Betriebliches Gesundheitsmanagement

Interdisziplinäre Arbeitsgruppe etabliert ganzheitlichen Ansatz der betrieblichen Gesundheitsförderung bei Infineon in Regensburg

Aktive Prävention als Eckpfeiler der betrieblichen Gesundheitsförderung
Die Wahrung und Förderung der Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat bei der Infineon Technologies AG einen hohen Stellenwert. Eine auf den drei Säulen „Gesundheitsschutz“, „medizinische Intervention“ und „Betriebliche Gesundheitsförderung“ basierende Arbeitsmedizin setzt dabei zeitgemäße Zeichen. Am Infineon-Standort Regensburg nimmt sich seit Ende 2010 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der betrieblichen Gesundheitsförderung an und setzt dabei konsequent auf Prävention. Im Werk Regensburg der Infineon Technologies AG arbeiten rund 2.000 Beschäftigte in der Entwicklung und Fertigung von Halbleiterprodukten, die sich durch Zuverlässigkeit, Qualität und innovative Technologien auszeichnen. Das globale Unternehmen bietet Halbleiter- und Systemlösungen an, die drei zentrale Herausforderungen der modernen Gesellschaft adressieren: Energieeffizienz, Mobilität sowie Sicherheit. Infineon hat eine führende Position in seinen Zielmärkten Automobilelektronik, Leistungshalbleiter und Chipkarten. Infineon trägt der Erkenntnis Rechnung, dass dieser Erfolg ganz wesentlich von der Kreativität und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter abhängt. Daher gehört es zum Selbstverständnis des Unternehmens, die Gesunderhaltung der Beschäftigten als integralen Bestandteil in den Unternehmenswerten zu verankern. Einen wesentlichen Eckpfeiler des fortschrittlichen Gesundheitmanagements bei Infineon bildet die aktive Präventionsarbeit, die im Werk Regensburg Ende 2010 interdisziplinär organisiert wurde.

Auf Initiative des Betriebsarztes gründete Infineon Regensburg das sogenannte Team Gesundheit, um ein nachhaltiges Engagement im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung zu gewährleisten. Die Arbeitsgruppe verfolgt das Ziel, Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen für aktive Prävention und gesundheitsorientiertes Verhalten am Arbeitsplatz zu sensibilisieren und auf diese Weise die körperliche und psychische Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Werk zu fördern. Das Team verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und besteht aus 14 Mitgliedern aus Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheit, Facility Management, Betriebsrat, Personal, Sozialberatung, Schwerbehindertenvertretung, Unternehmenskommunikation sowie aus unterschiedlichen Fertigungsbereichen. Vier Aktionsteams beschäftigen sich mit den Schwerpunktfeldern Vorsorgekonzepte, Ergonomie, Kommunikation und Trainingsangebote.

Analyse des Status quo
Als das Team Gesundheit seine Arbeit aufnahm, galt es, zunächst den Status quo zu erheben, die Arbeitsbedingungen im Werk zu untersuchen und – falls nötig – zu verbessern. Denn körpergerecht gestaltete Arbeitsplätze sind eine elementare Voraussetzung für die Gesunderhaltung im Arbeitsleben. Eine erste orientierende Arbeitsplatzbegehung rückte schnell die ergonomischen Bedingungen in den Bürobereichen in den Fokus der Arbeitsgruppe. Es zeigte sich, dass zahlreiche Büroarbeitsplätze nicht den Kriterien entsprachen, die aus arbeitsmedizinischer Sicht für körpergerechtes Arbeiten zeitgemäß sind. So erfüllten nach Einschätzung von Betriebsarzt und Arbeitssicherheitsverantwortlichen mehr als die Hälfte aller Bürodrehstühle nicht die zuvor definierten Mindestanforderungen für körpergerechtes Sitzen. Dieser relativ hohe Wert verwunderte die Verantwortlichen schon deshalb, weil in Regensburg auch in der Vergangenheit regelmäßig in Büromöbel investiert wurde und kein Mitarbeiter über Belastungen klagte, die auf die Arbeitsplatzausstattung zurückzuführen war. Die grundlegenden Anforderungen an einen ergonomisch geeigneten Bürostuhl bestanden darin, dass dieser höhenverstellbar sein muss, gleichermaßen für große und kleine sowie für schwere und leichte Personen nutzbar ist, ein dynamisches Sitzen ermöglicht, sich in der Tiefe verstellen lässt und den Sitzenden durch Armlehnen sowie eine Lordosestütze unterstützt.

