bestehende schuppige und krustenförmige Hautveränderungen an Handrücken und Handflächen können trotz der relativ kleinen beobachteten Fallzahl signifikant mit der ausreichenden Verfügbarkeit persönlicher Schutzausrüstungen assoziiert werden (pSpearman<0,026). Nach Arbeitgeberkenntnis klagen Beschäftigte, die mit Expoxidharzen nasslackieren, profilieren oder versiegeln, vermehrt über Atemwegsbeschwerden (pSpearman<0,03) bei Prepregverfahren und Vakuuminjektionstechniken eher über Hauterscheinungen (pSpearman<0,05). Diese Kenntnis deckt sich teilweise mit unseren Ergebnissen der zusätzlich durchgeführten linearen Regressionsanalyse mit schrittweisem Einschluss signifkant korrelierender Parameter auf p=0,05-Ebene, welche sehr gute Vorhersagewerte von 97,7% der Varianz für die Häufigkeit klinisch auffälliger Hautbefunde mit Berücksichtigung von nur drei Variablen erzielt. Einen wesentlichen Einfluss auf den klinischen Hautzustand der Mitarbeiter haben demzufolge die Abtrennung von Arbeitsplätzen mit besonderer Gefährdung (z. B. Schleifarbeitsplätze), der Einsatz von Prepregverfahren und das Vorhandensein von Betriebsanweisungen für den Umgang mit Epoxidharzen (Tabelle 2). Den Arbeitsschutz beeinflussende Faktoren
Größere Betriebe erreichen nur teilweise eine günstigere Arbeitsschutzsituation als Kleinbetriebe. Beispielsweise wurden häufiger Absaugvorrichtungen und expositionsmindernde Gebinde verwendet. Bei kleineren Betrieben ist die Dokumentation häufig nicht vollständig, es manifestieren sich Schwierigkeiten in der Informationsbeschaffung nicht nur durch seltenere Erarbeitung von Gefährdungsbeurteilungen, Gefahrstoffkatastern oder Alarmplänen, sondern auch durch deutlich seltenere sachgerechte Auswahl von Handschuhen und Hautschutzmitteln.

Auch in der Vorgeschichte erfolgte Berufskrankheiten-Meldungen führen in den betroffenen Betrieben zu einer etwas vollständigeren Dokumentation hinsichtlich der Gefahrstoffe, mittels der vorhandenen Daten lassen sich jedoch keine (signifikanten) Auffälligkeiten bei den angewendeten Arbeitsverfahren, Schutzmaßnahmen und in der Vorsorge nachweisen.

In betriebsärztlich betreuten Betrieben sind einige prozessuale Aspekte signifikant häufiger beachtet als in den Betrieben ohne Betriebsarzt (Tabelle 4). Dies spiegelt eine Unternehmenskultur im Umgang mit Beschwerden wider: Ohne Betriebsarzt waren den Betriebsleitern z. B. keine Klagen über Hauterscheinungen seitens der Beschäftigten bekannt, wohingegen die Hälfte der anderen Betriebsleiter Beispiele zu benennen wusste. Diese Kenntnis war jedoch von der Häufigkeit tatsächlicher klinisch nachweisbarer Hautveränderungen unabhängig, die Daten zeigen vielmehr einen Trend dahingehend, dass klinisch mehr Beschäftigte einen auffälligen Hautstatus hatten, wenn die Betriebsleitung nicht von Beschwerden wusste (p=0,03).

Nach dem Durchführen einer Gefährdungsbeurteilung kommt es in den Betrieben nicht zu signifikanten Veränderungen der Dokumentation, Arbeitsverfahren, arbeitshygienischen Maßnahmen oder selteneren Beschwerden von Beschäftigten über Haut- oder Schleimhautveränderungen.

Diskussion
Epoxidharze werden aufgrund ihrer technischen Eigenschaften in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt. Diese Vielfalt der Einsatzbereiche konnte mit den untersuchten Betrieben ansatzweise dargestellt werden. Als arbeitsmedizinisch bedeutsam muss die starke sensibilisierende und allergisierende Wirkung von Epoxidharzbestandteilen angesehen werden, die mit niedrigerem Molekulargewicht der Harze zunimmt9,10. Bei Malern wurde eine Sensibilisierungsrate von 4,5/1000 Personenjahren beschrieben11. Dies ist nach unseren Einschätzungen noch erheblich zu niedrig beziffert. So liegen den Gewerbeärzten mehrere Berichte von Betrieben vor, in denen beschrieben wird, dass bei neuen Mitarbeitern bereits innerhalb der Probezeit, während der Ausbildung oder bei Zeitarbeitern Hauterkrankungen auftraten. In einem beispielhaft genannten Betrieb wurde erstmalig Epoxidharz-Mörtel zum Verfugen verwendet; nach 2,5 Wochen mussten sich vier von sechs Fliesenlegern aufgrund starker Hautreaktionen an Händen, Unterarmen, Unterschenkeln und im Gesicht in hautärztliche Behandlung begeben12.

