Erkrankungen

Illegale Drogen – eine Übersicht (Teil 2)

Zusammenfassung Neben den gesellschaftlich „akzeptierten“ Substanzen wie Nikotin und Alkohol werden illegale Drogen entweder als Monosubstanzen, vielfach aber auch in Kombination konsumiert. Dabei muss der „gelegentliche“ Konsum von regelmäßigem Gebrauch (im Rahmen einer Suchterkrankung) unterschieden werden. Ein Missbrauch von illegalen Drogen bei der Arbeit führt in der Regel zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, da durch den Konsum die Fähigkeit, die Arbeit verrichten zu können, ohne andere oder sich selbst zu gefährden, in aller Regel beeinträchtigt ist. An dieser Stelle nimmt der Betriebsarzt eine Schlüsselrolle ein. Einerseits ist er der Arbeitssicherheit verpflichtet, andererseits aber auch den Interessen des betroffenen Arbeitnehmers. Diese Übersicht soll den Arbeitsmediziner/Betriebsarzt mit der Vielfalt der auf dem illegalen Markt erhältlichen psychotropen Substanzen vertraut machen. Im Teil 2 werden im Rahmen der Substanzübersicht die nichtselektiven zentralnervös dämpfenden Substanzen (Gammahydroxybutyrat, Ibotensäure/Muscimol), die psychomotorischen Stimulantien (Kokain, Amphetamin und seine Derivate), die reinen Opioid-Agonisten sowie einige psychedelische Substanzen und Halluzinogene (anticholinerge und serotonerge psychedelische Wirkstoffe) behandelt. Dabei werden auch die natürlich vorkommenden Wirkstoffe („Biodrogen“) berücksichtigt. Auf die deutlichen Unterschiede in der Risikobewertung für die Arbeitswelt der einzelnen Substanzen wird eingegangen (Wirkdauer, Nachweismöglichkeiten, Abhängigkeitsrisiko). Schlüsselwörter

· Biodrogen

· Nichtselektive zentralnervös dämpfende Substanzen

· Psychomotorische Stimulantien

· Opioid-Agonisten

· Anticholinerge und serotonerge psychedelische Wirkstoffe

· Biodrugs

· Nonselective sedative substance

· Psychomotoric stimulants

· Opioid agonists

· Anticholinergic and serotonergic psychedelic substances

3.1.1 Gammahydroxybutyrat (GHB)
GHB gelangt sowohl in flüssiger Form als auch als Pulver in den illegalen Handel. Der Wirkstoff wurde ursprünglich in den 1960er Jahren als schnell wirksames Antidepressivum untersucht und hergestellt. Die Erwartungen erfüllten sich nicht. Die Substanz findet nach wie vor in der Humanmedizin Verwendung (Somsanit®) als Einleitungshypnotikum und Sedativum in der Anästhesie und Intensivmedizin. Das erleichtert unter Umständen die Beschaffbarkeit. Die Synthese ist unkompliziert mit problemlos zu beschaffenden Ausgangsstoffen durchführbar (entsprechende Rezepte finden sich im Internet): Gammabutyrolacton wird erhitzt und Natriumhydroxid langsam unter Kontrolle des pH-Wertes zugeführt. Im pH-neutralen Bereich bildet sich das Salz. Das Endprodukt ist eine 50-prozentige Lösung von Wasser und GHB. In den 1980er Jahren wurde die Substanz von Bodybildern missbraucht (GHB stimuliert Wachstumshormon). Einige Szenenamen wie Liquid Ecstasy, Gamma, flüssiges Ecstasy, Cerry Menth, Georgia Home suggerieren, das es sich um eine flüssige Form der entsprechenden Dimethoxyamphetamine handeln würde. GHB wirkt jedoch analog zu dem natürlichen Agonisten im Bereich der GABAergen Transmission, es gibt Hinweise dafür, dass ein spezifischer GHB-Rezeptor existiert. Die Wirkung (Dosis: 1 bis 2 g) wird als ausgleichend, euphorisch beschrieben (verstärkte Sinneseindrücke, erhöhtes Kontaktbedürfnis, stärkere körperliche Sensibilität) und mit einem „Champagnerrausch” verglichen. Die Rauschwirkung klingt langsam mit anschließender leichter Müdigkeit ohne „Kater“ ab. Bei Überdosierung (mehr als 4 g oral) kommt es zur Beeinträchtigung der motorischen Koordination, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Abfall von Puls und Blutdruck und Myoklonien. In Kombination mit anderen Substanzen (z. B. Alkohol) tritt eine Verstärkung der unangenehmen Nebenwirkungen ein. Sehr hohe Dosen hemmen das Atemzentrum und die Kardiozirkulation und führen zu Bewusstlosigkeit und Krämpfen. Als Antidot steht Physostigmin (Anticholium®) zur Verfügung. Das Abhängigkeitspotenzial scheint eher gering zu sein, eine psychische Abhängigkeit ist bekannt (regelmäßige Einnahme von GHB drei- bis viermal täglich in niedriger Dosierung). Der Nachweis ist schwierig (GHB wird nach oraler Applikation zu über 90 % resorbiert und ohne Bildung aktiver Metaboliten zu Wasser und Kohlendioxid abgebaut), es existieren keine Schnelltests. Nach ca. vier bis fünf Stunden ist ein Nachweis im Urin nicht mehr möglich.

3.1.2 Ibotensäure/Muscimol
Diese Isoxazole sind die eigentlichen Wirksubstanzen des Fliegenpilzes (Amanita muscaria) und zu jeweils 0,1 % im Pilzfleisch enthalten.26 Muskarin hat wegen seiner sehr geringen Konzentration keinen Anteil an der pharmakologischen Wirkung des Pilzes. Der Fliegenpilz ist ein nicht zu verwechselnder heimischer Nadel- und Laubwaldpilz. Der global verbreitete Fliegenpilz wächst nur in Symbiose mit Birken oder Kiefern, in einer sogenannten „Mykorrhiza-Partnerschaft“. Man findet ihn in unseren Regionen von August bis November häufig unter Birken, Kiefern und Lärchen in Laub und Nadelwäldern, sowohl einzeln, als auch in Gruppen. Der Hut besitzt weiße Lamellen, das Fruchtfleisch ist ebenfalls weiß und hat nur direkt unter der Huthaut eine gelbe bis rötliche Tönung. Die Sporen sind weiß und von breiter, ovaler Form. Unbestritten ist sein Gebrauch als schamanistische Droge, welche vermutlich wohl bis in die Steinzeit zurückgeht und in weiten Teilen Europas und Asiens verbreitet war. In Nordamerika und Sibirien soll er bis heute bei schamanistischen Heil- und Beschwörungszeremonien Verwendung finden. In Sibirien war er vor der Verbreitung des Alkohols das populärste Rauschmittel. Er stand kostenlos in großer Menge zur Verfügung, konnte einfach durch Trocknung konserviert werden und verlor selbst nach langer Lagerung nicht an Wirksamkeit.10

Die Isoxazole haben eine große Ähnlichkeit mit dem Neurotransmitter GABA und entfalten ihre überwiegend inhibitorische Wirkung an den entsprechenden Synapsen im Zentralnervensystem (direkter GABA-Agonist). Der Gesamtgehalt an Isoxazolen in den getrockneten Pilzen variiert zwischen 30 mg und 180 mg je 100 g getrockneter Pilze. Ibotensäure wird durch Trocknen in das zehnfach wirksamere Muscimol umgewandelt. Die Einzeldosis von 1 bis 2 getrockneten Pilzen nach Minuten (Rauchen) bis zwei Stunden (orale Aufnahme) führt zum sogenannten Pantherina-Syndrom: starke Müdigkeit, lebhafte Träume (in höherer Dosierung Wechsel zwischen Tiefschlaf und körperlicher Expression innerer Erlebnisse, delirante Zustände können auftreten) in Kombination mit Mydriasis, Tachykardie, trockenem Mund (oder auch Salivation und Bradykardie je nach Muskaringehalt), Erbrechen, Gangunsicherheit, Muskellähmungen. Bei der oralen Aufnahme zu psychoaktiven Zwecken kommt es häufig zum Erbrechen. Trotz des Erbrechens tritt (im Unterschied zum Meskalin) die psychische Wirkung ein. Die Wirkdauer ist stark dosisabhängig und beträgt vier bis acht Stunden (bis Tage). Die Ausscheidung erfolgt praktisch unverändert renal.27