In einer zweiten Begehung am Standort sollte das Ergebnis der ersten Untersuchung überprüft werden. Die Arbeitsgruppe markierte dabei die Bürodrehstühle, die nicht alle Kriterien erfüllten oder defekt waren. Diese zweite Analyse bestätigte das Resultat der ersten: Der genaue Investitionsumfang in Regensburg konnte auf rund 900 Bürodrehstühle beziffert werden. Diese sollten so schnell wie möglich ersetzt werden.

Außerdem stellte sich den Verantwortlichen die Frage, ob zusätzliche Möbel ausgetauscht werden sollten. Denn bei den Arbeitsplatzbegehungen waren nicht nur Stühle, sondern auch einige Schreibtische als verbesserungsbedürftig eingestuft worden. Die Ergonomie-Verantwortlichen im Team konnten aber schnell davon überzeugen, dass die Ausstattung mit neuen Schreibtischen zunächst zurückgestellt und in ein umfassenderes Arbeitsplatzkonzept eingebettet werden sollte. Das Argument, dass ein ergonomisch geeigneter Stuhl schon für sich genommen die Arbeitsbedingungen für den Einzelnen deutlich verbessern kann, leuchtete schnell ein. Bei der Auswahl eines neuen Schreibtisches sind dagegen stets auch andere Faktoren wie Licht, Lärm und Raumklima relevant. Die Wechselwirkungen mit genannten Faktoren müssen unbedingt berücksichtigt werden, um den Arbeitsplatz tatsächlich zu optimieren.

Das Vorgehen im Auswahlverfahren
Die Beschaffung von Büroeinrichtungen fällt bei Infineon Regensburg in den Verantwortungsbereich des Facility Managements. Als Mitglied im Team Gesundheit unterstützte es auf breiter Ebene ein umfassendes Auswahlverfahren, bei dem die Prävention am Arbeitsplatz durch einen ergonomisch geeigneten Stuhl im Vordergrund stand.

Das methodische Vorgehen der Arbeitsgruppe lässt sich in drei Teile gliedern:

1. Definition der Voraussetzungen

2. Auswahl geeigneter Stühle

3. Prüfung durch Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit

Definition der Voraussetzungen
Der Stuhl musste alle vorab erläuterten Mindestanforderungen ohne Einschränkungen erfüllen. Für die Verantwortlichen stand zudem fest, dass nur ein einziges Stuhlmodell in einer definierten Konfiguration für alle neu auszustattenden Arbeitsplätze angeschafft werden sollte.

Die Wahl eines passenden Bürostuhls mit ausgefeilter Sitzmechanik ist eine wichtige Voraussetzung für mehr Ergonomie am Arbeitsplatz. Doch erzielt ein noch so ausgereifter Stuhl keinen präventiven Nutzen, wenn dieser nicht richtig eingesetzt wird. Im Verfahren sollte es daher nicht nur darum gehen, passendes Mobiliar bereitzustellen, sondern auch ein Konzept zu entwickeln, mit dem die Menschen im Büro für körpergerechtes Sitzen am Arbeitsplatz sensibilisiert werden können.

Insbesondere Mitarbeiter, die ihre Arbeitszeit überwiegend sitzend an einem Bildschirmarbeitsplatz verbringen, benötigen nicht nur eine körpergerechte Ausstattung, sondern auch spezielle Schulung, um ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit langfristig zu bewahren. Denn wer konzentriert arbeitet, nimmt oft unbewusst eine passive Sitzhaltung ein, die das Muskel-Skelett-System einseitig belastet. Für eine gelungene Prävention ist daher das Wissen um körpergerechtes Sitzen ebenso wichtig wie ein ergonomisch geeigneter Stuhl.

