Arbeitsschutz

Das Betriebssicherheitsmanagement-System

Die Gesamtheit aller wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Verantwortungen eines Unternehmens sowie die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Auflagen hat inzwischen eine so hohe Komplexität erfahren, dass es den Führungskräften immer schwerer fällt notwendige Entscheidungen zu erkennen und zu treffen. Die in den letzten Jahren vollzogenen Anpassungen von Unternehmen an neue Marktsituationen mit ihren immer kürzeren Veränderungszyklen gingen vielfach einher mit tief greifenden organisatorischen Neuausrichtungen. Ganze Konzerne wurden umgebaut, Hierarchieebenen wurden abgebaut, Personal wurde reduziert, umgesetzt und mit teilweise gänzlich neuen Aufgaben betraut.

Die Betrachtungen der Stake-Holder (Anspruchsgruppen) sind im Management der Vergangenheit sehr stark auf Kunden, Lieferanten und Mitarbeitende ausgerichtet gewesen. In Zukunft werden die weiteren Stake-Holder Kapitalgeber, Konkurrenz, Staat und Öffentlichkeit im betrieblichen Management an Bedeutung gewinnen. Modernes Management wird eine wichtige Rolle spielen für die Compliance des Unternehmens.

Mit der Einführung von (Teil-) Managementsystemen wie Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystemen wurden den Unternehmen Werkzeuge in die Hand gegeben, die Umsetzung zentraler Themen mit formalisierten Systemen in die Unternehmensführung aufzunehmen.

Hierfür sprechen viele gute Gründe, aber es birgt sich darin auch ein nicht unerhebliches Gefahrenpotenzial:

· Mit Teilmanagementsystemen laufen die Unternehmen Gefahr, das zentrale Ziel eines Führungssystems – die ganzheitliche Führung eines Unternehmens – nicht zu erreichen,

· es gibt thematische Überschneidungen zwischen den Managementsystemen, so stellen sie z.B. alle Anforderungen an Schulungen; stellen Qualität, Umweltschutz und Arbeitssicherheit Anforderungen an die Beschaffung; kümmern sich Umweltschutz und Arbeitssicherheit um Gefahrstoffe etc., so dass es zu Doppelarbeit und im schlimmsten Fall sogar zu widersprüchlichen Regelungen kommen kann.

Als Lösung bietet sich an, die Managementsysteme nicht getrennt voneinander und vom restlichen Führungssystem des Unternehmens aufzubauen, sondern als integriertes Managementsystem.

Die Haftungsrisiken für Geschäftsführer und deren Führungskräfte wurden durch das „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich“ (KonTraG) erheblich erweitert. Das Risiko, im Unternehmen gegen Unternehmenspflichten zu verstoßen, dadurch Schäden zu verursachen und für diese Schäden zu haften, muss durch besondere organisatorische Maßnahmen vermieden werden. Durch eine wirkungsvolle Vernetzung der Managementsysteme lassen sich auch die Risiken von Verstößen gegen Unternehmenspflichten und die dadurch ausgelösten Haftungsrisiken systematisch erfassen und vermeiden.

Alle diese Veränderungen haben auch vor den Querschnittsorganisationen, wie der Arbeitssicherheit, dem Umweltschutz, dem Datenschutz und weiteren Sicherheits- und Gesundheitsbereichen nicht Halt gemacht. Auch hier hat vielerorts eine Optimierung und Bündelung stattgefunden. Die Systematisierung und Bündelung von Managementsystemen zur Beherrschung der gesamten unternehmerischen Risiken ist dazu vielfach in einem modernen zukunftsorientierten Betriebssicherheitsmanagement-System zusammengeführt worden (Abbildungen 1 und 2).

Ein modernes systemisch-evolutionäres Managementsystem wie das Betriebssicherheitsmanagement-System verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und erfüllt die zeitgemäße Forderung nach einem optimal strukturierten Vorgehen sowie vernetztem Wirken. Es bildet den Bezugsrahmen für das Verhalten der Mitarbeiter und maximiert die Lebensfähigkeit des Unternehmens. Es schafft Rechtssicherheit und ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Das Betriebssicherheitsmanagement-System ersetzt keine vorhandenen Managementsysteme. Es ist ein operatives Instrument zur Bündelung und Vernetzung vorhandener Systeme, um Synergien optimal zu nutzen und Effizienzsteigerungen zu erwirken.