3.2.1 Kokain
Kokain ist ein psychostimulierendes Alkaloid aus den Blättern des Kokastrauches (Erythroxylon coca, Abbildung 6a). Es besteht Grund zu der Annahme, dass der Kokastrauch seit mindestens 4500 Jahren in Peru als Kulturpflanze angebaut wird. Alle präkolumbianischen Kulturen in den Anden haben Hinweise darauf hinterlassen, dass sie mit der Nutzung von Kokablättern vertraut waren. Sie wurden (und werden) von den Indios wegen der berauschend-stimulierenden Wirkung zu medizinischen und mystisch-zeremoniellen Zwecken benutzt. 1859 wurden die einzelnen Alkaloide der Kokapflanze durch Albert Niemann isoliert (darunter auch das Hauptalkaloid Kokain, Abbildung 6b). Die medizinische Nutzung erfolgte zunächst als Lokalanästhetikum (Karl Moller). Wenig später wurde die Substanz als Stimulans und Zusatzstoff in Erfrischungsgetränken (Vin Mariani, Coca-Cola) genutzt. Sigmund Freud empfahl Kokain bei Zuständen körperlicher und geistiger Erschöpfung, bei Depression und katatonem Stupor sowie bei Alkohol- und Morphinabhängigkeit.10 Die als „Koks“ oder „Schnee“ auf dem illegalen Markt angebotene Pulverform der Substanz ist die extrahierte und zu Kokainhydrochlorid (Abbildung 6c) weiterverarbeitete Form.28 Üblicherweise wurde die „Modedroge“ der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts geschnupft. Die intravenöse Applikationsform des wasserlöslichen Kokainhydrochlorids ist ebenso möglich, wird aber selten praktiziert. Kokain wird auch modifiziert als „crack“ (und damit rauchbar) angeboten. Crack (Abbildung 6d) wird entweder durch Extraktion in Ether oder durch Kochen von Kokainhydrochlorid in Backpulverlösung hergestellt, wobei unter knackenden Geräuschen (crack) als Rückstand die freie und pyrolysefeste (rauchbare) Base entsteht.29

Kokain ist (wie andere Lokalanästhetika) ein tertiäres Amin und als schwache Base nur als saures Salz (Hydrochlorid) wasserlöslich. Wirkungsweise: Neben lokalanästhetischem Effekt steht vorwiegend die (dosisabhängige) Hemmung der aktiven präsynaptischen Wiederaufnahme von Dopamin, Noradrenalin und Serotonin aus dem synaptischen Spalt im Mittelpunkt. Daraus resultiert letztendlich eine andauernde und erhöhte Transmitterkonzentration im synaptischen Spalt mit entsprechend prolongierter und intensivierter Wirkung dieser Transmitter an den postsynaptischen Rezeptoren. Das erklärt neben der ausgeprägt psychostimulierenden auch die stark sympathomimetische Wirkung des Kokains. Neben diesen Effekten werden noch verschiedene direkt toxische Wirkungen der Substanz beobachtet, die jedoch klinisch kaum von den Wirkungen der sympathomimetischen Aktivierung unterscheidbar sind: Kardiotoxizität (Erhöhung der elektrischen Instabilität des Myokards mit Arrhythmieneigung; plötzlicher Herztod durch Koronarspasmen), zerebrovaskuläre Schäden, Mesenterialischämie, akutes Lungenödem und zentrale atemdepressive Wirkung. Kokain wirkt direkt neurotoxisch. Das Bild der toxisch-paranoiden Psychose nach langzeitigem bzw. hoch dosiertem Gebrauch von Kokain findet seine Erklärung durch die tiefgreifenden Eingriffe in das Neurotransmittersystem29 einerseits und auch die morphologisch fassbaren neurotoxischen Effekte im ZNS.9 Die rasche Toleranzentwicklung ist bekannt bei erheblicher psychischer Abhängigkeitsentwicklung.

Die Resorption erfolgt rasch beim Rauchen (u. U. noch schneller als nach intravenöser Injektion), langsamer bei nasaler Applikation. Die Elimination der Substanz geschieht durch hepatische Metabolisierung bzw. hydrolytische Spaltung, teilweise unverändert renal (bei intravenöser Injektion sogar in überaus hohem Maße). Die Metaboliten sind noch nach Tagen im Urin nachweisbar. Die effektive Eliminationshalbwertszeit variiert je nach Applikationsart zwischen 30 und 90 Minuten.

Die psychogene Wirkung des Kokains verläuft in zwei Phasen (Abbildung 7). Nach Aufnahme von 25 bis 150 mg Kokain tritt die Rauschphase rasch ein (Euphorie, Redezwang, Unruhe, feinschlägiger Tremor, präkonvulsive Bewegungen; taktile auditorische, farbig-visuelle, olfaktorische und/oder gustatorische Halluzinationen, eventuell sexuell betont. Bei allmählichem Nachlassen der direkten Wirkung des Kokains geht dieser Zustand in eine intensive zweite Phase über (ausgeprägte Angstgefühle bis paranoide Wahnvorstellungen, Depression, Erschöpfung, Schläfrigkeit). In dieser Phase entsteht der sogenannte Stoffhunger, welcher zum fast zwanghaften Wiedergebrauch der Droge zur Kompensation dieser negativen Effekte führt.29 Begleitet werden die psychischen Veränderungen von teilweise ausgeprägten klinischen Symptomen: Blutdruckanstieg (ca. 20 % über Norm), Bradykardie, nachfolgend Arrhythmie und Tachykardie und Zunahme der Atemfrequenz. Psychotische Reaktionen mit paranoiden Halluzinationen, Kopfschmerzen, Hyperthermie, Nausea und Emesis sind bekannt. Bei höherer Dosierung (über 2 mg/kg Körpermasse) treten initial schon gravierende psychische Schäden auf (toxische paranoide Psychose), die durch Störungen der Realitätswahrnehmung, Verfolgungswahn, gesteigerte Aggressivität bis hin zu Tötungsabsichten gekennzeichnet sind. Der Übergang zu allgemein-toxischen Erscheinungen ist dann fließend und dosisabhängig:

· verminderte Reaktion auf äußere Reize, Hyperreflexie, athetotische Bewegungen, Konvulsionen (tonisch-klonisch), Status epilepticus, Inkontinenz

· weiterer Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz (Gefahr von Gefäßrupturen, z. B. Hirnmassenblutung)

· Herz- oder Mesenterialinfarkt, Aortendissektion

· zunehmende Arrhythmie, Blutdruckabfall

· periphere

→ zentrale Zyanose

· Dyspnoe mit Übergang in Cheyne-Stoke-Atmung

→ progressive Hypoxie

· Versagen kreislauf- und atemregulatorischer Funktionen (Kammerflimmern, Herzstillstand)

· Kokain-Schock

· Atemstillstand und/oder Lungenödem mit agonaler Schnappatmung

· Lähmung lebenswichtiger Hirnzentren mit Koma (fixierte und dilatierte Pupillen)

