Arbeitsschutz

Die Rolle von berufsbedingtem Stress bei den Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr im Wachalltag

Zusammenfassung Die empirische Fragebogenstudie untersucht den Zusammenhang zwischen Stressbelastung und Handlungsspielräumen sowie zwischen Rollenkonflikten und sozialer Unterstützung in Abhängigkeit von der Berufserfahrung bei Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr in Berlin. Dabei wurden bei 102 Einsatzkräften verhaltensbezogene und kognitive Stresssymptome sowie die Burnout-Disposition (Copenhagen Burnout Index, CBI) mittels des deutschen Standardfragebogens zur Erfassung von Belastungen (Copenhagen Psychological Questionnaire, COPSOQ) ermittelt. Den Ergebnissen nach führen geringe Handlungsspielräume sowie große Rollenkonflikte im Wachalltag insgesamt zu hohen Stressbelastungen. Zudem zeigen Einsatzkräfte mit einer geringen Berufserfahrung mehr verhaltensbezogene Stresssymptome. Hingegen steigt die Burnout-Disposition (CBI) mit zunehmender Beschäftigungsdauer. Ein Zusammenhang zwischen mangelnder sozialer Unterstützung und den genannten Stressbelastungen konnte jedoch nicht gefunden werden. Schlüsselwörter

· Berufsfeuerwehr

· Beruflicher Stress

· Anforderungs-Kontroll-Modell

· soziale Unterstützung

· Berufserfahrung

· Professional fire brigade

· Occupational stress

· Demand-control-model

· Social support

· Professional experience

Einleitung
Die Berufsfeuerwehr* ist Teil des staatlichen Bevölkerungsschutzes. Zu ihren Aufgaben gehören, neben der Feuerlöscharbeit, der Brand- und Immissionsschutz, der abwehrende Brandschutz, technische Hilfeleistungen bei Notlagen aller Art und der Notfallrettungsdienst.1 Dass die Einsatzkräfte in besonderem Maße Belastungen ausgesetzt sind, kann vor dem Hintergrund medial transportierter Bilder von Großbränden, Zugunglücken und Verkehrsunfällen kaum bestritten werden. Im Rahmen ihrer Einsätze treffen Berufsfeuerwehrleute eher auf potenziell traumatisierende Situationen als viele andere Berufsgruppen.3 Doch der Dienst im Einsatz stellt nur einen kleinen Ausschnitt der Gesamtaufgaben dar. So verbringen die Einsatzkräfte lediglich 20-30 % ihrer Arbeitszeit im Einsatz, jedoch 70-80 % im Dienst auf der Wache.4 Somit bestehen 70-80 % ihrer Arbeitszeit aus verschiedenen Verwaltungstätigkeiten wie der Verteilung von Aufgaben, Lagerverwaltung, Wartungsarbeiten, Urlaubsplanung und Schreibdienst, der Planung von Fortbildungen, Unterricht und Übungen sowie der Organisation der Küche. Der durch diesen Wachalltag hervorgerufene alltägliche berufsbedingte Stress wurde bislang international wie auch im deutschsprachigen Raum wenig untersucht, gerät jedoch in jüngster Zeit zunehmend in den Fokus der Forschung.4,5,6,7 Die vorliegende Studie reiht sich in diesen Fokus ein und fragt nach den Zusammenhängen zwischen arbeitsbezogenen Belastungen, Stresswahrnehmung und Berufserfahrung im beruflichen Alltag, insbesondere im Wachalltag.

Belastungen im Berufsalltag
Die meisten Studien, die den berufsbedingten alltäglichen Stress bei den Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr untersuchen, konzentrieren sich auf die Auswirkungen einzelner Stressfaktoren. So interessieren z. B. physikalische Belastungen wie Hitze8,9 oder physischer Stress beim Tragen der Chemikalienschutzkleidung10, aber auch Faktoren wie Führungsverhalten und Schichtarbeit.11,12,13,14,15,16 Nur sehr wenige Studien beschäftigen sich mit der Komplexität der psychischen Belastungen im Arbeitsalltag der Einsatzkräfte. So konnte Gorißen als eine der Ersten in einer Langzeituntersuchung zeigen, dass das Organisationsklima einen bedeutenden Einfluss auf das Stresserleben und die Arbeitszufriedenheit hat.4 Die Ergebnisse der Studie belegen zudem, dass die Belastungen im Wachalltag die besseren Prädiktoren für Stresserleben darstellen, obwohl die stärkeren Arbeitsanforderungen im Einsatz zu finden sind. Sie begründet ihre Ergebnisse zum einen mit der Relation von Einsatzzeiten und Zeit im Wachalltag. Zum anderen verweist sie, ebenso wie andere Autoren, auf eine Dissonanz zwischen dem Rollenverständnis der Einsatzkräfte und erlebtem Arbeitsalltag.4,7,17,18,19

