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Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit: Ergebnisse einer Befragung zu institutionellen Kooperationsansätzen

Zusammenfassung Einer der Hauptzielgruppen dieser Zeitschrift – den in eigener Praxis tätigen Betriebsärztinnen und -ärzten – wird ein Überblick über das betriebliche Arbeitsschutzangebot „um sie herum“ gegeben werden. Dieser soll ihnen ermöglichen, ihrerseits einschlägiges Kooperationspotenzial zu identifizieren. Hierzu waren insgesamt 30 Akteure aus dem gesamten betrieblichen Gesundheitsspektrum aufgefordert, ihre Angebote, Instrumente und Positionen an Hand eines Fragebogens pointiert vorzustellen. Die Resultate sind synoptisch dargestellt: Klare Kopperationsansätze lassen sich am ehesten mit der wissenschaftlichen arbeitsmedizinischen Fachgesellschaft sowie den physio-/ergo-therapeutischen Verbänden erkennen. Entsprechend bestehende Beziehungen könnten sowohl strategisch als auch inhaltlich ausgebaut werden. Schlüsselwörter

· Betrieblicher Arbeitsschutz

· Betriebsärzte

· Kooperation

· Fragebogen

· Occupational Health and Safety

· Occupational Health Doctors

· Cooperation

· Questionnaire

Einleitung
Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit sind ein hohes Gut. Konsequenterweise hat der Gesetzgeber vor nunmehr 40 Jahren mit dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) seinen betrieblichen Ansatz verankert und diesen 1996 mit dem Arbeitsschutzgesetz erneut festgeschrieben: In sämtlichen Betrieben jeder Größe und Branche muss die fachliche Kompetenz von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit immer dann zu Rate gezogen werden, wenn es um Fragen der Gesundheit der Beschäftigten geht.

Seit 1974 hat sich auf diesem Gebiet viel entwickelt. Stichworte wie betriebliche Gesundheitsförderung, Eingliederungs- oder Gesundheitsmanagement zeichnen diese Entwicklung nach. Parallel zu dieser inhaltlichen Weiterentwicklung und ergänzend zu den „geborenen“ ASiG-Disziplinen ist eine stetig wachsende Vielzahl weiterer Professionen auf betrieblicher Ebene tätig (siehe Abb. 1).

Bereits 1997 hat der Verfasser für das Nebeneinander von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit (FASi) den Begriff des „Dilemmas der betrieblichen Zweisamkeit“ gewählt (Meyer-Falcke, 1997): damit sollte (EU-Recht konform) der Zusammenführung dieser beiden Säulen des betrieblichen Arbeitsschutzes in einer Arbeitsschutzprofession das Wort geredet werden – wie z. B. im Occupational Health Manager (Meyer-Falcke & Schäffer, 1997; Meyer-Falcke & Lehmann, 2000). Betrachtet man allerdings das aktuelle Nebeneinander von noch viel mehr Partnerinnen und Partnern auf dem Gebiet der betrieblichen Gesundheit, so verläuft die Entwicklung seitdem exakt gegenläufig.

Wenngleich die Ansätze, Instrumente und Methoden so vielfältig sind wie die Zahl der Akteure, so eint doch alle das Ziel: die Gesundheit der Beschäftigten zu verbessern. Deshalb stellt sich heute erst recht die Frage, ob sich dieses Nebeneinander nicht zielgerichteter – zumindest im Sinne eines optimierten Miteinanders – gestalten ließe.

Fragebogen: Allgemeines
Eine der Voraussetzungen für Kooperation ist Transparenz über das, was als entsprechendes Angebot existiert. Mit diesem Ziel wurden insgesamt n=30 Institutionen und Verbände im weiten „Kooperations-Spektrum“ angeschrieben. Sie waren gebeten, ihren jeweiligen Ansatz und ihr betriebliches Vorgehen pointiert darzustellen. Der versandte Fragebogen umfasst 10 Fragen (siehe Abbildung 2 sowie Tabelle 1, S. 28ff). Die Länge der Antworten war auf maximal 500 Zeichen pro Antwort begrenzt.