Das Kokainentzugssyndrom entsteht durch das Weglassen der Droge nach längerfristigem Konsum infolge von Mangel an Transmitterdopamin im ZNS. Die Symptome sind gekennzeichnet durch affektive Verstimmung mit Depression, Ängstlichkeit und Reizbarkeit, Erschöpfung, dabei gelegentlich Schlaflosigkeit oder psychomotorische Erregung, Unter- und Mangelernährung. Die Komplikationen sind depressives Syndrom und Suizidalität. Die Kokainpsychose ist in ihrer Natur sowohl dem Delirium tremens als auch der Schizophrenie ähnlich. Taktile Halluzinationen, Bewusstseinstrübungen, Unruhe, Wahnerlebnisse und angstbesetzte optisch-akustische Halluzinationen treten unabhängig von der Kokaineinnahme auf (paranoid-halluzinatorische Psychose). Wegen seines Preises gilt Kokain in seiner „klassischen Form“ als Droge der „Elite“: „Kokain ist weiter verbreitet als die meisten annehmen. Alle Berufsgruppen sind betroffen, wobei insbesondere die Imageberufe, wie Schauspieler, Models, Manager, Börsenmakler eine regelrechte Subkultur entwickeln. Die Einnahme von Kokain gehört in manchen Kreisen zum guten Ton, und es wird dabei fast ausschließlich geschnupft. (…) Dieses Verfahren bedarf einiger Übung und Utensilien, die der Kostbarkeit der Droge entsprechend imposant sind: Dosierungslöffel aus Gold, zusammengerollte Banknoten als Saugrohr, exklusive Aufbewahrungsbehälter…“30 Kokain wird häufig mit aktiven Synthetika „verschnitten“: Amphetamine, Ephedrin, Coffein, Phencyclidin, Chinin, Yohimbin.

3.2.2 Amphetamin und seine Derivate (Abbildung 8)
Diese Verbindungen sind ebenfalls Dopamin freisetzende Wirkstoffe. Amphetamin und Derivate wurden 1887 zuerst von Lazar Edeleanu an der Universität Berlin hergestellt. Er nannte die Substanzen „Phenylisopropylamine“. Es handelte sich um eine Reihe von Stoffen, die mit dem Pflanzeninhaltsstoff „Ephedrin“ verwandt sind, das zwei Jahre zuvor von Nagayoshi Nagai isoliert wurde. Lange Zeit gab es keine medizinische Verwendung für Amphetamin, bis es dann in vielen Ländern als pharmazeutisches Benzedrin erhältlich wurde. Bei Amphetamin, sowohl D-Amphetamin als auch L-Amphetamin (oder auch eine razemische Mischung beider Isomere), wird angenommen, dass seine Wirkung auf der Bindung an das entsprechende Transportprotein für Monoamine beruht und auf diese Weise die extrazellulären Konzentrationen von Dopamin, Adrenalin und Serotonin erhöht werden. Es wird angenommen, dass D-Amphetamin vorwiegend auf das dopaminerge Transmissionssystem einwirkt und L-Amphetamin mehr die adrenergen Systeme beeinflusst. Die stimulierenden Wirkungen sind mit eher an die Aktivität des dopaniergen Systems verbunden, vorwiegend im limbischen System („Belohnungszentrum“). Amphetamin bindet an das Transportprotein für Dopamin (DAT) und hemmt auf diese Art den Rücktransport des Dopamins aus dem synaptischen Spalt in die Zelle. Außerdem gelangt Amphetamin in die Zelle, was zu einem Dopamin-Efflux aus der Zelle führt (Dopamin wird aus der Zelle in den synaptischen Spalt durch den entgegengesetzten Transport mittels DAT transportiert).31 Die Amphetaminderivate mit psychedelischer Wirkkomponente (Meskalin, DOM, MDA, MMDA, TMA, DMA u. a. mehr) sind chemisch sehr ähnlich, ihre Wirkungen sind jedoch eindeutig anders als die des Amphetamins (und der Halluzinogene). Sie werden daher als Entaktogene bezeichnet und gesondert dargestellt.

Amphetamin (alpha-Methylphenetylamin; Synonyme: Speed, Pep, Amph) wurde 1930 als Arzneimittel gegen Schnupfen (Benzedrin®) auf den Markt gebracht. Die stimulierenden Eigenschaften zeigten sich rasch und das weiterentwickelte Dextroamphetamin wurde als Stimulans für Soldaten und Piloten im 2. Weltkrieg hergestellt und besonders von den amerikanischen, japanischen und deutschen Armeen genutzt.30 Die medizinischen Indikationen für diese Substanzgruppe sind eher selten – strukturverwandte Verbindungen werden bei einigen Erkrankungen noch eingesetzt (z. B. Methylphenidat = Ritalin®). Letzteres wird und wurde gelegentlich als Amphetaminderivat missbräuchlich benutzt.

Metamphetamin kann illegal relativ leicht hergestellt werden und wird seit den 1980er Jahren als „Crank“, „Crystal“, „Speed“ oder „Meth“ in der Ravesubkultur zunehmend konsumiert. Besonderer Popularität erfreut sich die rauchbare Form: d-Methamphetamin („Ice“). Diese Substanz kann durch Rauchen wegen ihrer Reinheit ähnliche Wirkungen wie intravenös appliziertes Amphetamin erzeugen.

Die Resorption aus dem Gastrointestinaltrakt erfolgt rasch und umfangreich mit maximalen Blutspiegeln nach ein bis zwei Stunden. Die Wirkungsweise ist durch die zentral und peripher dosisabhängigen dopaminergen und potenten adrenergen Eigenschaften gekennzeichnet; in sehr hoher Dosierung zusätzlich Hemmung der Serotoninfreisetzung und Hemmung der Wiederaufnahme biogener Amine in den synaptischen Spalt („Speedsyndrom“) mit Erschöpfung der Speicher und Wirkungsrückgang. Bei oraler Gabe treten die Wirkungen nach ca. 30 Minuten ein. Der Konsument fühlt sich gestärkt und kraftvoll (von Sorgen befreit). Erhebliche körperliche (und geistige) Leistungen sind für einige Stunden danach möglich („Doping“). Bei Methamphetamin kommt es eher zu einer euphorisierenden Wirkung mit dem Gefühl des „geschärften“ Intellekts und erhöhter Tatkraft (ähnlich dem Kokain). Nach einigen Stunden verringert sich die stimulierende Wirkung und ein Gefühl der Erschöpfung und Müdigkeit tritt in den Vordergrund, jedoch ist in dieser Phase das Schlafen praktisch unmöglich. Somit steigt die Versuchung, erneut Amphetamine zu sich zu nehmen bzw. durch Einnahme von Sedativa/Hypnotika den Schlaf zu erzwingen. Erhebliche Stimmungsschwankungen (Reizbarkeit, Aggressivität) können auftreten.30 Generell kommt es zu einer appetitzügelnden Nebenwirkung, die früher auch therapeutisch genutzt wurde (Verwendung von Amphetaminderivaten als Appetitzügler, z. B. Amphetaminil = Aponeuron®). Amphetamine werden zur Leistungssteigerung nach wie vor außerhalb des Sports regelmäßig eingesetzt! Bei Gebrauch von größeren Mengen oder langanhaltendem Gebrauch kann es zur paranoiden Amphetaminpsychose kommen. Die Patienten fühlen sich verfolgt und bedroht, klagen über optisch-akustische Halluzinationen und werden wegen Eigen- und Fremdgefährdung zur stationären psychiatrischen Behandlung eingewiesen.

Die Elimination erfolgt überwiegend hepatisch (Geschwindigkeit Amphetamin > Metamphetamin) und die Metaboliten werden renal ausgeschieden. Nach einmaliger Applikation werden ca. 90 % des Wirkstoffs innerhalb von drei bis fünf Tagen ausgeschieden. Dementsprechend gelingt der Nachweis im Urin innerhalb dieses Zeitraums problemlos.

Kath (Kathee), auch Qat, Quaat, Gat, Jaad, Chat, Chad, Chaad und Miraa genannt, vom afrikanischen Kathstrauch (Catha edulis), ist ein Genussmittel des arabischen Raums.