So werden die Einsatzkräfte während ihrer zweijährigen Ausbildung fokussiert auf die Anforderungen im Einsatz vorbereitet. Sie entwickeln in dieser Zeit eine Vorstellung davon, was sie im Einsatz erwartet und identifizieren sich mit der Rolle des Helfers und Retters. Eine Rolle, die deutlich assoziiert ist mit physischer und psychischer Stärke, Kompetenz und Kontrolle.7,17,18,19 Das bedeutet, Belastungen, die aus dem Einsatz resultieren, wie Unfallgefahr, Zeitdruck, belastende Umgebungsbedingungen, eine starke hierarchische Struktur, werden im Einsatz als spezifisch und notwendig klassifiziert und akzeptiert.4,20 Die Anforderungen im Wachalltag werden dagegen als potenziell veränderbar eingestuft und stoßen auf weniger Verständnis. So wird eine Einschränkung in der eigenverantwortlichen Planung der Arbeit als belastend empfunden, da denselben Personen, die im Einsatz unter hohem Verantwortungsdruck arbeiten, diese Kompetenz im Wachalltag abgesprochen wird.4

Insgesamt werden als Einflussfaktoren auf das Stresserleben im Arbeitsalltag der Einsatzkräfte ein junges Alter und damit verbundene Berufserfahrung,21 fehlende administrative Unterstützung, Schichtarbeit, zu viel Schreibarbeit und wenig positives Feedback von den Kollegen und Vorgesetzten genannt.21,22,23

Job-Demand-Control-Support-Model und Organisationsanalyse nach Kahn
Das Job-Demand-Control-Support-Model (DCS) von Karasek/Theorell und die Arbeiten von Kahn zum Thema Rollenstress lenken den Blick auf die Faktoren Arbeitsbelastung, Handlungsspielräume, soziale Unterstützung und Rollenkonflikte im Berufsalltag.

Karasek/Theorell zufolge steigt das Risiko psychischer und körperlicher Beanspruchung, wenn die Anforderungen zu- und die Handlungsspielräume abnehmen.24,25

Den Autoren zufolge kommen dem Handlungsspielraum (control) und der sozialen Unterstützung zentrale Rollen zu. Sie ermöglichen eine Stressentlastung und wirken als eine Art Puffer in Situationen mit hoher Stressbelastung. Empirische Bestätigung finden die Autoren bei Seibel/Lühring26 und in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen und depressive Störungen bei Siegrist/Dragano.27 Jedoch zeigt eine Analyse von 60 Studien aus den Jahren 1979-1997 widersprüchliche Befunde.28 Nur etwas weniger als die Hälfte der Studien konnte eine entlastende Wirkung von großen Entscheidungsspielräumen belegen.

Darüber hinaus verweist Kahn im Rahmen einer Organisationsanalyse darauf, dass Rollenkonflikte, Rollenambiguität und Rollenüberforderung im Beruf zu physischen und psychischen Stresssymptomen und geringer Arbeitszufriedenheit führen können.29,30

Untersuchungsgegenstand und Fragestellung
Die Studien von Bettina Gorißen und anderer Autoren geben deutliche Hinweise darauf, dass es gerade die alltäglichen Belastungen sind, die das Stresserleben der Einsatzkräfte bestimmen.4,7,17,18,19,20 Diese Ergebnisse sind Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung, die sich auf die Faktoren Handlungsspielräume, Rollenkonflikte, soziale Unterstützung und Berufserfahrung konzentriert. Im Rekurs auf das o. g. DCS-Modell24,25 und die Organisationsanalyse von Kahn29,30 ergeben sich folgende Forschungsfragen:

1. Führen geringe Handlungsspielräume, mangelnde soziale Unterstützung und Rollenkonflikte zu hohen Stressbelastungen (CBI, verhaltensbezogene und kognitive Stresssymptome)?

