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… one more thing: Präventionskultur

Der XX. Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in Frankfurt ist zu Ende. Rund 3.980 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 143 Ländern, darunter hochrangige Gäste aus Politik und Wirtschaft, waren zu Gast und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung war ein herausragender Gastgeber. Der Kongress war ein hochkarätiger Nährboden zur Vernetzung der Akteure von Sicherheit und Gesundheit auf internationalem Parkett. Diese globale Zusammenarbeit ist wichtig, um eine weltweite „Präventionskultur“ zu etablieren, eines der entscheidenden Themen für die Prävention in den kommenden Jahren. Guy Ryder, der Generalsekretär der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) betonte, dass rund 6.300 Menschen jeden Tag an den Folgen von Arbeitsunfällen oder arbeitsbedingten Erkrankungen sterben, Prävention also eine weltweite Bewegung werden muss. Im Mittelpunkt steht dabei der Aufbau einer Präventionskultur in den Unternehmen.

Aber was ist eigentlich Präventionskultur ?
Schein definiert Organisationskultur 1985 als „ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit Problemen weitergegeben wird.“

Der Begriff „Kultur“ im Zusammenhang mit Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ist ebenfalls nicht neu. Im Nachgang zu dem Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 wurde der Begriff „Sicherheitskultur“ erstmalig im Bericht der International Safety Advisory Group erwähnt und fand in folge dessen schnell Beachtung in der Fachwelt: „Safety Culture is that assembly of characteristics and attitudes in organization and individuals wich establishes that, as an overriding priority, nuclear plant safety issues receive the attention warranted by their significance“ (INSAG-4, 1991:4).

Lehder und Skiba definieren die „Sicherheitskultur“ 2005 als die Gesamtheit von Eigenschaften und Haltungen von Organisationen und Personen, die dafür sorgen, dass der Sicherheit mit vordringlicher Priorität hohe Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Schweer und Krummreich verstehen 2009 Präventionskultur als ein „Muster gemeinsamer Grundprägungen bzgl. gesundem Verhalten und Arbeiten, das die Mitarbeiter einer Firma erlernt haben, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt“.

So viel hat sich also seit der Definition von Edgar H. Schein 1985 gar nicht geändert. Aber manchmal sind es halt die kleinen Dinge, die den Unterschied ausmachen.

Jetzt ist es an der Zeit die Schlüsselfaktoren guter Präventionskultur in den Unternehmen zu identifizieren, einen „Index der Präventionskultur“ zu entwickeln, Möglichkeiten zu schaffen den Reifegrad der Präventionskultur in einem Unternehmen zu messen. Als Vorbild kann möglicherweise unter anderem das Reifegradmodell nach Hudson (2007) zur Bestimmung der Sicherheitskultur an ausgewählten Indikatoren dienen.

Erste Messungen von möglicherweise geeigneten Indikatoren finden sich auch im Abschlussbericht zur Dachevaluation der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie von 2014.

Kulturentwicklungsprozesse sind mit Veränderungen verbunden, die gut kommuniziert werden müssen und Emotionen hervorrufen. Diese können sowohl förderlich als auch blockierend wirken. Die Veränderungen müssen in den Werten des Unternehmens ankommen, um nachhaltig und effektiv zu sein. Nur dann können die Unternehmen Präventionskultur im Sinne eines Mehrwertes oder einer Wertschöpfung für sich nutzen. Die Präventionskultur muss ein Bestandteil nachhaltigen wirtschaftlichen Handelns in den Unternehmen werden.

Die Betriebsärzte, die Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die betrieblichen Gesundheitsmanager, die Manager für Sicherheit und Gesundheit und die Betriebssicherheitsmanager müssen als Präventionsexperten als Träger dieser Kulturentwicklungsprozesse in den Unternehmen vorangehen. Denn wie sagte Schein 2004: Eine Kultur wird durch die Menschen, aber besonders durch ihre „Helden“ (Kulturträger) gestaltet.

Dann steht vielleicht eines Tages ein Erbe von Steve Jobs auf der Bühne und sagt zu einem Präventionsexperten: „You are the one more thing …“

Silvester Siegmann

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