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Schädigt Nitrox die Lunge von Sporttauchern?

Dr. André Zenske1, PD Dr. Matthias Krüll2, Dr. Thomas Muth3, Prof. Jochen D. Schipke, eFESC41 St. Josef Hospital Regensburg & Hyperbares Zentrum, Caritas St. Josef

2 Pneumologische Schwerpunkt-Praxis, Berlin

3 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

4 Forschungsgruppe Experimentelle Chirurgie, Universitäts-Klinikum Düsseldorf

Einleitung

Laut Tauchsportindustrieverband gibt es allein in Deutschland etwas mehr als 400.000 Sporttaucher (Mell, 2010). Parallel dazu gibt es Berufstaucher, Militärtaucher, Rettungs- und Einsatztaucher bei der Feuerwehr, bei der Polizei und bei technischen Hilfsorganisationen wie dem THW und der DLRG.

Seit etwa 30 Jahren verwenden Sporttaucher neben Luft auch Nitrox. Bei diesem Atemgas ist der Sauerstoff (O2)-Anteil erhöht: Werte bis zu 40 % sind üblich. Nitrox erfreut sich wachsender Beliebtheit, weil durch den verminderten Stickstoff (N2)-Anteil weniger N2-Bläschen gebildet werden und dadurch das Risiko einer Dekompressions-Erkrankung reduziert ist (Brebeck, Deussen, Range, et al., 2017). Andererseits berichtet eine Reihe von Tauchern, sich nach Nitrox-Tauchgängen weniger ermüdet zu fühlen als nach vergleichbaren Luft-Tauchgängen (ScubaBoard, 2007). Systematische Untersuchungen zur Befindlichkeit nach Nitrox-Tauchgängen bestätigen diesen Eindruck (Chapman, Plato, Brueggemann, & Pollock, 2008; Harris, Doolette, Wilkinson, & Williams, 2003).

Der bei Nitrox erhöhte O2-Teildruck (pO2) birgt über den erhöhten oxidativen Stress ein gewisses Risiko, welches mit zunehmender Tauchtiefe steigt. Bei Verwendung von Nitrox40 – ein Atemgas mit 40 % Sauerstoff – beträgt der pO2 auf einer Tiefe von 25 m bereits 1,4 bar, ein Wert, der unter normobaren Bedingungen nicht zu erreichen ist.

Die pulmonale O2-Toxizität ist bei Untersuchungen an Menschen gut beschrieben (Davis, Rennard, Bitterman, & Crystal, 1983) (Shykoff, 2008) und wird als Lorrain-Smith-Effekt bezeichnet (J. L. Smith, 1899). Es liegt nahe, dass die pulmonale Schädigung nicht nur von der Höhe des pO2 sondern auch von der Expositionszeit abhängt (Jenkinson, 1993).

Die bei erhöhtem oxidativen Stress in den Mitochondrien vermehrt gebildeten reaktiven Sauerstoff-Radikale (ROS) überwiegen die natürlich vorhandenen Radikalfänger (Kallet & Matthay, 2013) und verursachen neben einem interstitiellen Lungenödem auch Schädigungen der Alveolen mit Bildung von Atelektasen (Nagata et al., 2007). Als deren Ursache wurde im Tierversuch die Oxidation der Surfactants nachgewiesen (Pace et al., 2009). Zusätzlich führte die Hyperoxie zu einer Leukozytose sowie einer deutlichen Erhöhung proinflammatorischer Zytokine (Entezari et al., 2014). Die Evolution hat also offenbar hyperoxische Bedingungen für den Menschen nicht vorgesehen.

Unklar ist unter anderem, inwieweit Nitrox bei Sporttauchern zu einer relevanten Hyperoxie-bedingten pulmonalen Schädigung führt, obwohl bereits eine Reihe von Studien existiert. Ergebnisse aus dem militärischen Bereich an jungen, gut trainierten, männlichen Teilnehmern (Tetzlaff, Friege, Theysohn, Neubauer, & Muth, 2005) (Dujic, Obad, Palada, Ivancev, & Valic, 2006; Erdem et al., 2009) (Wingelaar, van Ooij, & van Hulst, 2017) sind allerdings nicht ohne weiteres auf die große Zahl der Sporttaucher zu übertragen, von denen etwa 30 % weiblich sind. Andererseits kommt es bei Hyperoxie-Studien in der Druckkammer (Souday et al., 2016) (Molénat, Boussuges, & Grandfond, 2004) nicht zu einer Blutvolumenverschiebung in den Thorax, die durch die Submersion ausgelöst wird. Zusätzlich ist Tauchen mit einer körperlichen Arbeit verbunden, so dass die Atmung gegenüber den Ruhebedingungen in der Druckkammer verstärkt ist. Entsprechend ergaben sich bei hohen pO2-Werten unterschiedlich große Schädigungen auf die Vitalkapazität und die Diffusionskapazität: Die Schäden waren bei den tauchenden Teilnehmern größer als bei Teilnehmern in der Druckkammer (van Ooij, van Hulst, Houtkooper, & Sterk, 2011). Analoge Ergebnisse liefert eine andere Studie, bei welcher nach Tauchgängen mehr Stickstoffblasen entstanden waren als nach „Tauchgängen“ in der Druckkammer (Mollerlokken et al., 2011).

