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Anregung zur Diskussion

Die Themenfelder „Psychische Belastung und Beanspruchung in der Arbeitswelt“ und „Arbeit und psychische Gesundheit“ sind bei weitem nicht neu. Die Arbeitsforschung beschäftigt sich mit ihnen seit nunmehr fast 100 Jahren, wie ein Blick in die Geschichte der Arbeitsforschung zeigt.

In einem vor kurzem veröffentlichten Artikel schreibt Nachreiner: „Dass man sich im Kontext des Wandels der Arbeitsbedingungen von körperlich zu psychisch belastenden Arbeitstätigkeiten dringend um Fragen der psychischen Belastung, Beanspruchung und ihrer Folgen für den arbeitenden Menschen kümmern müsse, kann man bereits der Denkschrift Max Rubners aus dem Jahre 1912 zur Gründung eines Kaiser-Wilhelm-Instituts für Arbeitsphysiologie, des späteren Max-Planck-Instituts für Arbeitsphysiologie in Dortmund, entnehmen.“

In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts haben Rohmert und Rutenfranz das bis heute in der Arbeitswissenschaft gültige Belastungs-Beanspruchungskonzept entwickelt, das Basis vieler Forschungsarbeiten war. Und mit dem amerikanischen Psychologen Lazarus, der die bisher umfassendste und empirisch am gründlichsten fundierte Theorie der Bedingungen, Verarbeitungsfolgen und Formen psychischen Stresses formuliert hat, wurde die Erforschung der Grundlagen und Auswirkungen von Stress eingeleitet.

Nach einer Phase breit angelegter Forschung und Entwicklung zu den Fragestellungen der psychischen Belastung und Beanspruchung haben sich die Akteure des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vorübergehend anderen, aktuell wohl als wichtiger angesehenen Themen zugewandt, um sich jetzt in einer nie dagewesenen Breite und Tiefe wieder dem Themenkomplex der psychischen Belastung und Beanspruchung/der psychischen Gesundheit zuzuwenden.

Zwar steht außer Frage, dass vor dem Hintergrund einer globalisierten Welt auch die Komplexität der Arbeitsaufgaben immer mehr zunimmt und gleichzeitig die Arbeitszyklen immer dynamischer werden. Die hiermit einhergehenden Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Beschäftigten verdienen allerdings eine sachliche Betrachtungsweise auf der Basis vorliegender, durch Wissenschaft und Normen eindeutig belegter Begrifflichkeiten, und unter Nutzung vorhandener Erkenntnisse.

Die verschiedenen Beiträge in diesem Heft möchten hierzu einen Beitrag leisten und die Aktivitäten der verschiedenen Akteure/Organisationen aufzeigen.

In seinem Beitrag zur Frage, was psychische Belastung und psychische Beanspruchung eigentlich ist und wie man sie erfassen kann, gibt Nachreiner eine theoretische, aber gut verständliche Einführung ins Thema und warnt vor einer „vulgärpsychologischen, u.U. gefährlichen Uminterpretation eines wissenschaftlich seriösen, höchst relevanten Konstruktes“.

Seiler/Splittgerber analysieren in ihrem Beitrag die Handlungsmöglichkeiten des staatlichen Arbeitsschutzes hinsichtlich dysfunktionaler psychischer und psychosozialer Faktoren der Arbeitswelt, und Breutmann gibt eine Situationsbeschreibung zur psychischen Gesundheit im Betrieb aus Unternehmenssicht. Willingstorfer stellt eine Handlungsanleitung zur Mitarbeiterbeteiligung im Kleinbetrieb vor und Hacker spannt den Bogen zu Präventionsmöglichkeiten in interaktiven Dienstleistungstätigkeiten. Zwar sind inzwischen etwa 75 % der arbeitenden Bevölkerung im Dienstleistungsbereich beschäftigt, aber erst allmählich gewinnt die Dienstleistungsarbeit bei den Akteuren des Arbeits- und Gesundheitsschutzes an Bedeutung.

Es ist zu wünschen, dass diese Beiträge zu einer regen Diskussion anregen. Entsprechend der Breite und Vielfalt dieses Themas werden in den folgenden Heften weitere Beiträge veröffentlicht.

Ilona Kopp

Projektträger im DLR

Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen

Heinrich-Konen-Straße 1

53227 Bonn

Ilona.kopp@dlr.de

www.pt-dlr.de/pt/ad

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