Geantwortet haben innerhalb des gewünschten Zeitraums n=13 (entsprechend 43,3 %), den Fragebogen ausgefüllt haben n=11 (36,7 %). Die Antworten dieser elf sind in Tabelle 1 (S. 28ff) synoptisch abgedruckt. Die zwei Adressaten, die zwar geantwortet, gleichwohl den Fragebogen nicht ausgefüllt haben (Verband Arbeitsmedizinisches Fachpersonal – VAF – sowie Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen – BDPP), haben jeweils „besondere Rahmenbedingungen“ für sich geltend gemacht (siehe Text (VAF) sowie EMPA 4/2014 (BDPP)). Die restlichen Adressaten ergeben sich aus der folgenden textlichen Darstellung.

Fragebogen: Adressatenkreis und Antwortende
Naturgemäß erfüllt ein solcher Fragebogen keinen repräsentativen Anspruch. Und selbstverständlich muss auch bei einem so „übersichtlichen“ Bogen beachtet werden, dass seine Beantwortung – wertvolle – Zeit beansprucht. Dennoch lassen sich durchaus einige Aspekte hervorheben.

Von den betriebsärztlichen/arbeitsmedizinischen Adressaten im engeren Sinne haben die DGAUM sowie der BsAfB (soweit Abkürzungen im Text nicht erläutert werden, siehe Legende zu Tabelle 1, S. 28ff), nicht jedoch der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) geantwortet; Anmerkungen zum VAF folgen weiter unten. Die DGAH, die ebenfalls geantwortet hat, ist ein Fach- und Berufsverband, der sich explizit interdisziplinär ausrichtet. Einem ganzheitlichen Arbeitschutzverständnis verpflichtet, ist sie damit gleichermaßen für arbeitsmedizinisch und sicherheitstechnisch Interessierte offen.

Ein vergleichbar positives Antwortverhalten gilt bedauerlicherweise nicht für die sicherheitstechnischen Verbände: weder der VDSI noch die Fachvereinigung Arbeitssicherheit (FASI) oder der Verein Deutscher Revisionsingenieure (VDRI) haben reagiert. Vor dem Hintergrund der 40 Jahre währenden, gesetzlich fixierten Kooperationsverpflichtung (§ 10 ASiG), ist dieses Resultat möglicherweise aber auch ein Hinweis darauf, dass kein weiteres Informationsbedürfnis besteht. Inhaltlich breiter aufgestellt ist der Ak BSM, der den Fragebogen als einziger der „sicherheitstechnischen Adressaten“ beantwortet hat: sein Angebotsspektrum entspricht eher dem des BGM.

Der von zahlreichen Betriebsärzten immer wieder kritisch hinterfragte Ansatz „Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)“ als eigenständiges Angebot scheint zumindest keinen Raum für mehrere bundesweite Dachverbände zu bieten: die ehemalige Gesellschaft für BGM hat sich zwischenzeitlich aufgelöst und ihren Mitgliedern empfohlen, dem entsprechenden Bundesverband beizutreten. Die von beiden noch gesondert übersandten Antworten sind in der Tabelle 1 (S. 28ff) bereits zusammengefasst dargestellt.

In einer Vielzahl von Befragungen und Datenauswertungen unterschiedlichster Institutionen werden immer wieder zwei Schwerpunkte für gesundheitliche Präventionsansätze im Betrieb herausgestellt: die psychischen Beanspruchung sowie Einschränkungen im Bereich des Halteapparates.

Zu Letzterem passt, dass sich die beiden angeschriebenen ergotherapeutischen Berufsverbände (BED und DVE) geäußert haben. Von den Physiotherapeuten hat der IFK (deren Verband der Selbstständigen), nicht aber der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) geantwortet. Hier könnte man analog zum Antwortverhalten von VDBW und BsAfB schlussfolgern, dass dies auf eine vergleichbare wirtschaftliche Betriebs- und Organisationsstruktur zurückzuführen ist und auf ein gemeinsames berufliches Selbstverständnis Selbstständiger hinweist. Somit könnte hier zumindest für den BsAfB ein interessanter Kooperationsansatz liegen (siehe aber die entsprechenden Antworten auf Frage 2 in Tabelle 1, S. 28ff).

Weniger zu den o. g. thematischen Schwerpunkten passt hingegen, dass nur einer (= BDPP) der vier angeschriebenen psychologischen/psychotherapeutischen Verbände geantwortet hat (i. e. neben dem BDPP noch die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM), der Fachverband Psychologie für Arbeitssicherheit und Gesundheit (FV PASiG) und der Verband Psychologischer Psychotherapeuten (VPP)): offenkundig ist das entsprechende fachliche Kooperationspotenzial noch ausbaufähig. Die eigenen Erfahrungen als Personalverantwortlicher eines großen Betriebes zeigen zumindest zahlreiche Ansätze, in denen psychologische Kompetenz regelmäßig gefordert wird.

