Sonstiges

Erfolgreiche Umsetzung des Arbeitsschutzes durch bewährte, verhaltensorientierte Ansätze im Unternehmen

Zusammenfassung
Kommunikation ist die Basis zur Analyse von Sicherheitsmängeln in einem Unternehmen. Strukturierte Befragungsmethoden hinsichtlich der Unsicherheitsfaktoren bilden das Fundament einer stabilen Zusammenarbeit zwischen Führungsebene und Mitarbeitern. Qualität der Produktion basiert auf Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten im Unternehmen.
Schlüsselwörter: Sicherheitskultur “€“ Verhalten “€“ Kulturveränderung

Abstract
Analysis of deficiencies in occupational safety is based on communication. Structured interviews regarding risk factors are fundamental for a stable cooperation of management and employees. Production quality relies on all members of the company being aware of their individual responsibility
Keywords: Culture of safety “€“ behaviour “€“ change of culture

Definition “€žVerhalten”€œ
Die konkrete, dauerhaft erfolgreiche Umsetzung des betrieblichen Arbeitsschutzes ist im Kern eine Auseinandersetzung mit menschlichem Verhalten. Die Methodik des Arbeitsschutzes gleicht einer Schwarz-Weiߟ-Malerei:
Es gibt nur sicheres und unsicheres Verhalten. Beim Schutz menschlichen Lebens und der Gesundheit gibt es keinen “€žgoldenen Mittelweg”€œ. Medien berichten immer häufiger von den Höhen und Tiefen solcher Entwicklungen, sei es im positiven, sozialen Engagement oder als psychopathische Persönlichkeit. Bewusstes Verhalten heiߟt: der Mensch kann sein Verhalten reflektieren, steht im Austausch mit seiner Umwelt und verhält sich zu ihr.
In der Psychologie des Verhaltens wird zwischen Handlung und Tätigkeit unterschieden. Zielgerichtete Verhaltensweisen stellen Handlungen dar. Diese haben eine bestimmte Absicht und ein Ziel, werden bewusst gemacht und sind für den Handelnden von Bedeutung “€“ sie sind persönlichkeitsbestimmt. Ferner kennzeichnen Handlungen Komplexität und auf eine bestimmte Situation gerichtete Aktivität. Zusammenhängende Handlungen werden als Tätigkeit bezeichnet. Zudem gibt es ein äuߟeres Verhalten und ein inneres Verhalten: Das äuߟere Verhalten umfasst die Palette vom Muskelzucken bis zum Singen, Hämmern oder Sprechen. Das innere Verhalten deckt den Bereich von Erleben, Fühlen, Denken und Willensentscheidungen ab. Leben bedeutet tätig sein.

Definition “€žSorglosigkeit”€œ
Die Theorie von Frey & Schulz-Hardt definiert Sorglosigkeit als so genannte kognitiv-affektive Monopolhypothese. Das heiߟt: Verhalten bestimmt demzufolge der Hintergedanke: “€žEs ist alles in Ordnung und es wird alles selbstverständlich in Ordnung bleiben”€œ. Kurzum, man muss sich keine Gedanken über die Zukunft machen, da in der Vergangenheit durch Tun oder Nichtstun stets die erwünschten Konsequenzen erfolgten.
Monopolhypothese bedeutet “€“ der Mensch macht die Erfahrung, dass ohne groߟe Anstrengung Erfolge und angenehme Zustände erzielt werden. Fazit: Ohne eigene Anstrengung entwickelt sich alles zum Guten. Die zweite Lernerfahrung, die zur Sorglosigkeit führt, ist riskantes Verhalten ohne negative Konsequenzen, so z. B. Fahren unter Alkoholeinfluss, ohne in eine Verkehrskontrolle zu geraten. Anstelle negativer Folgen können durchaus positive auftreten, z. B. Anerkennung in der Clique: “€žDer ist ein toller Hecht, zehn Gläser Bier und der fährt noch wie ´ne Eins.”€œ
Die individuelle Lernerfahrung kann noch durch Beobachtung sorglosen Verhaltens verstärkt werden. Menschen im sozialen Umfeld, die “€žerfolgreich sorglos”€œ sind, unterstützen die These der Sorglosigkeit. Beispielsweise riskantes Fahren. Permanent mit überhöhter Geschwindigkeit fahren wird als “€žfahrerisches Können”€œ bezeichnet, besonders, wenn der Autofahrer jahrelang unfallfrei rast. Auߟerdem kann aufkommendes Sicherheitsbewusstsein als Schwäche gedeutet werden. “€žNur Memmen gurten sich an.”€œ