Eine Studie, bei welcher junge gesunde Taucher in 5 m Tiefe Luft oder O2 atmeten, lieferte keinen Nachweis für eine pulmonale O2-Toxizität (van Ooij, van Hulst, Houtkooper, van der Weide, & Sterk, 2012).

Andere Studien im Freiwasser wurden mit O2-Kreislaufgeräten durchgeführt und beschreiben nur mäßig ausgeprägte akute (Fock, Harris, & Slade, 2013) aber auch chronische (Tetzlaff et al., 2005) Veränderungen der Lungenfunktion. Ganz ähnlich kam es bei technischen Tauchern, die über acht bis zwölf Tage repetitive Tauchgänge mit geschlossenen O2-Kreislaufgeräten absolvierten und dabei sogar von der NOAA vorgegebene Werte der O2-Belastbarkeit überschritten (United States, 2013), zu keiner Verschlechterung der Lungenfunktion (Fock et al., 2013). Im Gegensatz dazu berichtet eine ältere Studie in Einzelfällen sogar von der Bildung von Atelektasen nach Tauchgängen mit O2-Kreislaufgeräten (Dahlback & Balldin, 1985).

Die bisher genannten Ergebnisse können die Realität des Sporttauchens nicht abbilden. Da inzwischen viele Sporttaucher Nitrox verwenden, besteht Bedarf an Studien mit ’normalen’ Sporttauchern.

In der vorliegenden Studie wurden Sporttaucher untersucht, die Tauchgänge mit Luft oder mit Nitrox40 absolvierten. Folgende Hypothese wurde untersucht: Bei einem 40-min Tauchgang auf 25 m Tiefe führt Nitrox40 gegenüber Luft zu einer signifikanten Reduktion der Lungenfunktion.

Teilnehmer und Methodik

Teilnehmer

In der vorliegenden prospektiven, randomisierten Doppelblind-Feldstudie sollte untersucht werden, welchen Einfluss die Atmung von Nitrox40 (Nx40) gegenüber Luft auf die pulmonale Funktion gesunder Taucher hat.

Als Einschlusskriterien galten: Alter zwischen 18 und 53 Jahren, gültige Tauchtauglichkeitsuntersuchung, Nitrox-Brevet und Taucherfahrung von mindestens 50 Tauchgängen im Kaltwasser. Ausgeschlossen wurden Taucher mit akuten Erkrankungen oder Verletzungen. Ausgeschlossen wurden auch Taucher mit einem Tauchgang oder einer Überdruckexposition in den letzten 48 h vor den Studientauchgängen.

An der Studie nahmen insgesamt 25 erfahrene Taucher (3 Frauen) teil (Tab. 1). Allen war der Tauchplatz aus früheren Tauchgängen gut bekannt.

Die Versuchsteilnehmer verfügten über durchschnittlich 677 (Männer) und 880 (Frauen) Tauchgänge.

Die Studie lag der Ethik-Kommission der Charité Berlin vor und wurde durch diese genehmigt.

Methodik

Ausrüstung: Die Taucher trugen Trockentauchanzüge und verwendeten 15 Liter Drucklufttauchgeräte (Luft oder Nitrox40; Nx40), zwei unabhängige, Kaltwasser-geeignete Atemregler und einen Tauchcomputer. Mit dieser Ausrüstung wurden die Standards für sicheres Tauchen im Kaltwasser erfüllt. Jeder Teilnehmer begann den Tauchgang mit insgesamt 3000 l (=15 l x 200 bar) Atemgas.

Atemgase: Der Studienleiter (A.Z.) stellte die 15-l Tauchgeräte zur Verfügung. Sie wurden am Abend vor den Tauchgängen im Ausbildungszentrum für Mischgastauchen (Geretsried, DE) durch zertifiziertes Fachpersonal befüllt und analysiert. Der O2-Anteil im Nx40 wurde mit einem Oximeter regelmäßig geprüft (GOX 100 T; Fa. GHM-Greisinger, Regenstauf, DE).

Die Kompressoren des Zentrums wurden regelmäßig gewartet, und die gesamte Füllanlage entsprach den Auflagen der Gewerbeaufsicht. Damit entsprach die Atemluft dem aktuellen Standard (DIN EN 12021).

Randomisierung: Die Tauchgänge erfolgten entweder mit Luft oder mit Nx40, wobei die Zuteilung der Atemgase sowohl für die Teilnehmer als auch für die Untersuchenden unbekannt war. Nur das Personal der Füllanlage kannte die Zuordnung und lieferte für den ersten Tauchgang allen Teilnehmern einer Gruppe das eine und für den zweiten Tauchgang das andere Atemgas. Am Ende der Studie erfolgte die Entblindung, und die Atemgase wurden den Tauchern und anderen Messdaten zugeordnet. Jeder Taucher absolvierte pro Tag einen Tauchgang. Die Oberflächenpause bis zum nächsten Tauchgang war ≥24 h.

Tauchgewässer: Der Walchensee liegt im Bayerischen Voralpenland 805 m über dem Meeresspiegel und gilt damit als Bergsee. Sein Wasser besitzt Trinkwasserqualität und gestattet eine Sicht bis zu 20 m. Die Wassertemperatur betrug während der Studie 10 °C an der Oberfläche und ca. 5 °C auf 25 m Tiefe.