Auswahl geeigneter Stühle
In einem ersten Schritt verschaffte sich das Team einen Marktüberblick über passende Stühle und befragte Kollegen an anderen Standorten nach dort eingesetzten Produkten und ihren Erfahrungen damit. Das Angebot aller infrage kommenden Anbieter von ergonomischen Bürodrehstühlen wurde analysiert und darauf aufbauend eine erste Auswahl von Bürostühlen, die alle definierten Mindestanforderungen erfüllten, getroffen. Diese orderte das Team Gesundheit zur Bemusterung nach Regensburg. Darüber hinaus wandten sich die Arbeitssicherheitsverantwortlichen an die Hersteller der zur Wahl stehenden Stühle und fragten bei diesen zusätzliche Konzepte an, um die Themen Rückenprävention und körpergerechtes Sitzen im Werk zu etablieren.

Prüfung durch Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit
Die Stühle und auch die ergonomischen Zusatzangebote der Hersteller wurden dann durch Arbeitsmedizin und -sicherheit genauestens geprüft und auf ihre Praxistauglichkeit hin getestet. Dabei fiel die Wahl auf den Bürostuhl Shape XT des bereits an anderen Infineon-Standorten als Lieferant gelisteten Herstellers Dauphin. Der Stuhl erfüllte alle Kriterien und beeindruckte die Verantwortlichen durch die ausgefeilte Sitzmechanik Synchro-Activ-Balance. Diese unterstützt mit einer nach vorne geneigten Sitzfläche und synchronisierter Rückenlehnen-Unterstützung nach neuesten Erkenntnissen der Forschung ein körpergerechtes Sitzen rund ums Lot. Denn die Neigung der Sitzfläche öffnet den Beckenwinkel des Sitzenden und sorgt so dafür, dass sich die Wirbelsäule ihrer natürlichen Doppel-S-Form nähert und entlastet wird.

Bewusstseinsbildung durch wissenschaftliches Messverfahren
Um die Infineon-Mitarbeiter in Regensburg im Zuge der Beschaffung neuer Bürostühle für die Relevanz des körpergerechten Sitzens am Arbeitsplatz zu sensibilisieren, organisierte das Team Gesundheit noch vor Auslieferung der neuen Bürodrehstühle unter dem Motto „Deinem Rücken zuliebe“ einen ersten Gesundheitstag im Werk. Interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten sich dabei umfassend über Vorsorgemaßnahmen, körpergerechtes Sitzverhalten und auch über den neuen Bürostuhl informieren. Ein Ergonomie-Experte der Dauphin HumanDesign Group präsentierte den Stuhl und führte in die richtige Handhabung ein.

Außerdem unterstützte der Hersteller die Arbeitsgruppe auf dem Gesundheitstag mit dem Messverfahren ErgoMouse aus dem ErgoLab. Die im ErgoLab eingesetzten Ergotools regen die Nutzer von Sitzmöbeln nachhaltig dazu an, sich bewusst mit dem eigenen Sitzverhalten auseinanderzusetzen. Auf diese Weise unterstützt Dauphin Arbeitssicherheitsexperten und Arbeitsmediziner dabei, ein auf Prävention ausgerichtetes Gesundheitsmanagement nachhaltig in den operativen Abläufen eines Unternehmens zu verankern. Das wissenschaftliche Messverfahren ErgoMouse, das bei Infineon zum Einsatz kam, zeigt anschaulich, welche Argumente für eine nach vorne geneigte Sitzfläche sprechen: Dabei wird die Wirbelsäule eines Probanden dreimal vermessen, um die biomechanische Be- und Entlastung in verschiedenen Körperpositionen aufzuzeigen. Die erste Messung dokumentiert die spezifische Doppel-S-Form der Wirbelsäule des stehenden Teilnehmers vom Kopf über den gesamten Rücken bis hin zum Steiß. In einer zweiten Messung wird die Wirbelsäule in der für den Probanden üblichen Sitzposition am Arbeitsplatz dargestellt. Die dritte und finale Messung erfolgt, während der Teilnehmer auf einem Bürostuhl mit Synchro-Activ-Balance-Mechanik sitzt. Diese Sitzmechanik, die auch den bei Infineon ausgewählten Bürostuhl Shape XT auszeichnet, wird durch eine nach vorne geneigte Sitzfläche mit einem Neigewinkel von bis zu minus 12° bei synchronisierter Rückenlehnen-Unterstützung charakterisiert. Beim Vergleich der drei Messergebnisse auf einem Monitor wird deutlich, dass die Belastung der Wirbelsäule bei den meisten Menschen in ihrer üblichen Sitzposition am höchsten ist. Bei der finalen Messung auf einem Stuhl mit negativer, also nach vorne geneigter, Sitzneigetechnik nähert sich die Wirbelsäule dagegen ihrer natürlichen Krümmung im Stehen mit der charakteristischen Doppel-S-Kurve im Hals- und Beckenbereich. Die Neigung der Sitzfläche in Verbindung mit einer Rückenlehnen-Unterstützung verhindert ein Zurückdrehen des Beckens und sorgt für ein aufrechtes Sitzen rund ums Lot, bei dem die Wirbelsäule körpergerecht entlastet wird.