Definition “€žKultur einer Gruppe”€œ
Die Kultur einer Gruppe von Menschen ist die Gesamtheit aller Handlungs- und Verhaltensweisen, Bräuche und Gedankengute, die von ihren Mitgliedern akzeptiert werden. Innerhalb der Gruppe besteht die Interaktion in der ߜbereinstimmung, dass die Mitglieder so ohne gröߟere Schwierigkeiten den gröߟtmöglichen Nutzen haben.
Eine Organisation kann über eine oder mehrere Kulturen verfügen. So, wie die Kultur einer ganzen Gesellschaft sich über einen längeren Zeitraum bildet und verändert, unterliegt auch die Kultur einer Gruppe innerhalb einer Organisation einem zeitlichen Wandel.

Das Konzept der Sicherheitskultur
Sicherheit steht vor Produktivität. Sicherheit versus Produktivität “€“ Alltag in den Unternehmen? Aufwändige Sicherheitsvorkehrungen stehen dem Zeitdruck der Produktion oft entgegen. Hier verbinden sich zwei folgenschwere Situationen: Unsicheres Verhalten, mit der Erfahrung, dass Nachlässigkeit nicht zwangsweise negative Folgen für die Gesundheit haben muss. Zeitdruck, der mit zunehmender Konkurrenz oder wirtschaftlicher Rezession “€žüberflüssige”€œ Sicherheitsvorkehrungen als Luxus erscheinen lässt. Daneben die Kluft zwischen den “€žHerrschaften da oben”€œ im Anzug und den “€žAusgebeuteten da unten”€œ im Blaumann; die Kluft zwischen “€žDifferenzierter Prozesskalkulation”€œ und “€žMaterialnachschub aus der Nachtschicht”€œ.
Mitarbeiter, die sich mit dem Produkt ihrer Arbeit identifizieren können, stehen letztendlich auch hinter dem Produkt und sind auf eine optimale Verarbeitung oder Herstellung konzentriert. Unternehmen und Beschäftigte sollten im Idealfall eine ganzheitliche Disziplin bilden. Nur wenn das “€žkleinste Rad im Getriebe”€œ ernst genommen und seine Wichtigkeit im Gesamtgefüge unterstrichen wird, kann so die “€žProduktionsmaschine”€œ als solche effektiv erfolgreich sein. Qualität spiegelt sich in der Sorgfalt der Produktion wider, oder andersherum “€“ nur die Sorge um die Unversehrtheit der Mitarbeiter spiegelt ein wirkliches Interesse am Menschen wider.
Arbeitsschutz manifestiert sich in der bilateralen Ebene. Die bilaterale Ebene ist der Austausch zwischen der obersten Führungsebene, bzw. den Führungskräften in der Produktion und den Beschäftigten. Dabei ist es wichtig, dass eine auf Vertrauen basierende Beziehung zwischen Führungskräften und Beschäftigten eingegangen wird, da beiderseitige Offenheit maߟgeblich die Zusammenarbeit bestimmt.
Zudem spiegelt die Sicherheitskultur eines Unternehmens gleichzeitig die Gesamt-Kultur in der Organisation wider. Sicherheitskultur steht sowohl stellvertretend für den unschätzbaren Wert menschlichen Lebens und dessen Schutz als auch für Kommunikation, die neben Informationsaustausch eine Verantwortung für den Menschen einschlieߟt. Führungskräfte, besonders der obersten Ebene müssen daher jederzeit “€žgreifbar”€œ sein, insbesondere bei Beinaheunfällen, besorgniserregenden Vorfällen und Risikoanalysen. Ziel ist eine geschärfte, aber auch qualifizierte Beobachtung, die auf risikoreiche Verhaltensweisen fokussiert ist.
Hinzu kommt eine ständige Verbesserung der “€žalten Situation”€œ, die folgende Merkmale aufweist:
“€¢ Messung und Bestätigung von Leistungen, die durch Indikatoren aufgezeigt werden
“€¢ ein ߜberprüfungsprozess, der flexibel auf Anregungen und Neuerungen auߟerhalb einer Organisation reagieren kann
“€¢ eine dynamische Sicherheitskultur, die fortlaufend ihre eigenen Methoden und Strukturen verbessert
“€¢ Gerechtigkeit: Fehler einer Kultur, Fehler einzelner werden akzeptiert und die Menschen auf gerechte Weise für ihr Handeln verantwortlich gemacht
“€¢ Motivieren und Feiern vorbildlicher Leistungen