Das Augenmerk der Personaler scheint noch nicht durchgehend auf den institutionellen Arbeitsschutz gefallen zu sein, obwohl dieses „Metier“ – gerade auch wegen seiner zahlreichen Überschneidungen im Bereich Personalentwicklung – immanenter Bestandteil von „richtigem“ BGM ist (Meyer-Falcke, 2012). So hat der Bundesverband für Personalmanagement (BPM), in dem der Autor auf Grund seiner hauptberuflichen Tätigkeit Mitglied ist, nicht geantwortet, wohl aber die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP).

Anmerkungen zu den übrigen Angeschriebenen finden sich bei den nachstehenden Ausführungen zu den Fragen 3 und 10 wieder.

Fragebogen: Kommentare zu einzelnen Antworten
Einige Aspekte in den Antworten auf einzelne Fragen sollen im Folgenden näher betrachtet werden (in der Reihenfolge der Fragen; vollständige Formulierungen der Fragen siehe Tabelle 1, S. 28ff):

1. Mitgliederzahl (a) / Nachwuchs (b)
Nach ihren eigenen Angaben vertreten die Antwortenden ca. 23.500 Mitglieder, davon allein 19.000 die drei Institutionen der Ergo-/Physiotherapeuten mit steigender Tendenz. Während arbeitsmedizinische Verbände gezielte Werbekampagnen zur Gewinnung fachärztlichen Nachwuchses „fahren“ (siehe z. B. die Aktion docs@work des VDBW, 2009), sind solche Nachwuchsprobleme in den nichtärztlichen Verbänden offenbar nicht bekannt.

Auffällig ist, dass soziale Medien (wie Facebook, Twitter, Xing) – beispielsweise als Weg des „Recruitings“, aber auch für die Verbreitung von Pressemitteilungen – eher außerhalb der Arbeitsmedizin eine Bedeutung haben; allerdings sind auch arbeitsmedizinische Verbände durchaus „web-affin“, wie deren diverse Newsletter und ihre hohe Akzeptanz zeigen.

2. Konzept flächendeckende Betreuung
Gerade für die arbeitsmedizinischen/betriebsärztlichen Verbände dürften einige der Antworten auf diese sowie die Frage 6 (Kooperationsprojekte) von Interesse sein: So zeigen einerseits gerade IFK, BED und DVE, aber auch BKK DV/DNBGF, dass dort bereits heute ein ausgesprochen kooperationsoffenes Klima herrscht und sie über einschlägige Kooperations-Erfahrungen im betrieblichen Setting verfügen; andererseits scheinen diese Kooperationen zwar mit und zwischen einzelnen Sozialversicherungsträgern, Arbeitgeberorganisationen oder FASi, nicht jedoch mit Betriebsärzten zu bestehen.

Interessant sind beide Teilantworten der DGAUM auf diese Frage: Die positive Positionierung zum Erhalt der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ anerkennt, dass eine flächendeckende, qualitativ hochstehende Betreuung nur mit Fachärzten nicht möglich ist (so auch Barth et al., 2014). Hierfür ist sicher sowohl die schwierige Nachwuchssituation (siehe Frage 1), aber auch die Weiterbildungssituation verantwortlich (siehe Antwort des BsAfB auf diese Frage). Mit der Erarbeitung eines Konzeptes zur Delegierbarkeit (betriebs-)ärztlicher Leistungen beschreitet die DGAUM zudem einen seit längerem nicht nur innerhalb der Fachrichtung Arbeitsmedizin diskutierten Weg über die Bedeutung von Delegation und Substitution, vor allem als Lösungsansatz von Kapazitätsproblemen (z. B. in der Arbeitsmedizin: Siegmann & Meyer-Falcke, 2010; in der Psychiatrie: Jordan et. al., 2011; in der Pflege: Dreier et al., 2012; in der Kinderheilkunde: Uphoff, 2013).

Einige Antwortende (z. B. DGAH oder Ak BSM) greifen den Ansatz „Substitution“ zwar nicht ausdrücklich als solchen auf, ihre Vorschläge weisen jedoch durchaus in diese Richtung (siehe Frage 3). Insofern überrascht die Antwort des VAF durchaus. Er definiert sich „lediglich“ als Unterstützer der Betriebsärzte und verzichtet in Zusammenhang mit diesem Fragebogen auf eine eigenständige Profilierung und in der Folge auf die Beantwortung des gesamten Fragebogens. Dabei gäbe es auch für ihn (mit dem Beispiel occupational health nurses) attraktive Anknüpfungspunkte.