Die anschauliche Präsentation der Vorteile eines ergonomischen Bürodrehstuhles hat auch die Infineon-Belegschaft überzeugt. So hat der Gesundheitstag entscheidend dazu beigetragen, das Thema körpergerechtes Sitzen im Werk zu etablieren und das Bewusstsein der Mitarbeiter für Rückenprävention durch Verhaltensänderung zu schärfen. In diesem Zusammenhang wertet das Team Gesundheit die aus dem Bereich Fertigung aufgekommene Anmerkung, dass körpergerechtes Sitzen nicht nur für Büroarbeitsplätze relevant sei, durchaus positiv. Denn ein im Werk schnell wachsendes Bewusstsein für Gesundheit – und damit durchaus auch die Forderung nach Prävention – ist eines der wichtigen Ziele des Teams, das auf diese Weise schneller erreicht wurde als anfangs gedacht. Die Arbeitsgruppe konnte den Kollegen indes versichern, dass sie sich einem Bereich nach dem anderen annimmt und in einem zweiten Schritt auch die Arbeitsplätze in der Fertigung überprüfen wird.

Einführung der neuen Bürostühle
Kurz nach der Durchführung des Gesundheitstages wurden die Arbeitsplätze mit neuen Stühlen ausgestattet. Die Auslieferung der Bürostühle im Werk wurde vom Infineon Facility Management professionell organisiert. Basierend auf Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten hatte Dauphin empfohlen, etwa 300 Bürostühle pro Tag auszuliefern. Dank der guten Vorbereitung und einer effizienten Abwicklung gelang es dem Facility Management, die rund 900 neuen Bürodrehstühle in nur zweieinhalb Tagen vollständig im Werk Regensburg zu verteilen und den betroffenen Kollegen die Nutzung zu erläutern. Jeder Mitarbeiter erhielt dabei nach dem Prinzip der Key-User-Schulung eine Einweisung in die Funktionen des neuen Stuhls und in die richtige Handhabung. Viele Infineon-Mitarbeiter nutzen zusätzlich die Möglichkeit, im 60-Sekunden-Sitzcheck ihr Sitzverhalten eigenständig auf der Hersteller-Homepage zu überprüfen. Abschließend wurden die ausgemusterten Bürostühle konsequent entsorgt, um nicht an anderer Stelle einen schleichenden Schaden zu verursachen.

Konsequente Ausrichtung am Menschen
Mit neuen Ideen und konsequent am Menschen ausgerichteten Entscheidungsprinzipien hat das Team in kurzer Zeit viel bei Infineon Regensburg erreicht. Weiterhin setzt die interdisziplinäre Arbeitsgruppe bei ihrem Engagement für eine auf Prävention basierende Gesundheitsförderung wahrnehmbare Akzente und hat sich in diesem Rahmen bereits dem nächsten Projekt zugewandt: Gemeinsam mit einem Architekturbüro wurde ein Konzept erarbeitet, um optimierungsbedürftige Büros neu einzurichten. Dabei richtet sich die gesamte Planung konsequent an den Bedürfnissen des Menschen aus. Denn nur mit einem ganzheitlichen Ansatz wird Infineon der hoch priorisierten Aufgabe gerecht, die Gesunderhaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachhaltig zu fördern. Auf dem Weg zu diesem Ziel hat die interdisziplinäre Arbeitsgruppe schon viel erreicht und wird sich auch weiterhin dafür engagieren, Prävention am Arbeitsplatz fest in allen Prozessen bei Infineon Regensburg zu verankern.

Kristian Knoell

Betriebsarzt

Peter Danner

Fachkraft für Arbeitssicherheit

Infineon Technologies AG,

Standort Regensburg,

Wernerwerkstraße 2,

93049 Regensburg

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