Der ausgewählte Tauchplatz „Galerie dazwischen“ ist mit der kompletten Tauchausrüstung sehr gut mit dem Auto zu erreichen.

Tauchgänge: Für Tauchgänge im Kaltwasser wird ein pO2 von maximal 1,4 bar empfohlen. Bei Verwendung von Nx40 entspricht das einer Maximaltiefe von 25 m (VDST, 2016). Zur Bestimmung der Nullzeit oder einer nötigen Dekompressionszeit wurde die Drucklufttabelle der Berufsgenossenschaft herangezogen (bgbau-medien, 2001). Für einen Nullzeit-Tauchgang mit Luft ergab die Tabelle eine Grundzeit von 25 min. Nach Höhenkorrektur ergab sich eine Dekompressionspflicht von 5 min auf 3 m. Aus Sicherheitsgründen wurden zwei weitere Stopps eingehalten: 1 min auf 9 m, 3 min auf 6 m (Abb. 1). Mit Berücksichtigung des Aufstieges (max. 10 m/min) ergab sich eine Gesamttauchzeit von 39 min.

Damit dieses Tauchprofil für die Luft- und die Nx40-Tauchgänge korrekt eingehalten werden konnte, stand dem Tauchgruppenführer (= erfahrener Tauchlehrer) ein Tauchcomputer (OSTC Mk2; Heinrichs Weikamp; Freiburg, DE). Dieses Modell speichert tauchrelevante Daten, die nach Tauchgangsende in einen Computer übertragen wurden.

Untersuchungsraum: Die Zentrale für die Untersuchungen befand sich in einem großen, klimatisierten Saal eines Hotels (= Karwendelblick), welches vom Tauchplatz zwei Autominuten entfernt lag. Die Messungen der Lungenfunktion vor und nach den Tauchgängen erfolgten daher ohne bedeutsame zeitliche Verzögerungen. Der praktische Teil entsprach also einer Feldstudie, während die Datenerhebung und die Datenerfassung unter Laborbedingungen erfolgten.

Lungenfunktion: Die Messungen zur Spirometrie und zur Impuls-Oszillometrie wurden mit dem MasterScreen IOS (MasterScreen Impuls Oszillometrie, Care Fusion, Hoechberg, DE) durchgeführt. Mit Hilfe der Spirometrie wurde die forcierte Vitalkapazität (FVC), die Ein-Sekunden-Kapazität (FEV1) und der maximale exspiratorische Fluss (PEF) bestimmt. Mit der Impuls-Oszillometrie (Vogel & Smidt, 1994) wurden der R5-Wert (Oszillation bei 5 Hz) und der R20-Wert (Oszillation bei 20 Hz) erfasst. Diese Werte beschreiben den Atemwegs-Widerstand der Lungenperipherie bzw. den Widerstand der proximalen großen Atemwege. Der zusätzliche X5-Wert quantifiziert die Reaktanz der Lungenperipherie und liefert damit ein Maß für deren Dehnbarkeit (H. J. Smith, Schulze, & Zielen, 2011) (Jarenback, Ankerst, Bjermer, & Tufvesson, 2016).

Protokoll: An den Tauchtagen wurde die Lungenfunktion unmittelbar vor dem Tauchgang bestimmt. Die Messung nach dem Tauchgang erfolgte spätestens 20 min nach dem Auftauchen. Während der Spirometrie und der Oszillometrie saßen die Versuchspersonen in aufrechter Haltung auf einem Stuhl im Untersuchungsraum. Jeder Proband verfügte über ein Einmal-Mundstück mit Bakterienfilter. Die Nase war jeweils mit einer Klammer verschlossen.

Bei der Messung der spirometrischen Größen (FVC, FEV1 und PEF) wurden die Versuchspersonen bei jedem der drei Messzyklen nachdrücklich motiviert. Die besten erreichten Werte wurden in eine Excel-Datei exportiert.

Weil bei der Oszillometrie elastische Eigenschaften des Atmungssystems eine Rolle spielen, legten die Versuchspersonen während des 60-s Messintervalles die Handflächen auf die Wangen, um deren Mitschwingen zu verhindern. Die ermittelten Daten wurden ebenfalls in eine Excel-Datei exportiert.

Statistik: Microsoft Excel 2007 wurde für Berechnungen und zur Erstellung von Tabellen verwendet (Microsoft, Redmond, U.S.). Zur Bestimmung von Unterschieden zweier gleich großer Gruppen wurde die Inferenzstatistik zum Vergleich der Veränderungen zwischen Werten vor dem Tauchgang und nach dem Tauchgang mit T-Tests für verbundene Stichproben durchgeführt (SPSS Statistics 24, IBM, New York, U.S.).. Unterschiede wurden für p0,05 als signifikant betrachtet. Ergebnisse werden als Mittelwerte±Standardabweichung präsentiert.

