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Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen in Klein- und Kleinstbetrieben

Bestandsaufnahme

Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen in Klein- und Kleinstbetrieben

In mittelständischen und besonders in großen Betrieben ist die Gefährdungsbeurteilung als Basis des Arbeitsschutzes längst etabliert. Sie verfügen in der Regel über eine entsprechende Organisation, um den Anforderungen des Arbeitsschutzes gerecht werden zu können. Anders sieht die Situation in Klein- und Kleinstbetrieben aus.

Zwanzig Jahre Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind ein Grund, um das „Grundgesetz des Arbeitsschutzes“ gebührend zu feiern. Die Unfallzahlen sind deutlich rückläufig. Dies ist unter anderem auch auf die Pflicht zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen zurückzuführen.

Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung
„Ohne Gefährdungsbeurteilung kein vernünftiger Arbeitsschutz“: So oder ähnlich fällt – zu Recht – das Urteil von Fachleuten aus. Die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilungen in den Betrieben soll im Folgenden mit dem besonderen Augenmerk auf kleinste und kleine Unternehmen genauer betrachtet werden. Bei Großunternehmen ist davon auszugehen, dass fast alle Betriebe Gefährdungsbeurteilungen durchführen und diese auch dokumentieren. Im Rahmen seiner eigenen Tätigkeiten hat der Autor immer wieder Kontakt zu großen Unternehmen, die in der Regel stolz darauf sind, dass sie eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt haben – und vor allem darauf, wie diese durchgeführt wurde. Gleiches gilt auch für viele mittelständische Unternehmen. Insofern stimmt die eigene Beobachtung mit den Daten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchaus überein (Beck und Lenhardt, 2009).

In Klein- und Kleinstbetrieben sieht die Situation ganz anders aus. Häufig wird weder die Notwendigkeit eingesehen, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen oder durchführen zu lassen, noch ist genügend Fachwissen vorhanden, sie durchführen zu können. Entsprechend gering ist auch die Umsetzung bei diesen Unternehmen. Nach verschiedenen Erhebungen – beispielsweise der Berufsgenossenschaften und der DGUV sowie im Abschlussbericht zur Dachevaluation 2014 der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) – haben nur rund 56 Prozent der Kleinst- und Kleinbetriebe eine Gefährdungsbeurteilung gemacht. Je kleiner das Unternehmen, desto unwahrscheinlicher ist die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung.

Unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens zählen zu den Kleinstbetrieben alle Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten. Kleinbetriebe sind Betriebe mit mehr als zehn und nicht mehr als 50 Beschäftigten. Dazu gehören beispielsweise viele Rechtsanwaltskanzleien, Arztpraxen, Krankengymnastik-Praxen, Architekturbüros, Ingenieurbüros (auch viele überbetriebliche sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Dienste!), Handwerker, Einzelhandelsgeschäfte oder Internetfirmen, um nur einige wenige Branchen zu nennen. Aber diese stellen mit insgesamt etwa 2,2 Millionen Unternehmen (96 Prozent) den Großteil aller Unternehmen in Deutschland. Sie beschäftigten rund 11 Millionen Menschen, was einem Anteil von gut 40 Prozent aller Beschäftigten entspricht. Daraus folgt, dass es also für rund ein Fünftel der Beschäftigten keine Gefährdungsbeurteilung und keine sich daraus ableitenden Maßnahmen wie Betriebsanweisungen, Unterweisungen oder sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung gibt. Auch der Benchmark im Rahmen des OrgaChecks der GDA zeigt insbesondere für Kleinst- und Kleinbetriebe erhebliche Defizite in der Organisation und Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen. Diese Zahlen sind zwanzig Jahre nach Inkrafttreten des ArbSchG alarmierend, vor allem unter dem Aspekt, dass auch nicht in allen mittelständischen und großen Unternehmen Gefährdungsbeurteilungen vorliegen. Die Fragen, die sich nun unmittelbar stellen, sind:

Michael Kloth

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