2. Sind Einsatzkräfte mit mehr als zwei Jahren Berufserfahrung einer geringeren Stressbelastung sowie geringeren verhaltensbezogenen und kognitiven Stresssymptomen ausgesetzt als Einsatzkräfte mit weniger als zwei Jahren Berufserfahrung?

Stichprobe und demographische Angaben
In die Studie wurden fünf Wachen der Berufsfeuerwehr Berlin-Süd einbezogen. In allen Wachen arbeiteten zum Erhebungszeitraum zusammengenommen 398 Mitarbeiter. Die Fragebogenerhebung wurde vom 21. Mai bis zum 30. September 2010 durchgeführt. Dafür wurde, auf ausdrücklichen Wunsch der Mitarbeiter, ein digitaler Fragebogen in das System der Feuerwehr Berlin eingestellt und zusätzlich Papierbögen in den Wachen verteilt. In den Berufsfeuerwehrwachen gab es folgende Rücklaufquoten:

· Friedrichshain 27 von 68 = 39,71 %

· Urban 19 von 102 = 18,63 %

· Marienfelde 18 von 70 = 26 %

· Buckow 27 von 49 = 55,1 %

· Köpenick 11 von 109 = 10,09 %.

Die Rücklaufquote betrug somit insgesamt 25,63 % (N = 102 von N = 398). 101 der befragten Einsatzkräfte waren männlich, auf einem Fragebogen fehlte die entsprechende Angabe. Die Teilnehmer waren im Durchschnitt 41,73 Jahre alt. Die ältesten Kollegen waren 59 Jahre und die jüngsten 25 Jahre alt.

Methode
Für die vorliegende Untersuchung wurde die deutsche Version des Copenhagen Psychological Questionnaire (COPSOQ) ausgewählt (vgl. Tabelle 1). Mithilfe des Fragebogens lassen sich psychosoziale Faktoren der Arbeit erheben. Es verbindet die Themen Belastung, Beanspruchung, Beanspruchungsfolgen und soziale Beziehungen im Arbeitskontext. Der Fragebogen basiert auf einem breiten theoretischen Hintergrund. Die Autoren der deutschen Version stützen sich insbesondere auf das o. g. Job-Demand-Control-Support-Model von Karasek/Theorell.31 Der Hauptteil des Fragebogens (Teil B) enthält 29 Skalen und drei Einzelitems (insgesamt 157 Items sowie 168 Fragen), mit denen Belastung, Beanspruchungen und Outcomes gemessen werden können.

Die deutsche Version des COPSOQ wurde 2005 anhand einer branchenübergreifenden Stichprobe evaluiert. Hinsichtlich der Objektivität, Akzeptanz, Praktikabilität, Sensitivität und Inhaltsvalidität ergeben sich – was die Messmethode und das Messinstrument betrifft – keine problematischen Befunde.31 Hinsichtlich ihrer Generalisierbarkeit, Konstruktvalidität und Kriteriumsvalidität sowie ihrer diagnostischen Aussagekraft erzielt die Mehrzahl der Skalen brauchbare bis gute Werte.31 Die Reliabilität der Skalen liegt mit einem Cronbachs Alpha von 0.65 bis 0.72 in einem zufriedenstellenden Bereich.31

Für die statistische Auswertung der Ergebnisse wurde die Statistiksoftware SPSS Statistics 18 eingesetzt. Zur Ermittlung der Zusammenhänge zwischen den Variablen der Stressbelastung (CBI, verhaltensbezogene und kognitive Stresssymptome) und den Variablen: geringe Handlungsspielräume, mangelnde soziale Unterstützung und Rollenkonflikte wurden jeweils Korrelationskoeffizienten nach Pearson errechnet. Im Anschluss wurde eine Pfadanalyse mittels partieller Regression† durchgeführt,32,33,34,35 um die genauen Einflüsse der unabhängigen Variablen (geringe Handlungsspielräume, mangelnde soziale Unterstützung und Rollenkonflikte) differenziert zu ermitteln sowie mögliche Drittvariableneffekte zu identifizieren. Zudem wurde jeweils das Bestimmtheitsmaß (R²) zur Ermittlung der Regressionseffekte errechnet.