3. Änderungen im Regelwerk des Arbeitsschutzes
Drei der Antwortenden haben eine Ausweitung des ASiG (dessen Fortschreibung beim Bundes-Arbeitsministerium ressortiert) angeregt, um neben den BÄ und FASi auch weiteren Fachdisziplinen die Anrechenbarkeit ihrer Dienstleistung im Betrieb auf die Vorgaben des ASiG und der DGUV Vorschrift 2 zu ermöglichen: der Ak BSM tat dies ausdrücklich, die DGAH sowie der IFK haben dies angedeutet („implementieren“ respektive „Einbezug der Kompetenzen in Regelwerke“).

Naheliegend wäre eine solche Forderung sicher auch seitens weiterer Anbieter gewesen. Von den über die bislang Genannten hinaus hat jedoch keiner (!) den Fragebogen beantwortet oder zumindest darauf reagiert (das sind: Arbeitgeberverband Pflege, Bundesverband der Gesundheitsberater, Demografie-Experten e.V. (DEx), Deutsche Akademie für PräventivMedizin, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE), Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), Europäische Vereinigung für Vitalität und aktives Altern (evaaa/Vitalmanager), Verein der zertifizierten Disability-Manager Deutschlands (VDiMa)).

Auffällig ist darüber hinaus, dass allein der BBGM eine Änderung in Zusammenhang mit dem Präventionsgesetz (federführend: das Bundes-Gesundheitsministerium) für erforderlich erachtet. Dies mag zum einen an der unterschiedlichen „Herkunft“ der antwortenden Verbände und Institutionen liegen (und mit einer eher saluto- oder pathogenetischen Orientierung zu tun haben – insofern siehe auch die Antwort des BKK DV/DNBGF). Es kann seine Ursache aber auch in der Zuordnung von „Gesundheit bei der Arbeit“ zum Arbeits- statt zum Gesundheitsministerium haben (Meyer-Falcke, 2007) – und sollte von den Infragekommenden selbstkritisch hinterfragt werden, um dem Anschein von „Betriebsblindheit“ vorzubeugen.

4. Demographischer Wandel
Zwar ist die Thematik „in aller Munde“, die relativ „mageren“ Antworten zeigen allerdings ebenso deutlich auf, dass griffige Umsetzungskonzepte noch erarbeitet werden müssen; die umfangreichen Materialien des BKK DV / DNBGF sowie das Angebot der DGAH zum Transfer „aus der Wissenschaft in die Praxis“ zeigen eine mögliche Richtung auf. Immerhin sehen auch die arbeitsmedizinisch / betriebsärztlichen Verbände ihre Mitglieder in einer (mit-)gestaltenden Rolle. Interessant (auch im Sinne möglicher Expertise) wäre zumindest hier die Antwort der DEx oder der evaaa gewesen, die jedoch beide nicht geantwortet haben (siehe Kommentar zu Frage 3).

5. Telemedizin
Die Antworten auf diese Frage zeigen, dass auch hier noch ein weites konzeptionelles und inhaltliches Feld für die Arbeitsmedizin „brach“ zu liegen scheint. Die entsprechenden Erfahrungen anderer ärztlicher Fachrichtungen, Berufsgruppen oder Betreuungsformen könnten hier Hinweise geben. Dies gilt beispielsweise für die Ergänzung der hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum durch „Agnes – die Arzt entlastende gemeindenahe E-Health-gestützte systemische Intervention“ (Meyer-Falcke, 2012) oder E-Health für Arzthelferinnen (Meyer & Meyer-Falcke, 2010): beide Ansätze ließen sich auf die betriebsärztliche Betreuung von KMU oder auch die Mitglieder des VAF übertragen.

6. Kooperationsprojekte
Der BsAfB führt hier vor allem seine berufspolitische Kooperationswilligkeit an, BED/DVE erwähnen ihre strategische Zusammenarbeit mit anderen Partnern (siehe auch Frage 7), während die DGAUM eher allgemeine Angaben zur Interdisziplinarität der arbeitsmedizinischen Lehrstühle macht. Der IFK erwähnt in seiner Antwort ein konkretes Kooperationsprojekt, das er exklusiv für seine Mitglieder zusammen mit einem Gesetzlichen Krankenversicherer entwickelt hat („Betrieb in Bewegung“, siehe auch Frage 2). Der BKK DV weist ergänzend auf eine ganze Reihe an Kooperationsprojekten u. a. an der Schnittstelle von Gesetzlicher Kranken- und Unfallversicherung hin. Allein die DGAH stellt an dieser Stelle einen eher strukturellen Ansatz vor: sie bietet die Zertifizierung von interdisziplinär Tätigen an.