Bewertungsprozess von Sicherheitskultur
Sicherheitskultur kann nicht “€žaus dem Bauch heraus”€œ entstehen oder auf dem gesunden Menschenverstand basieren, sondern wird mit einem aus dem angelsächsischen Raum stammenden Analyse- und Diagnose-Prozess bewerkstelligt.
Dieser Bewertungsprozess ist zur Beseitigung etwaiger Mängel in der Sicherheitskultur eines Unternehmens konzipiert. Bei der erstmaligen Anwendung der Bewertungstechniken wird im Vorfeld der Rahmen für eine differenzierte Analyse gesteckt. Im Folgenden besteht die Möglichkeit, auf einzelne Schwachpunkte in der Umsetzung von Sicherheitsaspekten näher einzugehen. Der ߜberschaubarkeit wegen konzentrieren sich die Auswertungen jeweils auf Teilbereiche eines Unternehmens.
Schwerpunkte des Bewertungsprozesses sind strukturierte Interviewanalysen. Nach einem standardisierten System ist ein Fragenkatalog erstellt worden, der es ermöglicht, flächendeckend das Risikopotenzial einzugrenzen und Schwachstellen aufzudecken. Dieser Fragenkatalog basiert auf einer arbeitspsychologischen Befragungs- und Interviewtechnik, die die Fehlerquote bei den Antworten möglichst gering hält.
Ziel ist eine möglichst objektive Einschätzung der gesamten Arbeitsschutzsituation im Unternehmen, basierend auf der jeweiligen persönlichen, subjektiven Bewertung der gegebenen Situation. Dieser durch Ankreuzen zu bearbeitende Fragenkatalog wird ergänzt durch Interviews mit der Geschäftsleitung, den Führungskräften und Mitarbeitern. Die Interviews beruhen auf einer Eins-zu-Eins-Basis, während Interviews mit Gesprächspartnern der Mitarbeiterebene auf einer Eins-zu-Vier-Basis geführt werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht einerseits einen quantitativen Vergleich bezüglich der verschiedenen Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens, anderseits wird die qualitative Beurteilung differenzierter, da aus der Summe der einzelnen Beurteilungen die Struktur der “€žMissstände”€œ detaillierter beschrieben wird. Die Möglichkeiten für eine Behebung aller Missstände wurzelt in der Beschreibung der konkreten Missstände.

ߜbersicht über die Methodik
Die Methodik für jeden Bewertungsprozess beinhaltet:
“€¢ einen Bewertungsplan, der die Bewertungsbereiche wiedergibt, schwerpunktmäߟig die Sicherheitsmängel
“€¢ bewährte Fragestellungen, die durch Ankreuzen von jedem Beschäftigten subjektiv beantwortet werden
“€¢ Interviewbeispiele, die die analytische Vorgehensweise am besten widerspiegeln
“€¢ Führen von strukturierten Interviews mit Mitarbeitern, Führungskräften und Geschäftsleitung, um quantitative und qualitative Daten zu sammeln
“€¢ Zusammenstellen und Analysieren der Daten:
“€“ um positive und negative Aspekte einer Organisation zu identifizieren
“€“ dadurch Vergleiche der verschiedenen Perspektiven innerhalb einer
Organisation anzustellen und Kontraste sichtbar zu machen
“€“ durch diese die Kultur in eine Richtung zu lenken, die einer optimalen
Sicherheitskultur immer ähnlicher wird

Zusammenfassung, Fazit
Veränderung einer Kultur geschieht nicht von heute auf morgen. Dies zeigen vor allem die Erfahrungen in namhaften deutschen Unternehmen, die sich bereits mit diesem beschriebenen Konzept eingehend befasst haben.
Sicherheitsbewusstsein und sicheres Verhalten müssen sich langsam in den Köpfen, aber ganz besonders auch in den Herzen aller Mitarbeiter entwickeln. Daher sollte der Bewertungsprozess zu einer wertvollen Empfehlung werden, der sich auch in der Praxis in einem umsetzbaren Maߟnahmenplan wieder findet. Praxisorientiert arbeiten heiߟt, Erfahrungen im Arbeitsschutz und in der Arbeitspsychologie zu besitzen, somit die Komplexität einer Kultur zu überblicken. Praxisorientiert arbeiten heiߟt auch, ein soziales Miteinander auf allen Ebenen eines Unternehmens zu unterstützen.

Anschrift des Verfassers
Gerhard Heinze
“€žMit Sicherheit ans Ziel!”€œ
Beratung “€“ Coaching “€“ Seminare
Kantstraߟe 24
D-51570 Windeck
Tel.: ++49(0)22 92 68 06 91
Fax: ++49(0)22 92 68 06 92
E-Mail: info@GerhardHeinze.de
Internet: www.Gerhardheinze.de

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