Wenn die Blätter der Pflanze gekaut werden, erzeugen sie eine stimulierende und euphorische Wirkung. Catha edulis ist ein immergrüner Strauch oder Baum und wird bis zu 3 m hoch, mit ovalen, 10 cm langen Blättern (Abbildung 8d, e). Die Blüten sind klein, weiß und haben fünf Blütenblätter. Die Frucht ist eine längliche dreieckige Kapsel mit ein bis drei Samen.

Khat enthält mehr als 40 Alkaloide, Glykoside, Tannine, Aminosäuren, Vitamine und Mineralien. Man glaubt, dass die zwei Phenylalkylamine – Cathinon und Cathin – die strukturell mit Amphetaminen verwandt sind, für die psychoaktiven Effekte verantwortlich sind. Das Vorkommen von Amphetaminen und Coffein in Khat ist ausgeschlossen worden. Eine Anzahl von anderen Substanzen, wie Cathidin, Edulin und Ephedrin, sind identifiziert worden, aber es ist nicht wahrscheinlich, dass diese eine Rolle bei den Khateffekten spielen. Das wirksame Alkaloid (Abbildung 8c) ist D-Norpseudoephedrin (Cathin). Die Wirkung besteht in der Unterdrückung des Hungergefühls, der Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Reduktion des Schlafbedürfnisses. Leichte Halluzinationen (durch den Metaboliten Methcathionin) werden ebenfalls berichtet.10

3.2.3 Amphetaminederivate mit psychedelischer Wirkkomponente – Entaktogene (Tabelle 6)
Die Synthese von 3,4-Methylen-Dioxy-N-Methylamphetamin (MDMA) wurde bereits 1912 von der Firma Merck in Darmstadt zum Patent angemeldet. Die Wirkungen am Menschen wurden jedoch erst in den 1970er Jahren beschrieben. Seinerzeit diente es dann als Hilfsmittel in der Psychotherapie („herzöffnend-aggressionshemmend“). Der Missbrauch als Rekreationsdroge (Ecstasy) auf den Technopartys, um das stundenlange Tanzen unter stärkster Sinnüberflutung zu ermöglichen (teilweise mit tödlichen Folgen), begann bereits in den 1980er Jahren. Die besondere Wirkungsweise („sakrale“ Einstimmung) von Ecstasy und den zahlreichen Analogsubstanzen führte zur Bezeichnung als Entaktogene (Empathogene). Die wahrnehmungsverzerrenden Wirkungen der Halluzinogene sowie die aufputschende Wirkung der Amphetamine treten (substanzspezifisch) mehr oder weniger in den Hintergrund. Im illegalen Handel gibt es eine Vielzahl von Tabletten oder Kapseln, wobei nicht immer klar ist, welcher Wirkstoff wie verpackt wird (Abbildung 9). Eine (inkomplette) Übersicht zu den verschiedenen Substanzen dieser Wirkstoffgruppe vermittelt Tabelle 7.

40 bis 60 Minuten nach oraler Applikation treten die bereits angedeuteten Wahrnehmungsveränderungen ein. Egoismus, Feindseligkeit und Irritationen rücken in den Hintergrund. Das Denken beschäftigt sich mehr mit Beziehungsfragen, Lebensfragen und der Wahrnehmungsästhetik. Ein tiefes Vertrauen in das Leben stellt sich ein, ohne dass das formale Denken wesentlich beeinträchtigt wird. Mit erhöhter Dosis werden Sinneseindrücke zunehmend ästhetisch und lustvoll erlebt (ähnlich der Kokainwirkung – „Farben werden farbiger“). Mit weiterer Dosissteigerung wird das formale Denken jedoch langsamer und unkritischer („Zustand bedingungsloser Liebe“).

Die weitere Wirkung wird dann als stimulierend, ekstatisch und lebensbejahend („Rave-Party“) oder (bei introspektivem Konsum) als beruhigend und beglückend beschrieben.30,31 Die Wirkdauer beträgt drei bis vier Stunden. In der Regel sind die Nachwirkungen ca. sechs Stunden (nach einmaliger Applikation) abgeklungen, die Beeinträchtigung der Feinmotorik und Koordination wird meist erst am Folgetag wiedererlangt.

Viele Konsumenten berichten Ausgeglichenheit und Stärkung am Tag nach der letzten Aufnahme, andere fühlen sich jedoch eher kraft-und schwunglos. Bei häufigem und längerem Missbrauch wird von einer erheblich depressiv gefärbten Nachphase bei Karenz berichtet. Hierfür sind wahrscheinlich Veränderungen im serotonergen System verantwortlich. Entsprechende morphologische Befunde liegen vor.9

Ecstasy und die verwandten Verbindungen werden hepatisch eliminiert und die Metaboliten überwiegend renal ausgeschieden. Entsprechende Schnelltests für Urin sind auf dem Markt. Bei einigen dieser Tests reagiert das Methylendixoygerüst nicht, sodass der Befund im „Amphetaminfeld“ negativ erscheint. In Zweifelsfällen sollte eine GC/MS-Analyse des Urins erfolgen. Die Metaboliten sind drei bis vier Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar.

3.3 Reine Opioid-Agonisten (Abbildung 10)
Es wird prinzipiell zwischen dem (natürlich vorkommenden) Opiat Morphin (aus Rohpium), dem halbsynthetischen Heroin (halbsynthetisches Opioid) und den synthetisch hergestellten Opioiden (Fentanyl und seine Derivate) unterschieden. Die Wirkungsweise kann vorwiegend durch Bindung an verschiedene Klassen von Opiatrezeptoren erklärt werden. Zunächst tritt durch Herabsetzung der Empfindlichkeit des Atemzentrums gegenüber der CO2-Spannung bzw. der H+-Ionenkonzentration im Blut eine zunehmende Lähmung des Atemzentrums ein. Dies führt zu Hypoxämie mit initialer Erregung des Vaguszentrums (Bradykardie), der Okulomotoriuskerne (Miosis) und der Triggerzone des Brechzentrums. Die Elimination erfolgt unterschiedlich, prinzipiell relativ rasch und vorwiegend hepatisch. Ausscheidung der Metaboliten geschieht renal und enteral. Teilweise existiert ein hoher First-Pass-Effekt (Heroin, Morphin). Die Kumulation bei Niereninsuffizienz ist bekannt (z. B. konvulsive Pethidin-Metabolite).

Die Geschichte des Konsums von betäubenden oder euphorisierenden, natürlichen Opiaten reicht bis ungefähr 3000 v. Chr. in das alte Ägypten zurück und führt bis in die Neuzeit zu den Opiumhöhlen von China. Auf die schmerzstillende, beruhigende, manchmal aber auch anregende Wirkung von natürlichen Opioiden wurden Pharmazeuten und Chemiker bereits Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts aufmerksam und versuchten, ein synthetisches Äquivalent zu dem Naturstoffextrakt Opium zu finden und ein Heilmittel zu entwickeln, das schnell herzustellen war und entsprechend auch vermarktet werden konnte. Der englische Chemiker Charles Wright entwickelte 1873 ein Verfahren zur Synthetisierung von Diacetylmorphin, einem Syntheseprodukt aus Morphin und Essigsäureanhydrid. Am 26. Juni 1896 griff die Aktiengesellschaft Farbenfabriken (heute Bayer AG) das Verfahren auf und ließ es unter der Bezeichnung „Heroin“ schützen. Wenig später gelang am 21. August 1897 nach dem gleichen Verfahren dem bei Bayer beschäftigten Chemiker Felix Hoffmann ebenso die Synthese von Diacetylmorphin. Daraufhin startete ab 1898 der Bayer-Konzern die Produktion. Heroin (Synonyme: Gift, H, Stoff, Teer, Hong-Kong-Rocks) wird halbsynthetisch hergestellt, Ausgangssubstanz ist dabei das Morphin. Gewonnen wird Morphin als Extrakt aus Rohopium, dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum). Zur Herstellung von Heroin wird Morphin an den beiden Hydroxyl-Gruppen mittels Essigsäureanhydrid azetyliert. Als Nebenprodukt kann monoacetyliertes Morphin entstehen (z. B. 6-MAM). Reines Heroin ist sowohl als Base als auch als Hydrochlorid eine farblose kristalline Festsubstanz.