Darüber hinaus wurde eine partielle Korrelation durchgeführt. Die Stressfaktoren konnten so einzeln mit der Länge der Beruferfahrung in Beziehung gesetzt werden.36,37,38

Ergebnisse
Wie oben beschrieben, wurden die Zusammenhänge zwischen der Stressbelastung (CBI, verhaltensbezogene und kognitive Stresssymptome) sowie den Handlungsspielräumen, Rollenkonflikten und der sozialen Unterstützung mit Hilfe einer Pfadanalyse ermittelt.

Das Pfaddiagramm zeigt die Kausalbeziehungen mittels unidirektionaler Pfeile. Eine hohe Stressbelastung korreliert vor allem mit geringen Handlungsspielräumen und Rollenkonflikten (Abbildung 1). Die signifikanten Beziehungen können demnach wie folgt charakterisiert werden: Je stärker die Befragten Rollenkonflikten ausgesetzt sind, desto mehr Stress haben sie im Sinne des Copenhagen Burnout Index. Je weniger Entscheidungsspielräume die Personen haben, desto höher ist der Copenhagen Burnout Index (CBI). Ähnliches gilt für verhaltensbezogene Stresssymptome. Je geringer der Einfluss bei der Arbeit ist, desto stärker sind die verhaltensbezogenen Stresssymptome. Darüber hinaus konnte eine hohe Korrelation der Stressfaktoren untereinander verzeichnet werden (CBI, kognitionsbezogene Stresssymptome und verhaltensbezogene Stresssymptome). Der Faktor Rollenkonflikt korreliert sogar hochsignifikant mit dem Stresserleben (CBI) (r = 0.368, p # 0.001). Ein signifikanter Einfluss der sozialen Unterstützung auf das Stresserleben konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.

Darüber hinaus gibt das Bestimmtheitsmaß (R²) Aufschluss darüber, wie viel Prozent der Varianz einer Variable durch die Streuung einer anderen Variable erklärt werden können.

Wie die Werte in Tabelle 2 zeigen, können durch die im Pfaddiagramm eingezeichneten Beziehungen 17,6 % der Varianz des Faktors CBI erklärt werden, die verhaltensbezogenen Stresssymptome können zu 65.4 % und die kognitiven Stresssymptome zu 31.3 % erklärt werden.

Die Untersuchung der Beziehung von Stressbelastung und Berufserfahrung ergab folgende Ergebnisse: Wie vermutet, zeigt der Vergleich der Mittelwerte (Tabelle 3), dass die Werte der drei Stressfaktoren in der Gruppe der Einsatzkräfte mit geringer Berufserfahrung (# 2 Jahre) (N = 9) größer sind als diejenigen der Gruppe mit größerer Berufserfahrung (> 2 Jahre) (N = 89).

Die Betrachtung der einzelnen Stressfaktoren mittels partieller Korrelationen zeigt, dass Einsatzkräfte mit einer geringen Berufserfahrung (# 2 Jahre) signifikant mehr verhaltensbezogene Stresssymptome aufweisen (Tabelle 6). Allerdings steigt der Copenhagen Burnout Index (CBI) mit zunehmender Beschäftigungsdauer (Tabelle 4). Kognitive Stresssymptome weisen keine signifikante Beziehung zur Berufserfahrung auf (Tabelle 5).

Zusammenfassung und Diskussion
Im Rahmen der Untersuchung wurden Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr der Direktion Berlin-Süd befragt, um psychische Belastungen und Beanspruchungen zu erfassen, die aus dem beruflichen Alltag resultieren. Die Befragung wurde mithilfe des standardisierten Fragebogens COPSOQ durchgeführt.

Zusammenfassend können folgende Ergebnisse festgehalten werden:

· hohe Stressbelastung (CBI, verhaltensbezogene und kognitive Stresssymptome) korreliert mit geringen Handlungsspielräumen und Rollenkonflikten

· Einsatzkräfte mit einer geringen Berufserfahrung (# 2 Jahre) zeigen signifikant mehr verhaltensbezogene Stresssymptome

· die Stressbelastung im Sinne des Copenhagen Burnout Index (CBI) steigt mit zunehmender Beschäftigungsdauer

· der Einfluss mangelnder sozialer Unterstützung auf das Stresserleben konnte nicht nachgewiesen werden.