Resultate

Flüssigkeitsverlust

Die Atemgase in den Drucklufttauchgeräten müssen entsprechend der Druckgas-Verordnung trocken sein. Die Gase müssen daher auf dem Wege in die Lunge angefeuchtet werden, so dass es bei der Exspiration zu einem kontinuierlichen Flüssigkeitsverlust und damit zu einem Gewichtsverlust kommt. Das Körpergewicht wurde mit einer geeichten Waage vor und nach dem Tauchgang bestimmt.

Bei den vorliegenden Tauchgängen variierte der Flüssigkeitsverlust stark. Er lag im Mittel bei 0,6±0,3 l (Mittelwert±Standardabweichung) (Spannweite: 0,3 – 1,3 l). Es gab keinen nennenswerten Unterschied für die Atemgasgruppen.

Atemgasverbrauch

Das Atemgasvolumen – Luft oder Nitrox40 (Nx40) – betrug zu Tauchbeginn 3000 l und lag damit auf einer sehr sicheren Seite. Der Atemgasverbrauch betrug für einen Luft-Tauchgang durchschnittlich 1735±405 l und war bei dem Nx40-Tauchgang auf 1521±431 l vermindert (p0,05). Alle Tauchgänge dauerten 39 min, und damit betrug der Luftverbrauch 44±10 l/min und der Nx40-Verbrauch 39±11 l/min. Bei Berücksichtigung der verschiedenen Tauchtiefen ergab sich für die Luft-Tauchgänge ein Verbrauch von 17,2 l/min und für die Nx40-Tauchgänge ein Verbrauch von 15,1 l/min. Der Nx40-Verbrauch lag also um 12 % unterhalb des Luft-Verbrauches.

Spirometrie

Vitalkapazität: Da alle Teilnehmer über eine gültige Tauchtauglichkeitsuntersuchung verfügten, waren Verminderungen der spirometrischen Größen gegenüber den Sollwerten nicht zu erwarten. Dennoch erreichten vier Teilnehmer weniger als 90 % vom Sollwert. Vor den Luft-Tauchgängen und den Nx40-Tauchgängen ergab sich eine gemeinsame mittlere forcierte Vitalkapazität (FVC) von 5,1±0,9 l. Dieser Wert entspricht trotz der vier unter dem Sollwert liegenden Teilnehmern zu 101 % dem mittleren Sollwert. Nach dem Luft-Tauchgängen war die FVC nahezu unverändert aber nach den Nx40-Tauchgängen signifikant vermindert (5,0±1,0 l) (Tab. 2).

Einsekunden-Kapazität (VEF1): Diese dynamische Variable lag vor den Tauchgängen im Durchschnitt oberhalb von 80 % und damit im Sollbereich von 70 – 90 % (Brazzale, Hall, & Swanney, 2016). Nach dem Luft- und nach dem Nx-Tauchgang war die absolute FEV1 um 5 % bzw. um 3 % nicht-signifikant vermindert (Tab. 2).

Exspiratorischer SpitzenFluss (PEF): Im Durchschnitt lag diese zweite dynamische Variable bei 9 –10 l/s und war damit im wesentlichen gleich den Referenzwerten (Mashalla & Kaaya, 1994). Nach Luft-Tauchgängen war der PEF um 9,7% und nach Nx40-Tauchgängen signifikant um 11,5 % vermindert (Tab. 2).

Impuls-Oszillometrie

Mit Hilfe dieser Methode wurden der Atemwegswiderstand bei 5 Hz und 20 Hz (R5 bzw. R20), sowie die Reaktanz bei 5 Hz (X5; Elastizität der peripheren Lungenabschnitte) erfasst (Oostveen et al., 2003; Shi, Aledia, Galant, & George, 2013). R5 ist ein Maß für den Gesamtwiderstand (Rtotal), und R20 ist ein Maß für den proximalen Widerstand (Rproximal) (H. J. Smith, Reinhold, & Goldman, 2005).

Sowohl nach Verwendung von Luft (+4%) als auch nach Nitrox (+9 %) hatte der Gesamtwiderstand (R5) zugenommen (Tab. 3).

Der proximale Atemwegswiderstand (R20) war nach Luft-Tauchgängen (+3%) und nach Nx40 (+4 %) nahezu gleichermaßen erhöht. Damit waren für die deutlicheren Vergrößerungen des Gesamtwiderstandes die peripheren Atemwege verantwortlich.

Die Reaktanz (X5) als Maß für die periphere Elastizität hatte sich nach Luft-Tauch-gängen nur wenig geändert (-5%) jedoch stärker nach Nx40-Tauchgängen (-11 %) (Tab. 3).

Diskussion

Sauerstoff-angereichertes Atemgas (=Nitrox; Nx) wird bereits seit längerem routinemäßig von Berufs- und Militärtauchern verwendet, hielt aber erst zu Beginn der 1980er Jahre Einzug in die Sporttaucherei. Obwohl es damals nur wenige Untersuchungen über mögliche negative, Nx-induzierte Effekte gab, erklärten die Vertreter der Tauchsportindustrie, Tauchen mit Nitrox sei nicht nur modern sondern auch sicher. Diese Aussage war nur bedingt durch die wissenschaftliche Literatur gestützt. Eine aktuelle Suche in der Literaturdatenbank des National Institute of Health (= PubMed) mit den Begriffen „nitrox“ und „diving“ lieferte insgesamt 71 Treffer, während die Suche mit den Begriffen „nitrox“ und „diving“ und „recreational“ nur 11 Treffer lieferte. Damit beschäftigte sich der ganz überwiegende Teil der Studien nicht mit der großen Zahl der Urlaubs- oder Sporttaucher.