Unsere Untersuchungen belegen, dass es trotz einer intensiven Suche nach Alternativen mehr als der Hälfte der Betriebe nicht gelang, auf Arbeitsverfahren mit direktem Epoxidharz-Hautkontakt zu verzichten. Aufgrund der hohen Sensibilisierungspotenz der Epoxidharze kommt einer Kontaktvermeidung ein besonderer Stellenwert in der Prävention zu. Hier zeigen sich jedoch in der Praxis einfach vermeidbare Defizite besonders in kleineren Betrieben. So wurden z. B. nicht geeignete Schutzhandschuhe aus Latex oder Leder o. ä. verwendet, obwohl bereits 1979 deren unzulängliche Schutzwirkung beschrieben wurde13.

Geeignete Materialien wären z. B. Butyl- oder Nitrilkautschukhandschuhe mit ausreichender Materialstärke (BGI 665 BG Bau). Gemäß TRGS 220 „Sicherheitsdatenblatt“ ist in den Sicherheitsdatenblättern die Art des erforderlichen Schutzhandschuhs anzugeben. In der überwiegenden Zahl der gesichteten Sicherheitsdatenblätter war die entsprechende Angabe jedoch nicht („geeignete Schutzhandschuhe tragen”) oder nur bedingt (z. B. „Handschuhe aus Gummi“ oder „Kunststoff“) geeignet, die Anwender auf die richtige Auswahl des Handschuh-Materials hinzuweisen. Selbst bei der Ausführung einer entsprechenden Recherche ist die Auswahl einer geeigneten Schutzausrüstung nicht sichergestellt, da zum Teil für die einzelnen Komponenten der Epoxidharzsysteme unterschiedliche Schutzhandschuhe empfohlen werden (z.B. Nitril-Handschuhe für die Komponente A, PVC – Handschuhe für die Komponente B). Dies führt spätestens beim Mischen der beiden Komponenten beim Anwender zu einem „Gewissenskonflikt“. Für einzelne Kombinationen, insbesondere bei lösemittelhaltigen Rezepturen, existieren keine Empfehlungen (BGI 665). Das Beispiel eines veralteten Sicherheitsdatenblattes mit der falschen Empfehlung latexhaltiger Schutzhandschuhe beim Umgang mit Epoxidharzen zeigt die Notwendigkeit, dort auf Aktualität zu achten. Diese Prozesse der Informationsgewinnung und -umsetzung sind vor allem in kleineren Betrieben unzureichend etabliert und erfordern Unterstützung.

Auch einfache arbeitshygienische Maßnahmen wie adäquate Lagerung und Reinigung von Arbeitskleidung sowie die räumliche Trennung nicht Exponierter waren zu häufig nicht beachtet worden. Gerade bei solchen einfachen Maßnahmen kommt der Mitarbeit jedes einzelnen Beschäftigten ein besonderes Gewicht zu. Dieser Fakt schien den Beschäftigten überwiegend nicht klar zu sein, denn selbst bei guter Ausstattung der Arbeitsplätze konnte wiederholt beobachtet werden, dass Vorsichtsmaßnahmen unterlaufen wurden. Dies verdeutlicht zum Einen die unzureichende Kenntnis über die Gefahr der verwendeten Arbeitsstoffe und damit die mangelhafte Einweisung, zum Anderen die Bedeutung der Unterweisung der Mitarbeiter zum umfassenden und qualifiziert ausgewählten Hautschutz, welcher sowohl geeignete Schutzhandschuhe als auch einen Hautschutzplan (Schutz, Reinigung, Pflege) umfassen sollte. Den Beschäftigten muss das Gefährdungspotenzial der verarbeiteten Substanzen vermittelt werden.

Ein besonders gefährdendes Arbeitsverfahren im Zusammenhang mit der Entstehung von Hauterkrankungen ist das Handlaminieren, bei dem das Epoxidharzsystem mittels Pinsel, Bürste oder Rolle großflächig auf einer Oberfläche verteilt wird und dadurch die Gefahr eines intensiven Hautkontaktes besonders hoch ist.

Häufig wird die Exposition beim Schleifen von Formteilen oder verspachtelten Fugen in den Betrieben unterschätzt, da Schleifstäube von technisch ausgehärteten Epoxidharzsystemen als inert angesehen werden. Die Mischungsverhältnisse von Harz und Härter lassen sich jedoch meist nicht so exakt bemessen, dass alle Bestandteile miteinander reagieren, so dass ein Überschuss des Harzes oder des Härters im Endprodukt aktiv bleibt. Bei der Nachbearbeitung, z. B. durch Schleifen, werden diese reaktiven Bestandteile mit dem Schleifstaub freigesetzt und entfalten ihr sensibilisierendes Potenzial erneut.