Die Ergebnisse bestätigen die Annahmen aus dem Job-Demand-Control-Support-Model (DCS)24,25 und aus der Organisationsanalyse von Kahn.29,30 Zudem bestätigen sie Untersuchungen, die in den Besonderheiten des Wachalltags einen großen Einfluss auf das Stresserleben von Einsatzkräften der Berufsfeuerwehr sehen. Im Hinblick auf einen Zusammenhang von Berufserfahrung und Alter werden differenzierte Ergebnisse erzielt. Sie verweisen – wie auch die Untersuchung von Oosthuizen/Koortzen21 – auf einen Zusammenhang von Berufserfahrung und Stresserleben, zeigen aber auch, dass es vor allem verhaltensbezogene Stresssymptome sind, die mit einer geringen Berufserfahrung einhergehen, während der Copenhagen Burnout Index (CBI) hingegen mit den Berufsjahren sogar zunimmt.

Im Unterschied zu bisherigen Befunden21,22,23 konnte in der vorliegenden Studie kein Einfluss mangelnder sozialer Unterstützung auf das Stresserleben nachgewiesen werden.

Allerdings sind die Ergebnisse der vorliegenden Studie mit Vorsicht zu interpretieren. Denn trotz einer zufriedenstellenden Rücklaufquote von 25,63 % sind Schweigeverzerrungen (non-response-bias) sowie systematische Fehler nicht auszuschließen. Beispielsweise ergab die Teilung der Stichprobe nach Berufserfahrung sehr unterschiedliche Gruppen. So standen neun Einsatzkräfte mit einer Berufserfahrung von bis zu zwei Jahren 89 Kollegen gegenüber, die länger als zwei Jahre im Dienst waren.

Die vorliegende Studie liefert relevante Ergebnisse auf dem bislang wenig erforschten Gebiet der Stressbelastung von Einsatzkräften im Berufsalltag. Diese sind jedoch durch weitere Forschungsarbeiten zu verifizieren und zu ergänzen.

Fazit
Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die wenigen vorhergehenden Befunde, die Hinweise darauf lieferten, dass es gerade die alltäglichen Belastungen während des Dienstes auf der Wache sind, die das Stresserleben maßgeblich beeinflussen. Den Ergebnissen nach führen Rollenkonflikte und geringe Handlungsspielräume bei der Arbeitsgestaltung zu einer erhöhten Neigung zum Burnout (Copenhagen Burnout Index, CBI). Dies weist darauf hin, dass es eine Dissonanz zwischen der Rolle des Helfers und Retters und dem erlebten Arbeitsalltag im Wachdienst gibt, wie dies bereits Gorißen und andere Autoren4,7,17,18,19 postulieren. Die empirischen Befunde und deren Interpretation zeigen mögliche Ansatzpunkte für eine Stress reduzierende Aufgabengestaltung. So ließen sich positive Wirkungen mit einer Veränderung der Handlungsspielräume und klaren Rollenerwartungen erreichen. Der Befund, dass erfahrene und weniger erfahrene Einsatzkräfte unterschiedliche Stresssymptome zeigen, lässt vermuten, dass Stressoren in Abhängigkeit von der Berufserfahrung unterschiedlich verarbeitet werden. Hierzu bedarf es jedoch weiterführender Untersuchungen.

Auf Grundlage der vorgenannten Ergebnisse zur durchgeführten Studie erscheinen nachfolgende Empfehlungen ratsam:

· Verpflichtende Fortbildungsseminare für alle Mitarbeiter im Einsatzdienst (monatlich), welche die Themenschwerpunkte: Arbeits- und Organisationsmanagement, Zeit- und Selbstmanagement sowie Stressprophylaxe beinhalten.

· Externes Coaching der Vorgesetzten im Hinblick auf Sensibilisierung der Mitarbeiter in Bezug auf eigenverantwortliche Planung und ggf. (Mit-)Gestaltung der Arbeit bzw. des direkten Arbeitsumfeldes (z. B.: Einteilung des Schichtplanes, Wochenenddienste etc.).

· Die Weiterbildung sowie das Coaching sollten an Maßnahmen des Job Enrichments geknüpft sein, die den Handlungsspielraum der Einsatzkräfte im Wachalltag erweitern.