Die Bioverfügbarkeit ist abhängig von der Art der Applikation. Die Resorption erfolgt rasch (Morphin weniger) gastrointestinal und parenteral (z. B. aus Gewebe). Die Opiumalkaloide werden beim Rauchen praktisch unverändert über die Lunge exhaliert. Die intravenöse Applikation von Heroin hat an Popularität verloren; es ist rauchbar (häufig in Kombination mit Crack). Heroin ist deutlich stärker lipophil als Morphin und gelangt daher rasch ins ZNS, was zu einer raschen Anflutung an den Wirkort führt; daher löst eine intravenöse Heroininjektion einen initialen „Kick“ (auch Flash genannt) aus. Dieser Effekt ist bei allen anderen Konsumformen als der intravenösen Injektion aufgrund der langsameren Anflutung nach dem heutigen Stand der Wissenschaft zumindest stark abgeschwächt, wenn überhaupt vorhanden. Gründe dafür sind die langsamere Resorption, die vorzeitige Hydrolyse und der First-Pass-Effekt. Dies trifft jedoch nicht für das Rauchen der pyrolysefesten Substanz zu.

Bis vor Kurzem nahm man an, dass Heroin selbst nur als Prodrug wirkt: Nach dieser Überlegung bindet es sich nicht selbst an die Opiatrezeptoren, es sind vielmehr die aktiven Metaboliten, welche für die Wirkung verantwortlich sind. Neuere Studien kommen allerdings zu dem Ergebnis, dass Heroin unter bestimmten Bedingungen durchaus selbst an Opiatrezeptoren andockt.

Erwähnenswert ist die hohe intrinsische Aktivität von 6-MAM am µ-Rezeptor, sie ist höher als die von Morphin und daher mitentscheidend für die starke Ausprägung des „Kicks“ nach intravenöser Heroininjektion.

Die Dosen, die ein Heroinabhängiger zu sich nimmt, überschreiten nicht selten das 10– bis 30-fache der ursprünglich therapeutischen Dosis des Wirkstoffs. Wenn man den durchschnittlichen Reinheitsgrad von illegal gehandeltem Heroin mit berücksichtigt, der in Europa – von den Niederlanden abgesehen – für den Endkunden in der Regel zwischen 5 und 15 %, selten über 20 % beträgt, kommt ein durchschnittlicher langjähriger intravenöser Heroinkonsument mit einer Menge aus, die 100–200 mg der Reinsubstanz entspricht. Die Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland legte bei der Festlegung der nicht geringen Menge Heroin im Sinne von § 29a Betäubungsmittelgesetz zugrunde, dass eine Dosis von 50 mg bei einer nicht drogenabhängigen Person letal wirkt, obwohl diese Zahl höchstwahrscheinlich nicht der Wahrheit entspricht und einige Studien von weitaus höheren humanen LD50 ausgehen. Diese Zahl scheint eher für Mischkonsum zuzutreffen, der sehr häufig anzutreffen ist und in vielen Toxizitätsberichten von Krankenhäusern nach fatalen Überdosen nicht erkannt wird, speziell, wenn die Substanzen mit einem Standarddrogenscreening nicht erfassbar sind oder es sich um den weitaus verbreiteteren Mischkonsum, nämlich jenen mit Ethanol, handelt.

Die stärkere Wirkung des Heroins im Gegensatz zum Morphin wird dadurch erklärt, dass das Heroin (und das primäre Stoffwechselprodukt Monoacetylmorphin) aufgrund der höheren Fettlöslichkeit die Blut-Hirn-Schranke leichter passiert als Morphin. Die Wirkung von Heroin hält bei Konsumenten ohne Toleranz sechs Stunden bis oftmals über 24 Stunden an, wobei Nachwirkungen nach dem ersten Konsum manchmal mehrere Tage andauern können. Hingegen dauert die Wirkung von Heroin bei einem Abhängigen, wenn er eine für sich durchschnittlich hohe Dosis konsumiert, nicht länger als sechs bis acht Stunden, wonach die Entzugserscheinungen langsam wieder einsetzen. Opioide wie das Heroinsubstitut Methadon besitzen eine Halbwertszeit von bis zu 24 Stunden. Die Dosistoleranz von Opioiden steigt bei täglichem Konsum rapide an, deswegen steigern viele Abhängige die Dosis im Rahmen der Verfügbarkeit der Substanz ständig nach, da bei täglichem Konsum diejenige Menge, die am Vortag noch zum erwünschten Effekt geführt hat, auf das 1,5- bis 2-fache gesteigert werden muss, um einen vergleichbaren Effekt zu erzielen. Da jedoch die meisten Abhängigen schnell ihre finanziellen Möglichkeiten ausgereizt haben, befinden sich die meisten von ihnen zumeist auf der Jagd nach Geld, um eine halbwegs gleichbleibende Dosierung zu erreichen („Steady State“) und Entzugserscheinungen zu verhindern. Heroin kann als 6-MAM im Blut für wenige Stunden nachgewiesen werden, metabolische Rückstände ein bis vier Tage im Urin und mehrere Monate in den Haaren.

Heroin hat ähnlich wie Morphin einen euphorisierenden und analgetischen Effekt. Normaler Schlaf wird durch seine Applikation aber eher gestört. Es wirkt je nach Applikationsform mit einer Halbwertszeit von vier bis sechs Stunden und ist nicht organotoxisch. Weitere (dosisabhängige) Effekte beim opioidnaiven Organismus sind die emetische und atemdepressive Wirkung. Die Nebenwirkung der Obstipation unterliegt keiner Toleranzbildung – der Wirkstoff wurde um die Jahrhundertwende als Mittel gegen Durchfall eingesetzt. Bei einer Intoxikation ist hauptsächlich eine Atemdepression gefährlich, welche insbesondere wenn zusätzlich andere sedierende psychotrope Substanzen wie Alkohol, Benzodiazepine oder Barbiturate im Sinne einer Polytoxikomanie hinzukommen, tödlich sein kann.

In den 60er Jahren wurde in Europa die Stoffklasse der Fentanyle (Anilinopiperidine) als Analgetika eingeführt und erlangten eine große Bedeutung in der klinischen Anästhesie. Ausgehend von Meperidine (Ethyl-,1-methyl-4-phenyl-4-Piperidincarboxylat, Pethidin®) wurden in den 1970er und 1980er Jahren immer neuere und wirksamere Strukturanaloga entdeckt und als Heroinersatz auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Die Synthese benötigte keine illegalen Ausgangsprodukte, die Herstellung erfolgte aus Nikotin- bzw. Isonikotinsäure oder Piperidinderivaten. Heute gibt es Fentanylderivate (Tabelle 8), die mehrere tausendmal stärker wirksam sind als Morphium. So wirkt 3-Methyl-Fentanyl etwa 3000-mal stärker als Morphin, andere Substanzen aus der Gruppe der Fentanylderivate weisen eine noch stärkere Wirkung auf. Die extreme Potenz erklärt sich durch eine besonders hohe Affinität zu den entsprechenden Rezeptoren. Dadurch ist es (für den Ungeübten) kaum möglich, den Wirkstoff genau zu dosieren, was sehr leicht zu tödlichen Überdosierungen führt. Der Rausch wird oft als schlafähnlicher Zustand empfunden, da viele Empfindungen durch die starke Wirkung der Droge einfach ausgeschaltet sind. Andererseits wird berichtet, dass der Rausch extrem „überwältigend“ sei (wiederholte Ejakulationen, unkontrollierter Stuhlgang unter unbeschreiblicher Euphorie). Am Schwarzmarkt wird es als Heroinersatz oder auch als angebliches Heroin verkauft oder als Streckmittel für minderwertiges Heroin verwendet. Der Nachweis von Fentanylderivaten im Blut ist nur kurze Zeit möglich und im Urin technisch sehr anspruchsvoll. Schnellteste existieren nicht.