Die hier dargestellten Ergebnisse der angekündigten Begehungen zeichnen eher ein zu positives Bild der Gesamtsituation, da Problemdetails schwer standardisiert zu erfassen sind und gleichzeitig große Bedeutung besitzen.

Die nach einer allergischen Reaktion erforderliche Aufgabe der bisherigen beruflichen Tätigkeit und die sich durch die häufigen Kreuzallergien anschließende notwendige Vermeidung jeglichen Kontaktes zu Epoxidharzen führt in der Praxis zur erheblichen Minderung der Erwerbsfähigkeit, da Epoxidharze in der Arbeitswelt sehr weit verbreitet sind und bei einer Sensibilisierung selbst der aerogene Kontakt mit Harzbestandteilen durch Nachbararbeitsplätze zu entsprechenden Beschwerden führen kann. Auch bei Einhaltung der Expositionskarenz wird die Hälfte der Sensibilisierten nicht symptomfrei, wobei die Prognose wesentlich mit der vorbestehenden Dauer und Schwere der Symptome zusammenhängen14.

Die an dieser Studie beteiligten Gewerbeärzte gehen davon aus, dass die Anzahl expoxidharzbedingter Hauterkrankungen sogar noch deutlich unterschätzt wird, da bei dem anamnestisch häufig sehr kurzem Umgang mit dem Expoxidharzsystem oft nicht vermutet werde, dass der Beschäftigte durch die neue Tätigkeit erkrankt ist und Arbeitnehmer mit Krankheitssymptomen in der Probezeit oft die Beschäftigung ohne vorherige Diagnoseabklärung aufgeben. Eine Anzeige als Berufskrankheit erfolgt meistens nur, wenn der Erkrankte selbst dieses Verfahren anstrebt. In der späteren Begutachtung von Erkrankungsfällen sollten die einzelnen Komponenten der Epoxidharze separat getestet werden und auch weniger übliche Ausgangsharze Berücksichtigung finden, um vorliegende Sensibilisierungen nachweisen zu können15, 16.

Die signifikant schlechtere Arbeitsschutzsituation der vier nicht durch einen qualifizierten Betriebsarzt betreuten Betriebe weist auf erhebliche Schwächen des politisch für Klein- und Mittelbetriebe favorisierten Unternehmermodells hin. Die Häufigkeit, mit der Betriebsleitungen über Hautveränderungen nach Epoxidharzkontakt informiert waren, spricht unserem Erachten nach für einen sogenannten Informations-Bias. Danach sind nur informierte und sich des Problems bewusste Betriebsleitungen in der Lage, die Epoxidharz-Expositionssituation zu verbessern. Im Resultat hatten diese Betriebe sogar deutlich seltener Mitarbeiter mit Auffälligkeiten bei der klinischen Untersuchung der Haut. Wenig hilfreich sind in diesem Zusammenhang verharmlosende Verlautbarungen von Herstellern wie „Die Verarbeitung von Epoxidharz ist im Prinzip ungefährlich, denn Epoxidharz und Härter sind physiologisch unbedenklich“, welche vereinzelt sogar jetzt noch in Werbebroschüren anzutreffen sind17.

In großen, zertifizierten Betrieben waren die Arbeitsschutzmaßnahmen gut umgesetzt. Die Änderungen durch das Inkrafttreten der Gefahrstoffverordnung zum 01.01.2005 waren dort in der Mehrzahl bekannt und zum großen Teil bereits bei der Gefährdungsbeurteilung und bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge berücksichtigt worden.

Schlussfolgerungen
Die Risiken einer nicht oder nicht ausreichend geschützten Arbeit mit Epoxidharzsystemen sind trotz erheblicher Anstrengungen auch der Unfallversicherungsträger in vielen Betrieben bislang nicht ausreichend bekannt. Auch die Hersteller von Expoxidharzen und persönlichen Schutzausrüstungen sind gefordert, ihre Produkte so zu formulieren, dass wirksame Schutzmöglichkeiten existieren und diese auch in Sicherheitsdatenblättern explizit benannt werden.

Die gefundenen Schwachstellen sind nicht zu verallgemeinern. Jeder Betrieb hat seine spezifische „Kultur“ im Umgang mit Gefahrstoffen, besondere Anforderungen an die Verwendung und unterschiedlich ausgereifte und umgesetzte Schutzkonzepte. Bei Begehungen ist daher der Blick auf die Details und insbesondere ärztlicher Sachverstand in der Beurteilung unabdingbar.

