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Leserbrief zum Artikel „HIV und Arbeit – Normalität auch im Gesundheitswesen“

Meiner Meinung nach bedürfen einige Punkte in dem o. a. Artikel der Richtigstellung bzw. der Ergänzung:

1. Im gesamten Artikel wird nur unzureichend auf den wichtigen Aspekt der vorhandenen Eigengefährdung eines HIV-Infizierten eingegangen. Dies insbesondere dann, wenn es sich um jemanden handelt, der beabsichtigt, eine Berufsausbildung im Gesundheitswesen aufzunehmen. Auch wenn „keine der angegebenen gesetzlichen Regelungen per se einen Grund darstellt, die Eignung zur Ausübung eines Berufes im gesundheitlichen Gesundheitswesen aus gesundheitlichen Gründen abzulehnen“, wird hier die im Artikel erwähnte „Beratungspflicht“ eines Arbeitsmediziners und „Eignung in gesundheitlicher Hinsicht“ nicht entsprechend berücksichtigt.

Zwei Dinge sind sicherlich unbestritten: Zum einen, dass bei einer HIV-Infektion ein geschwächtes Immunsystem besteht und somit eine Infektion wesentlich dramatischer verlaufen kann als bei jemandem mit einem normalen Immunsystem. Zum zweiten, dass im Krankenhaus zweifelsfrei ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Dies trifft insbesondere auch dann zu, wenn zunächst unerkannte Infektionskrankheiten erst nachträglich diagnostiziert und bekannt werden. Dann sind die im Artikel angegebenen Schutzmaßnahmen (z. B. bei offener Tuberkulose zur Vermeidung einer [Super-]Infektion) erst im Nachhinein möglich.

Beispielhaft seien nur zwei Möglichkeiten angegeben: Hepatitis B-Schutzimpfungen weisen bei HIV-Infizierten eine deutlich erhöhte Quote von Nonrespondern auf (< 70 %, nach anderen Studien sogar nur bis ca. 20 % – siehe entsprechende Literatur). Hieraus resultiert eine erhöhte Infektionsgefährdung bei z. B. Nadelstichverletzungen für Hepatitis B, wobei eine Hepatitis als Koinfektion dann viel dramatischer verläuft als im Normalfall (dies gilt auch für eine Hepatitis C). – Ebenfalls für MRSA sind bei HIV-Infizierten häufigere Infektionen und entsprechend schwere Verläufe bekannt geworden. Bei einer Schwangerschaft werden – sicherlich zu Recht – die vom LAfA (Landesamt für Arbeitsschutz) vorgegebenen beruflichen Einschränkungen (= Beschäftigungsverbote während der Schwangerschaft !) aufgrund der gegebenen Infektionsgefährdung zum Eigenschutz von Mutter und Kind ohne Einschränkungen akzeptiert. Warum werden dann bei einer HIV-Infektion nicht ebenfalls entsprechende Einschränkungen aufgrund der gegebenen Infektionsgefährdung zum Eigenschutz akzeptiert? Es ist sicherlich richtig, dass bei einem bereits tätigen Mitarbeiter bei einer HIV-Infektion versucht werden sollte, einen Arbeitsplatz zu finden, der sowohl hinsichtlich einer Gefährdung von Patienten als auch hinsichtlich einer Eigengefährdung ein möglichst geringes Risiko beinhaltet. – Bei einem Berufseinsteiger kann daher die Konsequenz für einen Arbeitsmediziner nur lauten, der/dem Betreffenden von einer Tätigkeit im Gesundheitswesen abzuraten. 2. Im Artikel wird auf die Einsatzbeschränkungen des Einsatzes von HIV-infizierten Mitarbeitern im chirurgischen Bereich hinsichtlich einer Patientengefährdung eingegangen. Auch hier fehlen Hinweise, dass ein Einsatz auch in bestimmten Bereichen, z. B. auf einer Infektionsabteilung, im intensivmedizinischen Bereich oder auch im Laborbereich, ein besonderes Infektionsrisiko für den HIV-Infizierten darstellt. 3. Die Angabe im Artikel, dass „in der Regel bei chronisch infizierten Beschäftigten nach dem Untersuchungsgrundsatz G42 ‚keine gesundheitliche Bedenken‘ bestehen“, ist falsch. Hier heißt es im entsprechenden Grundsatz unter Absatz 2.1.1 (Seite 574): „Dauernde gesundheitliche Bedenken – Personen mit dauernd verminderter Immunabwehr, z. B. bei chronisch (angeborenen oder erworbenen) Erkrankungen, die die Abwehrmechanismen des Körpers auf Dauer (nachhaltig) schwächen“. Diese Berufsgenossenschaftliche Grundsätze haben „Leitlinien-Charakter“. Auch hier steht der Aspekt der Eigengefährdung im Vordergrund – wie bei allen anderen Vorsorgeuntersuchungen auch, deshalb werden sie ja so genannt! Hinsichtlich dieser „Leitlinien-Vorgabe“ für den Arbeitsmediziner müsste daher der zuständige Arbeitskreis 3.1 „Infektionsgefährdung“ der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege dies ändern, wenn zukünftig eine andere Beurteilung gelten soll. Dr. med. Heinz Beckers, ehem. Direktor Arbeitsmed. Zentrum DEUTZ AG® Wir danken Herrn Dr. Beckers für die freundliche Genehmigung zum Abdrucken seines Leserbriefes und stellen ihn zur Diskussion. (Die Schriftleiter)

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