Es ist zu unterschieden in:

· das Betriebssicherheitsmanagement-System

· das Betriebssicherheitsmanagement

· den Betriebssicherheitsmanager

· Das Betriebssicherheitsmanagement-System ist die Bündelung aller Managementsysteme zur ganzheitlichen Betrachtung und Beherrschung der unternehmerischen Risiken.

· Das Betriebssicherheitsmanagement ist die innerbetriebliche Stabsfunktion, in der alle Beauftragtenfunktionen gebündelt werden und die Vernetzung mit dem Betriebssicherheitsmanagement-System erfolgt.

· Der Betriebssicherheitsmanager ist die beauftragte Person des Unternehmers für Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Qualität, Umweltschutz, Datenschutz, Brandschutz und entsprechende weitere Beauftragungen. Er leitet das Betriebssicherheitsmanagement. Der Betriebssicherheitsmanager ist der qualifizierte innerbetriebliche Experte, der übergreifend die Disziplinen vernetzt und zusammenführt. Seine primären Aufgaben sind die Moderation, Beratung und Motivation. Er kennt die gesetzlichen Anforderungen und er hat es gelernt, diese für die betriebliche Anwendung aufzubereiten. Damit verschafft er den Führungskräften die nötige Rechtssicherheit. Für sein Handeln, besonders seine Beratung in Rechtsfragen, trägt er die Verantwortung. Der Unternehmer und die Führungskräfte müssen sich auf seine Ausführungen zu sicherheits- und umweltrelevanten Gesetzen und Regeln verlassen können. Zu dieser Verantwortung muss der Betriebssicherheitsmanager auch stehen.

Alleine das Vertreten des gesamten Unternehmens gegenüber Behörden in allen sicherheits-, gesundheits-, datenschutz- und umweltschutzrelevanten Fragen durch nur eine Person bringt ein Mehr an Rechtssicherheit für die Geschäftsleitung und alle Führungskräfte mit sich.

Der Gesetzgeber/Verordnungsgeber hat auch bereits den Grundgedanken des Betriebssicherheitsmanagements in die geplante Umweltbeauftragtenverordnung übernommen: Nach Absatz 3 hat der Unternehmer für die Zusammenarbeit des Umweltbeauftragten mit den im Bereich des Arbeitsschutzes beauftragten Personen – wie etwa Betriebsärzten, Fachkräften für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragten oder Strahlenschutzbeauftragten – zu sorgen.

Innerhalb des Betriebssicherheitsmanagement-Systems werden die verschiedenen betrieblichen Managementsysteme miteinander verknüpft. Die im Folgenden angesprochenen Managementsysteme sollen nur eine Auswahl darstellen. So kann natürlich auch z.B. ein Security-Managementsystem hervorragend in das Betriebssicherheitsmanagement-System integriert werden. Gerade die Flexibilität des Systems ist eine seiner zahlreichen Stärken.

Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9000 ff.
Der prozessorientierte Ansatz der Normenreihe trägt zum funktionsübergreifenden Denken bei und hilft das Gesamtunternehmen transparent zu machen und in der Folge somit besser zu überblicken.

Die ISO 9000-Normenfamilie besteht aus den folgenden Normen:

· DIN EN ISO 9000: Grundlagen und Begriffe

· DIN EN ISO 9001: Anforderungen an QM-Systeme

· DIN EN ISO 9004: Leitfaden zur Leistungsverbesserung

· DIN EN ISO 19011 – Leitfaden für das Auditieren von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen

Die neue ISO 9004:2008 wurde im August 2008 als „Leiten und Lenken für den nachhaltigen Erfolg einer Organisation – Ein Qualitätsmanagementansatz“ vorgelegt.