3.4.1 Anticholinerge psychedelische Substanzen (Solanaceen-Alkaloide)
Die ersten bewusstseinsverändernden Stoffe kamen aus der Natur. Die eigentliche Bedeutung des Wortes „Droge“ erlangt bei den psychedelischen Substanzen aus der Natur einen eigenen Sinn. Der Begriff „Droge“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen „dröge“, d. h. getrocknet. Damit waren eigentlich getrocknete Heilpflanzen gemeint. In den vergangenen Jahren hat das Interesse an heimischen Pflanzen mit psychoaktiver Wirkung zugenommen. Dies dürfte u. a. daran liegen, dass in der Technoszene Ecstasy stark verbreitet ist und die Konsumenten großes Interesse an Halluzinogenen, Trance- und Ecstasy-Erfahrungen haben. Pflanzen aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) werden seit Jahrtausenden zu Rauschzwecken genutzt.10

Mit Stechapfel (Datura stramonium u. a.), Tollkirsche (Atropa belladonna L.), Bilsenkraut (Hyoscyamus niger u. a.), Engelstrompete (Brugmansia suaveolens u. a.) oder Alraune (Mandragora officinarum) erschöpft sich die Anzahl psychotroper Nachtschattengewächse noch lange nicht. Im Gegenteil, bislang wurden in insgesamt 34 Gattungen der Familie der Solanaceae psychoaktive Arten nachgewiesen, bei manchen wird eine bewusstseinsverändernde Aktivität vermutet. Dabei enthalten die einzelnen Pflanzen nicht immer nur die nachtschattentypischen Tropanalkaloide Atropin (D- u. L-Hyoscyamin; Abbildung 11a) und Scopolamin (L-Hyoscin; Abbildung 11b), sondern auch andere Verbindungen, wie Cumarine, Pyrrolidin- und andere Alkaloide, Withanolide, Diterpene, Triterpene und viele mehr. Alraune (Abbildung 11c) ist der Trivialname für Arten der Gattung Mandragora aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Ihre Wurzeln sind an ihrem Ende manchmal gegabelt, was an die Form eines menschlichen Körpers mit zwei Beinen erinnert. Die in Europa und Asien heimische Tollkirsche (Abbildung 11d) ist ein mehrjähriges, in einer Höhe von ca. 1 m sich verzweigendes Kraut, das eine Höhe von bis zu 1,5 m erreichen kann. Die behaarten, ellipsenförmigen Blätter können im ersten Jahr bis zu 20 cm lang werden, verkleinern sich danach aber wieder. Die Farbe der glockenförmigen Blüten variiert von blau-violett bis zu einem matten Rot. Nach Verblühen reifen die Beeren heran, welche sich zuerst grün und anschließend glänzend schwarz verfärben. Die Früchte sind wohlschmeckend und nicht bitter, was die Verwechslung mit Kirschen (durch Kinder) begünstigt. Auch das Schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger; Abbildung 11e), gelegentlich als stinkender Nachschatten bezeichnet, gehört zur Familie der Nachtschattengewächse, die aus Eurasien stammen. Das Schwarze Bilsenkraut wächst einjährig oder zweijährig und ist eine krautige bis zu 75 cm hohe Pflanze mit haarigen, 8 bis 20 cm langen Blättern. Die auffälligen endständigen Blüten haben einen Durchmesser von 2,5 cm und sind grünlich-gelb mit roten Adern. Das Schwarze Bilsenkraut blüht von Juni bis September. Die Samenkapsel enthält viele schwarze, winzig kleine, narbige Samen. Brugmansia ist ebenfalls eine Gattung der Nachtschattengewächse und umfasst sechs blühende Arten, die in den subtropischen Gebieten von Südamerika entlang den Anden von Kolumbien bis zum nördlichen Chile und im südöstlichen Brasilien heimisch sind. Sie sind als Engelstrompeten(Abbildung 11 f) und g) bekannt und teilen diesen Namen mit den ihnen nahe verwandten Stechapfelgewächsen (Datura). Die Gattung Brugmansia hat hängende und nicht wie Datura aufrechte Blüten und ist mehrjährig und holzig, während Datura krautartige, meist einjährige oder nur kurzlebende ausdauernde Pflanzen hat (Abbildung 11h).

Die Blätter und/oder Blüten werden oral als Teeaufguss angewandt. Blüten der Engelstrompete können auch in Milch eingelegt werden. Getrocknete Blätter und Blüten werden geraucht. Die Pflanzen sind in jeder gut sortierten Blumenhandlung erhältlich, die Samen im Versandhandel leicht zu bekommen. Nach oraler Aufnahme findet eine rasche und vollständige Resorption statt. Die Elimination erfolgt überwiegend hepatisch mit längerer Halbwertszeit (12 bis 38 Stunden!). Die pharmakologische Wirkung beruht auf der kompetitiven Verdrängung des Azetylcholins als Transmitter zentral und peripher (vorwiegend parasympatholytische Effekte insbesondere an Auge, Herz/Kreislauf und Drüsensekretion erkennbar). Nach einer Einzeldosis von zwei bis vier Blättern oder ein bis zwei Blüten (oral) oder 0,3 g der Samen (ca. 50–100 Stück) ist mit dem Wirkungsbeginn nach etwa 60 Minuten zu rechnen. Dosisabhängig beträgt die Wirkdauer drei Stunden bis zwei Tage!

Diese pflanzlichen Drogen sind stark psychoaktiv. Die Aufnahme von Datura ruft Symptome hervor wie spektrale Illusionen, Delirium, erweiterte Pupillen, Durst, trockene Mundschleimhäute und unkontrollierte Muskelbewegungen (Bernhard-Smith 1996). Die pharmakologische Wirkung wird durch Tropanalkaloide in der Pflanze hervorgerufen, das aktivste davon ist Scopolamin (auch Hyoscin). Je nach Unterart und Teil der Pflanze können auch Hyoscyamin (Atropin), Norhyoscyamin, Tropin oder andere Inhaltsstoffe auftreten. Die parasympatholytische Wirkung äußert sich in Hyperthermie, Hypertonie, Tachykardie, Bronchodilatation, Delirium, Halluzinationen (akustisch, visuell oder haptisch), unscharfem Sehen, Benommenheit, Schwindel, verlangsamten Reaktionen, Unruhe und anhaltenden Gedächtnisstörungen, die zu Amnesie führen können. Es wird berichtet, dass bei Einnahme der Substanz die Zeit langsamer abzulaufen scheint und die Sinneswahrnehmung gestört ist.10 Dieser Zustand entspricht klinisch dem aus der Anästhesie bekannten zentral-anticholinergen Syndrom. Die psychische Wirkung ist durch fiebertraumähnliche Visionen und Illusionen, die sich rasch zu Halluzinationen umwandeln, gekennzeichnet; szenisch und häufig erschreckende halluzinatorische Erlebnisse (gewalttätige und körperlich stark ausagierende Verhaltensweisen mit erheblicher Eigen- und Fremdgefährdung). Der Nachweis von Tropanalkaloiden und deren Metaboliten hat praktisch nur forensische Bedeutung und ist technisch aufwendig.