In der vorliegenden Studie wurde der Einfluss von Nitrox40 (Nx40) auf die Lungenfunktion von 25 Sporttauchern nach einem konservativen Tauchgang in offenem Gewässer untersucht und mit Tauchgängen verglichen, bei denen Luft als Atemgas verwendet wurde. Um auch geringere pulmonale Veränderungen erfassen zu können, wurde neben der traditionellen Spirometrie – soweit uns bekannt zum ersten Mal – auch die Impuls-Oszillometrie (IOS) in einem Feldversuch mit Sporttauchern eingesetzt.

Es ist das wichtigste Ergebnis dieser prospektiven, randomisierten und doppelblinden Studie, dass die Lungenfunktion unabhängig vom Atemgas nach den Tauchgängen mindestens tendenziell reduziert war. Nach den Nx40-Tauchgängen waren einige Veränderungen signifikant. So waren die forcierte Vitalkapazität (FVC) und der exspiratorische Spitzenfluss (PEF) vermindert. Der periphere Widerstand (R5) war erhöht und die periphere Reaktanz (X5) war vermindert. Damit liegt nahe, dass die Nx40-Tauchgänge in der Lungenperipherie zu einem Verlust von elastischen Eigenschaften geführt hatten.

Limitierung der Studie

Die Ergebnisse dieser Freiwasser-Studie gelten für Tauchgänge im Kaltwasser. Sie können jedoch auf zahlreiche Tauchgewässer in Deutschland, Österreich oder der Schweiz übertragen werden, bei denen die Wassertemperaturen in größeren Tiefen (≥10 m) ganzjährig unter 10 °C liegen.

Ein wichtige Fehlerquelle könnte mit der Spirometrie zu tun haben, deren Ergebnisse umfangreich von der Mitarbeit der Probanden abhängen, die zweimal vor und zweimal nach den beiden Tauchgängen maximal motiviert werden mussten. In einer Studie wird die Reliabilität spirometrischer Messungen angezweifelt, weil die Anstrengungen der Probanden im Verlauf der Messungen nachließen (Kolsum et al., 2009).

Bei er IOS besteht die Notwendigkeit zur Mitarbeit nicht. Neben diesem Vorteil wird der IOS außerdem im Zusammenhang mit der frühen Entdeckung von COPD-Symptomen eine größere Sensitivität gegenüber der Einsekundenkapazität bescheinigt (Williamson, Clearie, Menzies, Vaidyanathan, & Lipworth, 2011) oder eine chronischen Bronchitis / ein Emphysem bereits dann erkannt, wenn die Spirometrie noch normale Werte liefert (Frantz et al., 2012).

Tauchen und Lunge

Eine Reihe von Kandidaten mit Asthma, mit obstruktiver oder restriktiver Lungenerkrankung, Pneumothorax oder Lungenzysten sollten nicht tauchen, da diese Erkrankungen ein erhöhtes Risiko gegenüber der Morbidität oder der Mortalität beim Tauchen bergen (Jenkins, Anderson, Wong, & Veale, 1993). Wegen der großen Bedeutung der Lunge bei Arbeiten im Überdruck oder beim Tauchen mit Gerät (Scuba-Tauchen), wird ihre Funktion bei der Tauglichkeitsuntersuchung für Berufstaucher (Schönenborn & Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V, 2011) und für Sporttaucher (Tetzlaff & GTÜM, 2009) umfangreich festgestellt.

Der schädliche Einfluss des Tauchens auf die Funktion der Lunge hat unterschiedliche Ursachen. So kann es bereits nach einem einzelnen Tauchgang zu einer Lungenschädigung im Sinne einer Erhöhung des Atemwegswiderstandes kommen, deren Umfang von Wassertiefe und -temperatur abhängt (Tetzlaff, Friege, et al., 2001). Diese Schädigungen lassen sich auf die Atmung von Luft bei erhöhtem Druck zurückführen. Andererseits kann sich bei einem Tauchgang ein Lungenödem bilden, welches durch die Verschiebung des Blutvolumens infolge der Submersion verursacht wird (Ljubkovic et al., 2010) (Lambrechts et al., 2011).

In dieser Studie wird untersucht, ob Luft oder Nx40 die Lunge während eines Tauchganges unterschiedlich schädigen.

Nitrox und Tauchen

Bereits in den 1910er Jahren hatte die Firma Dräger ein Schwimmtauchgerät entwickelt, bei welchem Luft und Sauerstoff (O2) als Mischgas (heute Nitrox) verwendet wurde (Dräger & Dräger, 1918). Nitrox – ein Sauerstoff-angereichertes Atemgas – wird zunehmend von Urlaubstauchern und Tauchbegleitern verwendet (Gabel & Janoff, 1997), und nahezu alle Tauchorganisationen unterstützen die Verwendung dieses Atemgases (Wikipedia, 2017). Damit betrifft die Verwendung von Nitrox eine große Zahl von Sport-/Urlaubstauchern.