7. Ergänzung des eigenen Portfolios
Aus betriebsärztlicher Sicht bemerkenswert ist die Tatsache, dass drei von fünf Antwortenden die Kooperation mit FASi zur Ergänzung ihrer eigenen Angebotspalette erwähnen, explizit keiner jedoch die mit BÄ. Für diese könnte ein zukunftsfähiger Ansatz demnach darin bestehen, künftig statt eigener Kompetenzerweiterung verstärkt auf die fachlichen Kompetenzen Dritter (und damit auch auf vorhandene Ressourcen) zurückzugreifen.

Interessant ist auch die Aussage des BKK DV, wonach diese sicher professionell aufgestellte Organisation gleichwohl auf (externen) Fachverstand zurückgreift, wenn es um komplexe Sachverhalte wie Gesundheitsberichterstattung oder Mitarbeiterbefragungen geht. Dies sollte so manchem betrieblichen Arbeitsschutzdienstleister auch unter den BÄ zu denken geben, der sich – zwar engagiert und hoch motiviert, aber letztlich „blauäugig“ – allein auf den Weg macht.

8. Aktivitäten bei zentraler Fachtagung/9. Ausweitung einer bestehende Tagung
Die Beantwortung der Fragen 8 & 9 zeigt, dass grundsätzlich alle Antwortenden durchaus bereit sind, eine bundsweit zentrale „Gesundheit bei der Arbeit“-Fachveranstaltung aktiv (durch Vorträge, Seminare, Moderationen…) zu unterstützen (und so ein wenig mehr Transparenz und „Querdenken“ zu ermöglichen). Die Vielfalt der Antworten auf Frage 9 zeigt andererseits jedoch auch, wie groß die Zahl an jährlich wiederkehrenden, meist fachverbandsbezogenen Veranstaltungen auf diesem Themenfeld bereits ist und lässt zudem offen, welche der bestehenden Veranstaltungen künftig zu „der einen“ ausgebaut werden könnte. Der Vorschlag, eine Veranstaltung des VDSI oder des VDBW auszubauen, ist zwar durchaus nachvollziehbar, scheint jedoch vor dem Hintergrund, dass beide zu den Angeschriebenen gehörten, aber nicht geantwortet haben, nicht unbedingt erfolgversprechend.

Da nahezu alle Antwortenden bei der Frage nach dem „Aufbohren“ einer schon existierenden Veranstaltung ihre eigene ge- oder sich vice versa be-nannt haben, spricht Einiges dafür, dass die ebenfalls genannte, schon heute Disziplinen übergreifende, alle zwei Jahre in Düsseldorf stattfindende A plus A ein geeigneter „neutraler Ort“ sein könnte, deren Veranstalter, die Basi (Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit), über langjährige Erfahrungen im Arbeitsschutz-Veranstaltungsmanagement verfügt.

10. Weitere Adressaten
Die Antwortenden haben u. a. die DGAH, die DGFP sowie das DNBGF angeführt. Diese Anregungen wurden umgesetzt (deren Anregungen zu Frage 10 allerdings nicht weiterverfolgt). Zu beachten ist hierbei, dass für das DNBGF der Dachverband der Betriebskrankenkassen geantwortet hat (BKK DV). Bei ihm ist die sogenannte Steuerungsstelle des DNBGF angesiedelt. In seiner Antwort hat der BKK DV darauf hingewiesen, dass die Funktion des DNBGF erst in der 2. Jahreshälfte 2014 wieder aktiv fortgeführt werden wird. Die Antworten in der Tabelle 1 (S. 28ff) beziehen sich somit überwiegend auf die Verbandsarbeit. Indirekt kann diese Antwort als Hinweis gewertet werden, wie aufwändig Netzwerkarbeit ist und wie stark sie vom Engagement potentieller Ressourcengeber abhängt.