Die Zertifizierung eines Unternehmens nach der DIN EN ISO 9001:2008 garantiert nicht die hochwertige Qualität von Produkten oder Dienstleistungen. Es werden nur Vorgaben gemacht, wie eine Organisation vorzugehen hat, damit es ein wirksames Qualitätsmanagement-System aufbaut.

Risikomanagement
Risiken entstehen dadurch, dass die Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen nur bedingt vorhergesagt werden können. Daher ist eine der wichtigsten Aufgaben der Unternehmensleitung, Risiken zu erfassen, zu beurteilen und in der Folge durch geeignete Maßnahmen zu beeinflussen. Unter Risikomanagement versteht man die Führung des Unternehmens aus der Gesamtschau aller seiner Risiken und ihrer Beherrschung (Wittmann & Siegmann 2008). Mit Gefahren ist planvoll und zielgerichtet umzugehen. Durch die systematische Anwendung der Instrumente sollen die Unternehmensentscheidungen möglichst weit in den Bereich der kalkulierten Wahrscheinlichkeiten verschoben werden. Hierzu muss sich das Management zunächst aller wesentlichen Risiken bewusst werden und entscheiden, welche Maßnahmen im Umgang mit ihnen zu treffen sind. Dadurch sollen bestehende und vor allem auch potenzielle Risiken kalkulierbar und somit kontrollierbar werden.

Aus der Formulierung des § 91 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG) und aus der Begründung zu dieser Vorschrift sowie aus der allgemeinen Begründung zum „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich“ (KonTraG) folgt, dass der Gesetzgeber folgende vom Unternehmen zu definierende Komponenten für ein funktionierendes Risikomanagementsystem fordert:

· Frühwarnsysteme

· Controlling

· Internes Überwachungssystem

Beim Ausbau und der Implementierung eines Risikomanagements sollten bereits vorhandene Teilsysteme, wie die Elemente des Controllings und der internen Kontrollsysteme genutzt und ausgebaut werden.

Der Ablauf des Risikomanagementprozesses vollzieht sich – wie in allen modernen Managementsystemen – in Form eines Regelkreises. Ausgehend von einer Risikostrategie sind die Risiken zu identifizieren, zu analysieren, zu bewerten, zu steuern und zu überwachen. Zur erfolgreichen Umsetzung kommt es darauf an, das Risikomanagement als einen kontinuierlichen Prozess im Unternehmen zu etablieren und in die wesentlichen Unternehmensprozesse zu integrieren. Seine Konzeption muss dabei gewährleisten, dass auf Veränderungen der risikobestimmenden Faktoren in angemessener Zeit reagiert werden kann (Abbildung 3).

Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement
In Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz darf man nichts dem Zufall überlassen. Arbeitssicherheit ist genauso gründlich zu planen und zu organisieren, wie die betrieblichen Prozesse selbst. Gute, auf die betrieblichen Prozesse abgestimmte Arbeitsschutzmanagementsysteme (AMS) bilden eine optimale Grundlage dazu.

Arbeitsschutzmanagement ist nicht nur in Deutschland, sondern global zu einem wichtigen Thema im Arbeitsschutz geworden. Diese Systeme sind ein nachhaltig wirkendes Instrument des Arbeitsschutzes und erhöhen somit die Compliance des Unternehmens.

Es lässt sich zwangsläufig folgern, dass ein betriebliches Arbeitsschutzmanagementsystem zweifellos das effektivste Instrument ist, Arbeitsschutz planmäßig, zielorientiert und systematisch in die betriebliche Gesamtorganisation zu integrieren, dies in geeigneter Weise zu dokumentieren und im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu pflegen und weiter zu entwickeln. Das Arbeitsschutzmanagement umfasst die Organisation aller Bereiche des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten. Da der Themenbereich des Arbeitsschutzes sehr umfangreich sein kann und viele Vorschriften und Gesetze beachtet werden müssen, empfiehlt sich die Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems.

Eine besondere Rolle im betrieblichen Gesundheitsschutz wird zukünftig das „Betriebliche Gesundheitsmanagement“ (BGM) spielen.