· Ein transparentes und klares Rollenmanagement, das Konflikte, die aufgrund von unklaren Erwartungen entstehen, vorbeugen hilft.

· Externes Coaching der Mitarbeiter mit dem Themenschwerpunkt: Reflexion der Rolle des Helfers und Retters. Das Coaching soll den Einsatzkräften nicht nur ermöglichen, mit belastenden Situationen umzugehen, sondern ebenso die Dissonanz zum erlebten Arbeitsalltag abzubauen.

· Eine forciertere Vorbereitung der Einsatzkräfte auf die Herausforderungen des Wachalltags bereits während der Ausbildung. Damit kann eine Einengung des Berufsbildes allein auf das Einsatzgeschehen aufgebrochen werden.

Literatur

1. www.berliner-feuerwehr.de/ueberuns.html

2. http://www.copsoq.de, 22.07.09

3. Waterstraat, F (2003) Psychische Belastungen im Feuerwehreinsatz: ein Handbuch der Feuerwehrunfallkasse Niedersachsen. Hannover: Schoeneworth-Verlag

4. Gorißen, B. (2003) Psychische Belastungen im Wachalltag von Berufsfeuerwehrleuten. Hamburg: Verlag Dr. Kovac

5. Schröder, H. (1999) Editorial: Stress und kein Ende …, Brandschutz. Deutsche Feuerwehrzeitung, 3, 180–181

6. Schade, B.; Schuffel, W.; Schunk, T. (1999) Stress im Einsatz. Brandschutz. Deutsche Feuerwehrzeitung, 3, 206–210

7. Wagner, D.; Heinrichs, M.; Ehlers, U. (2001). Stress im Feuerwehrdienst. In: Hecht, Scherf & König: Emotioneller Stress durch Überforderung und Unterforderung. Berlin, Milow: Schibri Verlag

8. Giesbrecht, G. G.; Jamieson, C.; Cahill, F. (2007). Cooling hyperthermic firefighters by immersing forearms and hands in 10 degrees and 20 degrees C water. Aviat Space Environ Med., 78(6), 561–567

9. McLellan, T. M.; Selkirk, G. A. (2006). The management of heat stress for the firefighter: a review of work conducted on behalf of the Toronto Fire Service. Ind Health, 44(3), 414–426

10. Ilmarinen, R.; Lindholm, H.; Koivistoinen, K.; Helisten, P. (2004). Physiological evaluation of chemical protective suit systems (CPSS) in hot conditions. Int J Occup Saf Ergon, 10(3), 215–226

11. Nachreiner, F; Rohmert, W.; Rutenfranz, J (1982). Gutachterliche Stellungnahme zum Problem des Schichtdienstes bei der Berufsfeuerwehr. Auf Veranlassung der Ständigen Konferenz der Innenminister und Innensenatoren

12. Rutenfranz, J.; Knauth, P. (1985) Schichtarbeit und Nachtarbeit. München: Bayrisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung

13. Cooper, C. L. (1989) Sechs wesentliche Quellen von Streß am Arbeitsplatz. In: Kaplun/Wenzel (Hrsg.) Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt: Bericht über eine internationale Tagung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln, in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro Kopenhagen, Köln, 7.-10. Oktober 1985 (51–59), Berlin, Heidelberg: Springer

14. Beermann, B. (1996) Bilanzierung arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse zur Nacht-und Schichtarbeit. Dortmund: Amtliche Mitteilungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Sonderausgabe 1.

15. Paley, M. J.; Price, J. M.; Tepas, D. I. (1998). The impact of a change in rotating shift schedules: A comparison of the effects of 8, 10 and 14 h work shifts. International Journal of Industrial Ergonomics, 21, 293–305

16. Beaton, R. D.; Johnson, L. C.; Infield, S.; Bunch, K.; Wilson, T. G.; Schorr, J. K. (2001). Outcomes of leadership intervention for a metropolitan fire department. Psycholo Rep., 88(3 Pt 2), 1049–1066

17. Wagner, D.; Heinrichs, M.; Ehlers, U. (1999). Primäre und sekundäre Posttraumatische Belastungsstörung: Untersuchungsbefunde bei Hochrisikopopulationen und Implikationen für die Prävention. Psychmed, 1/99, 31–39