Ein Beispiel soll die Verwendung von Nitrox veranschaulichen. Taucher auf Safari-Schiffen unternehmen während einer Woche drei bis fünf Tauchgänge pro Tag. Für diese 20 bis 30 Tauchgänge bietet sich die Verwendung von Nitrox deswegen an, weil es neben längeren Nullzeiten auch kürzere Oberflächenpausen ermöglicht. Andererseits entstehen durch den erhöhten oxidativen Stress Schädigungen, die neben der Lunge z.B. auch das Zentralnervensystem (Arieli, Arieli, Daskalovic, Eynan, & Abramovich, 2006) (Smerz, 2004), die vaskuläre Endothelfunktion (Marinovic et al., 2010) (Wu, Xia, Kalionis, Wan, & Sun, 2014) und das Genom (Groger, Radermacher, Speit, & Muth, 2008) betreffen.

Es wird andererseits an Vorteile erinnert, die sich bei der Verwendung von Nitrox ergeben. Durch den verminderten Stickstoff-Anteil (pN2) wird dessen narkotisches Potential vermindert, so dass kognitive Eigenschaften besser erhalten bleiben (Baddeley, De Figueredo, Curtis, & Williams, 1968; Balestra, Lafere, & Germonpre, 2012; Brebeck, Deussen, Schmitz-Peiffer, et al., 2017). Durch den verminderten N2-Anteil wird zusätzlich das Risiko für Dekompressions-Zwischenfälle reduziert (Brebeck, Deussen, Range, et al., 2017; Souday et al., 2016), ein Vorteil, der zunehmend für entlegene Tauchreviere bedeutsam wird, in welchen die therapeutischen Möglichkeiten entweder eingeschränkt oder nicht vorhanden sind.

Die vorliegenden Ergebnisse weisen auf einen weiteren Aspekt hin, der die Tauchsicherheit erhöhen könnte. Bei den Nx-Tauchgängen lag der Atemgasverbrauch im Durchschnitt um 12 % unterhalb des Verbrauches bei Luft-Tauchgängen. Für diesen unerwarteten Befund bieten sich zwei Erklärungen an: (1) Die chemische Kontrolle der Atmung erfolgt über den pCO2, den pO2 und den pH, wobei der Atemantrieb primär über einen steigenden pCO2 und in einem geringeren Umfang über einen fallenden pO2 gesteigert wird. Der durch Nitrox erhöhte pO2 könnte also dazu beitragen, den Atemantrieb zu hemmen. (2) Der bei Nitrox erhöhte pO2 verursacht eine Aktivierung des Parasympathikus (Kot, Sicko, & Wozniak, 2003; Lund et al., 2000) und damit zu einer Reduktion der Herz- und der Atemfrequenz. Beide Mechanismen können also zum verminderten Atemgasverbrauch bei den Nx-Tauchgängen und damit zur Erhöhung der Tauchsicherheit beitragen.

Teilnehmer

Menschen scheinen sich üblicherweise dann für das Tauchen zu entscheiden, wenn sie sich körperlich gesund fühlen. So liegen z.B. die Vitalkapazität oder die Einsekundenkapazität von Berufs-Tauchern gegenüber der nicht-tauchenden Bevölkerung um etwa 20 % höher (Crosbie et al., 1977) (Suzuki, 1994) (Skogstad, Thorsen, & Haldorsen, 2000).

Auch für das Sporttauchen scheinen sich eher Personen zu entscheiden, die glauben, für diesen Sport gesundheitlich geeignet zu sein. Diese Vermutung trifft auch auf die Teilnehmer an der vorliegenden Studie zu, deren statischen (Vitalkapazität) und dynamischen Parameter (exspiratorischer Spitzenfluss und Einsekundenkapazität) überwiegend oberhalb der Referenzwerte lagen.

Die Teilnehmer an dieser Studie repräsentieren im Wesentlichen das Spektrum der Sporttaucher in Deutschland. Das betrifft das Lebensalter, welches mit 39 Jahren etwas unterhalb der in Deutschland organisierten Sporttaucher (= 46±13 Jahre) lag (“VDST: Mitglieder,” 2017) oder den BMI, der mit 27 kg/m2 identisch mit dem BMI der gleichaltrigen männlichen deutschen Bevölkerung war (27 kg/m2). Kein Unterschied ergab sich auch bei dem Raucherstatus, der in dieser Studie und im Durchschnitt bei deutschen Männern bei 29 % liegt (“Statistisches Bundesamt; Destatis,” 2013).

Ein Unterschied gegenüber der restlichen Tauchergemeinde bestand vermutlich in der großen Taucherfahrung, die nach durchschnittlich 700 Tauchgängen zu erwarten ist. Damit gehörten die Teilnehmer zu den Intensiv-Tauchern, d.h. sie führten mehr als 30 Tauchgänge pro Jahr durch (Mell, 2010). Es ist nicht zu vermuten, dass die große Taucherfahrung für die Unterschiede verantwortlich ist, die durch Luft oder Nx40 hervorgerufen wurden.