BGM zielt auf die Unternehmenskultur, auf Klima und Führung. Es zielt auf die Qualifizierung der Beschäftigten, ihr gesundheitsbewusstes Verhalten und insbesondere auch auf eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung. Einem vorzeitigen Verschleiß der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Unternehmensebenen wird dadurch entgegen gewirkt. Das Betriebsergebnis wird gesteigert und der langfristige Unternehmenserfolg gesichert.

BGM ist die Entwicklung betrieblicher Rahmenbedingungen, betrieblicher Strukturen und Prozesse, die die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit und Organisation und die Befähigung zum gesundheitsförderlichen Verhalten der Mitarbeiter zum Ziel haben! (Definition des BGM durch den Weiterbildungsstudiengang BGM an der Universität Bielefeld). Sehr häufig wird „Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)“ mit „Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF)“ gleichgesetzt. Dies ist ein großer Fehler, da hierdurch der eigentlich wichtige Managementansatz des BGM „vergessen“ wird. Betriebliche Gesundheitsförderung ist immer nur ein Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Man kann von einer Entwicklung sprechen von der eher themenzentrierten Projektebene des BGF hin zu einer insbesondere strukturellen Optimierung im Rahmen des BGM.

Umweltschutzmanagement
Die Einführung eines Umweltmanagementsystems nach den Standards ISO 14001:2004 (bzw. DIN EN ISO 14001:2005) sowie EMAS II als Nachweis der unternehmerischen Sorgfaltspflicht – Kunden, Versicherungen, Banken oder Behörden gegenüber – besitzt hohen Stellenwert. Das Ziel, eine im Umwelt-, so wie auch im Arbeitsschutzbereich, lenkbare und flexible Organisationsstruktur zu schaffen, führt frühzeitig zur Erkennung und Vermeidung unternehmerischer Risiken. Gleichzeitig trägt der Aufbau eines solchen Systems zur Einsparung von Energie und Rohstoffen und damit zu wirtschaftlichen Verbesserungen bei.

Im „Umfeld“ der Normenserie DIN EN ISO 14000 sind folgende Normen zu sehen:

· Mit Organisationsbezug:

· DIN EN ISO 14001: 2005–06: Umweltmanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung (ISO 14001:2004); Deutsche und Englische Fassung EN ISO 14001:2004,

· DIN EN ISO 19011, 2002–12: Leitfaden für Audits von Qualitätsmanagement- und/oder Umweltmanagementsystemen (ISO 19011: 2002); Deutsche Fassung EN ISO 19011:2002.

· Mit Produktbezug:

· DIN EN ISO 14020, 2002–02: Umweltkennzeichnungen und -deklarationen Allgemeine Grundsätze (ISO 14020:2000); Deutsche Fassung EN ISO 14020:2001,

· DIN EN ISO 14040, 2006–10: Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen (ISO 14040:2006); Deutsche und Englische Fassung EN ISO 14040:2006,

· ISO/TR 14062, 2002–11: Umweltmanagement – Integration von Umweltaspekten in Produktdesign- und -entwicklung.

EMAS (Eco Management and Audit Scheme) ist eine Verordnung der Europäischen Union. Diese gilt unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten der EU, hat darüber hinaus aber keine rechtlich bindende Wirkung. Mit der Verordnung Nr. 196/ 2006 (EG 2006) wurde EMAS aktualisiert. Erstmals in Kraft trat EMAS im April 1995 (Verordnung Nr. 1836/93 (EWG 1993)), daher wird die aktuelle Version oft auch als EMAS II bezeichnet.

Die EMAS II und die DIN EN ISO 14001 sind die beiden bekanntesten Regelwerke der Umweltmanagementsysteme. Die gleichzeitige Teilnahme an beiden Umweltmanagementsystemen ist möglich. Daneben gibt es noch zahlreiche Umweltmanagement-Ansätze.

Datenschutzmanagement
Eine automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten erfordert nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Volkszählungsurteil 1983 stets eine Einwilligung des Betroffenen oder eine Rechtsvorschrift als Erlaubnisnorm (vgl. § 4 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)). Wer also personenbezogene Daten erheben, verarbeiten oder nutzen will, muss sich vorher klar machen, auf welcher Rechtsgrundlage dies erfolgen darf. Das BDSG enthält solche Rechtsgrundlagen.

