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Besser gut bewegt, als schlecht gesessen

Foto: zinkevych – Fotolia.com

Für viele Menschen gehört langes Sitzen zum Arbeitsalltag. Das belastet die Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch der ergonomisch beste Arbeitsplatz schafft hier wenig Abhilfe. Wichtiger sind stattdessen regelmäßige Bewegungspausen.

Bewegungsmangel ist charakteristisch für den modernen Lebensstil weiter Bevölkerungsteile. Dass das gesundheitliche Risiken birgt, steht seit Langem außer Frage: Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, sich täglich mindestens 30 Minuten lang zu bewegen, um Gesundheitsrisiken wie Muskel-Skelett-Erkrankungen oder psychischen Leiden vorzubeugen. Neuer ist die Erkenntnis, dass langes Sitzen selbst ein eigenständiger Risikofaktor ist, der unabhängig davon wirkt, wieviel sich die Menschen sonst bewegen. Das ist auch der Kerninhalt des Berichts „Wie gesund lebt Deutschland?“, den die Deutsche Krankenversicherung (DKV) im Januar 2015 veröffentlicht hat. Wer bei der Arbeit viel sitzt, kann die gesundheitlichen Belastungen auch durch Sport nicht vollständig ausgleichen. Zahlreiche Forschungsergebnisse unterstreichen das: In einer Metaanalyse von mehr als 47 Studien, wies beispielsweise das Team des kanadischen Mediziners David Alter nach, dass Sitzen das Risiko für viele Erkrankungen erhöht – und zwar unabhängig vom sonstigen Maß an körperlicher Betätigung. Dazu gehören Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Auch einen Zusammenhang zwischen ununterbrochenem langen Sitzen und erhöhter Sterblichkeit stellten die Forscher fest.1

Auf der anderen Seite reduzieren bereits kurze Bewegungspausen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch übermäßiges Sitzen.2 So konnte nachgewiesen werden, dass Sitzunterbrechungen sich positiv auf Risikofaktoren für Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen auswirken, etwa auf Übergewicht, Blutfett- und Blutzuckerwerte. Dabei wurden bereits Pausen von nur einer Minute berücksichtigt.

Faszinierende Faszien – die große Unbekannte
Wie wichtig alltägliche Bewegung – und nicht nur Sport – für Gesundheit und Wohlbefinden sind, wird auch von anderer Seite bestätigt: Lange unterschätzt wurde die Rolle, die Faszien im menschlichen Körper spielen. Faszien sind Bindegewebsstrukturen, die den gesamten Körper wie ein Netz durchziehen. Sie umhüllen Muskeln, Organe, Knochen, Nerven und geben dem Körper so Halt und Struktur. Über Lymphgefäße und Blutbahnen, die in ihnen verlaufen, sind sie auch maßgeblich am Stoffwechsel und Flüssigkeitstransport beteiligt. Darüber hinaus verfügen Faszien über zahlreiche Rezeptoren, die Bewegungen, Spannungen und Druck registrieren und sie besonders sensibel für Schmerzreize machen.

Faszien bestehen aus feinen Fäden, die ähnlich einem Gitter angeordnet sind und bei Bewegung in- und auseinander gleiten. Damit sie das ungehindert tun können, müssen Faszien regelmäßig bewegt werden. Gerade das geschieht aber nicht, wenn Menschen den Großteil des Tages sitzend vor dem Computer verbringen. Die Folge: Faszien verkleben und verfilzen. Sie werden steif und können ihre Funktionen nicht mehr erfüllen. Sie ähneln dann eher einem verknoteten Wollknäuel als einer Gitterstruktur. Sie sind dann auch anfälliger für Mikroverletzungen, also kleinste Risse und Wunden, die bei falscher oder zu starker Belastung entstehen. Diese können sich dann entzünden und chronische Schmerzen verursachen. Immer mehr Mediziner sehen hierin – und weniger in Problemen mit Muskeln oder Bandscheiben – einen häufigen Grund für Rückenschmerzen.

Besonders effektiv: regelmäßige, sanfte Bewegungen
Generell gilt: Der Faszienverhärtung vorzubeugen ist einfach. Jede kleine Bewegung im Alltag trägt dazu bei, das Bindegewebe flexibel zu halten. Besonders wirkungsvoll sind langsame und sanfte Bewegungen – sofern sie regelmäßig ausgeführt werden. Es bedeutet vor allem, lange Phasen des inaktiven Sitzens häufiger zu unterbrechen. Aufzustehen und sich zu strecken, stehend zu telefonieren oder den Kollegen in seinem Büro aufzusuchen, statt ihn anzurufen ist ein erster Schritt. Seit gut zehn Jahren geht die moving GmbH der Frage nach, welche Bewegungen besonders geeignet sind, um die Rückengesundheit und das Wohlbefinden zu fördern. Dabei hat sie das Konzept der Mini-Breaks ausgearbeitet und kontinuierlich weiterentwickelt. Es basiert auf fünf einfachen Bewegungen, deren positive Wirkung wissenschaftlich belegt ist. Sie lassen sich überall ausführen und nehmen nur wenige Sekunden in Anspruch. Um die Mini-Breaks an jeden Arbeitsplatz zu bringen, ist nun das neue Webportal moving-me online gegangen. Durch kurze Videoanleitungen schafft es Bewegungsanreize und -möglichkeiten – auch bei überwiegend sitzenden Tätigkeiten. Unternehmen fördern so nicht nur aktiv die Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sinne eines Corporate Social Responsibility-Ansatzes (CSR). Wenn sie moving ins betriebliche Gesundheitsmanagement integrieren, können Gesundheitsexperten und HR-Verantwortliche helfen, die krankheitsbedingten Ausfallzeiten deutlich zu reduzieren. Damit wird betriebliches Gesundheitsmanagement zum wertschöpfenden Teilprozess einer modernen Personalstrategie.

Roswitha Ram-Devrient

Geschäftsführerin der moving GmbH

Literatur

1. Biswas A, Oh PI, Faulkner GE, Bajaj RR, Silver MA, Mitchell MS, et al. Sedentary Time and Its Association With Risk for Disease Incidence, Mortality, and Hospitalization in Adults: A Systematic Review and Meta-analysis. Ann Intern Med. 2015;162:123–132. doi:10.7326/M14– 1651

2. Breaks in sedentary time: beneficial asociations with metabolic risk, Healy, G. N., Dunstan, D. W., Salmon, J., Cerin, E., Shaw, J. E., Simmet, P. Z. and Owen, N. G. (2008) Breaks in sedentary time: beneficial associations with metabolic risk. Diabetes Care, 31 4: 661–666. doi:10.2337/ dc07–2046

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