18. Wagner, D.; Heinrichs, M.; Ehlers, U. (1998). Prevalence of Symptoms of Posttraumatic Stress Disorder in German Professional Firefighters. American Journal of Psychiatry, 155, 1727–1732

19. Andretta, P.; Brandstetter, K.; Juen, B. (2006) Die Erschütterung von Grundannahmen bei Einsatzkräften: Ein heuristischer Versuch die sekundäre Traumatisierung zu umfassen. In: (Hrsg.) Schönherr/Juen/Brauchle/Beck/Kratzer: Belastungen und Stressverarbeitung bei Einsatzkräften. Innsbruck: Universitätsverlag

20. Gorißen, B.; Zapf, D. (1999). Psychischer Stress bei den Berufsfeuerwehrleuten im Einsatz und im Wachalltag. Stuttgart: Eigenveröffentlichung der Gewerkschaft ÖTV

21. Oosthuizen, R. M.; Koortzen, P. (2007). An Empirical Investigation of Job and Family Stressors Amongst Firefighters in the South African Context. Journal of Industrial Psychology, 33(1), 49–58.

22. Beaton, R. D.; Murphy, S. A.; Pike, K. C.; Corneil, W. (1997). Social support and network conflict in firefighters and paramedics. West J Nurs Res., 19(3), 297–313

23. Burke, K. J.; Paton, D. (2006). Well-being in Protective Services Personnel: Organisational Influences. The Australian Journal of Disaster and Trauma Studies, (2), trauma.massey.ac.nz/issues/2006–2/burke.htm

24. Karasek, R. A. (1979). Job Demands, Job Decision Latitude, and Mental strain: Implications for Job Redesign. Administrative Science Quaterly, 24, 285–308

25. Karasek, R. A.; Theorell, T. (1990). Healthy Work. Stress. Productivity and the Reconstruction of Working Life. New York: Basic Books

26. Seibel, H. D.; Luhring, H. (1984). Arbeit und psychische Gesundheit: Belastungen und Beanspruchungen durch die Arbeit und ihre Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Göttingen: Hogrefe

27. Siegrist, J.; Dragano, N. (2008) Psychosoziale Belastungen und Erwerbsrisiken im Erwerbsleben. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 51, 305–312

28. Doef, M. van der; Maes, S. (1998). The job control (support) model and physical health outcomes: a review of 20 years of strain and buffer hypotheses. Psychology and Health, 13, 909–936

29. Kahn, R. L. (1973). Conflict, ambiguity, and overload: Three elements in job stress. Occup.ment. health, 3, 2–9

30. Kahn, R. L. (1978). Konflikt, Ambiguität und Überforderung: Drei Elemente des Stress am Arbeitsplatz. In: Frese, Greif & Semmer. Industrielle Psychopathologie. Bern, Stuttgart, Berlin: Verlag Hans Huber

31. Nuebling, M.; Stosel, U.; Hasselhorn, H.-M.; Michaelis, M.; Hofmann, F. (2005) Methoden zur Erfassung psychischer Belastungen. Erprobung eines Messinstrumentes (COPSOQ), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW

32. Seibel, H.D. & Nygreen, G.T. (1972). Pfadanalyse. Ein statistisches Verfahren zur Untersuchung linearer Kausalmodelle. Zeitschrift für Sozialpsychologie.

33. Land, KC (1969). Principles of path analysis. Sociological methodology, 1, 3–37. JSTOR.

34. Wright, S (1934). The method of path coefficients. The Annals of Mathematical Statistics, 5(3), 161–215. JSTOR.

35. Wright, S (1960). Path coefficients and path regressions: alternative or complementary concepts? Biometrics, 16(2), 189–202. JSTOR.

36. Wright, S (1921). Correlation and Causation. Journal of agricultural research, 20(7).

37. Wright, S (1925). Corn and hog correlations. US Dept. of Agriculture.

38. Wright, S (1954). The interpretation of multivariate systems. Statistics and mathematics in biology, 11–33.

· * Die Aufgabenstellung ist dabei in Deutschland wesentlich breiter gefasst als z. B. in Österreich

· † Partielle Regressionen oder auch multiple Regressionen sind ein Verfahren der Statistik, welche in der Lage sind, den Einfluss mehrerer unabhängiger Variablen zu berechnen

Aktuelle Ausgabe

Partnermagazine

Akademie

Partner