Der Unternehmer bzw. der Datenschutzbeauftragte hat die Zulässigkeit, Erforderlichkeit, Zweckbindung aller erhobenen und gespeicherten Daten zu prüfen. Hierbei handelt es sich um die Sicherstellung der Rechte des Betroffenen und entsprechende, technische und organisatorische Datenverarbeitungsmaßnahmen (Anlage zu §9 BDSG). Die erhobenen Daten müssen für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe tatsächlich notwendig sein. Bei der Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen ist der Grundsatz der Datenvermeidung zu beachten.

Mit geeigneten Datensicherungsmaßnahmen hat der Unternehmer sicherzustellen, dass die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nicht durch Verlust, Fälschung oder unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte verletzt werden (Abbildung 4).

Krisenmanagement
Ein Unternehmen kann über einen längeren Zeitraum erfolgreich operieren und gute Ergebnisse erzielen. Trotzdem kann es innerhalb eines Tages durch ein Ereignis in eine Krise stürzen. Es besteht die Gefahr, dass die Krise außer Kontrolle gerät und der vitale Nerv des Unternehmens kritisch getroffen wird (Abbildung 5).

Beim Aufbau eines einfachen Krisenmanagementsystems tun sich viele Unternehmen schwer. Zunächst muss ein Unternehmen ein umfassendes Bewusstsein für mögliche Risiken und Krisen entwickeln. Vor allem müssen die Führungskräfte sensibilisiert und hinreichend ausgebildet werden. Schließlich wird eine schlagkräftige Aufbau- und Ablauforganisation sowie die Bereitstellung von Ressourcen benötigt. Gerade Betriebe, die der Störfall-Verordnung unterliegen, sind auf eine gerichtsfest dokumentierte Vorbereitung angewiesen.

Primäres Ziel einer Krisenorganisation ist eine schnelle Krisenbewältigung beim eintretenden Ernstfall. Deshalb macht es Sinn, in guten Zeiten einen geeigneten Krisenstab (KS) aufzustellen. Dabei spielt die Personalauswahl eine wichtige Rolle. Wie sich ein Krisenstab zusammensetzt, hängt vor allem von der Struktur und Größe eines Unternehmens ab. Ein Krisenstab sollte so klein wie möglich und so ausbaufähig wie nötig sein. Für jedes Mitglied sollte außerdem ein Stellvertreter vorgesehen werden. Ein Krisenstab muss ad hoc handlungsfähig sein, sobald ein krisenhaftes Ereignis eintritt. Der Betriebssicherheitsmanager muss Geschäftsführer des Krisenstabs sein. Er hat alles zu organisieren und einzuleiten, was für eine effektive Arbeit erforderlich ist. Ferner hat er die Mitglieder zu beraten und regelmäßig zu informieren. Seine Aufgabe ist auch die Ausstattung der Krisenstabsräume.

Verschiedene Teile des Krisenmanagements sind dabei zu unterscheiden:

· Aktives Krisenmanagement (Antizipatives Krisenmanagement und Präventives Krisenmanagement)

· Reaktives Krisenmanagement (Repulsives Krisenmanagement und Liquidatives Krisenmanagement)

Proaktive Krisenvorsorge ist eine wertschöpfende Investition in die Zukunft eines jeden Unternehmens. Das Undenkbare kann schon morgen in Form einer Krise Realität werden!

Die o.a. Managementsysteme sollen nur eine exemplarische Auswahl darstellen. So kann natürlich auch ein Security-Managementsystem hervorragend in das Betriebssicherheitsmanagement-System integriert werden. Gerade die Flexibilität des Systems ist eine seiner zahlreichen Stärken.

Ein modernes Betriebssicherheitsmanagement-System verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und erfüllt die zeitgemäße Forderung nach einem optimal strukturierten Vorgehen sowie vernetztem Wirken. Es schafft Rechtssicherheit und ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor.

