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Statement von Prof. Dr. Max Geraedts

Patienten verlassen sich darauf, dass sie im Krankenhaus sicher behandelt werden. Sie erwarten also, dass die Patientensicherheit für alle Beteiligten eine große Rolle spielt. Davon kann im Allgemeinen auch ausgegangen werden.

Dennoch ist die Tatsache nicht zu verleugnen, dass eine Krankenhausbehandlung nicht nur Gutes bewirken, sondern auch ein Risiko für Patienten bedeuten kann. Jeder kennt Berichte über kaum nachzuvollziehende Behandlungsfehler. Die Frage ist immer, ob es sich um Ausnahmen handelt oder um die Spitze eines Eisbergs und ob diese Fehler vermeidbar waren. Für Patienten und Krankenhäuser lässt sich die immense Bedeutung der Patientensicherheit an einigen Zahlen veranschaulichen: In Deutschland finden pro Jahr rund 19 Millionen Krankenhausbehandlungen statt, bei denen rund 50 Millionen oftmals komplizierte Prozeduren an immer älteren Patienten durchgeführt werden. Häufig sind daran verschiedene Akteure beteiligt, was typischerweise das Fehlerrisiko erhöht.

Gemäß den bekannten Analysen des Aktionsbündnisses Patientensicherheit und des Sachverständigenrates von 2007 müssen wir nach wie vor davon ausgehen, dass bei fünf bis zehn Prozent aller Krankenhausbehandlungen ein unerwünschtes Ereignis stattfindet. Das kann eine allergische Reaktion auf ein Medikament sein, die Entzündung einer Operationswunde oder schlimmstenfalls ein Todesfall, der nicht durch die Krankheit selber, sondern durch deren Behandlung verursacht wurde.

Knapp die Hälfte dieser unerwünschten Ereignisse gilt als vermeidbar. Vermeidbar sind auf jeden Fall solche Ereignisse, denen ein Fehler zugrunde liegt, wenn also die korrekte Behandlung nicht oder falsch durchgeführt wurde. Wenn ein Patient, der eine Medikamentenallergie erleidet, von dieser Allergie wusste, man den Patienten aber nicht nach Medikamentenallergien befragt hat, dann wäre das so ein vermeidbarer Fehler.

Fehler kommen mit einer Häufigkeit von rund einem Prozent aller Krankenhausfälle vor und tödliche Fehler mit einer Häufigkeit von rund einem Promille. Ein Fall von 1.000 bedeutet auf dem heutigenVersorgungsniveau rund 19.000 Todesfälle in deutschen Krankenhäusern pro Jahr auf der Basis von Fehlern – das sind fünfmal so viele Todesfälle wie im Straßenverkehr.

Für Krankenhäuser lohnt es sich also, zum Wohle der Patienten in die Patientensicherheit und Vermeidung von Fehlern zu investieren.

Im Krankenhaus-Report 2014 werden wichtige Ursachen für Gefährdungen der Patientensicherheit und für Fehler angesprochen und einige erfolgreiche Abhilfemaßnahmen dargestellt. Thematisiert werden beispielsweise unerwünschte Arzneimittelereignisse, Hygienemängel und die wenig geregelte Einführung medizinischer Innovationen.

Unerwünschte Arzneimittelereignisse sind beispielsweise mit elektronischen Verschreibungssystemen vermeidbar. Trainingskonzepte, zum Beispiel für Notfallsituationen in der Geburtshilfe, können helfen, Abläufe zu optimieren und im Krisenfall Fehler zu verhindern. Hier kann man von anderen Branchen wie der Luftfahrtindustrie lernen.

Krankenhausinfektionen, die jährlich rund vier Prozent der Patienten erleiden, lassen sich durch gute Hygienemaßnahmen eher vermeiden. Es bleibt zum Beispiel wesentlich, im Behandlungsalltag auf ausreichende Händedesinfektion zu drängen. Eine Zielmarge von 80 Prozent wird heute von den deutschen Krankenhäusern noch nicht durchgängig erreicht, sie liegt bei einigen Krankenhäusern bei gerade einmal 50 Prozent.

Bei der Einführung neuer Medizinprodukte oder neuer Behandlungsverfahren lassen sich mit Registern wichtige Erkenntnisse zu Gefährdungen der Patientensicherheit gewinnen. Wege in diese Richtung, wie sie mit dem Deutschen Aortenklappenregister und dem Deutschen Endoprothesenregister eingeschlagen werden, sind sehr zu begrüßen.

Am wichtigsten scheint aber, dass die Krankenhäuser noch stärker für das Thema sensibilisiert werden, eine Fehlerkultur zu etablieren und die bereits eingeführten Fehlerberichtssysteme stärker zu nutzen, um besser aus eigenen Fehlern und den Fehlern anderer Krankenhäuser zu lernen.

Das lohnt sich nicht nur, weil Patienten dann sicherer behandelt und vermehrt gesund werden, sondern auch, weil kostenträchtige Komplikationen und die in den letzten Jahren stark steigenden Schadenersatzansprüche eingedämmt werden könnten.

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