Vorschläge, auch verschiedene staatliche Verwaltungen des Bundes (wie BMG, BMAS, BAuA) oder anderer Nationalstaaten (wie Schweiz und Österreich) anzuschreiben oder individualtherpeutisch orientierte Berufsgruppen mit weit überwiegendem Bezug zum allgemeinen und nicht zum Berufsleben (Podologen, Logopäden, Atemlehrer), wurden auf Grund deren von der Intention der Fragestellung abweichenden „Auftragslage“ nicht aufgegriffen. Offenkundig ist der angeschriebene Kreis ansonsten erschöpfend.

Literatur

1. Barth, Ch., Hamacher, W., Eickholt, C.: Arbeitsmedizinischer Betreuungsbedarf in Deutschland, 1. Auflage. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Dortmund, 2014

2. Dreier, A., Rogalksi, H., Oppermann, R.-F., Hoffmann, W.: Delegation and substitution of specific medical tasks as a future model of health care supply. Z Evid Fortbild Qual. Gesundhwes. 106, 9, 656–662, 2012

3. Jordan W., Adler, L., Bleich, S., Cohrs, S., Einsiedel, von R., Falkai, P., Grosskopf, V., Hauth, I., Steiner, J.: Legal aspects of delegation and reorganisation of medical services in the psychiatric field. Psychiatr Prax. 38, 2, 1–7, 2011

4. Meyer-Falcke, A.: Arbeitsschutzrecht: Forderungen aus einem Arbeitsministerium an die Arbeits-Schutz-Wissenschaften. Dokumentation Arbeitswissenschaft Bd. 41, 50–51, 1997

5. Meyer-Falcke, A. und Schäffer, W.: Gestalten statt verwalten – Perspektiven für Arbeitsschutzpolitik auf Landesebene. WSI Mitteilungen 12, 858–865, 1997

6. Meyer-Falcke, A. und Lehmann, E.: Occupational Health: Qualifizierung zum betrieblichen Arbeitsschutzberater. ErgoMed 5, 194–199, 2000

7. Meyer-Falcke, A.: Einbindung der Arbeitsmedizin in eine ganzheitliche Medizin aller Fachrichtungen; Vortrag im Rahmen des Workshops „Aspekte der Interdisziplinarität der Arbeitsmedizin“. 17. November 2007, Veranstalter: Medica, Düsseldorf, 2007

8. Meyer-Falcke, A. a): Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge – Brauchen wir wirklich eine neue Verordnung? 66–74 in: Arbeitsmedizin im Gesundheitsdienst, Bd. 22, Hrsg.: Hofmann, F., Reschauer, G., Stößel, U., edition FFAS, Freiburg, 2009

9. Meyer-Falcke, A. b): Gesundheit der Beschäftigten – (k)eine Frage für Betriebsärzte. http://www.bsafb.de/fileadmin/downloads/baet2009/ AndreasMeyerFalcke.pdf. 5. Bundesweiter Betriebsärztetag, Veranstalter: Bundesverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB), Osnabrück, 2009; letzter Zugriff 15.04.2014

10. Meyer, J., Meyer-Falcke, A.: E-Health für Arzthelferinnen. Deutsches Ärzteblatt PRAXIS 25, 1, 16–19, 2010

11. Siegmann, S. und Meyer-Falcke, A.: Delegation statt Substitution: Ein möglicher Lösungsansatz für den Ärztemangel in der Arbeitsmedizin. Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA), Nummer 118 in: http://www.egms.de/static/resources/meetings/gma2010/gma2010abstracts.pdf; German Medical Science GMS Publishing House, Düsseldorf, 2010; letzter Zugriff 15.04.2014

12. Meyer-Falcke, A.: Versorgungsengpässe in der Betreuung gem. ASiG: Lösung durch Substitution oder Delegation, Telematik und Telemedizin? http://www.bsafb.de/143.0.html; 8. Bundesweiter Betriebsärztetag, Veranstalter: Bundesverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB), Bochum, 2012 letzter Zugriff 22.04.2014

13. Meyer-Falcke, A.: Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), 1–24; Kapitel 3.5.4 in: Hofmann, F. und Kralj, N. (Hrsg.): Handbuch der betriebsärztlichen Praxis, Loseblattwerk, 42. Ergänzungslieferung, ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg / Lech, 8/2012

14. Uphoff, R.: Delegation and substitution in general and pediatric nursing – is the nurse liable for physician care measures? Kinderkrankenschwester 32, 10, 380–382, 2013

15. VDBW: Verband deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. docs@work, http://www.vdbw.de/docs-work.286.0.html, letzter Zugriff: 22.04.2014

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