Das kann ein System nur leisten, wenn es auf die grundlegenden Veränderungen reagiert, denen die Wirtschaft und Gesellschaft unterworfen sind. Neben den technologischen Veränderungen gehört dazu auch der Wandel in der Arbeitswelt. Dieser Wandel muss mit neuen Berufsbildern und Arbeitsformen sowie veränderten Belastungsarten einhergehen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Alterung der Erwerbsbevölkerung und die demografische Entwicklung zu richten.

Ein zeitgemäßes Betriebssicherheitsmanagement muss präventiv agieren und dies nicht nur in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, sondern es beinhaltet das gesamte Themenspektrum von „Sicherheit“ und Umweltschutz. Ebenso sind die technischen Einrichtungen, Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen präventiv zu gestalten und zu erhalten.

Durch den Wegfall der Grenzen in Europa und die immer weitere Öffnung der globalen Märkte erfolgt eine steigende Vermischung der Belegschaften. Mitarbeiter aus unterschiedlichen Herkunftsländern sind in die Betriebe zu integrieren. Damit ergeben sich neben den sprachlichen Problemen eine Vielzahl kultureller und sozialer Themen, die es zu behandeln gilt. Mit dem demografischen Wandel werden darüber hinaus die Unternehmen vor das immer größer werdende Problem gestellt, geeignete Fachkräfte in ausreichender Zahl auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Ganzheitliche Optimierungen von Prozessen können hier neue Personalressourcen schaffen und somit Personallücken schließen. Eine präventive Unternehmenskultur aufzubauen und ständig weiterzuentwickeln ist daher die zentrale Möglichkeit der Zukunftssicherung. Die guten Erfahrungen von „Gesunden Unternehmen“ mit ihren Präventionsprogrammen sollen als Vorbild dienen.

Ein Veränderungsprozess, wie der Aufbau eines Betriebssicherheitsmanagement-Systems, ist immer dann effizient und nachhaltig, wenn es gelingt, die Mitarbeiter mitzunehmen. Das bringt eine hohe Identifikation und Motivation. Ebenso fließen alle betrieblichen Erkenntnisse und Erfahrungen der Mitarbeiter unmittelbar in den Prozess ein.

Die Mitarbeiterführung und -motivation spielt in jedem Managementsystem eine entscheidende Rolle. So natürlich auch in der Betriebssicherheit. Die Schlüsselworte zur Erreichung der „Sicherheit“ lauten Arbeitsumgebungsbedingungen, Qualifikation, Information, Kommunikation und besonders Motivation. Verfügen die Führungskräfte neben ihrer notwendigen Fachkompetenz über die ebenfalls notwendige hohe Sozialkompetenz, so wird es ihnen gelingen, den Mitarbeitern auch bei diesen so genannten weichen Faktoren Vorbild zu sein und sie sicher durch den betrieblichen Alltag zu führen.

Umweltschäden, Störfälle, Arbeitsunfälle und Verhaltensfehler sind Ereignisse im Berufsalltag, die in vielen Fällen nicht zufallsbedingt sind. Bei einer Vielzahl dieser Ereignisse lässt sich durch eine Analyse feststellen, dass vor dem Eintreten des Ereignisses teilweise mehrfach die Möglichkeit bestand, dieses zu vermeiden. Oft fehlt es dabei nur an einer positiven Einstellung zum sicheren Arbeiten. Wir Menschen verfügen über eine positive Eigenschaft, die das Leben lebenswert macht: Wir können negative Erfahrungen vergessen oder verdrängen. „Die Zeit heilt alle Wunden“ sagt ein bekanntes altes Sprichwort dazu. Mit Arbeitssicherheit sind in der Regel negative Erfahrungen, wie Unfall, Not, Leid und Tadel verbunden. Ferner hatte schon Abraham Harold Maslow (1908 – 1970) in seinen Werken herausgearbeitet, dass der Mensch kein natürliches Grundbedürfnis für seine eigene Sicherheit hat. Das sind die hauptsächlichen Gründe, warum es uns Menschen schwer fällt, positive Verhaltensweisen nachhaltig zu praktizieren. Das Schlagwort zur Verbesserung der Sicherheitseinstellung heißt Motivation. Wenn es uns gelingt, etwas zu machen, das nicht unserem Naturell entspricht, haben wir es geschafft, uns dahingehend zu motivieren. Das fällt uns oft sehr schwer und bedarf einer ständigen Konzentration (Abbildung 6).