Messung der Lungenfunktion

Neben der traditionellen Spirometrie wurde die Lungenfunktion auch mit der Impuls-Oszillometrie (IOS) erfasst. Dieses Verfahren bietet gegenüber der Spirometrie den großen Vorteil, ohne die aktive Mitarbeit der Versuchspersonen auszukommen. Die Probanden müssen lediglich während der 1-min Messung die Hände an die Wangen legen, um deren elastischen Eigenschaften weitgehend auszuschalten.

Ein methodischer Vorteil der IOS scheint darin zu liegen, dass sie gegenüber der Spirometrie geringere Veränderungen der Atemwegs-Funktion erfassen kann (Oppenheimer et al., 2007) (Schermer et al., 2010) und daher gut geeignet ist, Schädigungen der distalen Atemwege selbst dann festzustellen, wenn die Spirometrie noch normale Werte liefert (Pisi et al., 2013). So ergab die IOS z.B. nach dem Einsatz am World Trade Center trotz spirometrisch normaler Werte bei New Yorker Feuerwehrleuten pulmonale Schäden (Oppenheimer et al., 2007).

Ein weiterer Vorteil besteht in der Messung der Reaktanz, welche Aussagen über Änderungen der Elastizität der peripheren Atemwege gestattet (Aronsson, Hesselstrand, Bozovic, Wuttge, & Tufvesson, 2015).

Lungenschädigung durch Hyperoxie

Der Lorrain-Smith-Effekt beschreibt Schädigungen der Lunge, die durch hyperoxische Bedingungen hervorgerufenen werden (J. L. Smith, 1899) (Pace et al., 2009) (Entezari et al., 2014). In der Folgezeit lieferten experimentelle und klinische Studien den Nachweis, dass O2-Radikale an der Entstehung von akuten und chronischen Lungenschäden beteiligt sind (Haagsman & van Golde, 1985) (Doelman & Bast, 1990). Daher sollten pulmonale Schäden nach Nitrox-Tauchgängen größer als nach Luft-Tauchgängen sein.

Die Datenlage ist indes nicht einheitlich. So führte einerseits ein einzelner Luft-Tauchgang zu einer selbst 24 h später messbaren Reduktion der Vitalkapazität (Tetzlaff, Staschen, Struck, & Mutzbauer, 2001). Andererseits wurden bei technischen Tauchern nach repetitiven Tauchgängen keine nennenswerten Veränderungen pulmonaler Variablen festgestellt (Fock et al., 2013). Sollte allerdings nach solchen Tauchgängen eine Druckkammer-Therapie erforderlich werden, dann muss mit O2-toxischen Schäden gerechnet werden.

Die pulmonalen Schäden können mindestens auf zwei verschiedenen Ebenen auftreten.

(1) Schädigungen an den beteiligten Membranen reduzieren die Diffusionskapazität (Nielsen et al., 1995) (van Ooij et al., 2011). Derartige Schäden traten bei Tauchern erst nach einer 1-h O2-Exposition bei einem pO2 von 1,9 bar auf (van Ooij, van Hulst, Houtkooper, & Sterk, 2014). Eine vorläufige Studie beschreibt andererseits für technische Taucher nach einer mehrtägigen Tauchsafari eine reduzierte Diffusionskapazität, die sich allerdings nicht unter Ruhebedingungen sondern nur bei hoher Belastung auf dem Fahrradergometer bemerkbar machte (Doering, Muth, & Schipke, 2011).

(2) Es kann zu restriktiven und obstruktiven Schädigungen kommen. Restriktive Schäden können entstehen, wenn die Surfactants durch den oxidativen Stress geschädigt werden. In der Folge steigt die Oberflächenspannung und sinkt das Lungenvolumen (Seeger, Lepper, Wolf, & Neuhof, 1985). Entsprechend kann die Vitalkapazität noch 24 h nach einem Tauchgang eingeschränkt sein (Tetzlaff, Staschen, et al., 2001). Andererseits löste O2-angereichertes Atemgas bei einem Tauchgang (3 h; pO2: 1,5 bar) keine signifikanten Veränderungen der Lungenfunktion aus (van Ooij et al., 2012). Hingegen wurde eine langfristige Verschlechterung der Lungenfunktion bei Tauchen mit hohem O2-Anteil durch kumulative Schäden beschrieben (Thorsen, Segadal, Myrseth, Pasche, & Gulsvik, 1990) (Skogstad, Thorsen, Haldorsen, & Kjuus, 2002). Unabhängig vom Atemgas fanden sich in dieser Studie keine nennenswerten Verschlechterungen der Vitalkapazität. Nach Luft-Tauchgängen blieb sie unverändert. Es wird jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass die Vitalkapazität sogar nach einem einzelnen Luft-Tauchgang vermindert sein kann (Tetzlaff, Friege, et al., 2001). Nach Nx40-Tauchgängen war dieses restriktive Maß lediglich um 4 % vermindert.

Sowohl Luft-Tauchgänge als auch Nx40-Tauchgänge verschlechterten die Einsekundenkapazität nicht. Andererseits war – unserer Hypothese entsprechend – der exspiratorische Spitzenfluss nach Nx40-Tauchgängen stärker vermindert als nach Luft-Tauchgängen.