3.4.2 Serotonerge psychedelische Substanzen
Lysergsäurediethylamid (LSD) ist ein synthetisches Produkt der nicht so halluzinogenen, aber weitaus giftigeren Lysergsäure (natürlich vorkommendes Mutterkornalkaloid), gehört zu den Halluzinogenen und ist normalerweise eine weiße, kristalline Substanz (Strukturformel – Abbildung 12a). Zur Dosierung wird LSD in Wasser gelöst und anschließend auf kleinen, mit bunten Symbolen bedruckten Löschpapierschnipseln (Pappe) oder Filzplättchen getropft, aber auch in Gelatineecken (Mikros) imprägniert (Abbildung 12b). LSD ist eines der stärksten bekannten Halluzinogene. Es ruft schon in sehr geringen Dosen lang andauernde pseudohalluzinogene Wirkungen hervor. Der Chemiker Albert Hofmann stellte am 16. November 1938 erstmals im Rahmen seiner Forschung zum Mutterkorn Lysergsäurediethylamid her. Am 16. April 1943 entschied sich Hofmann, mögliche Wirkungen von LSD zu prüfen; er vermutete, bei den ersten Versuchen etwas übersehen zu haben. Bei seinen Arbeiten mit LSD bemerkte Hofmann an sich selbst eine halluzinogene Wirkung, die er zunächst nicht erklären konnte. So vermutete er, LSD sei durch unsauberes Arbeiten durch die Haut von seinem Körper aufgenommen worden. Er wiederholte dieses Erlebnis am 19. April 1943 durch die Einnahme von 250 Mikrogramm LSD. Verglichen mit der Wirksamkeit der damals bekannten Mutterkornalkaloide entsprach das der kleinsten Menge, bei der man noch eine Wirkung hätte erwarten können. Es stellte sich jedoch heraus, dass diese Menge bereits dem zehnfachen der normal wirksamen Dosis (ab ca. 20 µg) von Lysergsäurediethylamid entsprach. LSD wurde unter dem Handelsnamen Delysid® vom Pharmahersteller Sandoz zur psychiatrischen Behandlung und zu Forschungszwecken bereitgestellt. Erst in den 1980er Jahren gewann LSD als Partydroge in der Technoszene wieder an Beliebtheit. Nachdem der illegale Konsum nach Schätzungen der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Anfang des letzten Jahrzehnts zurückgegangen war, ist seit 2008 wieder ein leichter Anstieg bei den Erstkonsumenten zu vermerken (Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 2009). Ähnliches wird aus den USA berichtet (http://www.drugabuse.gov/infofacts/hallucinogens.html). LSD ist sehr hoch konzentriert und wird aus diesem Grund in Flüssigkeit gelöst und anschließend auf kleine Löschpapier- oder Filzplättchen getropft. Auf jedem Plättchen sind ca. 20 bis 100 µg LSD enthalten. LSD wirkt nach einer halben bis einer Stunde, sehr lange (sechs bis zwölf Stunden) und ist schlecht steuerbar (Halbwertszeit ca. drei Stunden)!

Das psychoaktive unter den vier möglichen Stereoisomeren wirkt als Partialagonist mit großer Affinität am 5-HT2A-Rezeptor, an dem alle klassischen Halluzinogene anbinden. Im Gegensatz zum Meskalin und Psilocin wirkt LSD zusätzlich direkt am D2-Rezeptor. LSD greift massiv in das Empfinden ein (vgl. Abbildung 12 c). Das Zeitgefühl ist verlangsamt und die Grenzen zwischen der eigenen Person und anderen wird als gelockert bis aufgelöst beschrieben. Das Selbstwertgefühl ist extrem hoch. Gleichgewichtsstörungen und Gangstörungen sind nach ca. einer halben bis einer Stunde präsent. Normalerweise ist dem Konsumenten während des Rausches bewusst, dass die Sinnestäuschungen von der Droge ausgelöst werden. Vielleicht nur wegen einer Kleinigkeit können plötzliche Angstgefühle und Panik ausbrechen. Manchmal ist es dann unmöglich, Wirklichkeit und Rausch auseinanderzuhalten. Die Konsumenten berichten dann von verzerrten furchteinflößenden Bildern während des Rausches, einem massiven und beängstigenden Eingreifen ins Zeitempfinden, kurzzeitig und abrupten Änderungen der Gefühlslage und körperlichem Unwohlsein.30 Die Effekte sind streng dosisabhängig: psychische Wirkung – bis ca.100 µg Euphorie, visuelle Pseudohalluzinationen, Verzerrungen von Gesichtern und Gegenständen; bis ca. 200 µg Aufhebung des Raum-Zeit-Gefühls, aufgelockertes assoziatives Denken (mystisch, religiös); ab ca. 200–300 mg Halluzinationen (phantastische Szenen, Landschaften oder filmähnliche Erlebnisse) teilweise als wundervoll, teilweise als erschreckend erlebt, Synästhesien, Wechsel zwischen Euphorie und Dysphorie; über 300 µg ich-auflösende und „kosmisch“ empfundene Halluzinationen, Verfolgungs- und Beeinträchtigungswahn, Größenwahn). Unfälle durch Fehlreaktionen auf nicht als solche erkannte Sinnestäuschungen und Halluzinationen sind möglich. Im Extremfall kann es zu selbstzerstörerischen Handlungen kommen, z. B. weil man glaubt, man könne fliegen. Nach Abklingen der Wirkung sind noch einige Tage Nachwirkungen, wie zum Beispiel Übelkeit, Müdigkeit, Flashbacks zu bemerken. Auch bei einmaliger Anwendung kann die Leistungsfähigkeit des Konsumenten längerfristig gestört werden.35 Auch ist eine Abwendung von der realen Welt zu beobachten, die bis hin zu starken Psychosen führen kann. Bei mehrmaligem Gebrauch innerhalb weniger Tage entwickelt sich schnell eine Toleranz gegenüber der Substanz. Eine körperliche Abhängigkeit ist nicht bekannt. Psychische Abhängigkeit ist selten und äußert sich in innerer und äußerer motorischer Unruhe, manchmal auch Ängstlichkeit. LSD lässt sich etwa ein bis vier Tage nach der Einnahme im Urin nachweisen.

Dimethyltryptamin (DMT) ist ein halluzinoges Tryptamin-Alkaloid, welches in etlichen Pflanzen, sowohl in den Hautdrüsensekreten der Aga-Kröte als auch in Spuren im Menschen und in Säugetieren zu finden ist. In hohen Dosen geraucht oder injiziert, ist es eines der stärksten bekannten Halluzinogene. Ein Effekt bei oraler Aufnahme wird nur erreicht bei gleichzeitiger bzw. vorheriger Einnahme von Monoaminooxydase-Hemmern (MAO-hemmende beta-Carboline vorkommend in verschiedenen Pflanzen; alternativ synthetische MAO-Hemmer aus der Apotheke = „Pharmahuasca“), da DMT sehr rasch (First-Pass-Effekt) von der körpereigenen Monoaminooxydase abgebaut wird.10 DMT wirkt als Agonist am 5-HT2A-Rezeptorund tritt auch mit dem 5-HT2C-Rezeptor in Wechselwirkung. Im Gegensatz zu strukturell verwandten Halluzinogenen LSD, Psilocin und Meskalin bildet DMT keine Toleranz aus, der Grund dafür ist unklar. Dies wäre jedoch ein weiteres Indiz dafür, dass es als endogener Neurotransmitter eine wichtige Rolle spielt und aus diesem Grund auch nicht zur Ausbildung einer Toleranz führt.39 DMT ist der Hauptwirkstoff von Ayahuasca, einem kultisch verwendeten Trank südamerikanischer Indios. Die Anwendungsarten: Rauchen, intramuskulär, oral (Business Man‘s LSD) in Form von Pulver, Kristallen und Pflanzenteilen. Die Wirkung ist LSD-ähnlich, meist verbunden mit Übelkeit, Erbrechen und Dämpfung der Aktivität bis hin zum Einschlafen.

