Betriebliches Gesundheitsmanagement

Fit auf Schicht

Foto: Management Forum Starnberg GmbH

Zahlen, Daten und Fakten sprechen für eine künftig noch größere Bedeutung des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) in deutschen Unternehmen. So sorgt der demografische Wandel einerseits für einen zunehmend höheren Anteil älterer Mitarbeiter in Unternehmen und andererseits für ein kleiner werdendes Angebot an Arbeitskräften – 2013 waren es noch 45 Millionen Arbeitskräfte, im Jahr 2030 werden es 5 Millionen weniger sein.

Mehr ältere Mitarbeiter ziehen längere Krankheitsphasen und höhere Kosten nach sich. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nennt Zahlen: Die Arbeitsunfähigkeitsdauer je Arbeitnehmer liegt in Deutschland im Schnitt bei 15 Tagen. Die Bundesanstalt schätzt die Produktionsausfallkosten anhand der Lohnkosten auf 1550 Euro pro Arbeitnehmer. Damit einher geht ein Ausfall der Arbeitsproduktivität von 2.731 Euro. Auch die Auswirkung der psychischen Gesundheit hat die Bundesanstalt untersucht und eine gesteigerte Unternehmensleistung um 15 Prozent ermittelt, wenn die Arbeitnehmer mental gesund sind. Das bedeutet: Betriebliches Gesundheitsmanagement rechnet sich für die Unternehmen. Jeder in Prävention investierte Euro spart nach Angaben der Bundesanstalt zwischen fünf und 16 Euro an Krankheits- und Krankheitsfolgekosten.

Als börsennotiertes Chemieunternehmen hat die Wacker Chemie AG seit vielen Jahren ein über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehendes BGM. Dr. Jürgen Commeßmann, Leiter des Gesundheitsdienstes der Wacker Chemie AG im Werk Burghausen und Koordinator des Gesundheitsmanagements für den gesamten Konzern, erläutert: „BGM ist ein wichtiger Teil der Nachhaltigkeitsstrategie von WACKER. Auf der Basis jährlicher Berichte zur Gesundheitslage steuern wir das Gesundheitsmanagement und richten es zielgruppenspezifisch aus. Unser Vorgehen ist dabei grundsätzlich in drei Schritten: Von der Information über die Beratung zur Intervention.“ Die Einführung eines speziellen Programms für Schichtarbeiter ist neu: „Die Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen hatten dem Gesundheitsmanager dieses Handlungsfeld aufgezeigt. – Vor allem Schlaf- und Verdauungsstörungen, wurden beklagt sowie mangelnde Fitness und zunehmende Risikofaktoren wie Übergewicht und Bewegungsmangel festgestellt.

Auf Grund dieser Risikofaktoren hat Jürgen Commeßmann zusammen mit dem Betriebsrat, der Personalabteilung und vor allem der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in München ein umfassendes Programm entwickelt, das auf Verhaltensänderung setzt. Nur drei Monate hat das BGM-Team von Wacker benötigt, um die Handlungsfelder erst in Maßnahmen und dann in ein Konzept zu überführen, „das war viel schneller, als wir gedacht hatten“. Der Leitgedanke bei der Programmerstellung war Prävention vor Reha – Reha vor Rente. ‚Fit auf Schicht‘ heißt das Ergebnis und ist ein freiwilliges Angebot, das überwiegend in der Arbeitszeit stattfindet und aus vier Elementen besteht. Eine Gruppe von jeweils 15 Teilnehmern geht für sechs Tage in eine Klinik der DRV am Starnberger See, erhält einen Gesundheitscheck, ein individuelles Trainings- und Entspannungsprogramm und lernt, sich gesund zu ernähren. Zurück im Betrieb schließt sich ein „ambulantes“ zwölfwöchiges Training unter Anleitung eines Sportlehrers an, dann folgt die sechsmonatige Trainingsphase in Eigenverantwortung und abschließend ein Refresherseminar in der Klinik.“ Danach können die Teilnehmer das Gesundheitssportangebot des SV Wacker zu vergünstigten Konditionen nutzen. Für die Dauer des Programms investieren wir in die Mitarbeiter“, so Commeßmann „und erwarten von ihnen, dass sie nach Abschluss des Programms weitermachen.“

Das ist ein nachhaltiger Ansatz, dessen Umsetzung anfangs mehr Zeit in Anspruch genommen hat als Commeßmann erwartet hatte. „Wir benötigten ja erstmal einen Piloten, um das Konzept zu verifizieren. Und Teilnehmer zu akquirieren, einen Termin mit der Klinik zu finden, die Formulare zur Anmeldung zu entwickeln und vieles mehr, waren ein enormer Aufwand.“ Diesen hohen Einsatz können kleinere Unternehmen oft nicht leisten. Doch auch sie können im Bereich der Gesundheitsförderung aktiv werden, Jürgen Commeßmann rät: „Als Basisangebot sehe ich die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung, damit die Mitarbeiter überhaupt erkennen, wo ihre Risikofaktoren sind.“ Wer sich stärker engagieren wolle, aber nicht über eigene BGM-Expertise verfüge, könne einen (externen) Berater wie z. B. den Betriebsarzt hinzuziehen oder mit den Krankenkassen kooperieren, um ein eigenes Programm auf die Füße zu stellen.

Neun Monate lang läuft das Programm von WACKER für jeden Schichtmitarbeiter, damit ein nachhaltiger Effekt, von der ersten Impulssetzung über Training und Auffrischen des Gelernten, hin zu einem veränderten Verhalten entsteht. „Die Abbrecherquote ist gering“, sagt Commeßmann, „und meist durch eine persönliche Veränderung in der Familie oder ein Ereignis, wie einen privaten Unfall, ausgelöst.“ Das Programm und die Abläufe sind inzwischen Routine. „Es läuft prima“, ist Jürgen Commeßmann zufrieden. „Wir haben gelernt, dass ein zielgruppenspezifisches Angebot eine höhere Akzeptanz und eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit hat als Gesundheitsförderung nach dem Gießkannenprinzip. Die ersten Erfahrungen mit ‚Fit auf Schicht‘ zeigen, dass die Risikofaktoren in den neun Monaten deutlich zurückgehen. Und die Rückmeldung der Mitarbeiter ist durchweg positiv: Sie empfinden das Programm als große Wertschätzung, was zu einer deutlichen Steigerung ihrer Verbundenheit mit dem Unternehmen geführt hat.

Dr. Jürgen Commeßmann wird den Entstehungsprozess und die Umsetzung des Programms „Fit auf Schich“‘ der Wacker Chemie AG auf der Veranstaltung Betriebliches Gesundheitsmanagement 2016 am 03. + 04.02. 2016 in München detailliert vorstellen

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