Die zentrale Rolle in punkto Motivation fällt den betrieblichen Vorgesetzten zu. Sie werden, ohne es vielfach selbst zu bemerken, ständig durch die Mitarbeiter auf ihr Verhalten hin beobachtet. Die Motivation der Mitarbeiter zum sicheren Verhalten ist demnach in erheblichem Maße eine Führungsaufgabe. Die Einstellung der Unternehmensleitung und aller Führungskräfte ist dabei der entscheidende Faktor. Positive Verhaltensänderungen können immer nur mit einer gewissen Sorgfalt und Konsequenz erreicht werden. Die Führungskräfte müssen dabei mit positiven Verhaltensweisen vorangehen. Die Mitarbeiter orientieren sich zwar im starken Maße an dem, was der „Chef“ sagt oder schreibt, aber vielmehr an dem, was er vorlebt (Abbildung 7)!

Jedes System funktioniert nur so gut, wie die Mitarbeiter die es leben. Eine der wichtigen Säulen ist daher eindeutig die Mitarbeiterführung. Nicht jeder Mitarbeiter reagiert gleich, jeder hat sein eigenes Profil und erfordert daher einen individuellen Führungsstil. Das situative Führungsmodell von Hersey & Blanchard (1987) setzt am Leadership-Quadranten an und unterscheidet die Führungsstile Unterweisen bzw. Anweisen („Telling“), Verkaufen („Selling“), Beteiligen („Partizipating“) und Delegieren („Delegating“) (Abbildung 8).

Als Situationsvariablen werden die Fähigkeit der Mitarbeiter bezüglich der zu realisierenden Aufgabe, d.h. das Maß an Fachwissen, Fertigkeiten und Erfahrung, sowie die Bereitschaft bzw. Motivation zur Aufgabenrealisierung einbezogen. Ausgehend von dem so bestimmten Entwicklungsstand der Mitarbeiter wird der geeignete Führungsstil bestimmt.

Nach Hersey & Blanchard ist ein lenkender Führungsstil dann effizient, wenn der Mitarbeiter über geringe Fähigkeiten und eine eher gering ausgeprägte Motivation verfügt. Ein delegierender Stil wird von den Autoren dann empfohlen, wenn auf Mitarbeiterseite sehr gut entwickelte Fähigkeiten und eine hohe Motivation vorhanden sind. Hier sollte der Vorgesetzte die Motivation und das Selbstvertrauen stärken und dem Mitarbeiter helfen, eigene Lösungen zu entwickeln.

Ein Unternehmen, das ein solches Betriebssicherheitsmanagement-System „lebt“, wird signifikante Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz haben.

Literatur:
1. Hersey P, Blanchard KH. “Management of organizational behaviour: Utilizing human resources”. Prentice-Hall, Englewood Cliffs N.J., 3. Auflage, 1987

2. Pachurka C, Siegmann S, Tenckhoff B. „Schutz von Unternehmenswerten durch Krisenmanagement“. Sicherheitsingenieur, 8, 11–17, Dr. Curt-Haefner Verlag, Heidelberg, 2007

3. Pachurka C, Siegmann S. „Krisen erkennen, bewältigen und vorbeugen – Unternehmenswerte proaktiv schützen“. Praktische Arbeitsmedizin, 8, 12–17, ISSN 1861–6704, 2007

4. Tenckhoff B, Siegmann S. „Betriebssicherheitsmanagement“. Dr. Curt-Haefner Verlag, Heidelberg, 2009, ISBN 978–3–87284–061–5

5. Wittmann A, Siegmann S. „Gefährdungsbeurteilung und Risikomanagement“. ecomed Sicherheit, Landsberg, Loseblattwerk im Ordner mit CD-ROM, Stand 10. Aktualisierung April 2009, ISBN 978–3–609–66331–9

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