Psilocin ist ein Indolalkaloid und zählt zu den Tryptaminen.30,40 Es ist das Hydrolyseprodukt des Psilocybins und ist als solches die eigentlich psychoaktive Form. Daneben kommt es aber auch selbst als Alkaloid vor. Die freie Base zerfällt spontan an der Luft. Die Folgen eines Konsums ähneln einem LSD-Rausch, sind jedoch in der Regel kürzer. Psilocin ist ein partieller Agonist am 5-HT2A-Rezeptor und gehört somit zu den klassischen Halluzinogenen. Sein Bindungprofil (soweit es bekannt ist) ist weniger komplex als das von LSD. Die Bindung von Psilocin am 5-HT2C-Rezeptor ist wahrscheinlich für Nebeneffekte verantwortlich (z. B. auf den Blutzuckerspiegel). Die beiden Verbindungen sind als Wirkstoffe in den sog. „Magic Mushrooms“ enthalten. Psilocybinhaltige Pilze sind weltweit verbreitet, die meisten finden sich in der Gattung der Kahlköpfe (Psilocybe). Insgesamt sind über 180 Arten bekannt. Besonders verbreitet in Mitteleuropa ist der Spitzkeglige Kahlkopf (Psilocybe semilanceata), der häufig auf gedüngten Weiden anzutreffen ist. Zum Kauf (legal oder illegal) werden oft Kubanische Kahlköpfe (Abbildung 13d) angeboten. Im Spätsommer und Herbst wächst in Deutschland und den Nachbarländern oftmals der Spitzkeglige Kahlkopf (Abbildung 13c) auf natürlich gedüngten Weiden. Jedoch breitete sich der Blauende Kahlkopf (Abbildung 13e) auf Holzresten in den letzten 15 Jahren stark aus und ist lokal in Massen zu finden, wie z. B. in Mitteldeutschland. Ihre starke Blauverfärbung bei Druck und im Alter ist für den Pilz sehr charakteristisch und sonst in Europa nur noch bei den Röhrlingen zu finden, die jedoch nicht psychoaktiv sind.

Die Wirkung der Pilze ähnelt jener von LSD, ist aber von kürzerer Dauer. Generell ist eine Veränderung der Wahrnehmung und des Bewusstseins zu beobachten. Wie bei vielen psychedelischen Drogen sind die Effekte sehr individuell und können bei unterschiedlichen Konsumenten unterschiedlichste Effekte hervorrufen. Set und Setting sowie Dosis sind von entscheidender Bedeutung. Die Wirkung tritt etwa 10–120 Minuten nach der Einnahme auf, erreicht ihren Höhepunkt nach eineinhalb bis drei Stunden und dauert etwa drei bis acht Stunden. In seltenen Fällen kann die Wirkung länger andauern, durch die Veränderung der Zeitwahrnehmung kann sie länger erscheinen. Es finden je nach Dosis neben einer erhöhten Perzeption mehr oder minder ausgeprägte Veränderungen im Seh-, Hör- und Tastsinn statt. Man erfährt eine verstärkte Wahrnehmung von Farben und Kontrasten, eine verstärkte Sehschärfe, Lichter werden außergewöhnlich empfunden. Oberflächen erscheinen, als würden sie sich kräuseln, schimmern oder atmen. Es finden komplexe „Closed Eye Visuals“ und „Open Eye Visuals“ von Gegenständen oder Bildern statt. Objekte verziehen, verwandeln sich oder ändern ihre Farbe. Ein Gefühl des Verschmelzens mit der Umwelt kann eintreten. Geräusche werden klarer gehört, Musik kann an Rhythmus und Tiefe gewinnen. Teilweise wird von Synästhesien berichtet, Töne zu sehen, Farben zu schmecken u. a. Der Konsum dieser Pilze (meistens in getrockneter Form, wegen des etwas unangenehmen Geschmacks in Kakao) erlebt gegenwärtig eine erneute Popularitätswelle. Grund dafür scheint die im Vergleich zum LSD „sanftere“ Wirkung zu sein. Auch nach Abklingen des Rausches bestehen verminderte Konzentrationsfähigkeit, verzögerte Reaktionsbereitschaft und verminderte Konzentration sowie erhöhte Ablenkbarkeit noch für viele Stunden fort. Psilocybin wird überwiegend hepatisch zu Indolessigsäurederivaten metabolisiert und dann renal ausgeschieden.30 Der Nachweis im Urin ist für ein bis drei Tage nach dem letzten Konsum möglich.

Bufotenin (von Bufo-Kröte) ist ein halluzinoges Tryptamin-Alkaloid. Bufotenin ist ein Isomer des Psilocin. Die Wirkung ist daher sehr psilocinähnlich. Optische Halluzinationen wie Lichtblitze treten zusammen mit Schwindelgefühlen, Bluthochdruck und Verwirrungszuständen auf. Auch Brechreiz und Tachykardie sind möglich. Die halluzinogene Wirkung galt lange Zeit als umstritten. Erste Hinweise wurden in den 1950er Jahren gefunden. Versuche am Menschen in den folgenden Jahrzehnten ergaben kein einheitliches Bild. Da die Droge auch psychisch Kranken und Inhaftierten gegen ihren Willen verabreicht wurde, dürfte das Setting in diesen Fällen eher ungünstig gewesen sein. Dagegen finden sich zahlreiche Berichte über eine kultische Nutzung. Bufotenin findet sich in der Natur in verschiedenen Pflanzen (und ist eine der wenigen psychoaktiven Drogen, die auch aus Tieren gewonnen wird). Daneben wurde die Substanz in geringen Mengen im menschlichen Urin nachgewiesen und scheint ein normales Abbauprodukt des menschlichen Stoffwechsels zu sein. Bufotenin findet sich im Hautsekret verschiedener Kröten. Bekannt ist vor allem die Aga-Kröte (Bufo marinus). Aus Australien ist in den 1990ern öfter über den neu aufgekommenen Brauch des Krötenleckens berichtet worden. Dabei wird durch Massieren der Kröte das giftige Sekret abgesondert und anschließend aufgeleckt.41 Der orale Konsum des Sekrets ist nicht ungefährlich, da neben Bufotenin unter anderem Herzgifte wie Bufotoxin enthalten sind. Ihre Wirkung gleicht den Digitalisglykosiden. Um die Giftwirkung zu umgehen, wird das Krötensekret geraucht. Während die giftigen Bestandteile des Sekrets dabei angeblich zerstört werden, soll das chemisch sehr stabile Bufotenin erhalten bleiben.10 Im Hautsekret der Colorado-River-Kröte (Bufo alvarius) findet sich überwiegend 5-Methoxy-N,N-dimethyl-tryptamin (5-Meo-DMT), ein natürlicher Neurotransmitter im menschlichen Nervensystem. Wird es geraucht, tritt die Wirkung blitzartig ein, ist äußerst extrem und dauert nur zehn Minuten. 5-MeO-DMT ist dem Bufotenin strukturell sehr ähnlich.10 Es wird auch in vielen verschiedenen Pflanzenarten gefunden und wie DMT seit Tausenden von Jahren von den südamerikanischen Schamanen als Entheogen benutzt. 5-MeO-DMT wurde das erste Mal 1936 synthetisiert. 1959 wurde es als eine der psychoaktiven Bestandteile in den Samen von Anadenanthera peregrina, die im Yopo-Schnupftabak enthalten sind, isoliert. Es kommt in vielen Organismen vor, die Bufotein (5-hydrox-DMT) enthalten, und ist das O-methyl-Analogon dieser Substanz. Der Nachweis des Konsums dürfte schwierig sein, da die Halbwertszeit ausgesprochen kurz ist.

Teil 1 dieses Artikel ist in ErgoMed / Prakt. Arb.med. 5/2011 erschienen. Teil III (inkl. Literaturverzeichnis) erscheint in der nächsten Ausgabe.

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