Chancen und Risiken einer eingeschränkt qualifizierten Betriebsbetreuung, z. B. durch den Unternehmer selbst, scheinen deutliche Grenzen zu besitzen. Dies sollte ärztlich und wissenschaftlich bewertet werden.

Danksagung
Besonderer Dank gebührt den zahlreichen Aufsichtsbeamten der verschiedenen Gewerbeaufsichtsämter, ohne deren Unterstützung diese Untersuchung nicht möglich gewesen wäre.

· Literaturverzeichnis

· R&G (Hrsg.): Handbook Composite Materials, Ed. 8. 2003. Eigenverlag R&G Faserverbundwerkstoffe GmbH, Waldenbuch

· Gisbau (2006): http://www.wingis-online.de/wingisonline/ mit Stichwort „Epoxidharz“ (Suche am 25.02.2007)

· Möckel J, Fuhrmann U: Die Bibliothek der Technik, Bd.51: Epoxidharze, Schlüsselwerkstoffe für die moderne Technik. Verlag moderne Industrie, Landsberg, 1990

· Rubin BS, Lenkowski JR, Schaeberle CM, Vandenberg LN, Ronsheim PM, Soto AM (2006): Evidence of Altered Brain Sexual Differentiation in Mice Exposed Perinatally to Low, Environmentally Relevant Levels of Bisphenol A. Endocrinology 147: 3681–3691

· Munoz-de-Toro M, Markey CM, Wadia PR, Luque EH, Rubin BS, Sonnenschein C, Soto AM (2005): Perinatal Exposure to Bisphenol-A Alters Peripubertal Mammary Gland Development in Mice. Endocrinology 146: 4138–4147

· BG Bau (2005): Gesundheitsgefahren vermeiden durch richtigen Umgang mit Epoxidharzen. Pressemitteilung der BG Bau vom 20.10.2005. Online unter http://www.bgbau.de/d/pages/presse/archiv/preme/epoxid.html (Aufruf am 25.02.2007)

· BGR 227 online unter http://www.arbeitssicherheit.de/servlet/PB/show/1216483/bgr227.pdf (Aufruf am 25.04.2007)

· Amt für Arbeitsschutz, Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz Hamburg (2006): Epoxidharz-Systeme. Ein Leitfaden zur Gefährdungsbeurteilung mit Hinweisen auf Schutzmaßnahmen, Broschüre M 44. Online unter http://www.arbeitsschutzpublikation.hamburg.de (Aufruf am 25.04.2007)

· Kalberlah F (2007): Vergleichende Bewertung von Epoxidharzen – Teil A: Entwicklung eines Rankingsystems für Epoxidharze. BAuA-Projekt F 2062 ISBN 978-3-88261-058-1

· Fisher AA (1986): Contact Dermatitis. Third Edition. Lea & Febiger, Philadelphia, S. 549–555

· Kütting B (2006): Berufsbedingte Allergien der Haut und der Atemwege – Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Zbl Arbeitsmed 56: 2–9

· Romyhr O, Nyfors A, Leira HL, Smedbold HT (2006): Allergic contact dermatitis caused by epoxy resin systems in industrial painters. Contact Dermatitis 55: 167–172

· Görgens U (2001): Erkrankungen durch Epoxidharze. Erfahrungen der Bau-Berufsgenossenschaften. In: Bau-Berufsgenossenschaft (Hrsg.): Umgang mit Epoxidharzen. Workshop des Unterausschuss IV “Arbeitsplatzbewertung” – 25. Juni 2001, Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main Online unter http://www.gisbau.de/service/epoxi/EpoxidharzWorkshop.pdf (Aufruf am 25.04.2007)

· Pegum JS (1979): Penetration of protective gloves by epoxy resin. Contact Dermatitis 5, 281

· Cahill J, Keegel T, Dharmage S, Nugriaty D, Nixon R (2005): Prognosis of contact dermatitis in epoxy resin workers. Contact Dermatitis 52:147–153

· CHU CY, PONTeN A, SUN CC, JEE SH (2006): Concomitant contact allergy to the resins, reactive diluents and hardener of a bisphenol A/F-based epoxy resin in subway construction workers. Contact Dermatitis. 54: 131–139

· Sakata S, Cahill J, Barton D, Nixon R (2005): Occupational allergic contact dermatitis to bisphenol F epoxy resin. Australasian Journal of Dermatology 46: 90–92

· Schönox GmbH: Hart im Nehmen: Epoxidharz. Im Internet abrufbar: http://www.schoenox.de/site/html/de/pages/mediaDownload.php?mfid=1585 (Aufruf am 25.04.2007)

Weiler SW1, van Mark A1, Perger2, Uhtenwoldt-Delank3 , Wiederhold I4 1Institut für Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck 2Fakultät Life Sciences, Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg 3Landesgewerbearzt, Senato

Aktuelle Ausgabe

Partnermagazine

Akademie

Partner