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Voneinander lernen

Betriebliches Gesundheitsmanagement für „Große“ und „Kleine“

Voneinander lernen

Ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist bereits von vielen großen und mittelständischen Unternehmen eingeführt oder wird zumindest in Betracht gezogen. Doch vor allem kleine Betriebe schrecken noch immer vor dem Management-Begriff zurück. Dabei können die „Großen“ durchaus von den „Kleinen“ lernen.

Am Anfang stellt sich jedoch die Frage, was eigentlich hinter dem eher abstrakten Begriff des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) steckt. Unabhängig unterschiedlicher Auffassungen und Modellansätze ist ein BGM ein themenübergreifendes, strukturiertes und organisiertes System (= Managementsystem), das Antworten und Maßnahmen zu den beiden grundlegenden Fragen „Was hält gesund?“ und „Was macht krank?“ liefert. Ziel ist es, eine gesundheitsorientierte Unternehmenskultur zu entwickeln, die mit Hilfe geeigneter Maßnahmen zum einen gesunderhaltende und gesundheitsfördernde Effekte verfolgt, zum anderen aber auch krankheitsverursachende Beanspruchungsfolgen vermeiden will. Management bedeutet aber auch, dass die Führungsebene involviert wird, um einen ganzheitlichen Ansatz zu gewährleisten. Laut dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup haben Führungspersonen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Wohlbefinden und das Verhalten der Mitarbeiter. Das trifft auch im Hinblick auf gesundheitsfördernde Maßnahmen zu. Der Vorgesetzte fungiert als Role Model und sollte ein „gesundheitsförderndes“ Verhalten vorleben, von dem aus die Mitarbeiter in vielfacher Hinsicht profitieren und partizipieren können.

Zur Notwendigkeit eines betrieblichen Gesundheitsmanagements
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte der russische Wirtschaftswissenschaftler Nikolai Kontratjew, dass zwei zentrale Themen von Bedeutung sein werden. Mit seiner Theorie der sogenannten „langen Wellen“ prognostizierte er, welche Antriebsmotoren in Zukunft für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung zuständig sein werden. Wir befinden uns aktuell im 6. und letzten Kontratieff-Zyklus, bei dem die Themen „(psycho-soziale) Gesundheit“ und „Umstrukturierung von Informationen“ im Fokus stehen. Ein Antriebsmotor unserer aktuellen Wirtschaft und Gesellschaft ist also die Gesundheit des Menschen, sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht. Diese spiegeln sich auch in den derzeitigen Gesundheitsberichten der Krankenkassen wider. Vor diesem Hintergrund wird ein betriebliches Gesundheitsmanagement immer wichtiger, ob für die „Kleinen“ oder für die „Großen“ Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem BGM, einer verbesserten Gesundheit sowie einer höheren Arbeitszufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter stellt die Leitlinie DIN SPEC 91020 her, die zu dem Thema BGM richtungsweisend informiert.

Knackpunkte bei der Umsetzung
In den meisten Betrieben überwiegen weniger die Probleme im Bereich der Technik, Umgebung oder am Arbeitsplatz, sondern die im Organisations- und im sozialen Bereich. So spielen beispielsweise die Umgangsformen und die interne Kommunikation eine zentrale Rolle. Denn, um alle Mitarbeiter zu erreichen und zu informieren müssen einerseits entsprechende Werte, Leitlinien, Strukturen und Prozesse formalisiert, institutionalisiert und dokumentiert werden, eine Art Handbuch, das auch neuen Mitarbeitern direkt eine erste Orientierung gibt. Andererseits dürfen diese Inhalte nicht nur auf dem Papier existieren, sondern müssen auch entsprechend kommuniziert und gelebt werden. Vor allem in großen Unternehmen, mit einer Vielzahl von Hierarchieebenen, besteht jedoch die Gefahr, dass aufgrund mangelnder oder nicht ausreichender Kommunikation durch alle Ebenen die Inhalte bei vielen Mitarbeitern nicht ankommen.

Ein weiterer Knackpunkt, wenn es darum geht eine gesundheitsorientierte Unternehmenskultur erfolgreich einzuführen und zu leben, ist der Führungsstil. Denn im Hinblick auf die Motivation und Begeisterung der Mitarbeiter für ein Unternehmensziel müssen Führungskräfte diese einbeziehen und „Betroffene“ zu „Beteiligte“ machen. Kleine Unternehmen haben durch oftmals flachere Hierarchien und eine kleinere Belegschaft den Vorteil, dass der Chef einen direkten und vor allem persönlichen Kontakt zu seinen Angestellten pflegt. Die interne Kommunikation stellt für kleine Unternehmen demnach weniger eine Schwierigkeit dar. Vielmehr mangelt es hier an einer sauber dokumentierten Aufbau- und Ablauforganisation, die die Verantwortlichkeiten und Aufgaben der Mitarbeiter klar regelt. Insofern können die Kleinen von den Großen lernen, wie man Prozesse und Zuständigkeiten verbindlich festlegt. Umgekehrt können die Großen von den Kleinen etwas zum Thema interne Kommunikation lernen.

Bei der Implementierung und Umsetzung eines BGM und einer damit verbundenen gesundheitsorientierten Unternehmenskultur sind solche Themen zu berücksichtigen.

Bei MSE und psychischen Belastungen liegt aktuell der Fokus
Laut den Statistiken im Rahmen der Gesundheitsreporte der deutschen Krankenkassen belegen noch immer Muskel-Skelett-Erkrankungen die vordersten Plätze. Doch in letzter Zeit nehmen die psychischen Belastungen aufgrund veränderter beruflicher Anforderungen zu. Wegen der hohen Technologisierung ist weniger der Bewegungsapparat als vielmehr der Geist gefordert. Oft werden ein zu hoher Zeitdruck und eine Arbeitsverdichtung beklagt, aber auch der Trend ständig erreichbar/verfügbar zu sein hinterlässt Spuren. Die Veränderung der Arbeitswelt wirkt sich auf die private Lebenssituation aus, aber auch umgekehrt. Wer mit privaten Problemen zu kämpfen hat, nimmt diese mit zur Arbeit. Eine klare Trennung zwischen beruflichen und privaten Belastungen und Beanspruchungsfolgen ist nicht möglich. Durch z. B. den Einsatz eines internen oder externen Sozialberaters erhalten Mitarbeiter in größeren Unternehmen daher die Möglichkeit ihre Probleme auszusprechen. Unternehmer und Führungskräfte bleiben hier meist außen vor. Dagegen werden in kleineren Unternehmen die Probleme eher offen gegenüber dem Arbeitgeber angesprochen. Und es werden gemeinsam Lösungen gesucht. Auch hier haben kleine Unternehmen wieder den Vorteil, dass diese zumeist von Natur aus über einen persönlicheren Umgang zwischen den Mitarbeitern, aber auch zwischen Mitarbeitern und Führungsperson verfügen. Kleinere Unternehmen leisten daher bereits im Unwissen einen Beitrag zum eigenen betrieblichen Gesundheitsmanagement.

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