Bei starken Rauchern könnte das Risiko für eine Schädigung der Lungenfunktion deutlich erhöht sein (Dembert, Beck, Jekel, & Mooney, 1984). Tatsächlich war sie bei Rauchern sowohl vor und nach dem Tauchgang gegenüber Nichtrauchern signifikant reduziert (Sekulic & Tocilj, 2006).

An der vorliegenden Studie nahm ein starker Raucher teil (1 Paket/d über 15 Jahre), dessen statischen und dynamischen Funktionswerte vor den Tauchgängen knapp oberhalb der Referenzwerte lagen. Nach den Luft- oder Nx40-Tauchgängen waren die Vitalkapazität, die Einsekundenkapazität und der exspiratorische Spitzenfluss nach dem Lufttauchgang nur wenig vermindert. Im Gegensatz dazu waren die beiden letzteren Variablen nach dem Nx40-Tauchgang drastisch auf 60 bzw. auf 30 % des Ausgangswertes reduziert.

Die zweite Messmethode, die Impulsoszillometrie (IOS) lieferte Ergebnisse im Einklang mit unserer Hypothese. Gegenüber den Luft-Tauchgängen war nach den Nx40-Tauchgängen der pulmonale Gesamtwiderstand umfangreicher erhöht. Weil der proximale Widerstand nur geringfügig zugenommen hatte, musste der Widerstand nach den Nx-Tauchgängen in der Lungenperipherie zugenommen haben. Die parallel dazu verminderte Reaktanz legt einen Verlust elastischer Eigenschaften in den peripheren Lungenabschnitten im Sinne eines ’small airway disease’ nahe (Calder, Sweetnham, Chan, & Williams, 1987) (Tetzlaff et al., 1998) (Williamson et al., 2011). Die IOS liefert also neben den numerischen Veränderungen auch ein anatomisches Korrelat.

Reparaturvorgänge

Obwohl dieses Thema über den Rahmen dieser Studie hinausgeht, soll darauf hingewiesen werden, dass akute Hyperoxie-bedingte Lungenschädigungen akkumulieren und chronisch werden können (Davis et al., 1983). So sind irreversible Lungenschädigungen bei Berufstauchern nach mehrjähriger Tätigkeit beschrieben (Thorsen & Kambestad, 1995) (Skogstad et al., 2002). Durch Hyperoxie verursachte irreversible Schäden können aber auch bei professionellem Tauchen vermieden werden, wenn nach entsprechenden Regeln getaucht wird (Tetzlaff et al., 2005) (van Ooij, Hollmann, van Hulst, & Sterk, 2013). Das spricht dafür, dass durch eine Hyperoxie entstandene Schäden dann reversibel sind, wenn ausreichend Zeit für die Reparatur zur Verfügung steht. Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Nach einer 17-h Exposition gegenüber 95 %-igem O2 war die kapillar-alveolare Schranke an Lungen von Gesunden deutlich geschädigt. Dieser Schaden war zwei Wochen später nicht mehr nachzuweisen (Davis et al., 1983). Die Literatur über Reparaturvorgänge nach Hyperoxie-verursachten Schäden ist spärlich. Solche Vorgänge wurden aber zumindest für das vaskuläre System beschrieben (Culic et al., 2014), und in einer eigenen Studie waren fünf Tage nach einem fünftägigen Tauchausflug mit repetitiven Nitrox-Tauchgängen die Lungenfunktion unter Ruhebedingungen normalisiert (Doering et al., 2011).

Zusammenfassung/
Schlussfolgerung

Die Verwendung von Nx40 ist für Sporttaucher im untersuchten Rahmen sicher. Keiner der Teilnehmer klagte zu irgendeinem Zeitpunkt über Unwohlsein oder Beschwerden. Alle erhobenen Messwerte, die durch die Tauchgänge hätten verändert werden können, lagen im physiologischen Bereich.

Geht man davon aus, dass (1) die IOS gegenüber der Spirometrie das sensitivere Verfahren ist und (2) mit der Spirometrie ermittelte Ergebnisse durch die subjektive Mitarbeit der Probanden beeinträchtigt werden könnten, dann bestätigt diese Studie, dass es nach einem konventionellen Tauchgang zu pulmonalen Schädigungen kommen kann, und dass diese Schäden bei der Verwendung von Nitrox40 umfangreicher sind. Frühere Studien hatten andererseits Vorteile bei der Verwendung von Nitrox beschrieben: Bei Nitrox-Tauchgängen blieben kognitive Fähigkeiten besser erhalten, und es wurden wenigerer N2-Blasen gebildet. Der in dieser Studie beschriebene niedrigere Atemgas-Verbrauch bei der Verwendung von Nitrox bedeutet einen zusätzlichen Vorteil, wenn es um die Tauchsicherheit geht. Die durch den erhöhten oxidativen Stress verursachten Schäden an Lunge und Zentralnervensystem lassen sich durch Einhaltung der bekannten Sicherheitsstandards reduzieren. Möglicherweise könnten Reparatur-Mechanismen dazu beitragen, irrevesible pulmonale Schäden zu vermeiden.

Literatur


Korrespondenzadresse

Prof. Jochen D. Schipke, eFESC
Forschungsgruppe
Experimentelle Chirurgie

Universitäts-Klinikum Düsseldorf

Moorenstrasse 5

40225 Düsseldorf

j.schipke@gmx.org

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